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Prüfung von Gleichheitsrechten - Tappe-online.de

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GrundR AGHenning <strong>Tappe</strong> S. 1Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I (Grundrechte)Wintersemester 2006/07Übersicht: Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GGA. Methodische VorbemerkungenI. Die <strong>Prüfung</strong> eines Gleichheitsrechts erfolgt nicht wie die eines Freiheitsrechts in drei,son<strong>de</strong>rn in zwei Schritten: Zunächst ist das Vorliegen einer Ungleichbehandlung festzustellen,dann ihre eventuelle Rechtfertigung zu überprüfen.II. Verbürgungen <strong>de</strong>s Gleichheitssatzes:Grundsatz: Der Gleichheitssatz verbietet <strong>de</strong>r öffentlichen Gewalt, wesentlich Gleiches willkürlichungleich o<strong>de</strong>r wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behan<strong>de</strong>ln. 1Dies umfasst:1. Die Rechtsanwendungsgleichheit = Gleichheit vor <strong>de</strong>m Gesetz2. Die Rechtssetzungsgleichheit = Gleichheit <strong>de</strong>s Gesetzes: Auch die Gleichbehandlungdurch <strong>de</strong>n Gesetzgeber wird durch Art. 3 I GG gewährleistet. Dies folgt trotz <strong>de</strong>smissverständlichen Wortlauts <strong>de</strong>s Art. 3 I GG („vor <strong>de</strong>m Gesetz“) aus Art. 3 I GG i. V.m. Art. 1 III GG.B. <strong>Prüfung</strong>sreihenfolgeI. Feststellung <strong>de</strong>r UngleichbehandlungBehan<strong>de</strong>lt das Gesetz wesentlich Gleiches (=Vergleichbares) ungleich?1. Bildung <strong>von</strong> VergleichsgruppenUm festzustellen, dass es um die Behandlung <strong>von</strong> „Wesentlich Gleichem“ geht, müssenzunächst die Vergleichsgruppen bestimmt wer<strong>de</strong>n.Diese müssen gewisse Gemeinsamkeiten (Gemeinsamkeit = tertium comparationis)aufweisen, so dass sie sich unter einen gemeinsamen Oberbegriff (= genus proximum)fassen lassen. Dieser ist möglichst eng zu wählen.Es ist zu berücksichtigen, dass „Gleichheit“ in diesem Sinne nicht völlige I<strong>de</strong>ntität meint,son<strong>de</strong>rn notwendigerweise eine Wertung beinhalten muss. In <strong>de</strong>r Klausur wird eine Ungleichbehandlung<strong>von</strong> wesentlich Gleichem regelmäßig mehr o<strong>de</strong>r weniger unproblematischzu bejahen sein. Für ein Gegenbeispiel (in <strong>de</strong>m sich vernünftigerweise kein gemeinsamerBezugspunkt fin<strong>de</strong>n lässt), vgl. Pieroth/Schlink, Rn. 432.2. Ungleichbehandlung <strong>de</strong>r Vergleichsgruppen.1 BVerfGE 98, 365 [385]; 1, 14 [52]; 13, 46 [53].


GrundR AGHenning <strong>Tappe</strong> S. 23. Gleicher Träger <strong>von</strong> StaatsgewaltDie Ungleichbehandlung muss durch <strong>de</strong>nselben Rechtsträger erfolgen. Im Hinblick aufunterschiedliche Län<strong>de</strong>r sind Ungleichbehandlungen durch das Bun<strong>de</strong>sstaatsprinzipgewollt. 2 Der Fö<strong>de</strong>ralismus wird damit zur „offenen Flanke <strong>de</strong>s Gleichheitssatzes“. Ungleichbehandlungendurch die Gemein<strong>de</strong>n sind <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Selbstverwaltungsgarantie <strong>de</strong>sArt. 28 II GG ge<strong>de</strong>ckt.Ein Son<strong>de</strong>rproblem stellt diesbezüglich die unterschiedliche Ausführung <strong>von</strong> Bun<strong>de</strong>sgesetzendurch die Län<strong>de</strong>r dar. 3II. RechtfertigungIst die Ungleichbehandlung verfassungsmäßig gerechtfertigt? (= Schranken <strong>de</strong>s Gleichheitssatzes)Bei <strong>de</strong>r <strong>Prüfung</strong> eines speziellen Gleichheitssatzes ist an dieser Stelle zunächst daraufeinzugehen, ob <strong>de</strong>ren spezielle Anfor<strong>de</strong>rungen an die Begründung <strong>de</strong>r Ungleichbehandlungerfüllt sind, insbeson<strong>de</strong>re also, ob auf nicht zugelassene Differenzierungskriterienverzichtet wor<strong>de</strong>n ist.1. MaßstabDas Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht wen<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r Rechtfertigung <strong>von</strong>Gleichheitsverstößen unterschiedliche Maßstäbe an: Zu unterschie<strong>de</strong>n ist zwischen<strong>de</strong>r Willkürprüfung und <strong>de</strong>r strengeren Verhältnismäßigkeitsprüfung (<strong>de</strong>r sog.„neuen Formel“). Für die Frage, welcher Maßstab anzuwen<strong>de</strong>n ist, haben sich in <strong>de</strong>rRechtsprechung <strong>de</strong>s Gerichts Fallgruppen herausgebil<strong>de</strong>t. 4Das Vorliegen eines sachlichen Grun<strong>de</strong>sfür die Ungleichbehandlung genügt...1. im Bereich <strong>de</strong>r Leistungsverwaltung2. bei unüberschaubarer Sachlage3. wenn es um die Ungleichbehandlungbloßer Sachverhalte geht4. o<strong>de</strong>r die Ungleichbehandlung schon imGG angelegt ist (Art. 6 I, IV GG; Art. 33IV, V GG).Die neue Formel fin<strong>de</strong>t Anwendung...1. bei <strong>de</strong>r Ungleichbehandlung <strong>von</strong>Personen bzw. Personengruppen(im Ggs. zu reinen Sachverhalten)2. o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Sachverhalt in <strong>de</strong>nSchutzbereich eines speziellen Freiheitsrechtsfällt (häufig in <strong>de</strong>r Klausur!)→ vgl. die Übersicht im „Kurzskript“ und in <strong>de</strong>r Lösung zu Fall 7.2 BVerfGE 42, 20 [27].3 Vgl. dazu die Fallbearbeitung <strong>von</strong> Wernsmann, Jura 2001, 106 [111 f.].4 Diese Rechtsprechung ist nicht unumstritten, im Schrifttum wird teilweise vorgeschlagen, danach abzugrenzen, obbei <strong>de</strong>r Ungleichbehandlung an bestehen<strong>de</strong> Unterschie<strong>de</strong> angeknüpft wird o<strong>de</strong>r diese erst durch <strong>de</strong>n Gesetzgebergeschaffen wor<strong>de</strong>n sind. Vgl. Huster, JZ 1994, 541 ff.


GrundR AGHenning <strong>Tappe</strong> S. 32. Willkürverbot (großzügiger Maßstab)Die Ungleichbehandlung ist dann gerechtfertigt, wenn irgen<strong>de</strong>in einleuchten<strong>de</strong>r Grund dafürvorliegt. Gefor<strong>de</strong>rt ist dabei ein Min<strong>de</strong>stmaß an Plausibilität.Der Grund für die Zurückhaltung <strong>de</strong>s BVerfG bei <strong>de</strong>r <strong>Prüfung</strong> liegt im Demokratieprinzip(<strong>de</strong>m Gesetzgeber steht wg. <strong>de</strong>ssen direkter <strong>de</strong>mokratischer Legitimation eine Einschätzungsprärogativezu) und im Gewaltenteilungsgrundsatz.Ist in <strong>de</strong>r Klausur die Ungleichbehandlung lediglich am Willkürverbot zu prüfen, wird sie in<strong>de</strong>r Regel gerechtfertigt sein.3. Neue Formel (strenger <strong>Prüfung</strong>smaßstab)Verstoß gegen <strong>de</strong>n Gleichheitssatz liegt nicht vor, wenn zwischen <strong>de</strong>n VergleichsgruppenUnterschie<strong>de</strong> <strong>von</strong> solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlungrechtfertigen (Verhältnismäßigkeitsprüfung)a) legitimer Zweck <strong>de</strong>r Ungleichbehandlungb) Geeignetheit <strong>de</strong>r Ungleichbehandlung, das Ziel zu erreichenc) Notwendigkeit <strong>de</strong>r Ungleichbehandlungd) Angemessenes Verhältnis zum Rechtfertigungszwecks

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