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„Für Frieden, Freiheit und Fortschritt“ - IG Metall

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Prof. Dr. Kh. A. GeißlerDie Ablösung unseres Alltagslebens von denVorgaben natürlicher <strong>und</strong> überirdischer (göttlicher)Mächte, die wir als „<strong>Freiheit</strong>“, als Befreiungvon einschränkenden Bedingungenerleben, bindet uns heute an jene technischenMittel <strong>und</strong> Medien, mit deren Hilfe wir unsvon Gott <strong>und</strong> der Natur lösten. Dieser Prozessmacht uns notwendigerweise zu lernendenMenschen <strong>und</strong> zwar zu solchen, die zum Lernenverdammt sind. Denn die Ablösung vonGott <strong>und</strong> der Natur nötigt uns, die Maße derOrientierung in dieser Welt selbst zu entwickeln.Dies aber geht nur durch Lernen.Weil nämlich die Maße der Veränderungselbst der Dynamik der Veränderung ausgesetztsind (während die Maße der Natur weitgehendstatisch sind). Wir sind gezwungen,unser Leben immer wieder neu zu normalisieren,weil wir die Normalität des Vorgegebenennicht (mehr) anerkennen. Lernen ist Sinn<strong>und</strong>Ordnungsproduktion in einer zunehmendsinnlosen <strong>und</strong> unordentlichen Welt. Injenem Ausmaß, wie wir uns von der Disziplinierungdurch äußere Bedingungen (Natur,Kosmos, göttliche <strong>und</strong> soziale Instanzen) befreien,müssen wir lernen, uns selbst zu disziplinieren.Weder das soziale Milieu, noch die staatlichenInstitutionen entlasten uns, wie früher,von Entscheidungen. Bei ihnen finden wirheute keine Stütze mehr. Die <strong>Freiheit</strong>en, vondiesen staatlichen Institutionen weitgehendunabhängig zu sein, haben wir mit demZwang getauscht, permanent entscheiden zumüssen, <strong>und</strong> diese Entscheidungen auchselbst verantworten zu müssen. Norbert Eliashat das zum Thema zu seiner Zivilisationsgeschichtegemacht. Eine Reise auf der Landstraße,so sein Hinweis, ist heute nicht wenigergefährlich als vor 500 Jahren. Ehemalsmusste man sich vor Räubern, Tieren <strong>und</strong> besondersvor dem Unbill des Wetters hüten. Fürden heutigen Autofahrer ist so etwas belanglos,da dies alles keine Gefahr mehr darstellt.Dafür aber ist dieser gezwungen, sich immerwieder selbst zu bezwingen <strong>und</strong> zu kontrollieren,indem er sich z.B. durch Sicherheitsgurtein seiner Bewegungsfähigkeit massiveinschränkt, in dem er sich <strong>und</strong> das Automobilpermanent kontrolliert, alle Unaufmerksamkeit<strong>und</strong> Ablenkung bekämpft <strong>und</strong> seineWahrnehmung der wechselnden Geschwindigkeitanpasst. Die Gefahr, die früher vonaußen kam, geht jetzt vom Menschen selbstaus. Von „menschlichem Versagen“ sprichtdie Polizei, wenn ein Autofahrer gegen dreiUhr nachts wegen Übermüdung einen folgeschwerenUnfall baut. Das Auto ist nur einBeispiel von vielen möglichen für unsere sobeliebten Zwangsapparaturen mit ihrem freiheitlichemOutfit.Insbesondere von dieser hier nur beispielhaftdargestellten Notwendigkeit der Selbstkontrolleleben die vielen Bildungs- <strong>und</strong> Beratungsinstitutionen.Und sie leben, wie mansieht, sehr gut damit. Neuerdings besondersjene, die uns schnelle mulitmediale Lernweltenofferieren. Das Telelearning befreit unsvon den häufig unbequemen Schulbänken<strong>und</strong> auch zum Teil von fremdbestimmten Zeitvorgaben.Die Zwänge des richtigen Sitzens,besonders aber jene des Lernens zum richtigenZeitpunkt, die müssen wir uns jetzt selbstantun. Von Belastungen werden wir nicht be-

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