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Rede von Manfred Nowak - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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die Kritik des Methodensynkretismus eingebracht hat, waren ebenso wie seine inter-aktivenVorlesungen und unkonventionellen Assistenten an der eher traditionellen rechtswissenschaftlichenFakultät der Universität Wien zu Beginn der 1970er Jahre außergewöhnlich. Deshalb freute ich michsehr, als er mir noch vor Abschluss meines Studiums Anfang 1973 einen Assistentenposten anbot,der mein weiteres Leben prägen sollte. Er feierte in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag (wo<strong>für</strong> ihmseine damaligen SchülerInnen und Helga Stadler eine 1. Festschrift schenkten) und schien am Zenitseines wissenschaftlichen Schaffens angekommen zu sein. Sein ganzes Wesen strahlte unermüdlicheEnergie und Schaffenskraft aus. Er hatte 1970 sein monumentales Werk zur Allgemeinen Staatslehreveröffentlicht, das heute als Höhepunkt einer inzwischen ausgestorbenen wissenschaftlichenDisziplin gilt. Viele fragten sich, was sie aus rechtswissenschaftlicher Sicht nach Felix Ermacora nochSinnvolles forschen und schreiben sollten. Im gleichen Jahr hatte er auch eine ÖsterreichischeVerfassungslehre publiziert: eine Disziplin, die sich in Österreich keiner großen Beliebtheit erfreute,die ihm aber das politologische Rüstzeug gab, als er ein Jahr später in den Nationalrat einzog. Als ichgleich nach meinem Dienstantritt gebeten wurde, seine Vorlesung über BesonderesVerwaltungsrecht im SS 1973 zu betreuen, wusste ich noch nicht, dass ich im Lauf dieses Semestersein ganzes Skriptum <strong>von</strong> über 300 Seiten schreiben sollte, das wir auf Matrizen abzogen und laufendin den Vorlesungen austeilten. Denn es gab damals kein Lehrbuch, und die Studierenden sollten einentsprechendes Service erhalten, kostenlos, versteht sich. Ich musste etwas schmunzeln, wie er indem Interview mit Johannes Kunz betonte, dass er neben all seinen anderen Tätigkeiten natürlichimmer seinen Lehr- und Prüfungsverpflichtungen an der Universität Wien in vollem Maßenachgekommen sei, was natürlich ohne die bedingungslose Unterstützung seiner AssistentInnennicht möglich war, wie die heute anwesenden ehemaligen MitarbeiterInnen Felix Ermacoras sicherbezeugen können. Damals saßen wir noch zu viert mit einem gemeinsamen Telefon und ein paarSchreibmaschinen in beengten Bibliotheks-Räumlichkeiten der Universität am Ring. Aber dieAusbeutungssituation hat sich seither nicht wirklich geändert. Ich muss immer unwillkürlich an Felixdenken, wenn mich meine eigenen MitarbeiterInnen heute liebevoll, aber wenig schmeichelnd„Sklavenhalter“ nennen.Ich durfte auch ein bisschen an seinem dreibändigen Werk über die Menschenrechte in der sichwandelnden Welt mitwirken, das zu einem Standardwerk über die Geschichte und Bedeutung derMenschenrechte wurde. Hier konnte er wahrlich aus dem Vollen schöpfen, war er doch seit 1959Mitglied der Europäischen Menschenrechtskommission und Leiter der österreichischenRegierungsdelegation in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. Für den Europarathatte er an den ersten Factfinding Missionen in Griechenland und Nordirland teilgenommen undPionierarbeit geleistet, <strong>für</strong> die UNO untersuchte er jedes Jahr bis zum Ende der Apartheid dieMenschenrechtsverletzungen im südlichen Afrika. Ich erinnere mich noch sehr gut, als wirgemeinsam die Nachricht vom blutigen Putsch General Pinochets gegen die demokratisch gewählteRegierung unter Salvador Allende am 11. September 1973 in Chile erfuhren. Kurz darauf schrieb erals Präsident der UNO-Menschenrechtskommission Geschichte, als er der Witwe Allendes einBeileidstelegramm schickte (was damals noch als unzulässige Einmischung in die Souveränität Chileskritisiert wurde) und eine Untersuchungskommission über Folter und Verschwindenlassen in Chileforderte, die schließlich eingesetzt wurde und dessen Mitglied er durch mehrere Jahre hindurch war.Ein Jahrzehnt später wurde er Sonderberichterstatter über die Menschenrechte in Afghanistan, eine2

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