13.07.2015 Aufrufe

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aspekt eine große Rolle bei dem Entschluß, sich um eine <strong>Mainzer</strong> Domherrenpfründe zubemühen, spielte. Insbesondere für die Kurialen stand dieses Moment <strong>im</strong> Mittelpunkt,wenn es sich nicht sogar meistens um das einzige Motiv handelte. Diese Pfründenjäger sammeltenProvisionen für den gesamten Bereich der römis~hen,Obödienz~~~, ohne die ihnenverliehenen Pfründen <strong>im</strong>mer in Besitz nehmen zu können oder ZU wollen. Auch wenn sievon den Kapiteln akzeptiert wurden, erschienen sie nur selten oder sogar nie an ihrenPfründorten. Sie blieben an der Kurie, wo sie zumeist auch Ämter und Funktionen in derpäpstlichen Verwaltung oder am Hof innehatten, und waren lediglich am Pfründertrag,manchmal vielleicht auch am Titel interessiert. Besonders deutlich kommt dies bei den ausdiesem Kreis stammenden <strong>Mainzer</strong> Dompröpsten zum Ausdruck. Mit Ausnahme von WilhelmPinchon waren sie höchst selten inMainz. Ihre Einkünfte ließen sie von Prokuratoreneinnehmen, die auch die Aufgaben des Dompropstes in der Verwaltung des Kapitelsbesitzesund der Pfründenverteilung ~ahrnahmen'~~. Stellte eine <strong>Mainzer</strong> Dompfründe für dieKurialen und für jene Domherren, die bereits vorher Pfründen besaßen und sich normalerweisean einem anderen Pfründenort aufhielten, ein begehrtes Zubrot dar, für so manchenAdeligen besaß sie weit existenziellereBedeutung. Ein zentrales Problem des hohen wie desniederen Adels stellte die Versorgung seiner nachgeborenen Söhne dar. Einerseits garantiertenur eine größere Anzahl männlicher Nachkommen den Fortbestand der Familie einigermaßensicher, andererseits wurde dadurch die Frage evident, wie die für die Fortführungdes Geschlechts - vorerst195 -nicht benötigten Söhne angemessen versorgt werden könnten,ohne daß <strong>im</strong>Erbfal1 der Familienbesitz geteilt werden m~ßte'~~. Der <strong>im</strong> <strong>Mittelalter</strong> normalerweisebeschrittene Ausweg führte die nachgeborenen Söhne in den Zölibat, d. h. dieFamilie versuchte ihnen über den Erwerb von Pfründen ein standesgemäßes Auskommenzu verschaffent9'. Dabei versteht es sichvon selbst, daß diese Lösung umso gößere Attrak-Iq3 Vgl. hierzu Meuthen, Pfründen. Zu den kurialen Pfriindenbewerbern am Speyerer <strong>Domkapitel</strong>vgl. Fouquet, <strong>Domkapitel</strong>, S. 147-154.2. B. war Johann vonFriedberg Prokurator des Dompropstes Bertholin de Canali, und Dietmar vonWahlen und Bertrand de Macello leisteten solche Dienste für den Kardinal Ra<strong>im</strong>und von Palestrina.195 Im Gegensatz zum Kloster war bei den Dom- und Kollegiatstiftskapiteln der Rücktritt in die Weltlichkeitrelativ leicht zu bewerkstelligen. Blieben die weltlichen Söhne kinder- bzw. söhnelos, riefendie Familien normalerweise einen oder mehrere ihrer Zölibatäre ,in die Welt zurück", damitsie heirateten und Kinder, respektive Söhne zeugten. Auf diese Weise konnten „überzählige"Söhne .geparktn werden, ohne daß die Familie für ihren Unterhalt aufkommen mußte oder daßdiese, wenn der ursprüngliche Familienplan aufging, Erbansprüche stellen konnten. Vgl. Hierzumit Beispielen Schulte, Adel, S. 264-273,282f. Siehe z. B. auch die Biogramme Wigands von Dienhe<strong>im</strong>,Konrad Schenks von Erbach und Johanns von Kleve.Vgl. ZU dieser Problematik Andermann, Studien Niederadel, S. 195- 202; Sablonier, Adel, S. 188-210. <strong>Das</strong> Teilungsproblem war, wie Cohn, Gouvernment, S. 38, für die Pfalzgrafen feststellt, auchoder gerade für fürstliche Familien von großer Bedeutung19' Wie eine Familie mit Hilfe einer geschickten Versorgungspolitik unter Nutzung der kirchlichenMöglichkeiten den generativen Druck auf die Kirche abwälzen konnte, demonstrieren die Sclienkenvon L<strong>im</strong>purg. Vgl. Wunder, Schenken, S. 32-36. Reiche Familien mit guter Wirtschaftslage,wie z. B. die von Hirschhorn, waren auf diese Versorgungsmöglichkeiten nicht sonderlich angewiesenund haben sie auch nur in geringem Maße genutzt. Vgl. Lohmann, Herrschaft, S. 86,232.Die in späterer Zeit üblichen Alternativen zum Zölibat, das juristische Studium mit dem Ziel einerKarriere in der fürstlichen Hof- und Landesverwaltung oder der fürstliche Militärdienst, spieltenin der Familienplanung des <strong>späten</strong> <strong>Mittelalter</strong>s noch kaum eine Roile. Vgl. Endres, Grundlagen,S. 226-233; Press, Fuhrungsgmppen, S. 46f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!