13.07.2015 Aufrufe

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter : (1306 - 1476)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der wichtigsten Stifte verbunden waren423. Zwar übten sie ihre Rechte in Seelsorge, Pfriindeninvestitur,freiwilliger und Sendgerichtsbarkeit, sowie in der Aufsicht über die geistlicheDisziplin zumeist nur noch mittelbar durch ihre Offiziale doch liefen sie scheinbarnie Gefahr, durch diese Delegaten in ähnlicher Weise abgedrängt zu werden, wie sieselbst es vormals mit den Erzbischöfen getan hatten. Auch die fortschreitende Beschränkungder archidiakonalen Gewalt durch die Erzbischöfe konnte die Bedeutung diesesAmtes <strong>im</strong> Spätmittelalter noch nicht völlig herabmindern.Es waren aber nicht nur die reichen Einkünfte bei gleichzeitiger Re~idenzbefreiun~ und die<strong>im</strong>mer noch erheblichen Rechte der Propst-Archidiakone, die eine Einflußnahme des<strong>Domkapitel</strong>s auf die wichtigsten Kollegiatstifte günstig erscheinen liegen. Die Stifte besagenauch eine nicht zu unterschätzende territorialpolitische Funktion. Gleich, ob die ErzbischöfeFremdgründungen übernahmen, wie z. B. das Stift Aschaffenburg, oder selbstgründeten, wie z. B. das Stift in ~ of~eismar~~~, <strong>im</strong>mer waren damit, wie May es ausdrückt,wirtschaftliche und landes~lanerische Überlegungen verbunden426. Insbesondere wurdendurch die weiter von Mainz entfernt gelegenen Stifte neben organisatorisch-seelsorgerischenauch Mittelpunkte für das verstreute Stiftsgut geschaffen427. Es war aber nicht alleindie Stüt~~unktbildung <strong>im</strong> engeren Sinne ein das Erzstift stabilisierender Faktor, auch diesozialintegrative Funktion, die ein Kollegiatkapitel für den Adel seiner Umgebung besaß,war politisch von hohem Wen. Schließlich waren auch die archidiakonalen Gerichtsrechteterritorialpolitisch instrumentalisierbar. Ein vielzitiertes Beispiel stellen die 1410-1416unternommenen Versuche Landgraf Heinrichs 11. von Hessen dar, sein Territorium durchpäpstlichen Spruch aus der erzstiftischen Gerichtsbarkeit, die <strong>im</strong> niederhessischen Rauminstitutionell durch den Fritzlarer Propst repräsentiert wurde, herauszunehmen und demvon den Landgrafen völlig abhängigen Dekan des Kasseler Martinsstifts zu unterstellen.Dieses Stift hätte damit quasi-episkopale Funktionen erhalten und wäre die Vorstufe eineshessischen Landesbistums gewesen428.Auch wenn die genannten Aspekte hier leider nur angedeutet werden können und beileibenoch nicht alle Gesichtspunkte angeführt wurden429, wird doch deutlich, daß es neben der42' ZU den Archidiakonaten in der Diözese Mainz siehe oben Kapitel D. 11.2. .424 Siehe hierzu beispielsweise die Offiziatsordnung, die Kuno von Falkenstein 1335 als Propst desStifts Norten erlassen hat (Abdruck bei Bruns, Archidiakonat, S. 128-130) oder das Fritzlarer Offizialatsstatutvon1333 (Abdruck beiDemandt, Quellen, Nr. 166). Vgl. Demandt, Chorherrenstift,S. 87-99.425 In diesem Zusammenhang müssen auch die Umwandlungen von Klöstern in Stifte, dies war z. B.be<strong>im</strong> Fritzlarer Stift und noch 1419 be<strong>im</strong> Stift St. AlbanIMainz der Fall, zu den erzbischöflichenGründungen gerechnet werden.426 Vgl. May, Organisation, S. 68.427 Vgl. Moraw, Stiftskirchen, S. 445. Beispielsweise bildeten das Stift Aschaffenburg und sein Besitzdie Basis für den erfolgreichen Machtkampf des Erzstifts mit den Grafen von Rieneck <strong>im</strong> Main-Spessart-Raum. Vgl. hierzu Christ, Aschaffenburg, S. 41-47; Klein, Studien; Wohner, Obernburg,S. 45. Für das Frankfurter Bartholomausstift kann Moraw, Sozialgeschichte, Versuche derHerren von Eppstein, die Propstei für ihre Territorialisierungsbestrebungen nutzbar zu machen,nachweisen.'** Vgl. hierzu Gerlich, Territorium, S. 71-73,82f.; Heinemeyer, Territorium, S. 146-148; Meuthen,Stift, S. 20; Moraw, Stiftskirchen, S. 451; ders., Typologie, S. 28.429 Zur neueren Stiftsforschung nur einige wenige Titel: Crusius, Kollegiatstift; Marchal, Dom- undKollegiatstifte; Meuthen, Stift; Moraw, Stiftskirchen; ders. , Typologie.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!