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Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

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Besonders zu erwähnen sind aus diesem Kreis die den Pfalzgrafen verbundenen Domherrenfamilienaus der Wetterau und dem Kraichgau. Während des kurzfristigen, zu Anfangjedoch wohl mit weitreichenden Absichten angetretenen Besitzes der Wetterauer Landvogtei1378-1381 hat Pfalzgraf Ruprecht I. zahlreiche Wetterauer Familien in den pfalzgräflichenLehnshof aufgenommen. Wenn auch das Landvogteiprojekt <strong>im</strong> Sande verlief, hattedie Pfalzgrafschaft ihr Beziehungsnetz doch nun auch auf diese Landschaft ausgedehnt.Den Kraichgau betrachteten die Pfalzgrafen eigentlich als ihr ausschließliches Interessengebiet.Umso mehr mag es erstaunen, daß <strong>im</strong> 15. Jahrhundert so viele Kraichgauer <strong>im</strong> Main-Zer <strong>Domkapitel</strong> zu finden waren. Anders als be<strong>im</strong> oberhessischen Adel dienten diese Kontaktaufnahmenzu Kurmainz wohl weniger der Kompensation eines übermächtigen hegemonialenDrucks durch Anlehnung an den Rivalen des Pfalzgrafen. Vielmehr wird derKraichgauer Adel, der seiner einflußreichen Stellung in der Kurpfalz und <strong>im</strong> HochstiftSpeyer wegen an Selbstbewufltsein gewonnen hatte, mit der Ausweitung seiner Beziehungennach weiteren Möglichkeiten zum Machtgewinn gesucht haben. Der Pfalzgraf wird esnicht ungern gesehen haben, wenn pfälzische Führungsfamilien, wie die Helmstadt oderdie mittelrheinischen Knebel von Katzenelnb~~en, auch Einfluß auf die kurmainzischePolitik gewannen'79.Aufs Ganze gesehen zeigt die Aufstellung <strong>im</strong> Anhang deutlich, daß nahezu alle bedeutendenDomherrenfamilien auch Beziehungen zum Heidelberger Hof unterhielten. Wir habenhier ein Paradebeispiel für die Überschneidung zweier territorialer Systeme auf der personalenEbene der Elitefamilien'so vor uns. Doch lassen sich, wie bezüglich der Landgraf-Schaft Hessen, auch hier beträchtliche Unterschiede hinsichtlich der Intensität der Bindungfeststellen. Gemessen an der Zahl der in der Aufstellung<strong>im</strong> Anhang nachgewiesenen Diensteund Amtmannschaften nehmen z. B. die Familien von Helmstadt, Hirschhorn, Knebelvon Katzenelnbogen, Rodenstein und Sickingen einen vorderen Rang ein. Außerdemwaren drei Domherrenfamilien <strong>im</strong> Besitz k~r~fälzischer Erbhofamter: Die Hirschhornwaren seit 1413 Erbtruchsessen, die Schenken von Erbach waren seit dem 13. JahrhundertErbschenken und die Wildgafen, ebenfalls seit dem 13. Jahrhundert, Erbmarschälle derPfalzgrafeni8'.Natürlich unterhielten viele Domherrenfamilien auch Beziehungen zu anderen fürstlichenTerritorien. Diese erreichten aber in keinem Fall den Umfang derjenigen zu Hessen odergar zur Kurpfalz. Wir finden z. B. Verbindungen zu den Erzbischöfenvon Köln und Trier,den Hochstiften Speyer und Würzburg, zu den Herzogtümern Lothringen und Luxemburgund zur Markgrafschaft Baden. Der gröi3eren Entfernung dieser Territorien von der'79 Wie unangenehm derartige Doppelbindungen für den schwächeren der beiden Territorialherrensein konnten, zeigen die allerdings erfolglosen Versuche des Grafen Ulrich von Württemberg,Doppelverhältnisse zur Kurpfalz und zu Württemberg zu unterbinden, um den pfälzischen Einflußin seiner Grafschaft einzudämmen. Vgl. Müller, Beziehungen, S. 14-19.Zu Definition und Wesensbeschreibung der interterritorialen Systernbildung vgl. Gerlich, Landeskunde,S. 303-311. In der Verflechtungvon Kurmainz und Kurpfalz auf der Ebene der Spitzenfarnilienist wohl auch einer der wichtigsten Gründe dafür zu sehen, daß das an Spannungen überreicheVerhältnis beider Territorien nur selten zum kriegerischen Konflikt entartete. Der beideMächte tragende, militärisch ausschlaggebende Adel war an solchen Konflikten nicht bzw. an ihrerBegrenzung interessiert. Krirnrn, Baden, S. 62-65, kommt bei der Analyse des oberrheinischenAdels zum gleichen Ergebnis.18' Vgl. Klafki, Erbhofämter, S. 51-89.

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