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Goethe aus Goethe gedeutet - im Shop von Narr Francke Attempto

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Dies ist ein Leitsatz <strong>Goethe</strong>s, gültig auch für die Interpretation seiner Werke,wobei es sehr darauf ankommt, daß man „zur rechten Zeit“ verstehe, daß mannicht hinweglese über scheinbar Unbedeutendes, das sich oft erst sehr viel späterals relevant erweisen wird. So läßt sich z. B. die <strong>von</strong> der Handlung her gänzlichunmotivierte doppelte Einführung einer Person in <strong>Goethe</strong>s Novelle entdecken alsFingerzeig auf die Formstruktur der Wiederholung, die diesem Werk zugrundeliegt.19 Und hinsichtlich der Lehrjahre verriet <strong>Goethe</strong> Eckermann gegenüber:Den anscheinenden Geringfügigkeiten des Wilhelm Meister liegt <strong>im</strong>mer etwasHöheres zum Grunde, und es kommt bloß darauf an, daß man Augen, Weltkenntnisund Übersicht genug besitze, um <strong>im</strong> Kleinen das Größere wahrzunehmen.Andern mag das gezeichnete Leben als Leben genügen. 20Zuletzt das wohl Wichtigste, das be<strong>im</strong> zitierten Gedicht bereits gezeigt, aber nichtbenannt wurde: die Symbolik. „Das Wahre“, <strong>im</strong> zweiten der beiden Aphorismenumschrieben als Vergleich „wie Glockenton“, wird als Symbol in dem Gedicht als‚geistig umherschwebend und Übereinst<strong>im</strong>mung bewirkend’ fühlbar und so, beiall seiner Verborgenheit, un<strong>aus</strong>gesprochen erfahrbar gemacht. In gleichem Sinnelesen wir in Wilhelm Meisters Lehrbrief:[…] Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nichtdeutlich durch Worte. Der Geist, <strong>aus</strong> dem wir handeln, ist das Höchste. DieHandlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. 21Dieser Lehrsatz greift über das Gedicht hin<strong>aus</strong>, weist aber ebenfalls die Richtungzu einer <strong>von</strong> <strong>Goethe</strong> nahegelegten Interpretation seiner Schriften, also, gegebenenfallsauch über das geschriebene Wort hin<strong>aus</strong>zudenken. In diesem Sinne solleinigen <strong>von</strong> den zahlreichen in seiner Dichtung angelegten ‚Gehe<strong>im</strong>nissen’ nachgegangenwerden, wobei die folgenden Aphorismen <strong>aus</strong> Wilhelm Meisters Lehrbriefals Leitsätze gelten sollen:Des echten Künstlers Lehre schließt den Sinn auf, denn wo die Worte fehlen,spricht die Tat.Und, folgend:Der echte Schüler lernt <strong>aus</strong> dem Bekannten das Unbekannte entwickeln, undnähert sich dem Meister. 22Noch konkreter wirkt <strong>Goethe</strong>s Wunsch,[…] daß [der Erklärer] nicht gerade beschränkt seyn soll, alles was er vorträgt<strong>aus</strong> dem Gedicht zu entwickeln, sondern daß es uns Freude macht, wenn ermanches verwandte Gute und Schöne an dem Gedicht entwickelt. […] 2319 Vgl. Peter Höfle in seinem Nachwort zu <strong>Goethe</strong>, Novelle, Frankfurt a. Main 2000. S. 14 und S. 16.20 Eckermann, 25. Dezember 1825; a. a. O., S. 166 unten f.21 WMLJ 7, 9; FA 9, S. 875.22 Ebd.23 Über <strong>Goethe</strong>’s Harzreise <strong>im</strong> Winter, in Kunst und Altertum III (1821); FA 21, S. 139.10

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