13.07.2015 Aufrufe

1 THOMAS VON AQUIN - De veritate (Quaestio I ... - vaticarsten.de

1 THOMAS VON AQUIN - De veritate (Quaestio I ... - vaticarsten.de

1 THOMAS VON AQUIN - De veritate (Quaestio I ... - vaticarsten.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. Franziskus<strong>THOMAS</strong> <strong>VON</strong> <strong>AQUIN</strong> - <strong>De</strong> <strong>veritate</strong> (<strong>Quaestio</strong> I) - ZusammenfassungErster Artikel:Was ist Wahrheit?! Ziel ist die Erschließung <strong>de</strong>s Wortes „Wahrheit“ und <strong>de</strong>r mit diesem Begriff verwandtenWörter.! 1. Grundlage ist das, wodurch ein „Seien<strong>de</strong>s“ ist und wodurch es ein „Was“ ist=> „Seiendheit“ genannt.2. Seinsweise, die in <strong>de</strong>r Angleichung von Ding und Verstand besteht.3. Unmittelbare Wirkung dieser Angleichung: die Erkenntnis.! Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Seiendheit, Wahrheit und Erkennen =>zur Erklärung <strong>de</strong>s Begriffs <strong>de</strong>r Wahrheit kann man bei je<strong>de</strong>m ansetzen.Zweiter Artikel:Fin<strong>de</strong>t sich Wahrheit ursprünglicher im Verstand als in <strong>de</strong>nDingen?! Ziel ist es, zu klären, ob es in <strong>de</strong>r Angleichung von Seien<strong>de</strong>m und Verstand eineOrdnung gibt.! Erkenntnis: Das Ding ist als Erkanntes in <strong>de</strong>r Seele -> muss in die Seele aufgenommenwer<strong>de</strong>n -> muss dazu die Eigenart <strong>de</strong>r Seele annehmen.Die Angleichung gibt es also zunächst und ursprünglich in <strong>de</strong>r Seele.! Verstand: a) praktischer Verstand- ist das Maß <strong>de</strong>r Dinge, die durch seinen Entwurfentstehenb) theoretischer Verstand- hat die Dinge zum Maß, die unabhängig von seinerTätigkeit bestehen- er erkennt sie bloß! Schöpfung: Alle Dinge <strong>de</strong>r Natur verdanken ihren Sinn <strong>de</strong>m schöpferischenEntwurf <strong>de</strong>s göttlichen Verstan<strong>de</strong>s. Im Hinblick auf <strong>de</strong>n göttlichenVerstand sind sie etwas Gemessenes. <strong>De</strong>r göttl. Verstand ist ihr Maß.<strong>De</strong>r göttl. Verstand hängt selbst nicht von etwas ab. Daher ist ermaßgebend.1


Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. Franziskus! Verhältnis von <strong>de</strong>n Dingen und <strong>de</strong>m Verstand:1. <strong>De</strong>r göttl. Verstand ist maßgebend und nicht gemessen.2. Ein Ding, das vom prakt. menschl. Verstand unabhängig ist, ist gemessen undmaßgebend:- gemessen durch <strong>de</strong>n göttl. Verstand- maßgebend für die theoretische Erkenntnis durch <strong>de</strong>n menschl.Verstand3. <strong>De</strong>r menschl. Verstand ist sowohl gemessen wie maßgebend:- gemessen durch die Dinge, die er nicht bewirkt- maßgebend für die von ihm entworfenen künstl. Dinge! „Wahrheit als Seinsweise <strong>de</strong>r Dinge“ lässt sich so genauer bestimmen.! Ein Ding <strong>de</strong>r Natur ist gemessen wie maßgebend und darum in zweifachem Sinn etwasWahres:1. Es ist <strong>de</strong>m göttl. Verstand angeglichen. Je<strong>de</strong>s Seien<strong>de</strong> ist also etwas <strong>de</strong>mmaßgeben<strong>de</strong>n göttlichen Verstand entsprechen<strong>de</strong>s.2. Je<strong>de</strong>s Seien<strong>de</strong> ist maßgebend für <strong>de</strong>n menschl. Verstand, insofern er theoretischist.! Angleichung liegt darin, dass ein Ding eine Erkenntnis seiner selbst bewirkenkann - bei <strong>de</strong>r es also maßgebend ist.Diesem Sinn <strong>de</strong>s Wortes „Wahrheit“ entspricht ein solcher von „Falschheit“. EinDing heißt falsches, wenn es sehen lässt, was od. wie es nicht ist.! Die „Wahrheit“ eines Dings als Angleichung an <strong>de</strong>n maßgeben<strong>de</strong>n göttlichen Verstandgeht <strong>de</strong>r Sache nach <strong>de</strong>r Wahrheit als Angleichung <strong>de</strong>s Dinges an <strong>de</strong>n menschl.Verstand voraus (ist sachlich früher – klar).- „wahr“ weil durch <strong>de</strong>n göttl. Verstand bestimmt- „wahr“ wenn es sich <strong>de</strong>m menschl. Verstand erschließtDie Angleichung an <strong>de</strong>n menschl. Verstand ist etwas, dass in <strong>de</strong>m Ding gegeben ist.! Fazit: Auch wenn es <strong>de</strong>n menschl. Verstand nicht gäbe, hätten die Dinge dieSeinsweise <strong>de</strong>r Wahrheit, weil sie <strong>de</strong>m göttl. Verstand entsprechen.Ohne Schöpfer gäbe es keine Seinsweise <strong>de</strong>r Wahrheit. Wahrheit istnicht <strong>de</strong>nkbar & aussagbar ohne Hinordnung <strong>de</strong>s Seien<strong>de</strong>n auf ein Verstan<strong>de</strong>svermögen.2


Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. FranziskusDritter Artikel: Gibt es Wahrheit nur im zusammengesetzten undtrennen<strong>de</strong>n Verstand?! „Wahrheit“ als Seinsweise <strong>de</strong>s trennen<strong>de</strong>n Verstan<strong>de</strong>s.! 2 Akte <strong>de</strong>s theoret. Verstan<strong>de</strong>s: 1. Erfassen2. Urteilen! Erkennen fin<strong>de</strong>t sein En<strong>de</strong> stets in einem Urteil. Urteil besteht in einemZusammensetzen od. Trennen. Voraussetzung dafür ist, dass etwas von <strong>de</strong>m Verstandaufgenommen od. erfasst ist.Erfassen und Urteilen sind voneinan<strong>de</strong>r zu unterschei<strong>de</strong>n.! Ding & Verstand sind zwei voneinan<strong>de</strong>r getrennte Seien<strong>de</strong>. Die Gleichheit liegt in <strong>de</strong>rWahrheit.! Die Tätigkeit <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s muss zwei Bedingungen erfüllen:1. Sie darf nicht <strong>de</strong>m Ding zukommen.2. Muss Gleichheit von Ding & Verstand ermöglichen. <strong>De</strong>m Verstand muss etwasentsprechen, das <strong>de</strong>m Ding eigen ist.! Erfassen: - Verstand wird geprägt wie die Sinnesorgane durch einen wahrnehmbarenGegenstand.- „Washeit“ wird erfasst.! Urteilen: - Verstand bringt sich als etwas von <strong>de</strong>m Ding Verschie<strong>de</strong>nes insSpiel.- Urteilsakt gehört <strong>de</strong>m Verstand an. Darin tritt <strong>de</strong>r Verstand inseiner Eigenart in Erscheinung.- Angleichung od. Ungleichheit von Verstand & Ding kommt erstim Urteil zustan<strong>de</strong>.- Angleichung = Urteil ist „wahr“Ungleichheit = Urteil ist „falsch“- Durch <strong>de</strong>n Akt <strong>de</strong>s Zusammensetzens od. <strong>de</strong>s Trennens erfassterInhalte bewirkt <strong>de</strong>r Verstand die Angleichung an das Ding.Diese Angleichung wird als „Wahrheit“ bezeichnet.! <strong>De</strong>finition: - Eine <strong>De</strong>finition ist vom Resultat <strong>de</strong>r Erfassung einer „Washeit“vom Urteilsakt zu unterschei<strong>de</strong>n.- <strong>De</strong>finition wird dann falsch genannt, wenn sie ein falsches Urteilenthält.! Fazit: - „Wahrsein“ kommt <strong>de</strong>m urteilen<strong>de</strong>n Verstand zu.- In zweiter Linie sind <strong>De</strong>finitionen „wahr“ od. „falsch“- Dinge wer<strong>de</strong>n „wahr“ genannt, wodurch primär ihr Verhältniszum göttl. Verstand bezeichnet wird.3


Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. FranziskusVierter Artikel:Gibt es nur eine einzige Wahrheit, durch die alles wahr ist?! Welchen Sinn macht die Re<strong>de</strong>weise von einer „Wahrheit“?! „Wahrheit“ bezeichnet im strengen Sinn die Seinsweise <strong>de</strong>r Angleichung vonDing & Verstand, die in einem Verstan<strong>de</strong>svermögen verwirklich ist.! „Wahrheit“ im göttl. Verstand hat jedoch Vorrang vor <strong>de</strong>r „Wahrheit“ im menschl.Verstand. <strong>De</strong>r menschl. Verstand ist also in zweiter Linie wahr.! Es gibt viele „Wahrheiten“ im eigentlichen Sinn als Seinsweisen <strong>de</strong>r vielen menschl.Verstan<strong>de</strong>svermögen -> geeint sind sie in <strong>de</strong>r Wahrheit <strong>de</strong>s göttl. Verstan<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>ssenAbbil<strong>de</strong>r sie sind.! Ein Ding verliert seine Wahrheit, die in <strong>de</strong>r Übereinstimmung mit <strong>de</strong>m göttl. Verstandbesteht, nicht, so lange es währt.! „eine Wahrheit“ = Seinsweise <strong>de</strong>s göttl. Verstan<strong>de</strong>s.! Unterschied: Wahrheit <strong>de</strong>s göttl. Verstan<strong>de</strong>s -> einziges MaßWahrheit <strong>de</strong>s menschl. Verstan<strong>de</strong>s -> inneres MaßFünfter Artikel:Ist irgen<strong>de</strong>ine an<strong>de</strong>re Wahrheit außer <strong>de</strong>r ersten Wahrheitewig?! In <strong>de</strong>r Wahrheit <strong>de</strong>s göttl. Verstan<strong>de</strong>s wurzelt die Wahrheit <strong>de</strong>r Dinge. Die Dingewie<strong>de</strong>rum sind maßgebend für die Wahrheit <strong>de</strong>s menschl. Verstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r diesementsprechen<strong>de</strong>n wahren Aussagen. Insofern sind diese Wahrheiten ebenfalls auf dieerste Wahrheit bezogen wie etwas Gemessenes auf einen ihm äußeren Maßstab.Sechster Artikel: Ist eine geschaffene Wahrheit unverän<strong>de</strong>rlich?! „Wahrheit“ als Seinsweise <strong>de</strong>s schöpferischen Verstan<strong>de</strong>s Gottes lässt keinen Wan<strong>de</strong>lzu.! „Wahrheit“ in einem Ding in seiner Hinordnung auf die erste „Wahrheit“ zukommt,än<strong>de</strong>rt sich mit je<strong>de</strong>m Wan<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>n dieses Ding erfährt. Allerdings wird aus <strong>de</strong>rDingwahrheit nie Unwahrheit.! „Wahrheit“ eines Dings im Hinblick auf <strong>de</strong>n menschl. Verstand ist verän<strong>de</strong>rlich.Siebter Artikel:Wird Wahrheit in Gott in bezug auf die Wesenheit o<strong>de</strong>r inbezug auf die Personen ausgesagt?4


Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. FranziskusAchter Artikel:Stammt von <strong>de</strong>r ersten Wahrheit je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Wahrheit?! Frage nach <strong>de</strong>m Umgang mit „Seinsmängeln“ (z.B. Blindheit).! Frage nach Suchverhalten, die nur mittels Verneinung gekennzeichnet wer<strong>de</strong>n können,da sie ein Fehlen von Sein sind.Neunter Artikel:Gibt es Wahrheit im Sinnesvermögen?! Sinneserkenntnisse können wahr od. falsch genannt wer<strong>de</strong>n. Dieser Aspekt muss von<strong>de</strong>r Verstan<strong>de</strong>swahrheit abgegrenzt wer<strong>de</strong>n.! „Wahrheit im Verstand“ ist insoweit, als er sich mittels Reflexion selbst erkennt.=> Graphik in <strong>de</strong>r angegebenen Quelle aus Seite XXXII.! Sinnliche Erkenntnis: - Sinnesvermögen bemerken ihr Tätigsein- damit en<strong>de</strong>t aber die Erkenntnisbewegung- ein körperl. Organ kann sich nicht zwischenein in Tätigsein befindliches Vermögen und dasVermögen als Ursprung dieser Tätigkeit schiebenZehnter Artikel:Gibt es irgen<strong>de</strong>in falsches Ding?! „Wahrheit“ besteht in <strong>de</strong>r Angleichung eines Dinges und <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s.Falschheit besteht in <strong>de</strong>ren Ungleichheit.! <strong>THOMAS</strong> drückt sich jedoch nicht differenziert aus, wie Mängel am Ding einzuordnensind. Alles ist <strong>de</strong>m göttlichen Verstand angeglichen – auch wenn er es nicht verursachthat.! Ein Ding heißt nicht „falsch“, weil es zwingend eine falsche Erkenntnis von sichbewirkt, son<strong>de</strong>rn weil es eine solche bewirken kann, und zwar durch das, was vonihm erscheint. So nennt man falsches Gold das, bei <strong>de</strong>m außen die Farbe <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>sund <strong>de</strong>rartige Beschaffenheiten erscheinen, obwohl ihnen innen die Natur <strong>de</strong>s Gol<strong>de</strong>snicht zugrun<strong>de</strong> liegt.! Je<strong>de</strong>s Ding ist aber aufgrund seines Verhältnisses zum göttl. Verstand ein Wahres.5


Erkenntnistheorie - WS 2002 / 03fr. FranziskusElfter Artikel:Gibt es Falschheit bei <strong>de</strong>n Sinnen?! Menschl. Erkennen ist Ergebnis eines Zusammenwirkens sinnlicher & geistigerErkenntniskräfte.! Sinnesvermögen stehen zwischen <strong>de</strong>n Dingen & <strong>de</strong>m Verstand -> haben also einemittlere / vermitteln<strong>de</strong> Stellung.! Eine Täuschung <strong>de</strong>r Sinnesvermögen kann sich nur einschleichen durch einen<strong>De</strong>fekt <strong>de</strong>s Wahrnehmungsvermögens selbst od. wegen einer Störung imMedium, dass sich zwischen Sinnesorgan und Ding befin<strong>de</strong>t.! Fehlerhafte sinnliche Erkenntnis kann auch darauf zurückgeführt wer<strong>de</strong>n, dass sienicht auf <strong>de</strong>n eigentümlichen Gegenstand eines Sinnes bezogen ist. Es gibtEigenschaften <strong>de</strong>r Dinge, die mehreren Sinnen zugänglich sind. eine solcheEigenschaft kann durch einen einzelnen Sinn fehlerhaft beurteilt wer<strong>de</strong>n.Zwölfter Artikel:Gibt es Falschheit im Verstand?! Verstand kann bis zum wesentlichen Sein eines Dinges vordringen. Durch ihn könnenwir erkennen, was sie ihrem Wesen nach sind.! Beim Zusammensetzen erfasster Inhalte kann <strong>de</strong>r Verstand Falsches zustan<strong>de</strong>bringen. <strong>De</strong>r Fehler liegt also dann in einer nicht-wirklichkeitsentsprechen<strong>de</strong>nSynthese, die auf <strong>de</strong>n Verstand zurückgeht.Quelle:<strong>THOMAS</strong> <strong>VON</strong> <strong>AQUIN</strong>, Von <strong>de</strong>r Wahrheit. <strong>De</strong> <strong>veritate</strong> (<strong>Quaestio</strong> I), ausgewählt, übersetzt und herausgegeben vonA. ZIMMER-MANN (Hamburg 1986).6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!