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THEMA, Seite 16 - VSETH - ETH Zürich

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<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> 5NewsMitgliederrat des <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>Der neu gewählte Vorstand (v.l.): Moritz Wolf, Simone Schmieder, Petros Papadopoulos,Sebastian Hartweg, Otto Schullian, Franz Radke, Roger Stark, Bastian Wohlfender.Auf dem Foto fehlt: Anja Hunziker.Neu im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-VorstandName: Simone SchmiederAlter: 22Studium: Bauingenieurwissenschaften,1. MastersemesterSpitzname: Simönchen,Simoni<strong>ETH</strong>-Top: Gute Ausbildungfür gutes Geld!<strong>ETH</strong>-Flop: Dass der Anteilder weiblichen Studierendenan der <strong>ETH</strong> nicht 50% ist.Wieso <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>: Der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>ist ein guter Anfang, dasLeben für Studierende einbisschen erträglicher zu machen.Ziele: Als neuer VorstandKommunikation ist mein Ziel,dass jeder weiss, wo was fürihn/sie Interessantes passiert.Und dass alle mitbekommen,was der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> alles bewirkt.Freizeit: Freunde besuchen(gerne auch weltweit), einbisschen Sport im ASVZ, einbisschen Musik im ChorLebensmotto: Wer nicht aufseine eigene Art denkt, denktüberhaupt nicht.Am 17. April fand der Mitgliederrat des<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> statt. Die Jahresrechnung, dieEntlastung des Vorstandes und der Kommissionenfür das Jahr 2012 sowie die Totalrevisionder Statuten wurden grossmehrheitlichangenommen.Das Budget 2013 wurde bei denKommissionen TQ, f&c sowie spod leichtangepasst, zudem wurde eine Unterstützungfür die kommende nationale Kampagnezur Stipendieninitiative budgetiert.Ausserdem wählten die Delegiertendie neuen Vorstände Simone Schmieder(Kommunikation), Otto Schullian (Internationales)und Moritz Wolf (Projekte).Weiterhin vakant sind Vorstandspostenin den Bereichen Kommunikation, IT undInternal Affairs.FliK – Openairkino auf demHönggerbergAuch dieses Jahr präsentiert euch dieFliK (Kommission des <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>) auf demHönggerberg bestes Kino unter freiemHimmel. Am 28. und 29. Mai könntihr euch auf der Piazza ab 17 Uhr mitkühlen Getränken von der Bar erfrischenund mit Würsten vom Grill verpflegen,bei Einbruch der Dunkelheit geht die(gratis) Vorstellung los. Welche Filmean welchem Abend gezeigt werden, wirdzeitnah bekannt gegeben.Link: www.freiluft.ethz.chPolykum Nr. 8/12-13Name: Moritz WolfAlter: 21Studium: ChemieingenieurwissenschaftenBachelor,6. SemesterSpitzname: Momo, Moped,Wölfchen (weitere Namenkönnen bei Lynn Hansen angefragtwerden)<strong>ETH</strong>-Top: Gute Ausbildung,überragende Ausstattung &Lehre zu einem fairen Preis<strong>ETH</strong>-Flop: Vorlesungen um7.45 Uhr auf dem Höngg.(Seid ihr wahnsinnig, wiesoll ein normaler Student dasschaffen!)Wieso <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>: Weil ichneben meinem Studium eineHerausforderung brauche :PZiele: Mehr Projektis für<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Events zu begeistern,coole neue Events zu organisieren,Leute dazu zu bringen,gemeinsam Unmögliches möglichzu machen.Freizeit: Freunde treffen,Sport, Kochen, PartyLebensmotto: Schlafenkann man wann anders.WANTED: <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-VorstandHast du Lust, dich im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Vorstand zuengagieren und hinter die Kulissen der<strong>ETH</strong> zu schauen? Arbeitest du gerne imTeam und möchtest du grosse und kleineProjekte an deiner Uni endlich Wirklichkeitwerden lassen? Für die RessortsKommunikation, Internal Affairs und ITsuchen wir noch Vorstände.Du hast Interesse oder möchtestnoch mehr erfahren? Dann schick unseine E-Mail an:E-Mail: hallo@vseth.ethz.ch


6 <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>HochschulpolitikHohe Ziele setzenAm FRUKDuK-Wochenende trafen sich die Hochschulpolitik-Teams allerFachverbände. Und stellten die Weichen für die Zukunft.Text: Hermann BlumNur wer sich engagiert, bestimmt mit: Am FRUKDuK-Wochenende drehte sich alles um Hochschulpolitik... und darüber hinaus.führen. Sollte es doch mal Probleme mit demProfessor geben: Mit der EduApp wird dieVorlesungsevaluation so einfach wie nochnie.Viele Fachvereine organisieren Austauschprogrammemit unserer Schwesterhochschulein Lausanne, der EPFL, und denUniversitäten der IDEA-League. Und weil wirso cool und international sind, ist die <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Homepage zusätzlich auf Englisch aufrufbar.Das Herbstsemester, welches mit 14 Wochenohne Unterbruch eine ungeheure Belastungfür Studierende und Professoren ist, erhältwie das Frühjahrssemester eine Wocheals Verschnaufpause, um die aufgestaute Arbeitetwas abarbeiten zu können.Realistische Ziele setzenSieht so das ideale Studium aus? Klingt dasnicht unrealistisch? Es gibt jedenfalls eineMenge Leute, die sich genau für diese Themenengagieren. Sie sitzen im HoPo-Team oder imVorstand deines oder eines anderen Fachvereins.Auf dem FRUKDuK-Wochenende habenBald schon werden wir die elendige Diskussionum die Studiengebühren vergessenhaben. Die Parlamentarier werden auf denWunsch der Studierenden der <strong>ETH</strong> und EPFLeingehen und die Studiengebührenerhöhungwie schon heute vorgeschlagen auf die Teuerungsratebegrenzen. Ausländische Studierendewerden weiterhin gleich behandelt undnicht mehr Gebühren zahlen müssen als ihreKommilitonen.Die Stipendieninitiative der SchweizerStudierenden wird ein voller Erfolg werden.Endlich wird die finanzielle Studienförderungüber alle Kantone hinweg harmonisiert,der Wohnkanton wird bei der Stipendienvergabenicht mehr ausschlaggebend sein.An der <strong>ETH</strong> sind MOOCs der letzte Schreiund zahlreiche Professoren nutzen die Gelegenheit,ihre Studenten mit kleinen Online-Lektionen und mehr Diskussionen in den Vorlesungenauf neue Art zu begeistern. Die Testatewerden (probehalber) abgeschafft seinund die Professoren werden in ihren VorlesungenAltes nicht unter neuem Namen einsiesich wie jedes Semester zusammengesetztund überlegt, wie wir solche Visionenumsetzen können oder ob wir sie als Illusionzu den Akten legen müssen. Wir warennicht immer einer Meinung, was aufgrundder Vielzahl von vertretenen Studiengängennicht überrascht. Neben Diskussionen undInfos gab es traditionell sehr gutes Essen vom<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Küchenteam, ein paar in den Morgenausgedehnte Abende, einen grossartigen Ausblickund tolle neue Kontakte.Mach mit!Wenn dich eines der genannten Themen begeisterthat, wenn du etwas Neues einbringenwillst oder aber meinst, dass die HoPo-Leutealle vollkommen danebenliegen, bist duimmer im HoPo-Team deines Fachvereinsoder beim <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> willkommen und vielleichtschon beim nächsten FRUKDuK-Wochenendemit dabei.Polykum Nr. 8/12-13


<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> 7dossier-VerantwortlichePolykum Nr. 8/12-13Ein Testlauf für mehrMitbestimmungText: Franz RadkeSchnittstelle zur Meinungsbildung: Dossier-VerantwortlicheWie wäre es, wenn die Vorstandsarbeit<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Mitgliedern noch stärker geöffnetwerden würde? Wenn die Arbeit nicht nur informativpräsentiert würde, sondern direktmitgestaltet werden könnte?Genau dieser heiklen Frage versuchtdas Konzept des «Dossier-Verantwortlichen»nachzugehen, welches seit einiger Zeit durchdie Gänge des CAB geistert und bei unzähligenHoPo-Stämmen schon breit diskutiertwurde.Die Grundidee: Statt wie bisher die Leitungder verschiedenen Arbeitsgruppen(AG) einem Vorstand zu überlassen, soll einePerson aus dem Studierendenkreis an dieSpitze. Diese Person übernimmt die Organisationder AG und wird zum Dossier-Verantwortlicheneines speziellen Themas. Gemeinsammit einer kompetenzgestärktenAG ist sie die offizielle Schnittstelle zur Meinungsbildung.Der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Vorstand hat sich nachseinem Strategie-Wochenende und einerfruchtbaren Diskussion am Fachvereinsratentschieden, dieser Idee eine Chance zugeben und das Konzept in einer Pilot-Phaseauszuprobieren.Diese Arbeitsgruppen probieren das neueKonzept aus:• AG Nordmann: Befeuert durch dieInitiative Nordmann kannst dudeinen Standpunkt zur Verdreifachungder Gebühren einbringen!• AG Kommunikation: Rede mit, wieder <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> in Zukunft mit einemneuen Gesamtkonzept kommunizierensoll!Lust, dich einzubringen? Der erste Schritt isteine E-Mail an hallo@vseth.ethz.ch[project 21] informiert:Biete 1 Stunde für VeloflickenIch studiere Architektur, im Moment allerdingsnur Teilzeit. Das ermöglichtmir nicht nur den regelmässigen Besuchmeiner Pflicht- und GESS-Fächer, es erlaubtemir auch, einem Freund vor seinerReise in die Ukraine einen Russisch-Crashkurs zu geben. Im Gegenzug bat ichihn um Modellbau-Hilfe in der stressigenSemesterendphase.Da jener Freund aber wenig bastelaffinund zum gewünschten Zeitpunktüberdies ausser Landes ist, überwies ermir drei Stunden auf mein Zeitkonto,damit ich sie bei Bedarf bei irgendjemandemin Anspruch nehmen kann.Ermöglicht werden solche Transaktionendurch die studentische Zeittauschbörse«zig», eine von rund zehn Börsendieser Art in der Schweiz. Das Prinzipist denkbar einfach: Nach der Anmeldungerhält man ein Online-Zeitkonto,kann Zeitguthaben überweisen, Rechnungenstellen, inserieren und empfangeneDienstleistungen bewerten.Zeit statt Geld?Auch wenn die «demokratische» WährungZeit kaum das Geld verdrängenwird, stellt es doch die Rolle des Geldesals alleiniges Wertmass und als Treiberder «optimalen Güterallokation» infrage,was besonders dann interessant wird,wenn sich das heutige privatisierte Geldschöpfungswesenals zunehmend problematischund instabil herausstellen sollte– mehr dazu in Kurzfilmform auf www.positivemoney.org.«zig»-ler gesucht!Nachdem ich mir gestern einen Plattenam Velo eingefangen habe, hätte icheinen Teil der verdienten Zeit gerne fürdie Reparatur bezahlt – aber noch ist derBenutzerkreis klein und niemand bietetauf der Website Veloflicken an.Also benutze und bezahle ich haltden Bus, bis ich am Samstag Zeit zumReparieren habe – oder ich beauftrageden Velo-Mech damit. Ich biete ihm eineStunde.Link: www.zig.project21.chSamuel Leder


8 Campusgeneration PraktikumMein Tag aufdem BauernhofPraktikumsstellen führen nicht nur ins Büro oder ins Labor...Polykum-Redaktor Hannes Hübner musste auf einem Bauernhoftatkräftig mitanpacken.Text & Fotos: Hannes HübnerCampus6.46 Uhr: Ich schiebe das grosse Tor auf undstehe im Futtergang. Im Stall ist es düster,aber man hört schon das schwere Schnaufender Tiere. Ich knipse ein paar Deckenlampenan. Rechts und links sind parallel zum Gangdie Fressgitter der Kühe. Das Ganze sieht auswie eine tiefe Burgmauer mit Zinnen. Undzwischen je zwei dieser Zinnen kann eine Kuhihren Kopf legen, um zum Futter am Bodendes Ganges zu gelangen. Ich rieche Reste vonfrischem Heu... Plötzlich höre ich vom Endedes Ganges her ein leises Blöken, wie voneinem Schaf. Ich denke: «Es ist da!» und laufedirekt zur Abkalbebox. Dieser Bereich ist vomübrigen Stall abgetrennt und tief mit Strohausgelegt. Hierher kommen die Kühe, wennsie kurz vor der Geburt stehen.Jetzt kann ich es sehen. Neben der hellbraunenKuh Nummer 18 liegt ein kleinesschwarzes Bündel. Dieses Bündel wird entwederLinda oder Fritz heissen und ist dasKälbchen in der Grubeachte Kalb, das dieses Jahr das Licht derWelt erblickt. Die Kuh schleckt es mit ihrerrauen Zunge am ganzen Körper ab. Dann versuchtdas Kalb auch schon aufzustehen. «Wiesüss», denk ich mir. Doch ich bleibe auf Abstand.Denn wenn «Mama» ihr neugeborenesKalb in Gefahr sieht, setzt sie ihre 500 KilogrammKörpergewicht auch ohne Hörnersehr schmerzhaft ein.Vom Akademiker zum BauernIch studiere Agrarwissenschaften im 6. Semester.Zur Erlangung des Bachelorgradesmuss bei uns ein obligatorisches Praktikumgemacht werden. Ein Praktikum auf demBauernhof. So war ich von Anfang Jahr bisEnde März auf dem Hiltenberg Hof im LuzernerEntlebuch. Der Bio-Betrieb hat keinenAckerbau mehr, dafür 41 Mutterkühe unddurchschnittlich 18 Kälber, ausserdem zweiAngus Deckstiere und rund 2 500 Mastpoulets.Und diese zweieinhalbtausend Tierchenwollen auch gepflegt werden.6.58 Uhr: Zuerst muss ich aber dieRinder versorgen. Ich verlasse also die Abkalbeboxund hole mir ein Gerät namensKrucke. Dieses ist ein etwa ein Meter langesStück PVC-Rohr, welches der Länge nach halbiertund an einem Stiel befestigt wurde. Soausgerüstet beginne ich den Kühen Heu vorsFressgitter zu schieben. Das Heu wurde vomWagen direkt in den Futtergang abgeladen.Aber weil die Kühe durch das Gitter zurückgehaltenwerden, können sie nicht alles aufeinmal fressen. Deshalb muss mehrmals amPolykum Nr. 8/12-13


Campus 9Mistgabel statt Mathe-Serie: Während seines Praktikums kommt Polykum-Fotograf Hannes Hübner ordentlich ins Schwitzen.Polykum Nr. 8/12-13Tag neues Heu zugeschoben werden.Sofort kommen die Kühe aus allen Eckendes Stalls zu den Fressgittern, stecken ihreKöpfe durch und beginnen mit ihrer Zungedas Heu in den Schlund zu ziehen. Ich haltekurz inne und schaue dem Treiben zu. Eineriesige Kuh mit Hörnern wechselt ständigihren Platz und die weggedrängelte Kuhschiebt ihrerseits eine andere Kuh vom Futterweg. So ist ständig Bewegung in der Reihe.Der Hiltenberg Hof betreibt seit etwadreissig Jahren Mutterkuhhaltung. Bei dieserProduktionsform werden die frischgeborenenKälber bei der Mutter belassen. Diese säugtdas Kalb bis ins Alter von etwa zehn Monaten.Danach wird es je nach Fett und Fleischqualitätunter verschiedenen Labels vermarktet.Die Kühe werden räumlich getrennt in zweiGruppen gehalten und je ein Stier läuft alswandelnder Samenspender mit. Züchterischbetrachtet sind vor allem die älteren Küheziemliche Promenadenmischungen. Allerdingswurde bei den neueren Kühen daraufgeachtet, dass sie sowohl gute Fleischrassenals auch Milchrassen als Ahnen haben. Denndie Fleischqualität überträgt sich aufs Kalb;und da die Kuh lange säugen muss, ist auchgute Milchleistung wichtig.Auf dem Betrieb wird auf natürlich Haltunggeachtet. Konkret heisst das: ständigerZugang zum Laufhof, kein Kraftfutter undkein prophylaktisches Enthornen. Ausserdemwerden im Sommer alle Kühe im Calanca-Talgealpt, damit auch sie etwas von der schönenSchweizer Bergwelt haben.Wo die Kuh schläft7.32 Uhr: Ich habe den Futtergang verlassenund bin durch ein Fressgitter in den Stall gestiegen.Dort sind die Liegeboxen in zweiGängen platziert. Ich betrete den ersten.Links sind mit Brettern und Balken die Liegeboxenabgetrennt. Rechts befindet sich eineWand, die ab einer Höhe von etwa 1.5m weissist, darunter braun von abgekratztem Kuhdreck.Am Boden sind Spaltenroste, dochbeim Laufen machen meine Stiefel trotzdemschmatzende Geräusche. Neben der Kruckehabe ich noch eine Mistgabel und einen riesigenWeidenkorb dabei. Ich stelle alles indie Box in der Mitte des Ganges, den Korb direktunter das Abwurfloch für die Strohhäckselspäne.Parallel zur Wand und mit einemhalben Meter Abstand ist ein einziger Baumstammüber alle 17 Boxen gelegt. Dieser Nackenriegelsoll verhindern, dass die Kühein die Boxen scheissen. Doch einige von unserenKühen vermögen sich in der Box trotzNackenriegel umzudrehen und ans Kopfendezu scheissen. Ich nehme also meine Kruckeund laufe die Boxenreihe ab, um die Kuhfladenrauszuziehen. In der dritten Box liegtein brauner Klumpen, der schon durch dasStroh getrocknet wurde. Ich setze die Kanteder Krucke an und mit einem kurzen Ruckfliegt der Klumpen aus der Box auf den Spaltenrost.In der letzten Box der Reihe aber liegtein recht frischer Haufen, er ist noch glibberigwie Pudding und klatscht beim Aufprallauf den Spaltenrost wie ein Wasserballon.Kuschelstier9.20 Uhr: Die Boxen sind jetzt frei von Kot.Mit der Mistgabel öffne ich einen Schieberin der Decke und schon rieseln Strohhäckselspänevon oben in den Korb. Sofort breitetsich Staub im Raum aus. Ich bewege den gefülltenKorb vor die erste Box. Nun greifeich mit beiden Händen hinein und werfe dieStrohspäne über der Box in die Luft. Beim Herunterschwebenverteilen sie sich über dieganze Box und legen sich zu einer neuen trockenenSchicht aus.Nachdem die Boxen im ersten Gang gereinigtund eingestreut sind, will ich die Gerätschaftenin den zweiten Gang bringen.Doch vor dem Eingang steht bereits eine Kuh.Ich rufe «Sssssschhhhhhhh» und fuchtle mitder Hand. Nummer 7 bewegt sich keinen Millimeter.Ich rufe erneut, diesmal aber lauter:«Hey! Hey!», dabei klatsche ich in die Hände.Die Kuh senkt ihren Kopf und läuft eilig los.Ich trete schnell zur <strong>Seite</strong> und sie zuckelt anmir vorbei. Ich schaue ihr nach und freuemich, dass die Kühe auch mir langsam gehorchen.Doch dann drehe ich mich wieder umund erkenne den Grund für ihre plötzlicheEile. Halb im Gang und genau an der engstenStelle steht der Stier Zuppi. Er ist für einenStier recht klein geraten, hat aber einen riesigenKopf und ist am ganzen Körper miteinem weichen, gekräuselten Fell bedeckt. Erschaut mich aus seinen dunklen Augen an.Ich schaue zurück. Was will er? Er sieht auswie ein Teddybär. Ich traue dem Friedennicht. War die Kuh vorhin brünstig


10 Campus(stierig) und er ist jetzt sauer aufmich, dass ich sie vertrieben habe?Dann hebt er den Schwanz und hinter ihmklatscht es ein paar Mal. Ich verdrehe dieAugen, denn wenn Kuhfladen frisch sind, riechensie. Zuppi sieht jetzt gelangweilt aus. Ichentspanne mich etwas. Denn ich kenne dieTiere noch zu wenig, um vorherzusagen, inwelcher Stimmung sie sind oder was sie alsNächstes tun werden. Zuppi jedenfalls bewegtsich überhaupt nicht und mein Fuchtelnund Anschreien bleibt ohne Wirkung. Ich verdrehenochmals die Augen und quetschemich dann zwischen dem Tier und der Wanddurch. Dabei trete ich in Zuppis frischenHaufen.Zuppi kam im Alter von zwei Jahren aufden Hof, ist jetzt vier Jahre alt und als Deckstierfür die zweite Gruppe eingeteilt. Er istein reinrassiger Angus Stier. Zwar gibt erkleine Kälbchen, dafür sind sie gesund undrobust. Auch Zuppi selbst ist robust, wendigund mit nur etwa 800 Kilogramm Masse dasideale Alptier.2 500 Federbälle11.00 Uhr: Ich stehe vor der Tür zum Hühner-Anzuchtstall. Ich klopfe erst sanft, dannimmer fester gegen die Tür, sodass die Kükenaufgeschreckt werden. Erstens sind sie nunalle wach und zweitens sind sie alle von derTür zurückgewichen, sodass ich den Raumbetreten kann. Drinnen ist es 25 Grad warmund die Luft ist trocken. Es riecht nach Strohund entfernt nach gegrilltem Pouletfleisch.Der Boden ist mit Strohhäckseln bedeckt,die Fenster sind mit durchsichtigen Plastikteilenabgedeckt. Der Raum ist mittelseines Drahtgitters in zwei Abteile getrennt.Überall hängen Tränken von der Decke oderstehen Futterautomaten herum. Dazwischenpicken, scharren und flattern etwa zweieinhalbtausendgelbe Federbäusche. DieseKüken sind erst zwei Tage alt und haben dasStroh am Boden noch kaum verschmutzt. Allerdingsherrscht ein wahnsinniger Lärm indem Raum, weil jedes der zweieinhalbtausendKüken mit einem anderen zu kommunizierenscheint. Aber ich bin vorbereitet. MitKopfhörern und Musik in den Ohren könntedas Arbeiten im Kükenstall durchaus erträglichsein; wenn nur nicht die Decke 1.80 hochwäre! Bei meinen 1.85 – mit Schuhen – einechtes Problem.Ich versuche zur ersten Tränke zu laufen,um sie zu putzen. Dabei schau ich nachunten, um keinen der kleinen Federbällchenzu zertreten. Und Zack! Schon den Kopf aneinem tiefen Balken angeschlagen. Ich atmegepresst aus und sofort drängen die Kükenaus Panik in eine Ecke. Diejenigen, die zuerstdort sind, werden sofort von den Nachrückendenüberrannt. Sofort halte ich die Luftan, stehe still und hoffe, dass die unterstenKüken keinen Schaden genommen haben.Zum Glück sind die Tiere hart im Nehmenund spurten schon bald wieder im ganzenStall umher. Ich bin nun bei der ersten Hängetränkeangekommen. Um sie zu putzen,Der Hiltenberg Hof: Über 2 500 Tierchen müssenkippe ich erst das ganze abgestandene Wasserin einen Eimer. Dann schrubbe ich mit einerBürste den Schleim aus den Wasserführungen.Zuletzt lasse ich wieder etwas Wassereinströmen und spüle die Tränke nochmalsaus. Insgesamt brauche ich fast eine Stundeim Stall – das vorsichtige Gehen und gelegentlicheInspizieren der Futterautomatenbraucht seine Zeit.Licht am Ende des TunnelsEigenfütterung12.15: Mittagessen im Wohnhaus. Denn trotzaller Arbeit, Zeit zum Essen muss sein. Oderwie meine Oma schon sagte: «Wie man isst,so arbeitet man!»Das Esszimmer ist hell und freundlicheingerichtet. Auf dem grossen Holztischstehen drei verschiedene Brote und Butter.Dazu gibt es Salami, Aufschnitt, etwas Salatund verschiedene Berg- und Tal-Käse. Inzwischenist auch Viktor, der Betriebsleiter, hochgekommenund nimmt mir gegenüber Platz.Er sieht aus wie eine schlanke Version desAlpöhis aus den Zeichentrick-Heidi-Filmen.Mit riesigem, grauem Bart, kleinen, freundlichenAugen und schwieligen Händen. Erlacht oft und erzählt, wie er den alten Hürlimanntraktornach einem Kolbenriss wiederfit gemacht hat. Auf dem Hof wird viel selbstrepariert und gewerkelt. Der Bauer ist hierauch Mechaniker, Schreiner und Tierarztsowieso. Zum Hiltenberg Hof gehört auchWaldland, und so sind viele Haus und Stalleinrichtungenaus selber geschlagenem undverarbeitetem Holz. Denn alles, was von au-Polykum Nr. 8/12-13


Campus 11gehegt und gepflegt werden.Polykum Nr. 8/12-13ssen kommt, muss schliesslich auch bezahltwerden.Hühnerhausputz13.30 Uhr: Nach einem kurzen Mittagsschläfchengeht es wieder raus in den Mist. Dochdiesmal ist er nicht von Kühen, sondern vonGeflügel. Die kleinen Küken aus dem Anzuchtstallwerden in etwa drei Wochen insechs mobile Aussenställe «umgesiedelt».Das sind fahrbare Hütten, welche mit Strohausgestreut sind und auf der Wiese stehen.Drinnen sind Tränken und Futterautomateninstalliert und durch zwei Ausgänge je Hüttehat jedes Huhn freien Weidezugang.Doch damit die Hütten für die neuenHühnchen eingerichtet werden können,müssen sie erst ausgemistet werden, um Parasitenzu dezimieren und den Boden vorÜberdüngung zu bewahren.Ich betrete also das erste Häuschen, bewaffnetmit einer Mistgabel. Die vorherigenBewohner sind vorgestern auf ihre «letzteReise» gegangen; jetzt liegen nur noch einpaar Federn und Strohhalme auf dem Boden.Der Geruch von Kompost und Ammoniakliegt in der Luft. Ich öffne die Auslaufluken,um etwas Durchzug zu machen. Sofort beginnendie Federn umherzuwirbeln.Ich setze die Mistgabel an einer <strong>Seite</strong>des Raumes an. Der Boden gibt mit einemschmatzenden Geräusch nach. Sofort riechtder Raum nach stark verwestem Kompost undErbrochenem. Die unteren Strohlagen habenschon angefangen zu verrotten. Ich denke:«Mhhh, lecker…», und mir wird übel, als ichden Klumpen Mist in die Mitte des Raumeswerfe. Allerdings ist es faszinierend zu sehen,wie sich im Loch unter der gelben Strohdeckschichtbraune, schwarze und seltsamorange Schichten abwechseln. Ich denke:«Sei kein Weichei!» und öffne sowohl die Türals auch sämtliche Dachluken, um noch mehrDurchzug zu haben.Ich gehe also wieder zum Loch und beginnemit der Gabel den Rand abzustechen.Immer wieder einstechen, drauftreten, loshebeln,hochheben und wegwerfen. Nach einerStunde ist der Boden des Häuschens schwarzund feucht und in der Mitte erhebt sich einBerg aus Mist. Ich nicke zufrieden und gehezum nächsten Häuschen, wo alles nochmalvon vorne beginnt.Jedem Tierchen sein Plaisierchen15.50 Uhr: Viktor hat eine besondere Aufgabefür mich. Ich soll helfen, Sandkästen für dieHühner zu bauen. Ich glaube erst, ich hättemich verhört... Doch laut Tierschutz müssenpro Kilogramm Huhn 20 cm² Sandfläche mit20 cm Tiefe zur Verfügung stehen. Er willeine Europalette als Boden nehmen, dort aufallen Ecken 20 cm hohe Kanthölzer befestigen.Daran wiederum will er Bretter nageln,sodass eine Art Kiste entsteht. In diese sollein Fliess gelegt werden, welches den Sandzurückhält, aber das Wasser durchlässt. Ichbin erstaunt ob der sieben Zentimeter langenNägel, doch Viktor meint: «Tja, diese Kistenmüssen jetzt zehn Jahre halten». Ich nickeund schlage mit dem Hammer auf den langenNagel ein. Dabei versuche ich möglichst ge-lassen und männlich auszusehen. Nach achteingeschlagenen und vier verbogenen Nägelntut mein Arm weh und ich will eigentlich nurnoch Feierabend. Meine Laune bessert sichnicht, als ich sehe, wie Viktor einen Nagelmit fünf Schlägen versenkt und mich dabeidie ganze Zeit freudig anlacht. Ich wechslezur Bandsäge. Der Geruch von verschmortemHolz an der Sägekante erinnert mich an einKaminfeuer und ich werde fröhlicher. Leidernur bis ich mein Werk begutachte und merke,dass zwei Bretter statt eines geraden Schnittseine lustige Wellenform erhalten haben.Doch Viktor meint dazu nur fröhlich: «Ach,kein Problem. Wenn die Hühner da dreimaldraufgeschissen haben, sieht man das ehnicht mehr.»Nach zwei weiteren Stunden Schreinernist pünktlich um sechs Feierabend. Wir gehenhoch zum Essen und schon draussen kannman den feinen Braten riechen. Dann zieheich die Stiefel aus und damit ist mein Arbeitstagheute geschafft. Ich schleppe mich inmein Zimmerchen, wo ich während des Praktikumswohne und ziehe mich um. Dann gibtes auch schon Essen. Leonie, Viktors Frau, hatwieder wunderbar gekocht und auch SohnBeni ist zu Besuch daheim. Bei einem GlasRotwein essen wir gemütlich und erzählenuns vom Tag. Bald darauf liege ich todmüdeim Bett, um morgen wieder lange vor Sonnenaufgangan der Arbeit zu sein.Hannes Hübner (23) ist Polykum-Redaktor und Fotograf.Er studiert Agrarwissenschaften an der <strong>ETH</strong>.huebnerh@student.ethz.ch


12 CampusIrchelpark im Mai: Eisfläche gesperrtNirgends ist's so schön wie bei Mutti: Stimmt's? Oder gilt das nur für Muttersöhnchen?AufgefallenApril-WetterDas DuellHotel MamaSonst ein Indiz dafür, dass ein Gespräch sowirklich gar nicht auf Touren kommt, war dasWetter im April für einmal GesprächsthemaNummer eins. Mal sonnig, mal Schnee… fürwirklich jeden war was dabei.Bei mir selbst sorgte das Wetter aber fürmehr als nur Gesprächsstoff. Es führte zurErkenntnis: Ich bin wetterfühlig. Und zwarso richtig! Die einen merken's im Knie, andere«Wetterschmöcker» erst, wenn sie ineinen Ameisenhaufen sitzen… Ich merk's anmeinen Gefühlsschwankungen.Eigentlich hielt ich mich ja immer füreinigermassen stabil. Doch dieser April belehrtemich eines Besseren! So unbeständigdas Wetter, so unbeständig war auch meineStimmung. Wobei ein Tief das nächste zuübertrumpfen versuchte. Und sich Hochsleider nie lange festsetzen konnten.Passend zu diesen (Wetter-)Kapriolenauch die Schilder, die ich im Irchelpark entdeckte.Denn selbst die Polizei – dein Freundund Helfer in allen Wetterlagen – schiendem bevorstehenden Frühling noch nicht sorecht zu trauen. Jedenfalls waren die «EingeschränkterWinterdienst»- und «Eisfläche gesperrt.Lebensgefahr.»-Tafeln noch bis EndeApril präsent.Leben wurden damit wohl keine gerettet.Aber meine Stimmung! Und drum erscheintdas Foto jetzt im Polykum. Um ein wenig guteLaune zu verbreiten.Und der Frühling kommt! Ich spür'sschon…Text & Foto: zuP RO Ein riesiges Zimmer, Vollpensionplus Reinigung und Zimmerservice inklusive…Und das Ganze auch noch gratis! Einsolches Traumangebot findet sich in keinemReisekatalog, sondern exklusiv bei «HotelMama». Und das ist der Grund, warumich noch dort lebe, wo es bekanntlich amschönsten ist: nämlich zuhause!Warum auch auf den von Mama gebotenenLuxus verzichten und in eine Wohngemeinschaftziehen, wo man sich gegenseitigmit seinen Macken zu übertrumpfenversucht? Wo Klopapier Mangelware ist undeinem auch mal mit Namen beschriftete Esswarenaus dem Kühlschrank geklaut werden?Statt mit lauter Unbekannten lebe ich mitmeinen Eltern und Geschwistern zusammen.Klar streiten auch wir uns ab und zu. Aber amEnde versöhnen wir uns dann doch immerwieder.Ausserdem bietet das Studium schongenug vom Ernst des Lebens. Wenigstens zuHause brauch ich mich um nichts zu kümmern.Täglich wird gekocht: gesund, frischund lecker. Als Gegenleistung muss ich nurab und zu den Tisch decken oder die Pfannenputzen. Wörter wie «Waschen», «Bügeln»oder «Putzplan» gehören gar nicht erst zumeinem Wortschatz.Und das wichtigste Argument überhaupt:Ich kann mein Geld für den Ausgangsparen und bei meiner Nebenjob-Auswahlauch mal ein bisschen wählerisch sein.Ausserdem spare ich nicht nur Geld, sondernauch Zeit! Ein Luxus, den man nur zu Hausebei Mama kriegt!Text: amC O N T R A «Ah, du wohnst immernoch zu Hause?!?» – Nein danke, diesenSatz wollte ich nun wirklich nie zu hören bekommen.Klar, Putzen, Waschen, Einkaufen,Kochen, Abwaschen und Co. rauben Zeit,aber mit 22 Jahren auf dem Buckel immernoch bemuttert zu werden, das wäre mirpeinlich! Schliesslich gehört es auch zum Erwachsenwerden,zur Selbstständigkeit undSelbstverantwortung eigenständig einenHaushalt führen zu können. Und die lästigenDinge selber erledigt zu haben, ist auf jedenFall eine befriedigende Sache. Ausserdemmuss ich nicht mehr auf Arbeits- und Schlafenszeitenmeiner Eltern Rücksicht nehmenund dreckiges Geschirr kann auch mal einenTag lang stehen gelassen werden. Und, wieallseits bekannt, bleiben und sind Mütter nunmal Mütter. So würde ich wahrscheinlich bisdreissig noch gefragt werden, ob ich wirklichgenug warm angezogen bin... Ja, vielenDank, bin ich!Der Schritt in die eigene Wohnung ermöglichtzudem, sich mehr um soziale Kontaktezu kümmern und aus dem ewig gleichenTrott auszubrechen. Ausserdem kannich meine lieben Eltern einfach besuchen, respektiveHotel Mama tage- oder abendweisebuchen, da geben sie sich noch mehr Mühe,ausserordentlich gut zu kochen, damit dernächste Besuch nicht allzu lange auf sichwarten lässt. Kurz und bündig: Ich bin froh,dass ich den goldenen Käfig verlassen habeund mich einen Schritt mehr in RichtungSelbstständigkeit bewegt habe.Text: doPolykum Nr. 8/12-13


Campus 13Kurz & KnappWANTED: Polykum-Redaktorinnenund -RedaktorenSchreibtalente für die Polykum-Redaktiongesucht! Hast du bereits erstejournalistische Erfahrungen gesammeltund möchtest du dein Taschengeldmit Schreiben aufbessern? Dann fehlstgenau du in unserem kreativen Team!Richte deine Bewerbung an:E-Mail: kzumstein@polykum.ethz.chPolykum Nr. 8/12-13Von wegen «Free Willy»: Ohne Mama sind Orca-Männchen kaum überlebensfähig.Verrückte WissenschaftTonnenweise MuttersöhnchenDa sollten Welten dazwischen liegen: zwischeneinem siebzig Kilo-Jüngling, der essich bei Mama in Niederbipp bequem gemachthat, und einem sechs Tonnen-Killerwal, der sich den Nordpazifik erschwimmt.Jüngling oder Killerwal? Einerlei...Muttersöhnchen sind sie beide.Seit letztem Herbst steht fest, dasses Männer wie Wale länger bei Mama hältals angebracht. Während für Männer da unddort wenigsten eine Ausnahme gemachtwerden kann, ist für Killerwale zum Kollektivschlagauszuholen: Da wird keiner flügge.Orca-Nachkommen (immerhin: männlicheund weibliche) bleiben ein Leben lang beiihrer Mutter. Das klingt nett, im Grunde,was da in Orca-Verbunden gelebt wird, nachIdylle pur, nach «einer für alle» und «nichtsüber Familie» und so. Weniger nett wird'shier: Bekümmert werden vor allem Orca-Söhne – bis sie nach Jahren, in denen derDelfin auf dem Silbertablett serviert wurde,unselbständig sind. Die Konsequenz: Selbstals erwachsenes Tier bleibt das Mannsbildvon Orca auf elterliche Hilfe angewiesen.Ohne die Unterstützung ihrer Mütter:kämpfen männliche Killerwale ums Überleben,wie Forscher zu bestätigen wissen.Seit Forscher um die DoktorandinEmma Foster (University of Exeter) ihnenden Muttersöhnchen-Stempel verpassten,schwindet die Coolness, die sich Killerwalemit «Free Willy» angelacht haben. An derNordwestküste der USA untersuchten Fosterund ihre Kollegen zwei Schwertwal-Populationenund ermittelten – mit Methoden, wiesie Anbieter von Lebensversicherungen zurPrämienberechnung nutzen – für jeden derrund 600 Orcas die Wahrscheinlichkeit, dasser das jeweils folgende Lebensjahr erreichenwürde. Und da zeigte sich: Von Mama behüteteMännchen – Männchen also, derenMutter bei der Beutetierjagd behilflich istund die vor Angreifern geschützt werden– haben die besten Überlebenschancen.Im Umkehrschluss gilt: Anders als Orca-Töchter, deren Sterberisiko nach dem Todder Mutter nur ums Fünffache steigt, steigtdie Wahrscheinlichkeit, nächstes Jahr selbstzu verenden, bei Orca-Söhnen um das Vierzehnfache.Selbständigkeit? Fehlanzeige.Da nützt es dann genau gar nichts, dassSchwertwal-Männchen bis ins hohe Alterpotent wären.Umso nützlicher dafür, dass weiblicheOrcas kaum länger als vierzig Jahrefruchtbar sind – und das, wo Schwertwal-Weibchen mehr als neunzig Jahre alt werdenkönnen. (Das ist Menopause extrem – dielängste im gesamten Tierreich, wer's genauwissen will.) Nachdem Biologen lange überden Lebenszyklus von weiblichen Schwertwalengerätselt haben, lässt sich mit FostersBeitrag mutmassen: Statt sich wie Niederbipp-Mütternach den Wechseljahren umEnkelkinder zu kümmern, setzen Killerwal-Mütter alles daran, die Überlebenschancenihrer Söhne zu erhöhen – damit die mehrNachwuchs zeugen... und einen Teil dermütterlichen Gene vererben. Könnte Mutterliebesein. Oder evolutionärer Pragmatismus.Text: blPrix LITRALITRA ist ein Verein, der zum Ziel hat, dieMedien, die Politik und die Öffentlichkeitüber die Herausforderungen des öffentlichenVerkehrs zu informieren.Anlässlich des 75-jährigen Bestehenswurde nun der «Prix LITRA» lanciert.Studierende aller Fachrichtungen,die ihre Bachelor- oder Masterarbeit derThematik des öffentlichen Verkehrs gewidmethaben, dürfen sich bewerben.Pro Jahr werden in der Regel vier Preisemit einem Preisgeld von je 3 000 Frankenvergeben.Link: www.litra.chKonzertDie Musikplattform der <strong>ETH</strong> und der Uni<strong>Zürich</strong> veranstaltet am 23. Mai um 19.00Uhr im AudiMax der <strong>ETH</strong> ein Konzert mittalentierten Studierenden und Mitarbeitern.Der Eintritt ist frei.Link: www.musikplattform.ethz.chSoNaFeAm 30. Mai findet das SoNaFe (Sommernachtsfest)– DIE traditionelle Endsemesterpartyder <strong>ETH</strong> – statt. Ein OK, wild zusammengewürfeltaus verschiedenenFachvereinen, stellt immer zum Semesterendeeine grosse Party im HXE auf dieBeine – auf dass der Sommerbeginn gebührendgefeiert werde!Link: www.sonafe.ethz.ch


14 CampusDas Glück der Erde liegt auf dem Rücken... eines Drahtesels? Redaktorin Barbara Lussi bei ihrer persönlichen Tour d'<strong>ETH</strong>.Polykum macht'sHonigkuchenpferd & DrahteselOb das gut geht? Für eine Testfahrt mit dem e-Velolink steigt RedaktorinBarbara seit Ewigkeiten wieder auf ein Fahrrad. Und macht sich aufsSchlimmste gefasst.Text: Barbara Lussi, Fotos: Moritz VifianEs ist vier Jahre her, seit ich das letzte Malauf einem Fahrrad sass. Seit ich in <strong>Zürich</strong>wohne, lebe ich fahrradlos – weil ich öffentlichenVerkehrsmitteln nach dem bQm-Absackermehr traue als meiner Koordinationsfähigkeitund weil ich daran zweifle, dass ZürcherAutofahrer selbst an guten Tagen fahrradfahrerfreundlichsind. Und auch wenn ichmittags um eins nüchtern bin: Wenige Minuten,bevor ich aufs e-Velo steige, mache ichmir ernsthaft Sorgen, ob ich heil aufm Hönggerbergankomme – und wie oft ich bis dahingestürzt, mit dem Randstein kollidiert oder ine-VelolinkSeit April steht Studis mit dem e-Velolinkeine Alternative zu den öffentlichenVerkehrsmitteln zur Verfügung: Flexibelund umweltfreundliche kann mitden motorbetriebenen Bikes gratis voneinem <strong>ETH</strong>-Standort zum anderen geradeltwerden, ohne schweissgebadetund komplett K.O. auf dem Hügel anzukommen.Der e-Velolink wurde von<strong>ETH</strong>-Studenten initiiert und umgesetztund ist das erste e-Bike-sharing Systemin Europa.der Tramschiene steckengeblieben bin. KeineAhnung, ob man Fahrrad fahren verlernenkann. Aber ja, ich bin aufgeregt, als ich dieLegi vorm CAB an den Terminal halte und aufdas grüne Licht warte, das mir eins der bereitstehendenFahrräder zuweist. Bis hierhinalles easy: Die Lampe leuchtet, Dock 1 entsperrtund das Fahrrad ist mir.Glücklich geradeltIch weiss, dass es um meine Velo-Skills nichtganz so schlecht bestellt ist, als ich automatischnach der Kurbel greife und den Sattelauf 1.64-angemessene Tiefe bringe, währendich mich über das Körbli freue, das jedes e-Bike hat. Tasche verstaut und Turnschüehliein letztes Mal festgeschnürt (signal-lila,damit mich irgendwer im Gebüsch liegensieht, falls der Randstein doch gewinnt) unddann heisst's: aufsteigen. Vorm CAB lege ichdie ersten wackligen Meter zurück und binnach zwei Runden zwischen LFH und CNBbereit, mich auf die Strasse zu wagen. Wirdschon schief gehen, denke ich, als ich micham Trottoir-Rand postiere und eine Lücke erspähe.Rein in den Verkehr – Etappenziel 1 erreicht.Ich radle um 13.15 Uhr los, voll korrekteingespurt, wie ich's mir von früher ge-wohnt bin. Das mit den Handzeichen lasse ichvorerst bleiben – ich würde sie geben, würdeich mich nicht zu sehr fürchten, wegzukippen–, halte dafür bei jeder Ampel (ernsthaft:Welches andere Velo tut das schon?) undstrahle aufm Fahrrad vor mich hin. Fahrradfahrenmacht Laune, merke ich. Wahrscheinlich:sogar glücklich. Honigkuchenpferd imGesicht, Drahtesel unter mir.Bis zur Hofwiesenstrasse ist ausGlücklichsein Euphorie geworden; so viel,dass ich vorsichtig am Motor-Support rumdrückeund fahrend versuche, die stufenloseGangschaltung zu kapieren. Etappenziel 2 erreicht:Gangschaltung und Motor kapiert. Abjetzt wird's gemütlich – gestrampelt wird nurnoch halb so viel, kaum surrt der Motor aufMedium-Beistand. Weniger gemütlich: derBucheggplatz, der näher rückt.Trocken gebliebenViele Wege führen nach Rom, zum Hönggerbergaber: nur der über den Bucheggplatz.Und der macht mich mit drei Autospurennervös: Welche Kreiselausfahrt? Wo ist dieVelospur? Wo fährt der Bus? Die dritte Ausfahrt!Direkt vor dir, du Hirsch! Uoh, Vorsicht,DA fährt der Bus! Etappenziel 3 erreicht: Bucheggplatzgemeistert, vom Motor beschleunigt.Damit folgt die letzte Etappe: den Bergrauf, mit schlechtem Gewissen. Denn: e-Bikefahren ist so bequem, dass ich nicht mal insSchwitzen komme. Vor vier Jahren noch warBergauffahren anstrengend. Heute fühle ichmich schlecht, weil's nicht so ist. Und kaumfrage ich mich, wann's noch steiler wird,rückt der Hönggerberg ins Blickfeld. Ich radledie letzten Meter ab, rolle zum Dock beimHCI, deponiere das e-Bike und warte auf dasgrüne Licht, das die Fahrradrückgabe bestätigt.Fünfunddreissig Minuten und die Tourd’<strong>ETH</strong> ist geschafft. Und ich lebe noch.Polykum Nr. 8/12-13


<strong>16</strong> MamaKinderbetreuungMütter an derHochschuleDas Polykum hat sich mit Vera Lutzke, einer Mitarbeiterinder Stiftung KIHZ, getroffen, um über das Thema«Mütter an der Hochschule» zu sprechen.Interview: Anna Dalbosco, Fotos: Anna Dalbosco & Stiftung KIHZMamaVera LutzkeFrau Lutzke, inwiefern unterstützt dieStiftung KIHZ berufstätige und studierendeMütter der <strong>ETH</strong> und der Uni<strong>Zürich</strong>?Unsere Stiftung hat sich auf den Bereich derKinderbetreuung spezialisiert. Mit insgesamtfünf Kinderkrippen und einem Ganztag-Kindergarten versuchen wir Arbeit – beziehungsweiseStudium –und Familie zu vereinbaren.Da unsere Kinderkrippen teils von derStadt <strong>Zürich</strong> und teils von den Hochschulen<strong>ETH</strong> und Universität <strong>Zürich</strong> subventioniertwerden, können wir faire Preise anbieten.Ausserdem versuchen wir, falls es in unserenKrippen keinen Platz mehr geben sollte, Alternativenzu finden, die sowohl für das Kindals auch für die Mutter passen.Wer kann bei Ihnen um einen Platz ineiner Kinderkrippe anfragen?Die Plätze in den Kinderkrippen sind allenKindern der Professoren, Mitarbeitenden undStudenten der <strong>ETH</strong> oder der UZH zugänglich.Allerdings sind die Wartelisten sehr lang undwir können nicht für alle Kinder einen Platzgarantieren.Ist die Nachfrage denn so gross?Ja. Seit die Stiftung gegründet wurde, steigtdie Nachfrage kontinuierlich. Die Anzahl derKrippenplätze ist aber begrenzt und vieletragen ihre Kinder deshalb noch vor der Geburtin die Wartelisten ein. Allerdings sollteman sich davon nicht abschrecken lassen. Werhinsichtlich Uhrzeit und Wochentag flexibelPolykum Nr. 8/12-13


18 MamaMein Zwilling, das MuttersöhnchenMama macht'sRichtige Männer braucht die Welt, das Land, unsere Generation.Dumm nur, dass meine eigene Familie versagt – und einMuttersöhnchen par excellence heranwachsen lässt.Text & Foto: Barbara LussiMein Bruder ist dreiundzwanzig, 1.90 grossund sportlich. Er will Anwalt werden, fährtein eigenes Auto und hat in fast vier JahrenMilitär überdurchschnittlich viel Männlichkeitbewiesen. Dann wieder steht er überdurchschnittlichratlos vorm Schrank undschreit Mama durch die halbe Wohnung zu,dass er keine Unterhosen mehr hat. Ich weissnicht, wann er sein Bett zuletzt selbst bezogenhat, aber ich bin mir ziemlich sicher, dassMama ihm immer mal wieder das Zimmersaugt, abstaubt und aufräumt. Ohne, dass esihm peinlich wäre. Vor vier Jahren ist mir klargeworden, dass da gehörig was schiefläuft.Dann meistens, wenn mein Bruder in den heimischenvier Wänden was leisten müsste.Er tut hilfloser als er ist, wenn erden Unterhosen-Notruf entsendet. Er wüsste,dass auf dem Wäscheständer mindestenssechs Paare hängen – aber lässt sie sich lieberbringen, als selbst zu laufen. Und Mama läuft.Er tut wichtiger als er ist, wenn erDREIMAL darauf hinweist, dass er DAS TrikotDRINGENDST braucht; nicht so dringend,dass er selbst waschen würde, aber so dringend,dass er stänkert, wenn das falsche gewaschenwird. Und Mama wäscht.Er tut bedachter als er ist, wenn erabends eine Portion Nudeln herannörgelt,während alle anderen Reis essen – weil dieseinen Kohlenhydratspeicher besser füllen,sagt er; weil er Reis nicht mag, sage ich. UndMama kocht Nudeln.Er tut erschlagener als er ist, wenner den Teller nach dem Essen stehen lässt.Nur an selten guten Tagen setzt er ihn nebendem Spülbecken ab. Der Geschirrspüler stehtdreissig Zentimeter weiter rechts. Und Mamaräumt ab.Er tut beschäftigter als er ist, wenner Mama – selbst kein bisschen Fussballfan! –darum bittet, für Champions League-Ticketsanzustehen. Und Mama steht an: von morgenshalbneun bis abends um fünf. Ohne Klopause.Ich mag meinen Bruder. Richtig undwirklich. Wahrscheinlich würde ich sogarsagen: dass er zu den besten Menschen gehört,die ich kenne (und das ist für Familienmitgliedergenau gar nicht selbstverständlich).Dafür aber könnte ich ihn übers Knielegen: dass er sich aushalten, bekümmern,verhätscheln lässt – als wäre er drei statt dreiundzwanzig,wo er vorm OR, hinterm Steueroder in Erinnerung ans Militär doch Redenschwingen kann, als wäre er dreiundfünfzigstatt dreiundzwanzig.Ernsthaft: Er ist keiner von denen,die der Welt nicht gewachsen wären, denenes an Durchsetzungsvermögen fehlt oder dievon Mamas eiserner Liebe erdrückt würden.(Mama liebt nicht despotisch; sie liebt so liebevoll,wie Mütter, die kein Rad ab haben,eben lieben.) All das könnte er selbst: Unterhosenholen, Trikot waschen, Nudeln kochen,Teller abräumen und anstehen. Da gibt eskeine unüberwindbaren Hürden, vor denener stehen würde. Aber es gibt solche, die ersich selbst zu überwinden spart – und lieberMama überlässt. (Und Mama, die eben so liebevollliebt, wie Mütter lieben, die kein Radab haben, nimmt die Hürde.) Ob er ein Muttersöhnchenist? Ja. Wohlwissend, vorsätzlich,freiwillig.Mama macht's und sie macht's gern. Oder etwa nicht?Barbara Lussi (23) würde ihren Bruder anstelle ihrerMutter so lange in widerlicher Bettwäsche schlafen lassen,bis er Ausschlag kriegt. Oder damit ein Mädchen vertreibt.blussi@polykum.ethz.chPolykum Nr. 8/12-13


Mama 19Die Partnerwahl: eine Wissenschaft für sich.Polykum Nr. 8/12-13frühlingsgefühleMama oder Karriere –warum nicht beides?Studentinnen einer technischen Hochschule können sich in naherZukunft meist kein Mamidasein vorstellen. Wieso es mit demrichtigen <strong>ETH</strong>-Studenten doch klappen könnte: ein Plädoyer.Text: Schewach Bodenheimer, Illustration: Tobias Tschopp«Das kann warten», «Momentan hab ich definitivandere Dinge im Kopf» oder «Zuerstmuss ich mir mal ein Au-pair leisten können»– solche und ähnliche Antworten ergab eine(sehr unrepräsentative) Umfrage unter <strong>ETH</strong>-Studentinnen, bei der die Damen über eineFamiliengründung reflektieren sollten.Auf den ersten Blick verständlich, zeigtdoch bei Schweizer Frauen der allgemeineTrend in Richtung einer «Aufschiebung» derErstgeburt zugunsten besserer Berufsperspektiven.Dabei geht besonders an der <strong>ETH</strong>etwas Wichtiges vergessen: die hausmännischenTugenden der männlichen Studentenschaft.<strong>ETH</strong>-Studis: mehr als potenzielleLernpartnerKochen? Kein Problem. Erlernt durch langeStunden im Chemielabor, wo Flüssiges, Zähesund Saures fleissig hoch- und runtergeheiztund zum Schluss dem Assistenten serviertwurde. Das Kochbuch: ein Skript mit vielenfeinen Rezepten aus der Redox- und Metallkomplexchemie.Ob die Einheiten «Milligramm»oder «Teelöffel» heissen, spielt jawohl keine Rolle, es geht um den Prozess.Der Umgang mit Kindern fällt <strong>ETH</strong>-Studentenauch nicht schwer. Denn schweift derdozierende Professor einmal vom Thema ab,geht es meist um Frau, Kind, ihn selbst unddie erzählenswerten Situationen, die sich ausdieser Konstellation ergeben. Bald ist dennauch dem unaufmerksamsten Studenten klar,auf was es bei der Kindererziehung ankommt.Am allerliebsten befindet sich die <strong>ETH</strong>-Männerschaft zu Hause. Im Moment zwarnoch hinter einem Computerbildschirm sitzend,doch ist die Familie einmal gegründet,werden sie diese Tugend ummünzen, umKind und Kegel daheim in Schach zu halten,damit Frau losziehen und sich entfalten kann.Ran an die Familienplanung!Wie oft haben sie sich bloss, in unendlicherSehnsucht nach einem weiblichen Gegenpart,alle erdenklichen Ausprägungsformender gegenseitigen Liebe erdacht, ausgemaltund sogar irgendwo angesehen. Schlüpft manzu ihnen unter die Decke, sind diese Männeralso genauso akribisch vorbereitet wie voreiner Prüfung der August-Session.An die starken Frauen, welche an der<strong>ETH</strong> studieren: Wie dieser Appell verdeutlicht,ist es nicht nötig, sich bei der Suchenach karrierekompatiblen Männern allzusehr von der Alma Mater zu entfernen.Setzt ihr also auf lokale Produkte, sorgtihr nicht nur für Nachhaltigkeit, sondernauch für die ersehnte berufliche Unabhängigkeit.Und das Beste: Ihr verhindert, dass beider Familienplanung die (schmutzigen) Windelnfliegen!Schewach Bodenheimer (21) ist Polykum-Redaktorund studiert Biotechnologie an der <strong>ETH</strong>.


20 MamaSie tickt und tickt...Die biologische UhrGibt es sie, die biologische Uhr? Oder gibt es sie nicht?Und falls ja: Tickt sie für beide Geschlechter gleich schnell?Text: Anna Dalbosco (aus der Sicht ihrer älteren Schwester) & Ken Zumstein, Foto: Anna DalboscoZeit zum Kinderkriegen?Das sagt sie: Die Uhr tickt. Besondersbei Frauen, sagt man. Ich bin 27 Jahre altund habe das ideale Alter, um Kinder zukriegen, biologisch gesehen schon hinter mir.Von Kindern natürlich keine Spur.Wäre ich woanders geboren, befände ichmich bereits im sogenannten «Alter der Verzweiflung».Jenem Alter, in dem mich keinMann mehr zur Frau nehmen möchte. Wäreich vor hundert Jahren geboren, würde michauch kein Mann mehr anschauen und hintermeinem Rücken würde man flüstern. Egal.Wir befinden uns ja schliesslich im 21. Jahrhundertund der Lebensstil in Europa hat sichradikal verändert. Ich bin frei.Ich bin frei? Moment. Wieso muss ich mirdann bei jedem Familientreffen die gleichenFragen anhören: Hast du jetzt eine fixe Arbeitsstelle?Wann heiratest du denn? Möchtestdu eigentlich keine Kinder kriegen?Anscheinend hat sich die Welt dochnicht so sehr verändert, wie es auf den erstenBlick erscheint oder wie manche Leute gernglauben möchten. Die Freiheit haben dieMenschen noch immer nicht gefunden. Undso beschäftige ich mich nervös mit Fragen,auf die ich keine Antwort habe. Anstatteinmal anzuhalten und auf mein inneresZahnrad zu hören, renne ich täglich der Zeithinterher, die mir andauernd einen Schrittvoraus zu sein scheint. Das wäre noch zu erledigen,ich muss doch auch noch dies erreichen,um morgen jenes machen zu können...Plötzlich bin ich eine alte Frau, die ihr Lebengelebt hat, um zu arbeiten und später lebenzu können. Ein Später gibt es aber nicht. Diebiologische Uhr bleibt stehen, nicht nur die,um Kinder zu kriegen. Auch meine eigenewird stehen bleiben und die Lebenszeit ablaufen.Anstatt mir daher Sorgen um zukünftigeKinder zu machen, quälen mich vielmehr MichaelEndes graue Herren. Diese wussten:Zeit ist Macht. Den Menschen ihre kostbareLebenszeit zu stehlen, bedeutet ihnen daszu nehmen, was sie ausmacht. Mein inneresZahnrad hat demnach nichts mit Schwangerschaften,Familiengründung oder Altersfaltenzu tun. Es geht um Freiheit. Darübernachzudenken lohnt sich, obgleich es Zeitkostet.Das sagt er: Die Uhr tickt. Auch bei unsMännern. Nur langsamer. Und wir hörennicht hin. Tun wir ja eh nie… Spätestens seitViagra und Co. weiss ja jeder, dass wir nochbis ins hohe Alter potent bleiben und Kinderzeugen können. Wieso also schon früher alsnötig erwachsen werden? Wieso nicht nochein bisschen Unbeschwertheit geniessen?Und herausfinden, was man vom Leben erwartet,ehe man anfängt, väterliche Ratschlägezu erteilen?Leider sieht die Realität auch für unsMänner anders aus: Ich bin jetzt dreissigJahre alt. In meinem Kollegenkreis wird schonseit Langem geheiratet und es werden Kinderin die Welt gesetzt, was das Zeug hält. KeinTag, an dem auf Facebook kein Foto irgendeinespausbäckigen Sprösslings mit Bambi-Blick hochgeladen wird. Soooooo herzig.Oder eine Hochzeit angekündigt oder bebildertwird. Soooooo romantisch. Der Trendhat mittlerweile sogar meine eigene Familieergriffen: Seit Neuestem ist auch meine Cousine(übrigens gleich alt wie ich) verheiratet.Und ein Kind ist natürlich auch schon unterwegs.Soooooo schön. Für sie!Für mich als Single sind Familienfesteseither ein einziger Spiessrutenlauf: Wird'snicht langsam AUCH Zeit für einen richtigenJob? Für eine Karriere? Für eine Familie?Richtig schwer wird's aber erst, wennMan(n) in einer Beziehung steckt. Und diePartnerin dank Ehrgeiz und Zielstrebigkeit –oder Frauenquote – anfängt Karriere zu machen,während man selbst noch ziellos vorsich hinträumt. Dann steht es nämlich plötzlichan, das Gespräch. So von wegen: «Jetztwär's dann aber schon langsam an der Zeit.»,«Schon mal über die Zukunft nachgedacht?»oder «Ich will ja schon mal Kinder...»Was subtil anfängt, endet dann schonmal konkret: «Also entweder bist du jetzt derRichtige, oder sonst ist das vielleicht dochnichts mit dieser Beziehung.» Blabla… UndSIE hat irgendwie auch noch Recht. UndSCHWUPS ist Man(n) wieder single.Naja… Vielleicht scheitere ich auch anmeinem eigenen Idealbild des modernenMannes: jemand, der sich selbst verwirklichtund gleichzeitig für die Familie da ist. Gibt'sden überhaupt? Den modernen Mann? Oderist er einfach nur Beweis für die schlechteLaune der Evolution?Biologie ist halt scheisse! Sag ich als diplomierterNaturwissenschaftler. Sag ich alsMann.Polykum Nr. 8/12-13


Mama 21ÜbermutterEine wie keine(und schon garnicht wie ich)‹Sein oder nicht sein› entscheidet hier, wiestramm der Hintern ist und ob man die Türe miteinem Lächeln öffnet. Über Übermütter undNormalmütter – und wofür ich mich wappne.Text: Barbara Lussi, Illustration: Tobias TschoppImmer alles im Griff: Multitasking ist für eine «Übermutter» kein Problem.Polykum Nr. 8/12-13Mir graut vor der Zukunft, wenn ich michheute umsehe und Überfrauen sehe: Mitstudentinnen,die vier Nebenjobs schmeissenund trotzdem Zeit finden, sich einen perfektenHintern anzutrainieren; die das Austauschsemesterin Barcelona verfeiern und-saufen – und am Ende trotzdem Spanischsprechen. Ich steh auf ausgleichende Gerechtigkeit(dass man vier Nebenjobs schmeisst,aber der Hintern hängt; oder dass man einentollen Hintern hat, aber Wurstfinger; oderdass man Pablo mitten im Gespräch aufdie Füsse kotzt); alles andere wäre unfair.Schade, dass das Leben nicht fair ist. UndÜberfrauen von heute zu Übermüttern heranwachsenlässt.Ich weiss nicht, wie sie's schaffen,aber so, wie sie mich heute überragen,werden sie's morgen tun. Auch als Mutterwerden sie alles im Griff haben (besser, alses vier Normalmütter aufs Mal tun): Kinder,Haushalt und Hintern. Während für alle anderengilt: süsse Kinder, aber Saustall zuhause– oder umgekehrt: Haushalt hübsch,aber Kinder verkorkst –, können sich Übermütterohne Augenringe an frisch gebadetenAnna-Sophies und Alexanders erfreuen,die nach einer Portion Bio-Fenchel und di-daktisch wertvoller Gutenachtgeschichtezufrieden im Bett liegen. Minuten späterschieben sie den Le Corbusier-Sessel in besterÜbermutter-Manier mit der Hüfte zurechtund öffnen Punkt acht Uhr und zahnpastalächelnddie Haustür, um achtunddreissigGäste zur Margarita-Party zu begrüssen. DieKinder schlafen durch – weil sie sich nachmittagsunter wachsamem Übermutter-Blick amKlavier verausgabten, ohne das Fis ein einzigesMal mit dem Dis zu verwechseln. Auchacht Uhr abends sitzt die Frisur einer Übermutter,die Bluse ist fleckenlos und untermOhrläppchen duftet was mit Klasse. WenigstensChanel.Mit allem, was sie sind, spottenÜbermütter dem, was Normalmütter sind.Und ich weiss nicht, wie ich scheitern werde,aber so, wie ich mich heute schon selbst unterbiete,werde ich's auch morgen tun. AlsNormalmutter werde ich höchstens dieHälfte im Griff haben. Wenn mir drei Nebenjobsfür Augenringe reichen, werden's auchKinder und Haushalt tun. Zu meinem Hinternsage ich nichts. Ich glaube nicht, dass esam Namen liegt – nie, nie, nie werden meineKinder Anna-Sophie oder Alexander heissen–, aber wenn ich daran denke, dass ich's selbstnicht mal schaffe, nicht zu kleckern, undein Fis genau gar nicht von einem Dis unterscheidenkann, sehe ich Schwarz für meinenNachwuchs. Meine Kinder werden Xylophonspielen (das oder Triangel) und auch das nurwiderwillig, und sie werden jede meiner Margarita-Partysbashen, weil sie sich nachmittagsden sechsten Löffel Sandkasten in denMund schaufeln, bevor ich merke, was da vorsich geht. Statt abends Bio-Fenchel zu essen,rülpsen sie Sand, und ich wette, dass sich aufdem Weg zur Haustüre – Frisur auf Sturm,drei Flecken am Ärmel und Sandkrümel hintermOhr – die Ecke eines Ikea-Sessels inmeine Hüfte bohrt. Wahrscheinlich wird dasder Moment sein, wo ich mich frage: Wasbitte ist an Fairness so schwierig?Barbara Lussi (23) ist Polykum-Redaktorin. Sie studiertGermanistik, Populäre Kulturen und Computerlinguistik ander Universität <strong>Zürich</strong>. blussi@polykum.ethz.ch


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PoLykUm Nr. 8/12-13ULF – Das BuchDie gesammelten Werke von Polykum-Cartoonist Thom Grüninger sind als Sammelbanderhältlich. Das Buch «ULF von Grüninger»kann im Sekretariat des <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> im StuZ 2(CAB E27) für 11 Franken gekauft werden.


26 <strong>ETH</strong>WeltMama-ErsatZ?«Handaufzuchtensind keineswegszu verniedlichen»<strong>ETH</strong>WeltVor rund vierzig Jahren machte <strong>ETH</strong>-Rat Markus Stauffacher eine ganzbesondere Erfahrung: Er durfte bei der Handaufzucht eines Gorilla-Babysmithelfen.Text: Shilpi Singh, Fotos: Zoo Basel, Günter BolzernHerr Stauffacher, Sie durften währendIhrer Studienzeit bei einer Gorilla-Baby-Aufzuchtim Basler Zoo mithelfen.Wie kam es dazu?Ich hatte meinem Dozenten – zu der Zeitnoch Herr Professor genannt – während desUnterrichts widersprochen. Und anschliessendmittels Literaturrecherche bewiesen,dass er Unrecht hatte. Das hat ihm imponiert.Als ich dann während einer Exkursion im Zoowieder meinte, dass das, was er uns über Flamingoserzähle, nicht stimmen könne, meinteer nur: Ich könne das doch in einer eigenenForschungsarbeit herausfinden. So kam ichZur PersonDr. MarkusStauffacher hatan der UniversitätBasel Zoologiestudiert undan der UniversitätBern in TierschutzorientierterEthologie doktoriert.Seit gut 20Jahren ist er ander <strong>ETH</strong>, seit 2007im <strong>ETH</strong>-Rat. Er hat sich bis zum Falkland-Krieg1982 am Aufbau eines Naturschutzgebietsauf den Falkland-Inseln beteiligt.Seit 1997 ist er Tierschutzexperteim Europa-Rat, seit 2010 Delegierter fürTierschutzbelange der <strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong>.zu meinem Engagement beim Basler Zoo.Zu dieser Zeit, also im Frühjahr 1973,kam auch das Gorilla-Baby Uzima zurücknach Basel. Und da ich den damaligen Zoodirektorkannte, durfte ich bei der Tierpflegemithelfen. Diese Erfahrung war bereicherndfür mich und hat meinen Zoologen-Weg mitgeprägt.Wieso musste Uzima von Hand aufgezogenwerden?Dazu muss ich ausholen: Uzimas MutterKati wurde in freier Wildbahn geboren, aberschon im ersten Lebensjahr von ihrer Muttergetrennt, und kam dann in die Hände vonTierhändlern. 1962 kam Kati in den BaslerZolli und wuchs da mit gleichaltrigen Gorillakindernauf. Damals war es noch üblichJungtiere ohne erwachsene Artgenossen zuhalten. Dadurch hatte Kati nie die Möglichkeit,mütterliches Verhalten zu lernen.Dr. Jörg Hess, ein Kollege und Pionier aufdiesem Gebiet, hat in seiner Forschungsarbeitfestgestellt, dass kleine Affenkinder ihr mütterlichesVerhalten durch Beobachtung imSozialverbund erlernen. Kati hatte hier einDefizit. Ihr Erstgeborenes starb kurz nach derGeburt. Das zweite – also Uzima – behandeltesie schlecht. Um einen weiteren Todesfall zuvermeiden, entschied man sich dazu, Uzimavon Hand aufzuziehen.Zunächst schickte man sie in die weltberühmteAufzuchtstation von BernhardGrzimek im Zoo Frankfurt am Main. Als Einjährigekam Uzima dann zurück nach Basel.Doch ein erster Integrationsversuch misslang.Es kam zu heftigen Angriffen. UzimaPolykum Nr. 8/12-13


<strong>ETH</strong>Welt 27Von Hand aufgezogen war früher noch gang und gäbe. (Auf den Fotos: Goma, das europaweit erste von Hand aufgezogene Gorilla-Baby)Polykum Nr. 8/12-13zeigte starke Stressreaktionen in Form einerLungenentzündung. Wochenlang war siefurchtsam und suchte die Nähe zu den ihrbekannten Menschen. So kam es, dass sienachts beim damaligen Zoo-Direktor lebte,der bereits viel Erfahrung mit Handaufzuchthatte, und tagsüber von uns betreut wurde.Der Zoo-Direktor hatte schon Goma, das ersteerfolgreich aufgezogene Gorilla-Baby in Europa,betreut.Wie sah ein normaler Tagesablaufwährend der Aufzucht aus?Wie schon erwähnt wohnte Uzima beim Zoo-Direktor und war in dessen Familie integriert.Tagsüber wurde Uzima von uns Studentenim Zoo gehütet. Während meiner stundenlangenFlamingo-Beobachtung sass Uzimaauf meiner Schulter oder hing in enger Umarmungan meinem Brustkorb. Oder sie turntean mir herum, ohne mich je zu verlassen. Gorillassind wie Menschenkinder «Traglinge».Ich konnte mich daher frei im Zoo bewegen.Meine Aufgabe war, für sie da zu sein. IhrSicherheit zu geben. Gleichzeitig wollte ichDistanz wahren; sie nicht vermenschlichen.In einer natürlichen Affengruppe hätte sie indem Alter die Sicherheit der Mutter gehabt.Viel Zuwendung erhielt sie durch meine Kollegin,die extra dafür angestellt war.Was passierte beim zweiten Versuch,Uzima in die Gruppe zu integrieren?Vier Monate nach dem ersten Integrationsversuchkam es zu einem zweiten – entgegender Empfehlung von uns Zoologen. Der Versuchverlief für Uzima sehr dramatisch. AlsFolge einer starken Stressreaktion starb siekurz darauf.Wieso haben die Spezialisten davonabgeraten?Wenn Menschenaffen in einem natürlichenVerband aufwachsen, dann können sie auchals Halbwüchsige in einen neuen Verbandumgesiedelt werden, weil sie die sozialen Regelngelernt haben.Aber wenn Gorillas unter Menschen aufwachsenund nicht wissen, wie sie reagierensollen, wenn sie beispielsweise ein Alpha-Männchen bedroht, dann wird es für sie lebensgefährlich.Uzima wusste nicht, wie siesich in der Gruppe verhalten soll. Heute istdas nötige Wissen vorhanden, um in einemFall wie bei Uzima richtig vorzugehen.Wie liefe denn eine gute Integrationab?Normalerweise versucht man durch das Gehegeeinen Kontakt zur Gruppe oder zu einemnetten Tier in der Gruppe herzustellen. Wenndieses nette Tier auch ein ranghohes Tier ist,dann würde das zu integrierende Kind vondiesem beschützt werden und könnte sichlangsam eingliedern. Das wäre der perfekteAblauf einer Integration.Was hat sich in der Haltung von MenschenaffenIhrer Meinung nach verbessert?In wissenschaftlich geführten zoologischenGärten leben die Tiere heute in Gruppen, diemöglichst arttypische Sozialstrukturen aufweisen.Wird ein Säugling verstossen, dannwird er grundsätzlich – wie in der Natur –seinem Schicksal überlassen.Vor vierzig Jahren fehlte der Mut, um derNatur ihren Lauf zu lassen. Das verstosseneTierbaby wurde der Mutter weggenommen,und es wurde mit grossem Aufwand versucht,es von Hand aufzuziehen. Ohne bewusst zusein, was für Folgen das auf die Entwicklungdes Tierkindes haben könnte.Im Fall der Menschenaffen hat Jörg Hessbeobachten können, dass die Mütter auf ihreArt trauern und von der Gruppe getröstetwerden.Handaufzuchten werden aber immernoch gemacht. Beispielsweise beimEisbären Knut. Was halten Sie davon?Aus Sicht des Biologen finde ich das verantwortungslos.Das wird vor allem wegen des«Jööö-Effekts» gemacht. Bei Knut wurde esauch ein grosses Business; und das ist eine Artvon Missbrauch. Handaufzuchten sind keineswegszu verniedlichen. Das Tier wird zumInstrument und das lehne ich als Zoologe ab.Darum finde ich auch fragwürdig, dass Gorillahandaufzuchtheute noch betrieben wird,wie beispielsweise im Zoo von San Francisco.Andererseits verstehe ich aus Sicht derPfleger aber, dass man ein verlassenes Tierkindaus menschlich-ethischen Gründennicht sterben lassen will. Zooleitung undTierpflegende müssten schon im Voraus entscheiden,dass Kinder von Arten mit einemkomplexen Sozialverhalten wie Menschenaffen– aber eben auch Eisbären – nicht vonHand aufgezogen werden.


28 ExtrasMorbid-wütender Sound: Lo!Kultur-Clash: Expats in <strong>Zürich</strong>MusikKulturLo!ExpatsExtrasDiese Musikempfehlung richtet sich an eineganz bestimmte Gattung Mensch. Normalbürgerbegegnen ihnen aufgrund ihrer eigenwilligenOptik und ihres düsteren Blicksmeist skeptisch. Sie kleiden sich auch imSommer ausschliesslich schwarz, tragen dasHaupthaar sowie die Bärte meist lang undungepflegt und haben einen Hang zu morbiderSymbolik. Im Gespräch erweisen siesich jedoch als breit gebildet, kulturell undpolitisch interessiert, besonnen und sanftmütig.Gehen sie an ein Konzert, wird dieswiederum nur als «gut» bezeichnet, wenn eigeneswie auch fremdes Blut fliesst oder dieeingefangene Genickstarre mindestens dreiTage anhält. Schnelldenker merken: Es gehtum Metal.Die Band «Lo!» aus Sydney liefert mitihrem neuen Werk «Monstrorum Historia»via Knaller-Label Pelagic Records ein Prachtexemplardieser morbid-wütenden Musik.Prügelharte, irrwitzig schnelle Drums, genausorasante Riffs, Gefluche, Geschrei, Wut,Angst und Hass. Herrlich!!! Gut, «den Metal»gibt's ja nicht. Genauer kann man «Lo!»als eine Mischung aus Hardcore-, Doom-,Sludge- und Postmetal bezeichnen. Nebenden erwähnten brachialen Wutausbrüchenlassen sie sich gerne auch zu langsam-sphärischen,instrumentalen Parts oder zu trägeschweremDoom hinreissen. Wer lässig zuHipHop hoppt, wird wie so oft denken «huereschwuul, Mann»; wer Ahnung von Musik hat,wer's gerne laut mag und sein Haupthaar demTakt folgend zu schwingen weiss, wird mit«Lo!» bestens bedient sein. (pg/Foto:zVg)[i] «Monstrorum Historia» von Lo!:www.lookandbehold.netIn <strong>Zürich</strong> gibt's viele davon. Gerade im internationalenUmfeld der <strong>ETH</strong>. Die Rede ist vonExpats. Leuten, die nur für Arbeit oder Studiumin eine fremde Stadt ziehen. Und für dieStadt und deren Kultur kein grosses Interessezeigen. Das Theaterstück «Expats» erzähltvon deren Schicksal.Die Geschichte beginnt mit Klischeefigurenaus der Finanzbranche, die nicht nurkein Interesse an der Landeskultur bekunden,sondern sich sogar aktiv zum Ziel machen,bestehende Strukturen zu brechen. Im Verlaufdes Stücks wird jedoch ein differenzierteresBild gezeichnet: So machen sich die Figurenbald Gedanken über ihre Wurzel. Versuchenihren Nachwuchs mit den lokalenKindern spielen zu lassen und Gebräuche undSitten anzunehmen.Das Stück beginnt in Deutsch; dochschon die zweite Szene ist in Englisch. Imweiteren Verlauf vermischen sich immermehr Sprachen miteinander, sodass sich derZuschauer selbst immer mehr als Expat fühlt.Am Ende scheinen sich die Figuren selbstnicht mehr zu verstehen – weder sprachlichnoch inhaltlich. Alle verbindet nur, nicht Teilder lokalen Gemeinschaft zu sein.Insgesamt weiss die energiegeladenePerformance auch durch die musikalischenEinlagen – bei denen das Ensemble sechsstimmigStücke aus Schuberts Winterreisesingt – zu überzeugen. Die Inszenierung belässtes nicht bei der Analyse der Expats, eswerden auch der Schweizer Föderalismusund die abweisende Haltung der Eidgenossenaufs Korn genommen.(mv/Foto: zVg)[i] Expats: www.theaterneumarkt.chPolykum Nr. 8/12-13


Extras 29Polykum Nr. 8/12-13«Boys Are Us»: Den Schweizer Film gibt's als Spezialveranstaltung im Riffraff zu sehen.FilmNicht ist, wie es scheintDie Filmstelle lässt den diessemestrigen Zyklus«Mapinulierte Reatiläten» mit zwei Spezialveranstaltungenausklingen. Einerseitsmit dem neuen Film von Peter Luisi «Boys AreUs», welcher in Anwesenheit von Regisseurund Darstellern im Kino Riffraff gezeigt wird.Andererseits gibt es wie letztes Jahr ein zyklusbezogenesProgramm am ExperimentalfilmfestivalVIDEOEX. Jugendliche Liebesmanipulationenim Zeitalter von Internetchatswerden zum Katz-und-Maus-Spiel, und Experimentalfilmegreifen das für sie sowieso perfekteThema auf jede denkbare Weise auf.Wer betrügt hier eigentlich wen?«Boys Are Us» – Mia ist <strong>16</strong> Jahre alt und amBoden zerstört: Schon wieder ist sie voneinem Jungen hintergangen und belogenworden. Sie beschliesst, gemeinsam mitihrer älteren Schwester Laura (18) exemplarischan einem Jungen Rache zu nehmen. Ineinem Internet-Chatportal finden sie Timo. Erist 18 Jahre alt, Rekrut mit einer Abneigunggegen Waffen und auf der Suche nach einerFreundin. Das Ziel von Mia und Laura: Er sollsich in Mia verlieben und dann genauso brutalabserviert werden. Doch es ist nicht so einfach:Einerseits ist auch Timo schon verletztworden, andererseits entwickelt Mia gegenihren Willen echte Gefühle für ihn. Ist ein Ausstiegaus dem Spiel möglich? Und wem stehthier welche Entscheidung offen?«Boys Are Us» besticht durch eine unkonventionelleErzählstruktur und spielt durchseine Verschnörkelungen erfolgreich mitder Wahrnehmung des Zuschauers, der sichmehr als einmal fragen muss, wer denn nundas wahre Opfer ist.Manipulation im Experimentalfilm– eine perfekte SymbioseVIDEOEX präsentiert gemeinsam mit derFilmstelle «When Reality Isn't Good Enough».Dieses hochkarätige Programm zeigt unterhaltsamdie wunderbaren Arten, auf welcheFilm verwandelt. Bilder. Zeit und Raum.Wirklichkeit. Uns. Im visuellen Rollercoaster«Spacey» öffnet sich über Tausende von Fotografieneine surreale Welt, die sich in einenscheinbar unendlichen, doch sich selbst wiederholendenRaum verzweigt. In «Plot Point»manipuliert Nicolas Provost unser kollektivesVerständnis davon, wie Filme funktionieren,und spielt so gekonnt mit den Gefühlen undErwartungen seiner Zuschauer wie kaum einanderer. «Long Live The New Flesh» transformiertnicht nur Jack Nicholson, sonderneine ganze Reihe von Horrorfilmen, und lässtsie einander sprichwörtlich verschlingen, bisihre visuelle Kraft zum digitalen Kochpunktgebracht wird. Dies sind nur drei von insgesamtsieben experimentellen Kurzfilmen, dieeuch in neue Sphären katapultieren. Das Programmstellt eine extravagante Zusammenstellungzum Zyklusthema dar, die gleichzeitigauch eine zugängliche Quersicht durchdie Welt des experimentellen Films ist.Kilian Lilienfeld (26) studiert im 9.Semester Psychologieund Filmwissenschaft, ist Vize-Präsident der Filmstelle undbrennt in seiner Freizeit Absinth in der hauseigenen Badewanne.kilian.lilienfeld@uzh.chKino an der <strong>ETH</strong>Kinoprogramm14. Mai 2013Boys Are Us (Filmkritik links)Spezialveranstaltung«Filmstelle@Riffraff», 21 Uhr, RiffRaff,Eintritt: Fr. 13.- (Reservierungstool)/18.-/ <strong>16</strong>.- (Legi)Angel's ShareSOSeth, 19.15 Uhr, <strong>ETH</strong> Zentrum F1,Eintritt frei21.Mai 2013Dans la maisonSOSeth, 19.15 Uhr, <strong>ETH</strong> Zentrum F1,Eintritt frei28. Mai 2013When Reality Isn't EnoughVIDEOEX – Internationales ExperimentalFilm & Video FestivalFilmstart: 20.15, Festivalkino Z3,Kanonengasse 20, <strong>Zürich</strong>Eintritt: 12.-Seven PsychopathsSOSeth, 19.15 Uhr, <strong>ETH</strong> Zentrum F1,Eintritt frei


30 Extras1 2 3 4 5 6 78 910 1112 1314 15 <strong>16</strong> 17 18 1920 21 22 23 24 2526 27 2829 30 31 3233 34 35 3637 38 39 4041 42KruxereiEin neuer Fallvon den dreiSonderzeichenVon &, ∞ und # (Rätsel, Bilder und Text)Waagrecht1 Der hochadlige Schreckenwill nur an Wunden lecken.8 Ohne Haupt man hier plaziert,wer in Springfield Bier serviert.9 Ohne Meteorit-Einschlagwären sie heut 'ne echte Plag.10 Ob der rote Wichtelmannmehr als Suppe würzen kann?12 Da Vinci wie auch Galileiwähnten sich dort «dehei».14 Laika, mehr als nur ein Tier:nämlich Weltraumpionier.20 Nicht nur in Frankreich und Englanderstreckt sich die bis zu Himmels Rand.22 Ein Geschäft, mit Kram gefüllt,den viele hätten längst vermüllt.26 Leben sie doch oder wandeln sie nur?Gehirne woll'n sie als Nährstoffzufuhr.27 siehe Bild rechts28 So heisst der Jungein Münchners Zunge.29 Testthema bei Smart:Umkippgefahr in Kurvenfahrt.30 Bei Umstieg auf digital von analogin Telefonanbieters Katalog.32 Wer diese Schwelle passiert,ihn zum Gegenteil mutiert.33 Leiter einer grossen Wanderungplante gern 'nen grossen Sprung.34 Hat ein Schweizer solchen, sauer,taugt er nichts als Stimmungsaufbauer.35 Zum Essen führt:Pulver angerührt.37 Ausgänge befinden sich dort,alles andere wäre Mord.38 Seine Wichtigkeit erkanntenselbst Berner Musikanten.40 Teil von Favres Mann am Schlussoder auch iberischer Fluss.41 Sozusagen englisches Liftfahren:Rollenspielers Aktion, wenn genug erfahren.42 Säuferpapps- oder SM-Riemen,wichtig sind die bunten Striemen.Senkrecht1 Im Bundestag grad wohlbekannt,da reihenweise aberkannt.2 Auch wenn er wie 'ne Karre klingt,der Jean es auf die Leinwand bringt.3 Johnnys Werbeplakatdie Jahre Jesu innehat.4 siehe Bild links5 38 w gefüllt?Mit dem zugemüllt!6 Wer zu viel Zeit im Chatroom verbracht,spricht eher so, anstatt dass er lacht.7 Für Johnny alles aus Fernost,besonders Menschen und Kost.11 Damit toter Terrorist,beim Namen genannt ist.13 Mit Mahatma trieb Indiras Opadie Kolonialisten zurück nach Europa.14 Brotessers Vergehenbleiben auf den Kleidern stehen.15 In solchen geht's zum Beispiel drum:Wie kriegte ich eure Mutter rum?<strong>16</strong> Redensart motiviert Therapiebei der Fachkraft Logopädie.17 Zivil oder für die Truppen:Fluggeräteschuppen.18 In eine Richtung orientiert,wird CFK so designiert.19 Als Platz hiess's gestern noch: Relegation!Im Lied geht's um Mädchen aus dem Elysion.20 Während Banker Dollarzeichen sehen,Ingenieure darunter Maschine verstehen.21 Mit Cadmium und Bleiist 's damit vorbei.23 Totenkopfflasch'killt ganz rasch.24 Ein Trucker muss damit sein Geld verdienen,für and're sind's nur Sündenroutinen.25 Sind sie erst einmal im Haus,machen sie Vorräten den Garaus.28 Die «British South African Company»nahm 's Land von dieser Oberethnie.31 Bei Gurken oder Fischkommen Spitzen auf den Tisch.36 Sexuelle Höhepunkte ohne Körperteile,Auto aus Suriname fährt schon 'ne Weile.39 Barrosos Staatenbundkurz aus seinem Mund.Wettbewerdernzusammen. Die schnellste Einsendung anSetze das Lösungswort aus den grauen Fel-cruxereien@polykum.ethz.ch wird mit einem50-Franken- gutschein der Polybuchhandlungbelohnt. Unter allen weiteren Einsendungen bis zum07.06. 2013 wird ein zweiter Gutschein verlost.Polykum Nr. 8/12-13


Polykum Nr. 8/12-13HoroskopSemesterendspurtWer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ein hektischer Lebensstilhat aber auch Nachteile. Spätestens dann, wenn du dein Handyins Nutellaglas verräumst und deine Notizen vor lauter Kaffeefleckennicht mehr entziffern kannst, merkst du, dass etwas nicht ganz soläuft, wie du möchtest.Text: Minou Lahiba Sacrale, Illustrationen: Tobias TschoppArchitektur und BauwissenschaftenVersuche Spontaneität zu unterdrücken. Nichts Gutes kannstdu dir davon erwarten. Den warnenden Klängen des Universumsist diesmal nur schwer auszuweichen. Folge ihnen undgehorche! Vertrauensbrüche sind schmerzhaft, unerfüllteHoffnungen ebenfalls. Im Studium treten lähmende Einflüssezutage, es gilt, diese auszumerzen, willst du die Prüfungen bestehen.Dein Konsumverhalten wird sich drastisch ändern.IngenieurwissenschaftenMag sein, dass du wirklich alles besser weisst. Dann darfst dustolz drauf sein. Ansonsten überdenke deine Kommunikationsstrategie.Mit deinen neuen Mitstreitern wirst du es nämlichnoch eine ganze Weile aushalten müssen. Diversen Attacken aufdeine Gesundheit kannst du nur standhalten, wenn du dich gesundernährst und dich eifrig bewegst. Eine gewisse Selbstdisziplinist dafür ein Atout. Aber es geht auch ohne.Naturwissenschaften und MathematikGemeinsam lernen macht mehr Spass als allein. Auch sportlicheHöhenflüge sind zu erwarten, nur beim Landen kann esnoch ein wenig hapern. Etwas Risiko muss sein! Das Liebesglücklässt noch etwas auf sich warten. Aber üben kann nichtschaden. Lass dir deine Leistungen in klingender Münze auszahlen!Harmoniebedürftige kommen trotz des Semesterendspurtsauf ihre Kosten, Jupiter sei Dank.Systemorientierte NaturwissenschaftenNeuer Monat, neues Glück. Man versteht dich und deine Absichtendieser Tage vollkommen falsch. Lass dich nicht ablenken.Geniess die freie Zeit, lange hält sie nicht an. FreundschaftlicheTaten legen den Grundstein für Zukünftiges. ImGuten wie im Schlechten. Du sehnst dich nach Anerkennungund Liebe. Doch eine gewisse Erledigungsblockade verunmöglichtdir das Handeln. Schade.Management und SozialwissenschaftenGesundheitlich und moralisch bist du diesen Monat ruiniert. Dubrauchst einfach mal eine Pause, nicht? Gönn dir etwas. Wiesonicht ein paar Tage Urlaub von der <strong>ETH</strong>? Die Realität holt dichfrüh genug wieder ein. An Flirt-Gelegenheiten besteht keinMangel, nutze die Gunst der Stunde! Wettermässig hast du vielleichtnur mässig Glück. Gut vorbereitet sein ist alles. Fast alles.KurzgeschichteMut heuteExtras 31Das haben wir uns geschworen: dass wirunser Leben nie im Konjunktiv leben. Dasswir nicht immer «ja» hören müssen, dass wirvorm Zufall nicht zurückschrecken, dass wires auch mal mit einem «vielleicht» riskierenund dass wir nie werweissen, wie sich dasGROSSE Glück anfühlt, wenn wir glücklichsind – genau jetzt und genau hier.Wir haben uns für volles Leben entschieden,mit allen Konsequenzen. Wir machenNägel mit Köpfen, lehnen uns aus demFenster und haben keine Angst davor, mehrals knietief drin zu stecken – wir lassen unsfallen, treiben und gehen. Wir stolpern undstürzen und schlucken. Was wiegen dieschon, Schrammen und Kratzer?Wir überlegen nicht länger, wohinGeschichten führen, die nicht mal zehn<strong>Seite</strong>n lang sind. Wir warten und leben, DASund nichts anderes!, statt heute zu rätseln,was morgen schief geht, und uns jetzt schonzu fragen, was wir sonst noch erleben – undwie viel besser es sein wird als das, was wirhaben. Was kann das Kopfkino schon wissen?Wir sind nicht mutig, aber noch wenigerfeige. Wir steigen nicht in die Löwenhöhleund hüten uns vor Drahtseilakten. Dasaber tun wir: Wir nehmen, was das Leben unsauftischt, statt dankend zu verzichten. Wiewill man nimmersatt werden, wenn man nieprobiert hat? Und was bedeutet es schon, malübersatt gewesen zu sein?Das haben wir gelernt: Die Bilder imKopf beiseite zu schieben, Luftschlösser abzureissenund die Idee vom Ideal ins Abseits zudrängen. Wir wissen, dass wir nur enttäuschtwerden können, wenn wir auf Ideale setzen;und dass wir hungrig bleiben, wenn wir dasLeben mit einer Speisekarte verwechseln.Und wer bitte kann hungrig klar denken?Davor bewahren wir uns selbst: irgendwannsagen zu müssen, dass DAS fürsechte Leben verdammt gut gewesen wäre;dass wir mit hundertsechzigmal «nein» genaugar nichts riskierten; und vergessen haben,dass Glück nicht länger hält, wenn's miteinem Knall beginnt.Barbara Lussi


Extras 33Room for improvementAbschaffung der TestatpflichtAb dem Herbstsemester 2013 werden die Testate an der ganzen <strong>ETH</strong> für drei Jahre abgeschafft. Befürworter undGegner haben beide ihre Gründe. Dabei wird aber vergessen, dass es völlig verschiedene Arten von Testaten gibt.Über gute und schlechte Testate und warum Experimente richtig sind.Wir alle kennen die unliebsamen Testate. Obwohlman nichts von einer Aufgabe versteht,schreibt man sie noch kurz ab. Schliesslichwill man für die Prüfung zugelassen werden.Dennoch ist die Beziehung der Studierendenzu den Testaten eine Hassliebe und letztendlichwar die Liebe doch so gross, dass der<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> in der Vernehmlassung zur Abschaffungfür den Erhalt der Testate eingetreten ist.Kann man die nächsten drei Jahredafür nutzen, die guten <strong>Seite</strong>n der Testatezu identifizieren und zu erhalten, währenddie schlechten <strong>Seite</strong>n dauerhaft abgeschafftwerden?Um das zu erreichen kommt man nichtohne Experimente aus. Manche meinen, mandürfe die Studierenden keinen willkürlichenExperimenten aussetzen. Das sei unmoralisch.Diese Position ist Unsinn. Der Einführungs-oder Abschaffungszeitpunkt einer Testatpflichtist sowieso willkürlich. Ob man dieGrenze zwischen zwei Jahrgängen oder zwischenAnfang und Ende des Alphabets macht,spielt keine Rolle. Wer aber so eine Umstellungnicht wissenschaftlich begleitet, vergeudeteine seltene Chance. Den zuständigenStatistikern sollte alle Freiheit gegebenwerden, die Abschaffung so zu staffeln, dassmöglichst aussagekräftige Resultate erhaltenwerden. Willkür hat man heute sowieso, miteinem guten Experiment kann man sie in Zukunftaber vermeiden.Es darf auch nicht vergessen werden,dass es völlig unterschiedliche Formen derTestatpflicht gibt. Aus dem Unterricht kenneich vier verschiedene Formen: (1) Ein gewisserProzentsatz aller Übungen muss sinnvollbearbeitet werden. (2) Es gibt eine Anwesenheitspflichtin Übungen oder in der Vorlesung.(3) Übungen sind freiwillig. Dafürmüssen während des Semesters eine oderzwei Testatprüfungen geschrieben werden.Die Resultate der Zwischenprüfungenkönnen die Endnote beeinflussen oder nicht.(4) Es muss eine Arbeit geschrieben oder einegrössere (Programmier-)Aufgabe gelöstwerden.Diese verschiedenen Formen sollte mannicht in den gleichen Topf werfen. Viele Studierendehaben wohl bemerkt, dass die eineArt Testat tatsächlich den Lernerfolg erhöhthat, während die andere sogar kontraproduktivwar. Musterlösungen werden immernoch viel zu oft zurückgehalten, obwohlviele Menschen durch kopieren lernen, währendeine komplett falsch gelöste Serie oftnur Zeitverschwendung ist. Von der Anwesenheitspflichtin einer Übung wollen wir fürden Fall dass man einen pädagogisch schwachenAssistenten erwischt hat, gar nicht erstreden. Auf der anderen <strong>Seite</strong> hat es mir nochnie geschadet, Mitte Semester an einer Probeprüfungzu begreifen, dass ich noch nichts begriffenhabe.Doch warum fragt man eigentlich nichtdie Studierenden, was für Testatformen siesich wünschen? Studierende können redenund Kästchen anklicken. Die Schulleitungoder der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> könnte also leicht feststellen,was sich die Studierenden wünschen. Dennum die geht es schliesslich! Ergänzt mandiesen subjektiven Eindruck mit statistischenDaten über den Lernerfolg, kann man die Testatein Zukunft sicher derart gestalten, dassaus der Hassliebe breite Akzeptanz wird.Zur PersonBasil WeibelWer wirklich exzellentsein will,ist auf echte Kritikund Diskurs angewiesen.Um Diskussionenin Gangzu setzen, vertrittPolykum-Redaktor BasilWeibel an dieserStelle seine persönlicheMeinung.Seine Kolumne soll als Diskussions-Plattformdienen. Nicht weil die <strong>ETH</strong> oder der<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> schlecht sind. Sondern weil siegut sind.Du möchtest auf seine Kolumneantworten? Schreib an:redaktion@polykum.ethz.chpolykum, Zeitung des verbandes der Studierenden an der eth, Nr. 8/12-13, 13. Mai 2013Polykum Nr. 8/12-13Herausgeber: <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>, Verband der Studierenden an der<strong>ETH</strong>, Universitätstrasse 6, <strong>ETH</strong> Zentrum CAB, 8092 <strong>Zürich</strong>,Tel. 044 632 42 98, Mail: vseth@vseth.ethz.ch, Link: vseth.ethz.chRedaktion: Polykum, Zeitung des <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>, Universitätstrasse6, <strong>ETH</strong> Zentrum CAB, 8092 <strong>Zürich</strong>, Tel. 044 632 5694, Mail: redaktion@polykum.ethz.ch,Link: www.polykum.chRedaktionsleitung: Ken Zumstein (zu) Redaktion: BarbaraLussi (bl), Oriana Schällibaum (os), Hannes Hübner(hh), Moritz Vifian (mv), Raphael Fuhrer (rf), Seraina Etter(se) Philipp Gautschi (pg), Basil Weibel (bw), Dominik Roth(do), Sabrina Hüttermann (sh), Julian Kornprobst (jk), StephanSchmitz, Tobias Tschopp, Arnaud Monnard (am), SchewachBodenheimer (sb), Shilpi Singh (si), Anna Dalbosco(ab) Freie Mitarbeit: Die drei Sonderzeichen <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Teil: Franz RadkeTitelbild: Patrick Oberholzer Lektorat: Barbara LussiComic: Thom Grüninger Layout: Moritz Vifian Gestaltung:Johanna Klaus, Peter Wittwer, Tamara Malenkovic,Thomas Tschupp ADMINISTRATION: Barbara Lussi, Tel.044 632 57 53, info@polykum.ethz.chWettbewerbe und Verlosungen: Die Gewinnerwerden per E-Mail benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenzgeführt. Die Mitarbeiter und deren Partner sind von denWettbewerben und Verlosungen ausgeschlossen.ADRESSÄNDERUNGEN und Abbestellung: Adressänderungenkönnen selbstständig unter www.adressen.ethz.ch vorgenommen werden. Sollte kein Postversand mehr erwünschtsein, kann dies auch unter www.adressen.ethz.changegeben werden (Versendungen > Per Post an: keine Postzustellung).ANZEIGENMARKETING: <strong>Zürich</strong>see Werbe AG, Seestrasse86, 8712 Stäfa, Telefon +41 (0)44 928 56 11, Fax +41 (0)44928 56 00, polykum@zs-werbeag.chANZEIGENSCHLUSS:Juni 2013 (Disziplin) 15. Mai 2013AUFLAGE: Druckauflage 25 254 Exemplare, Mitgliederauflage15 598 Exemplare (WEMF bestätigt 2012). Das Polykumerscheint 9-mal jährlich.DRUCK: St. Galler Tagblatt AG, St. Gallen

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