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Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

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Erziehung der Domizellare weitgehend ausgeschieden, ihm verblieb nur nach eine formalisierteOberaufsicht, dafür wuchs ihm jedoch die Position eines Stellvertreters des Dekansund Kapitelssprechers zu, wodurch er zur zweitwichtigsten Prälatur aufrückte.Von zentraler Bedeutung bei der Betrachtung der Prälaturen <strong>im</strong> Spätmittelalter war dieFrage der Kollatur. Der Reichtum der Dompropstei machte sie besonders attraktiv fürInterventionen von außen. Lange Zeit konnten die Päpste das eigentlich dem Kapitel zustehendePr~~stwahlrecht ausschalten und die Propstei an ihre Günstlinge verleihen. PolitischeMotive ließen das Kapitel zumeist freiwillig vom Widerstand gegen die Papstprovisenabsehen. Sobald es jedoch gelang, diesen zu widerstehen, rückten die Pröpste wieder eng andas Kapitel heran. Auch das kapitulare Dekanwahlrecht wurde <strong>im</strong> 14. Jahrhundert häufigvon außen eingeschränkt. Insbesondere Kar1 IV. hat gleich viermal seinen Kandidaten fürdiese politisch bedeutsame Prälatur mit päpstlicher Hilfe durchgesetzt. Bemerkenswert indiesem Zusammenhang ist die Beobachtung, daß die Dekane, auch nachdem das Kapitelsein Wahlrecht gesichert hatte, größtenteils unbedeutenderen Familien bzw. solchenGeschlechtern angehörten, die in Mainz ansonsten keine große Rolle spielten. Dies mußwohl als Ausfluß des inneren Kapitelsproporzes angesehen werden, der es nicht zuließ, daßeine der Leitfamilien ihre ohnehin starke Stellung durch den Gewinn des Dekanats zurDominanz ausbaute. Die Kollatur der Kustodie stand den Erzbischöfen zu, die sie bevorzugtihren hochadeligen Sippen- und Standesgenossen verliehen. Um den Einfluß des Erzbischofsauf die inneren Angelegenheiten des Kapitels zu beschranken, hatten die Domherrendie Bindung der Kustoden an das Kapitel bewußt gelockert. Wenn diese die Befreiungvon der Residenzpflicht nicht nutzten, lag das daran, daß sie alle zuvor bereits Kapitularegewesen waren und auch weiterhin gestaltend in Mainz wirken wollten. Auch bei der Besetzungder Scholasterei und der Kantorei läßt sich bisweilen eine Fremdbest<strong>im</strong>mung beobachten,insgesamt nahm diese aber nicht so gravierende Ausmaße an. Erst um die Wendedes 15. zum 16. Jahrhundert konnte das <strong>Domkapitel</strong> die Wahl von Propst, Dekan, Scholasterund Kantor gegen äußere Einflüsse absichern.Eine Geschäftsordnung erhielt das <strong>Domkapitel</strong> erst 1469 durch Erzbischof Adolf 11. undgegen den Widerstand der Domherren. Darin wurden die Fragen der Leitung, sowie derTages- und Redeordnung endgültig geregelt. Zuvor, aber teilweise auch noch nach 1469,müssen bei den Kapitelssitzungen teilweise chaotische Zustände geherrscht haben. Überden <strong>im</strong> <strong>Mainzer</strong> Kapitel üblichen Abst<strong>im</strong>mungsmodus konnte keine letzte Klarheit erreichtwerden. Einerseits scheint bis ins 15. Jahrhundert das Prinzip der Einst<strong>im</strong>migkeit zumindestbei best<strong>im</strong>mten Angelegenheiten geherrscht zu haben, andererseits gibt es schon <strong>im</strong> 14.Jahrhundert Belege für das Mehrheitsprinzip. Die Wahl des St<strong>im</strong>mverfahrens scheint vomjeweiligen Gegenstand der Entscheidung abgehangen zu haben; bei dringlichen Fragen wardie Einst<strong>im</strong>migkeit ein denkbar ~n~raktikabler Modus.Den cigentlichen Lebensraum des <strong>Mainzer</strong> <strong>Domkapitel</strong>s bildeten Erzstift und -diözeseMainz. In diesen Bereichen die Position des Kapitels zu best<strong>im</strong>men, war die Aufgabe desKapitels D. Bereits zu Beginn unseres Untersuchungszeitraums hatten die Domherren hiereine herausragende Stellung erlangt. Nachdem das <strong>Domkapitel</strong> bis etwa 1200 korporativeGeschlossenheit gewonnen hatte, gelang es ihm, begünstigt durch allgemeine kirchenrechtlicheEntwicklungen und die politische Situation des Erzstifts, in der ersten Hälfte des 13,Jahrhunderts das ~ischofswahlrecht, das allgemeine Konsensrecht zu wichtigen erzbischöflichenEntscheidungen und das Recht auf Vakanzverwaltung auf sich zu beschränken.

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