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SFT 5/84 - Science Fiction Times

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<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 5/<strong>84</strong> 17tischen Kulturkreis ab, das nicht nur nordisch-nationalistischeStrömungen zugutekommt, sondern auch den harmlosenFreunden phantastischer Literatur reichlichLesestoff bietet. Joy Chant legt nuneine Sammlung kurzer Erzählungen vor,die den Zeitraum von der Begründungdes britischen Inselreichs durch den legendärenÄneas-Nachkommen Brutusbis zur allseits bekannten Gestalt KönigArthus’ umfaßt. Die Verfasserin versuchtdabei einmal durch einen übergreifendenErzählrahmen eine vergangenheitsbezogeneStimmung zu schaffen, zum andernaber durch modernisierte Versionen einezeitgemäße Aufarbeitung der Geschichtenzu leisten. Der fiktive Gehalt desBandes wird durch kurze Ausführungenzur Kultur, Religion und Zeitgeschichteaufgelockert. So bietet sich dem Leserein informatives und abwechslungsreichesLesevergnügen dar.Problematisch ist allerdings der unkritischeUmgang der Autorin mit denQuellen, die in ihrer historischen undideologischen Abhängigkeit undurchsichtigbleiben und zu einem recht zweifelhaftenEindruck der geschildertenkriegerischen „Tugenden“ der keltischenHelden verführen könnten. Auch die imVorwort dargelegten geschichtlichenund linguistischen Ausführungen sindin ihrer undifferenzierten Knappheitmit Vorsicht zu genießen. Für Celtica-Liebhaber stellt dieses Buch sicher einekuriose Ergänzung der Sammlung dar,ob es allerdings einen Platz an der Seitevon Gustav Schwabs „Sagen des klassischenAltertums“ verdient hat – wie derUmschlagtext behauptet – wage ich zubezweifeln.Ludwig RiefChester AndersonSCHMETTERLINGSKIND(The Butterfly Kid)Rastatt 1985, Moewig 3664, 191 S.,DM 7,80Deutsch von Rainer SchrnidtAn ’nem abgetörnten Tag sieht der guteChester A. ’nen Typen im (Greenwich)-Village, dem Schmetterlinge aus derHand fliegen, richtige Schmetterlinge.Groovy, Mann, denkt sich Chester undkommt erst später auf den Trichter, daßWirklichkeitspillen dahinterstecken, dieeinen nicht so schnell wieder down lassen.Und dahinter stecken – oh wow! –mannsgroße blaue Hummer, die die Erdeerobern wollen, aber zu friedliebendsind, um selbst die Hand gegen irgendwenheben zu können. Ihre Foltermethodenbescheren Chester so ziemlichdie besten Trips, die er je geschmissenhat, und schlecht – echt schlecht wirdder Trip erst, als fünfzig Hippies im psychedelischenTripsmobil aufbrechen,um die Hummer daran zu hindern, mitihrer Wirklichkeitsdroge die ganze Weltins Chaos zu stürzen. Naja, ein bißchendünn ist diese Story schon, aber es gehtauch nicht darum, was geschieht, sonderndarum, wie es erzählt wird. ChesterAnderson gelingt hier ein brillantesStück Zeitgeschichte, das die Subkulturder Rock-Dope-Szene der sechziger Jahrefesthält (oder das, was sich ein Jahrgang1956 darunter vorstellt). Andersonbleibt dabei ganz cool und schreibtwitzig und mit einer gehörigen PortionSelbstironie; man kauft ihm den TypusMensch, den er beschreibt, vom Anfangbis zum Ende ab. Sein Witz beschränktsich nicht nur auf die Beschreibung derScene; er parodiert SF-Klischees, undseine Hippies sind bald exotischer alsdie blauen Hummer aus dem UFO. DerRoman ist witzig – wirklich witzig, mittollen Formulierungen, irren Gags undeinem easy ironischen Stil, den er auchvoll durchhält. Genauso hip die brillanteÜbersetzung von Rainer Schmidt,die den Tonfall immer und genau trifft.Hier trifft der Klappentext zu, wenn erbehauptet: „Der Rock-Dope-Greenwich-Village-SF-Klassiker!“Uwe AntonAngus McAllisterDERCOMPUTERMENSCH(A Variety of Sensations, 1985)Frankfurt/M., Berlin, Wien 1985Ullstein 31097, 190 S., DM 7,80Deutsch von Uwe AntonWieder einmal, wie so oft in der SF,steht Großbritannien vor dem wirtschaftliehenund sozialen Ruin. In abrißreifenGebäuden, in verrotteten Hinterhöfenund ausgedehnten Slums hausen dieKinder der Depression. Der Alltag wirdvon Arbeitslosigkeit, brutaler Kriminalitätund dem Kampf ums Überlebenbestimmt. Vor diesem Hintergrund erleidetGeorge Hylas, ein gescheiterterUnternehmer, einen Verkehrsunfall mittödlichem Ausgang – und erwacht ineinem Südseeparadies, das mit der Zeitmerkwürdige Eigenschaften zu zeigenbeginnt.McAllister hat mit diesem Erstlingeinen Roman vorgelegt, der teilweisean einen Zusammenschnitt von FRAN-KENSTEIN und WELT AM DRAHTerinnert. Ein isoliertes Gehirn, von zweiWissenschaftlern künstlich am Lebenerhalten und an einen Computer angeschlossen,projiziert eine Robinsonade,in der sein früherer Körper agiert, bis sichdie Illusion langsam herausschält, dasGehirn parapsychologische Fähigkeitenentwickelt, den Computer übernimmtund der Kontrolle der Wissenschaftlerentgleitet. Dies alles versteht der Autorabenteuerlich zu entwickeln, die Aktionender Protagonisten beherrschen dieSzenerie, und so bietet sich dem Lesergediegener Unterhaltungsstoff mit spannendenElementen. Obwohl in dieserHinsicht die Intention des Autors erfülltwird, hätte der Roman weitere Pluspunkteverbuchen können, wenn McAllistermehr auf die ethische Seite von Experimentenmit Menschen eingegangenwäre; leider beschränkt er sich auf reineDeskription, ohne daß er eindeutig Stellungbeziehen würde. Auch die mangelhaftepsychologische Darstellung derProtagonisten fällt auf, etwa wenn in derPerson des Wissenschaftlers Joe Hardyein sexuell restringierter und damit aggressions-dispositionierterNeurotikerdargestellt werden soll, dessen tatsächlicheCharakterisierung aber kaum überdie eines pubertierenden Halbstarkenhinauskommt. Ein weiterer Kritikpunktist die Obszönität des Romans, die entgegenkommendnoch als Widerspiegelungder Obszönität einer verrohtenGesellschaft gewertet werden könnte,würde sie sich nicht verselbständigenund durch ihre permanente Aufdringlichkeitvoyeuristische Züge annehmen. Insgesamtgesehen bietet der Roman jedochgenau das, was man auch von ihm erwartethat: gelungene Unterhaltung undeiniges an Lesevergnügen. McAllister istbestimmt kein herausragender Autor, derRoman ist dementsprechend auch eherins zweite Glied einzuordnen, stellt aberallemal gute handwerkliche Arbeit dar,die einem die Zeit vertreibt. Und dafürsind sieben Mark achtzig nicht zuviel.Klaus W. Pietrek

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