Ausgabe 8/2012 - Online Scout

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13.07.2015 Aufrufe

Unsere EUEinleitende Worte der Sozialpartner-Präsidenten: Erich Foglar (ÖGB), Dr. Christoph Leitl (WKO), Herbert Tumpel (BAK)und Gerhard Wlodkowski (LKÖ). Zur Eröffnung sprachen Bundeskanzler Werner Faymann, Dr. Johannes Hahn, Mitgliedder Europäischen Kommission, Vizekanzler BM Dr. Michael Spindelegger und Dr. Hannes Swoboda, Fraktionsvors. der18Eine Idee von derZukunft der EUeuDie Krise in Europa hat die Frage nach dem „Ziel“ der EU neu aufgeworfen.Beim Bad Ischler Dialog 2012, an dem auch VertreterInnender GÖD teilnahmen, diskutierten die österreichischen Sozialpartnerüber die Zukunft Europas. Ein Positionspapier, an dessen Erstellung dieGÖD im Rahmen der Internationalen Projektgruppe (IPG) im ÖGB mitgewirkthat, gibt Antworten und wartet mit visionären Vorschlägen auf.Text: Emanuel LampertFotos: WKÖ/BlauensteinerOft ist davon die Rede, die Europäische Union habeangesichts der Staatsschuldenkrise, ihrer inzwischenerreichten Größe und Komplexität und angesichts einergrößer werdenden „internationalen Konkurrenz“ einenPunkt erreicht, an dem sie sich entscheiden muss, wohinihre „Reise“ in Zukunft gehen soll. Auch die österreichischenSozialpartner – ÖGB, Arbeiter kammer, Wirtschaftskammerund Landwirtschaftskammer – kamenbeim „Bad Ischler Dialog“, bei dem auch VertreterInnender GÖD anwesend waren, zu dem Schluss: DieGemeinschaft steht an einem Scheideweg.Die vier Organisationen haben in Bad Ischl unterdem Titel „Zukunft Europa“ ein Papier erarbeitet, dasVorschläge für den künftigen Weg der Union macht.Da rin stellen sie zunächst klar: „Aus wirtschaftlicherund sozia ler Sicht ist eine umfassende und gleichberechtigteTeilnahme Österreichs am europäischenEinigungswerk sinnvoll und ein Kernelement des politischenSelbstverständnisses.“Die EU und insbesondere die Währungsunion sei imSog der internationalen Finanzkrise und der darauffolgendenRezession selbst in eine Krise geraten, derenBewältigung wohl noch weitere Jahre des intensivenKrisenmanagements in Anspruch nehmen werde. „Indieser Situation sind die Sozialpartner der gemeinsamenÜberzeugung, dass es falsch wäre, Europa denRücken zuzukehren. Die Interessen Österreichs könnenam wirksamsten dadurch gewahrt werden, wennÖsterreich an den gemeinsamen Bemühungen der EUzur Bewältigung der Krise aktiv teilnimmt.“Mehr Demokratieund Vertiefung der UnionAn vorderster Stelle steht für die vier Organisationenein Ausbau der Demokratie. Dass weitreichende Reformennur im Wege von Regierungsverhandlungen – und„ohne ausreichende öffentliche und parlamentarischeAuseinandersetzung“ – möglich seien, stoße mit Rechtauf Kritik, befinden die Sozialpartner. Sie plädieren fürdie Einberufung eines neuen EU-Verfassungskonventsund überlegen sogar die Wahl einer verfassunggebendenVersammlung auf EU-Ebene.Das EU-Parlament solle aufgewertet und „in allen Bereichender europäischen Politik zu einem gleichwertigenMitgesetzgeber“ gemacht werden. Insbesondere sollees auch ein Initiativrecht erhalten. Bislang steht dasRecht, Gesetzesvorschläge zu unterbreiten, nur der EU-Kommission zu. Im Ministerrat wiederum – jenem EU-Gesetzgebungsorgan, das sich aus den Fachministernder Mitgliedsstaaten zusammensetzt – sollen mehr

Sozialdemokratischen Partei Europas. In der Schlussrunde diskutierten die GeneralsekretärInnen der österreichischen Sozialpartner:Mag. Bernhard Achitz (ÖGB), DI August Astl (LKÖ), Mag. Anna Maria Hochhauser (WKÖ) und Werner Muhm (BAK). (Bilder v. l. n. r.)19GÖD | 8_2012Entscheidungen mit „qualifizierter Mehrheit“ (anstatteinstimmig) gefällt werden. Das Ziel: mehr Flexibilität,schnellere Entscheidungen.Für künftige Änderungen der EU-Verträge mahnt dasPapier eine „breite, transparente innerstaatliche undeuropäische Debatte“ mit den Bürgern ein. Die Schaffungeines einheitlichen europäischen Wahlrechts fürdie Wahlen zum EU-Parlament soll von der Förderungdes Engagements grenzüberschreitend tätiger europäischer Parteien sowie vom Ausbau europäischerMedien flankiert werden. Die Sozialpartner betrachtendie Vertiefung der Union auch als Voraussetzungfür künftige Erweiterungen von größerer Dimension.Mehr Gewicht für die SozialpartnerFür die Sozialpartner selbst wird eine verstärkte Einbindung„in allen relevanten Politikbereichen“ gefordert– nicht zuletzt auf folgender Basis: „Österreichkonnte die bisherige Krise besser bewältigen alsandere Staaten der EU. Die funktionierenden sozialpartnerschaftlichenStrukturen und Handlungsformensind ein entscheidender Faktor dafür.“ Folglich schreibendie Sozialpartner diesen Strukturen auch potenziellenBeispielcharakter für andere Staaten zu. EineStärkung des sozialpartnerschaftlichen Ansatzes aufeuropäischer Ebene könne helfen, das Vertrauen derBevölkerung in die EU zu stärken.Ihre verstärkte Einbindung fordern die Sozialpartnernicht nur auf Ebene der EU insgesamt ein, sie sollspeziell auch im Rahmen der Euro-Gruppe gelebtePraxis werden. Von einer „stärkeren Koordinierungder nationalen Makropolitiken der Eurozone“ mittelseines makroökonomischen Dialogs erwartet dasKonzept einen förderlichen Effekt auf Wachstumund Beschäftigung. Worauf das Dokument Wert legt:Der Dialog müsse „selbstverständlich die volle Autonomieder Sozialpartner bei Lohnverhandlungenrespektieren“.Mehr Steuerharmonisierungals bisherUnter dem Titel „Steuern“ vertreten die Sozialpartnerden Standpunkt, dass die bislang bestehenden Instrumentenicht mehr genügen. Gefragt seien „weitreichendeMaßnahmen“, die über die bisherige Koordinierunghinausgehen. Als Elemente einer europäischen Steuerpolitikidentifizieren die Sozialpartner zum BeispielHarmonisierungen in der Unternehmensbesteuerung,die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und dieBekämpfung von Steuerhinterziehung. Kritik gibt es ander Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit: Sie sei invielen Unionsstaaten zu hoch und ein Hemmschuh fürWachstum und Beschäftigung.Die Finanzierung der EU selbst gehört in den Augender Sozialpartner auf neue Beine gestellt: Das bisherigeSystem sei komplex und intransparent und daherGegenstand politischer Konflikte. „Einnahmenseitigwäre ein Abgehen von reinen Finanzbeiträgen derMitgliedsstaaten hin zu eigenen EU-Einnahmen aucheine Entlastung der nationalen Haushalte“, heißt es imPapier, das in diesem Zusammenhang die Finanztransaktionssteuerins Spiel bringt.Mehr als nur SparenApropos Geld: Eine Spaltung der Währungsunion odergar eine Rückkehr zum Schilling ist für die Sozialpartner„schon allein aus österreichischem Eigeninteresse“keine Option: Zu befürchten wären „massivewirtschaftliche und soziale Nachteile für Österreichals exportorientiertes Land“ und Arbeitsplatzverluste.„Strukturdefizite“ der Wirtschafts- und Währungsuniongelte es jedoch zu beheben. Als Beispiele werden etwa„das Spannungsfeld zwischen der noch zu entwickelndeneuropäischen Steuerpolitik und der zunehmendgemeinschaftlich koordinierten Budgetpolitik“ sowiedie Ausrichtung der Geldpolitik „ausschließlich aufdas Ziel der Preisstabilität“ genannt.

Sozialdemokratischen Partei Europas. In der Schlussrunde diskutierten die GeneralsekretärInnen der österreichischen Sozialpartner:Mag. Bernhard Achitz (ÖGB), DI August Astl (LKÖ), Mag. Anna Maria Hochhauser (WKÖ) und Werner Muhm (BAK). (Bilder v. l. n. r.)19GÖD | 8_<strong>2012</strong>Entscheidungen mit „qualifizierter Mehrheit“ (anstatteinstimmig) gefällt werden. Das Ziel: mehr Flexibilität,schnellere Entscheidungen.Für künftige Änderungen der EU-Verträge mahnt dasPapier eine „breite, transparente innerstaatliche undeuropäische Debatte“ mit den Bürgern ein. Die Schaffungeines einheitlichen europäischen Wahlrechts fürdie Wahlen zum EU-Parlament soll von der Förderungdes Engagements grenzüberschreitend tätiger europäischer Parteien sowie vom Ausbau europäischerMedien flankiert werden. Die Sozialpartner betrachtendie Vertiefung der Union auch als Voraussetzungfür künftige Erweiterungen von größerer Dimension.Mehr Gewicht für die SozialpartnerFür die Sozialpartner selbst wird eine verstärkte Einbindung„in allen relevanten Politikbereichen“ gefordert– nicht zuletzt auf folgender Basis: „Österreichkonnte die bisherige Krise besser bewältigen alsandere Staaten der EU. Die funktionierenden sozialpartnerschaftlichenStrukturen und Handlungsformensind ein entscheidender Faktor dafür.“ Folglich schreibendie Sozialpartner diesen Strukturen auch potenziellenBeispielcharakter für andere Staaten zu. EineStärkung des sozialpartnerschaftlichen Ansatzes aufeuropäischer Ebene könne helfen, das Vertrauen derBevölkerung in die EU zu stärken.Ihre verstärkte Einbindung fordern die Sozialpartnernicht nur auf Ebene der EU insgesamt ein, sie sollspeziell auch im Rahmen der Euro-Gruppe gelebtePraxis werden. Von einer „stärkeren Koordinierungder nationalen Makropolitiken der Eurozone“ mittelseines makroökonomischen Dialogs erwartet dasKonzept einen förderlichen Effekt auf Wachstumund Beschäftigung. Worauf das Dokument Wert legt:Der Dialog müsse „selbstverständlich die volle Autonomieder Sozialpartner bei Lohnverhandlungenrespektieren“.Mehr Steuerharmonisierungals bisherUnter dem Titel „Steuern“ vertreten die Sozialpartnerden Standpunkt, dass die bislang bestehenden Instrumentenicht mehr genügen. Gefragt seien „weitreichendeMaßnahmen“, die über die bisherige Koordinierunghinausgehen. Als Elemente einer europäischen Steuerpolitikidentifizieren die Sozialpartner zum BeispielHarmonisierungen in der Unternehmensbesteuerung,die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und dieBekämpfung von Steuerhinterziehung. Kritik gibt es ander Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit: Sie sei invielen Unionsstaaten zu hoch und ein Hemmschuh fürWachstum und Beschäftigung.Die Finanzierung der EU selbst gehört in den Augender Sozialpartner auf neue Beine gestellt: Das bisherigeSystem sei komplex und intransparent und daherGegenstand politischer Konflikte. „Einnahmenseitigwäre ein Abgehen von reinen Finanzbeiträgen derMitgliedsstaaten hin zu eigenen EU-Einnahmen aucheine Entlastung der nationalen Haushalte“, heißt es imPapier, das in diesem Zusammenhang die Finanztransaktionssteuerins Spiel bringt.Mehr als nur SparenApropos Geld: Eine Spaltung der Währungsunion odergar eine Rückkehr zum Schilling ist für die Sozialpartner„schon allein aus österreichischem Eigeninteresse“keine Option: Zu befürchten wären „massivewirtschaftliche und soziale Nachteile für Österreichals exportorientiertes Land“ und Arbeitsplatzverluste.„Strukturdefizite“ der Wirtschafts- und Währungsuniongelte es jedoch zu beheben. Als Beispiele werden etwa„das Spannungsfeld zwischen der noch zu entwickelndeneuropäischen Steuerpolitik und der zunehmendgemeinschaftlich koordinierten Budgetpolitik“ sowiedie Ausrichtung der Geldpolitik „ausschließlich aufdas Ziel der Preisstabilität“ genannt.

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