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Hilpold: Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht

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788 <strong>Hilpold</strong>reicht. 27Dennoch sch<strong>ein</strong>en sich immer deutlicher auf der Grundlage von Erfahrungswerten<strong>ein</strong>heitliche Prinzipien <strong>für</strong> die Ausgestaltung solcher Verwaltungsgebieteherauszubilden. Am unmittelbarsten vergleichbar mit der Situation im <strong>Kosovo</strong>ist jene in Bosnien-Herzegowina, und die dort gemachten Erfahrungen wolltesich die UNO <strong>–</strong> im Guten und im Schlechten <strong>–</strong> zunutze machen. Bosnien-Herzegowina ist nach über <strong>ein</strong>em Jahrzehnt “beaufsichtigter Verwaltung” 28 <strong>ein</strong> Belegda<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s <strong>ein</strong> gesellschaftliches Zusammenwachsen <strong>ein</strong>es politisch, religiösund kulturell amorphen Gebildes auch durch noch so starken internationalenDruck nicht <strong>ein</strong>fach angeordnet werden kann. 29 Am Beispiel dieses Landes kannauch gezeigt werden, <strong>das</strong>s selbst gut gem<strong>ein</strong>ter internationaler Aktivismus von internationalenOrganisationen im Falle unzureichender Koordination zu Doppelgleisigkeiten,Ineffizienzen und z.T. sogar zu <strong>ein</strong>er Lähmung des Staatsapparatesführen kann. 30 Dies sollte im <strong>Kosovo</strong> verhindert werden und deshalb wurde vomUN-Generalsekretär <strong>ein</strong> straff organisiertes Verwaltungssystem geschaffen.Laut Ziffer 10 der Resolution 1244 wird der UN-Generalsekretär zur Errichtung<strong>ein</strong>er provisorischen Zivilverwaltung ermächtigt, die dem Volk von <strong>Kosovo</strong><strong>ein</strong>e “substantielle Autonomie” innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien garantierensowie die Herausbildung <strong>ein</strong>er provisorischen demokratischen Selbstverwaltungüberwachen sollte. Diese Zivilpräsenz wurde als “United Nations Mission in<strong>Kosovo</strong>” (UNMIK) unter der Leitung <strong>ein</strong>es “Special Representative of the Secretary-General”(SRSG) errichtet. Die Zivilverwaltung beruht auf vier Säulen, <strong>für</strong> welchejeweils unterschiedliche Internationale Organisationen verantwortlich sind:- <strong>das</strong> UNHCR <strong>für</strong> den Bereich “Humanitarian Affairs” (humanitäre Angelegenheitenund Flüchtlingsrückführung);- die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen <strong>für</strong> die “Interim Civil Administration” (allgem<strong>ein</strong>e Verwaltungstätigkeiten)- die OSZE <strong>für</strong> “Institution Building” (Aufbau von Selbstverwaltungs<strong>ein</strong>richtungenund Überwachung der Menschenrechtssituation) und- die EU <strong>für</strong> “Reconstruction” (wirtschaftlicher Wiederaufbau).Die Aufgaben innerhalb der ersten Säule wurden schon nach <strong>ein</strong>em Jahr als gelöstangesehen. An ihre Stelle trat im Mai 2001 <strong>ein</strong>e separate Säule <strong>für</strong> Polizei und27Vgl. B. S c h l ü t t e r , Rechtsstaatlichkeit der UN-Verwaltungsherrschaft in <strong>Kosovo</strong>, in: 50 Südosteuropa7-9/2001, 303-323. Vgl. auch J.A. F r o w e i n , Die Notstandsverwaltung von Gebietendurch die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, in: H.-W. Arndt et al. (Hrsg.), <strong>Völkerrecht</strong> und Deutsches Recht, FSWalter Rudolf, München 2001, 43-54.28Konkret wirkt dabei der sog. Hohe Repräsentant der Staatengem<strong>ein</strong>schaft. Dieser hätte ursprünglichnur befristet an der Ausübung der Staatsgewalt beteiligt werden sollen. Anfang 2008 beschlossendie Vertreter der EU, der USA und Russlands aber, s<strong>ein</strong> Mandat unbefristet zu verlängern.29Hinsichtlich der außergewöhnlichen Herausforderungen, die in diesem Zusammenhang zu bewältigensind, vgl. <strong>ein</strong>drucksvoll W. G r a f V i t z t h u m , Multiethnische Demokratie, in: C.D. Classenet al. (Hrsg.), FS Thomas Oppermann, Berlin 2001, 87-116.30Vgl. in diesem Sinne H.F. K i d e r l e n , Von Triest nach Osttimor <strong>–</strong> Der völkerrechtliche Rahmen<strong>für</strong> die Verwaltung von Krisengebieten durch die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, Heidelberg 2008, 62.ZaöRV 68 (2008)http://www.zaoerv.de/© 2008, Max-Planck-Institut <strong>für</strong> ausländisches öffentliches Recht und <strong>Völkerrecht</strong>

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