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Der Gerresheimer

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6 1. Juni 2013 Titel<strong>Der</strong> <strong>Gerresheimer</strong><strong>Der</strong> Leidensweg der CallmannsWas wir über das Leben des Metzgers Carl Callmann und seiner Frau Therese wissenStolpersteine für Carl Callmann,Therese Callmann, Flora, Arthurund Egon Wagner. Fotos: schrö71 Jahre und 216 Tage ist esher, dass Therese und CarlCallmann ihr Haus an derTruchseßstraße 33 im oberenGerresheim verlassenmussten. Sie waren zu diesemZeitpunkt ein älteres,kinderloses Ehepaar.Die Düsseldorfer Nazi-Behördensperrten Therese und CarlCallmann am 27. Oktober1941 in einen Zug, der von <strong>Der</strong>endorfnach Lodz fuhr, insGetto.<strong>Der</strong> 30-jährige Carl Callmannwar im Mai 1905 von Wuppertalzunächst nach Düsseldorf indie Mittelstraße gezogen. Erlernte eine Frau namens ThereseHirsch aus Burgsteinfurtkennen und heiratete sie. Am7. August 1916 eröffneten dieCallmanns eine Metzgerei ander Truchseßstraße in ihrem eigenenHaus. Auch ein Grundstückan der Lindenstraße 230in Flingern gehörte ihnen. Mitteder 1930er Jahre gingen ihreEinkünfte zurück, weil jüdischeGeschäfte boykottiertwurden. Das Ehepaar Callmannwar gezwungen, dasHinterhaus zu vermieten. Dortzog das Ehepaar Reiss ein, sowieFlora Wagner mit ihrenSöhnen.In einer 1941 ausgefüllten Vermögenserklärungwurde derEinheitswert der Immobiliender Familie Callmann mit48120 Reichsmark angegeben.Die Truchseßstraße in Gerresheim.Sie waren nicht mit Hypothekenbelastet. Im Oktober 1941wurde das gesamte Vermögender Callmanns beschlagnahmt,einschließlich des Guthabensauf einem Sparkassenkonto inHöhe von 1700 Reichsmark.Wenige Tage später deportiertensie die Behörden. In Lodzmussten sie in das Zimmer 11einer Kollektivunterkunft ander Fischstr. 15 einziehen. DasZimmer befand sich im drittenStock eines ehemaligen Schulgebäudesund war mit 59 weiterenPersonen belegt. CarlCallmann versuchte am 26.November eine Postkarte nachHause zu schicken, in der erdas Postamt Gerresheim bat,ihm alle Briefe, Pakete undGeldsendungen ins Getto zuschicken. Die Karte hat Lodznie verlassen. 168172 - daswar die Nummer der Brotkarte,die ihm im Getto zugeteilt wurde.Außerdem sind für CarlCallmann am 2. Januar 1942Lohnzahlungen belegt, zweimalin Höhe von 19,30 MarkFoto: schröund einmal in Höhe von 8,60Mark. Zwei Drittel davon führteer jeweils als Beitrag an dieSolidargemeinschaft des DüsseldorferKollektivs ab.Am 4. Mai erfuhr der ältereHerr, dass sie „ausgesiedelt“werden sollten. Er war abernicht mehr in der Lage, das abzuwenden.Carl Callmann wurdeam 6. Mai mit seiner Frauim 3. Aussiedlungstransportnach Chelmno gebracht unddort am nächsten Tag ermordet.schrö„Keine Überlebenden, keine Fotos“Hildegard Jakobs von der Mahn- und Gedenkstätte sucht nach Spuren der OpferVom Ehepaar Callmann gibtes keine Fotos. Kein Gesicht.Sie hatten keine Kinder.Aber das hat andere auchnicht gerettet. Eigentlich sindsie wie vom Erdboden verschwunden.Damit das nichtso bleibt, dafür setzt sich HildegardJakobs ein. Sie leitetseit 2001 die Sammlung derMahn- und Gedenkstätte Düsseldorfan der Mühlenstraße.Sie ist Jahrgang 1967, studierteNeuere Geschichte, DeutschePhilologie und Pädagogik,und ist seit 1995 wissenschaftlicheMitarbeiterin hier.„Nichts liegt offen herum,wenn man das Leben dieserMenschen nachzeichnen will.“Gibt es noch Unterlagen derMetzger-Innung, in der CarlCallmann war? Was ist mit derHaus-Akte? Sind Verwaltungsdatenunzerstört geblieben?Was können Adressbücherpreisgeben? „Sind zum BeispielUmzüge oder Hochzeitendokumentiert? Das ist oft dieSuche nach der Nadel im Heuhaufen.“Paradoxerweise helfenoft die Gestapo-Aktenweiter. Die Unterlagen der GeheimenStaatspolizei sind nirgendsin Deutschland so nahezukomplett erhalten gebliebenwie in Düsseldorf. Keinerweiß genau, warum. „DieseAkten sind zum Teil richtigdick.“ Sie enthalten abgeholtePost, Aussagen von Spitzeln,Denunziationen von Nachbarn,Verhör-Protokolle. Sobemühen sich die Historiker,dem Menschen näher zu kommen.Auch die Archive desBundes können helfen, Behördenin Lodz und Washington.Was sie zu dieser Arbeit gebrachthat? „Was macht dieMenschen stark - auch in derDiktatur? Das wollte ich immerwissen.“ schröHildegard Jakobs von der MahnundGedenkstätte. Foto: schrö

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