Öffnen - eDiss - Georg-August-Universität Göttingen
Öffnen - eDiss - Georg-August-Universität Göttingen Öffnen - eDiss - Georg-August-Universität Göttingen
aus ihren kostbaren Behältnissen gerissen wurden, um diese einzuschmelzen oder zu verkaufenund die Plünderung von Tabernakeln, Messgeräten und anderem. 224 SolcherleiScheußlichkeiten wurden nach weit verbreiteter Meinung vor allem von den Landsknechtenbegangen, die zur Zeit des Sacco di Roma bereits überall in dem Ruf standen, allesamt Anhängerder Lehren Luthers zu sein. 225 Zwar taten sich Spanier und Italiener bei der Plünderungder Kirchen durch dieselbe Ungeniertheit hervor wie die Deutschen, was deren Verhaltenvon dem der anderen Soldaten im Hinblick auf die Kirchen eher unterschied, warihre Neigung zur Demütigung der Geistlichen und zur Zerstörung der Gotteshäuser, die inder Tat nicht dem Zweck der Bereicherung, sondern einer religiösen Motivation folgte. Diemeisten Berichterstatter sahen in den Deutschen vor allem die Häretiker, eine abendländischeVersion der Türken, 226 die nach Rom gekommen waren, um den Papst zu erniedrigenund die schlimmsten Sakrilegien zu begehen. Ihr Verhalten wurde immer an diesem Umstandgemessen: so konnte Giovanni Bartolomeo Gattinara, Augenzeuge der Plünderungund selbst Funktionsträger im kaiserlichen Heer, feststellen, die Deutschen hätten sich verhalten"come veri luterani". 227 Und Grollier stellte die rhetorische Frage: "Qui enim aliterfieri potuit ab impuris haereticis atque schismaticis?" 228Die Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadt blieb auch dann noch stark eingeschränkt, alsdie Plünderung schon abebbte. Viele wussten Tage lang nicht, ob ihr Haus überhaupt nochstand. Zwar hatten die meisten der wohlhabenderen Römer Bedienstete zurückgelassen,diese aber lebten selbst oft nicht mehr oder waren ihrerseits geflohen. Während Alberinimit seiner Mutter im Kanzleipalast ausharrte, wagte sich ein Freund der Familie zu derenHaus, um wichtige Dokumente zu bergen. 229 Ein Sekretär des venezianischen Botschaftersschlich sich in der ersten Nacht nach der Einnahme Roms in derselben Absicht noch einmalzum Palast des Botschafters, dieser aber war bereits aufgebrochen worden und die Soldatendamit beschäftigt, die Dokumente zu verbrennen. 230 Wie gefährlich es war, die Häuser zuverlassen, zeigt vor allem wieder der Bericht von Alberini, der von einem Fenster desKanzleipalastes aus eine Leiche auf der Straße sah, die seinem Vater ähnelte. Trotz derdrängenden Ungewissheit wagten weder er noch seine Mutter, den schrecklichen Verdacht224225226227228229230TRIVULZIO, Copia, S. 484; BAV, MS Vat. Lat. 7933, fol. 59 r f.; CAVE, Bellum Romanum, S. 400.In den Tagebüchern Sanutos lässt sich verfolgen, wie seit den 20-er Jahren Begriffe wie "Luterani" oder"Eretici" mehr und mehr zu Synonymen für deutsche Söldner werden.Der Vergleich mit diesen war landläufig, immer wieder findet sich der Hinweis, dass die Türken es nichtschlimmer hätten treiben können: ASV Pio 53, Nr. 6, fol. 122 v . Sanga an die Kurie, 27. 6. 1527. Sanuto,Diarii, Bd. 45, Sp. 187. Und das nicht nur in Rom: BURIGOZZO, Cronaca di Milano, S. 464.GATTINARA, Lettera di ragguaglio, S. 504.GROLLIER, Historia, S. 85.ALBERINI, Ricordi, S. 321.ANONYM: Copia d'una letra del successo et gran crudeltade fatta drento di Roma che non fu in Hierusalemo in Troia così grande. Gedruckter Brief eines Sekretärs des venezianischen Botschafters in Romvom 20. Mai 1527 aus Civitavecchia, ohne Datum und Erscheinungsort. Das hier verwendete Exemplarbefindet sich in Brescia, Biblioteca Queriniana, C. I. 15, S. 42.74
zu überprüfen. Mehrere Tage verbrachten sie so im Zweifel, bis sich die Vermutung alsfalsch erwies. 231 Auch die Flüchtlinge, die mit Grollier im Palast von Bischof Cassadorausharrten, wurden von diesem eindringlich vor dem Verlassen des Hauses gewarnt. Trotzdieser Warnung begab sich Grollier einmal ins Freie und machte einen Rundgang, von demer entsetzt über die Verwüstungen und die überall in der Stadt verstreut liegenden Leichenzurückkehrte. 2323. Beute und LösegelderMit dem Geld, das den Soldaten in die Hände fiel, konnten sie zunächst gar nicht viel anfangen,da das Wirtschaftsleben durch die Plünderung von einem Tag auf den anderen zusammengebrochenwar und man sich abgesehen davon ohnehin alles nehmen konnte, waseinem gefiel. Grundsätzlich boten sich vier Möglichkeiten: man verschleuderte das Geldbei Glücksspielen, man hortete es für den späteren Abtransport, man versuchte es aus derStadt zu schicken oder man machte sich selbst damit davon und wurde so zum Deserteur.Dasselbe gilt für die wertvollen Beutestücke, die darüber hinaus auch verkauft werdenkonnten. Der Erlös aus diesen Verkäufen musste dann seinerseits wieder verspielt, gehortet,verschickt oder abtransportiert werden. Nachdem das Chaos der ersten Wochen sich beruhigthatte, konnte man es auch auf mehr oder weniger normale Weise ausgeben.Viele Augenzeugen erwähnen die Spieltische in den Straßen, an denen um riesige Beträgeund teure Beutestücke gewürfelt wurde. 233 Das Spielen um Geld scheint seinen Reiz nichtallein aus der Aussicht gewonnen zu haben, eventuell noch mehr davon zu besitzen, da essich für die meisten Soldaten ohnehin um Beträge handelte, die sie nie zuvor besessen, meistensnoch nicht einmal gesehen hatten. Ein genauso wichtiger Faktor war offenbar diePrasserei mit der Beute an sich. Es muss für die Soldaten ein unwiderstehlicher Reiz daringelegen haben, Vermögen, die sie sonst in ihrem ganzen Leben nicht verdient hätten, innerhalbvon Stunden zu gewinnen und wieder zu verlieren, wie um sich einmal im Leben vondem Gefühl mitreißen zu lassen, selbst ein großer Herr zu sein und gleichzeitig die, die eswaren, durch die Missachtung ihres oft mühselig erworbenen Vermögens zu demütigen.Nachdem die Soldaten sich alles angeeignet hatten was ihnen gefiel, mussten vor allem dasGeld und die wertvollen Beutestücke - wenn man sie nicht sofort wieder verloren hatte -zuerst gesichert und dann abtransportiert werden. Die Mechanismen von Sicherung undAbtransport der Beute sind durch die Quellen recht gut, wenn auch nicht systematisch dokumentiert.Da viele ausschließlich der persönlichen Bereicherung wegen nach Rom ge-231232233ALBERINI, Ricordi, S. 282f.GROLLIER, Historia, S. 88.CAVE, Bellum Romanum, S. 404f.75
- Seite 23 und 24: ablehnten, war die Plünderung im F
- Seite 25 und 26: nachlässigten Quelle für das Vers
- Seite 27 und 28: In Pistoia und Umgebung begannen di
- Seite 29 und 30: sen. So lassen sich einige Informat
- Seite 31 und 32: Beim Getreide lassen sich solche Ge
- Seite 33 und 34: 320 Pfund - deuten schon darauf hin
- Seite 35 und 36: Zusammenfassend lässt sich sagen,
- Seite 37 und 38: 121122123124125diesem Zeitpunkt sch
- Seite 39 und 40: die Herkunft und den Beruf. Die Ber
- Seite 41 und 42: von aus, dass an jedem Haushaltsvor
- Seite 43 und 44: dass einige Hände in unregelmäßi
- Seite 45 und 46: zahlte Summe. Am Ende des Textes fo
- Seite 47 und 48: chen sind keine Angehörigen höher
- Seite 49 und 50: 3. GefangenschaftEs sieht auf den e
- Seite 51 und 52: Geld wie eben möglich an ihren Gef
- Seite 53 und 54: dünnen Beinen, zum einen, weil die
- Seite 55 und 56: drei Schuhmachern festzustellen, be
- Seite 57 und 58: parri (66), ließen wohl auch ihre
- Seite 59 und 60: dings, dass nicht jeder, der in sei
- Seite 61 und 62: für diese Aussagen zwar eine dünn
- Seite 63 und 64: nach Florenz befanden, mit der Bitt
- Seite 65 und 66: nem Komplex zusammen, der durch die
- Seite 67 und 68: Gebäuden zusammen, in denen sie si
- Seite 69 und 70: die Tür aufzubrechen, in den Räum
- Seite 71 und 72: sie sich vor allem aus den Augenzeu
- Seite 73: Ein weiteres Phänomen ist im Verla
- Seite 77 und 78: nen sich einige offenbar ihrer Kont
- Seite 79 und 80: ank erwähnten deutschen Marketende
- Seite 81 und 82: Notare sind - mit ganz wenigen Ausn
- Seite 83 und 84: zunehmen. 274 Wieder andere ließen
- Seite 85 und 86: Plünderung abebbte, zeichnete sich
- Seite 87 und 88: die sie für die Bevölkerung darst
- Seite 89 und 90: Zahlen von den tatsächlichen Verh
- Seite 91 und 92: Flüchtlingen vor sich her, die hin
- Seite 93 und 94: ung der Lebensmittel überdurchschn
- Seite 95 und 96: sten dafür, dass ein befremdlich h
- Seite 97 und 98: Montferrat und Saluzzo. Nach dem Ab
- Seite 99 und 100: gen - "mendici, farfanti, carritoni
- Seite 101 und 102: digten Gebiete nicht weniger gravie
- Seite 103 und 104: ungen zu einer Länge an, die von d
- Seite 105 und 106: September bis an die Lagune von Ven
- Seite 107 und 108: Tag etwa 25 Soldi pro Mann. Der Dur
- Seite 109 und 110: chung zur Ermittlung des Schadens v
- Seite 111 und 112: Einquartierungsliste vor vollendete
- Seite 113 und 114: auf Bitten der Einwohner aber berei
- Seite 115 und 116: nien italienischer Infanterie nach
- Seite 117 und 118: daten überfallen und nach Lodi ver
- Seite 119 und 120: Regierung in Florenz aufgefordert,
- Seite 121 und 122: abgefangenen venezianischen Kuriers
- Seite 123 und 124: Entdeckung die Todesstrafe drohte.
aus ihren kostbaren Behältnissen gerissen wurden, um diese einzuschmelzen oder zu verkaufenund die Plünderung von Tabernakeln, Messgeräten und anderem. 224 SolcherleiScheußlichkeiten wurden nach weit verbreiteter Meinung vor allem von den Landsknechtenbegangen, die zur Zeit des Sacco di Roma bereits überall in dem Ruf standen, allesamt Anhängerder Lehren Luthers zu sein. 225 Zwar taten sich Spanier und Italiener bei der Plünderungder Kirchen durch dieselbe Ungeniertheit hervor wie die Deutschen, was deren Verhaltenvon dem der anderen Soldaten im Hinblick auf die Kirchen eher unterschied, warihre Neigung zur Demütigung der Geistlichen und zur Zerstörung der Gotteshäuser, die inder Tat nicht dem Zweck der Bereicherung, sondern einer religiösen Motivation folgte. Diemeisten Berichterstatter sahen in den Deutschen vor allem die Häretiker, eine abendländischeVersion der Türken, 226 die nach Rom gekommen waren, um den Papst zu erniedrigenund die schlimmsten Sakrilegien zu begehen. Ihr Verhalten wurde immer an diesem Umstandgemessen: so konnte Giovanni Bartolomeo Gattinara, Augenzeuge der Plünderungund selbst Funktionsträger im kaiserlichen Heer, feststellen, die Deutschen hätten sich verhalten"come veri luterani". 227 Und Grollier stellte die rhetorische Frage: "Qui enim aliterfieri potuit ab impuris haereticis atque schismaticis?" 228Die Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadt blieb auch dann noch stark eingeschränkt, alsdie Plünderung schon abebbte. Viele wussten Tage lang nicht, ob ihr Haus überhaupt nochstand. Zwar hatten die meisten der wohlhabenderen Römer Bedienstete zurückgelassen,diese aber lebten selbst oft nicht mehr oder waren ihrerseits geflohen. Während Alberinimit seiner Mutter im Kanzleipalast ausharrte, wagte sich ein Freund der Familie zu derenHaus, um wichtige Dokumente zu bergen. 229 Ein Sekretär des venezianischen Botschaftersschlich sich in der ersten Nacht nach der Einnahme Roms in derselben Absicht noch einmalzum Palast des Botschafters, dieser aber war bereits aufgebrochen worden und die Soldatendamit beschäftigt, die Dokumente zu verbrennen. 230 Wie gefährlich es war, die Häuser zuverlassen, zeigt vor allem wieder der Bericht von Alberini, der von einem Fenster desKanzleipalastes aus eine Leiche auf der Straße sah, die seinem Vater ähnelte. Trotz derdrängenden Ungewissheit wagten weder er noch seine Mutter, den schrecklichen Verdacht224225226227228229230TRIVULZIO, Copia, S. 484; BAV, MS Vat. Lat. 7933, fol. 59 r f.; CAVE, Bellum Romanum, S. 400.In den Tagebüchern Sanutos lässt sich verfolgen, wie seit den 20-er Jahren Begriffe wie "Luterani" oder"Eretici" mehr und mehr zu Synonymen für deutsche Söldner werden.Der Vergleich mit diesen war landläufig, immer wieder findet sich der Hinweis, dass die Türken es nichtschlimmer hätten treiben können: ASV Pio 53, Nr. 6, fol. 122 v . Sanga an die Kurie, 27. 6. 1527. Sanuto,Diarii, Bd. 45, Sp. 187. Und das nicht nur in Rom: BURIGOZZO, Cronaca di Milano, S. 464.GATTINARA, Lettera di ragguaglio, S. 504.GROLLIER, Historia, S. 85.ALBERINI, Ricordi, S. 321.ANONYM: Copia d'una letra del successo et gran crudeltade fatta drento di Roma che non fu in Hierusalemo in Troia così grande. Gedruckter Brief eines Sekretärs des venezianischen Botschafters in Romvom 20. Mai 1527 aus Civitavecchia, ohne Datum und Erscheinungsort. Das hier verwendete Exemplarbefindet sich in Brescia, Biblioteca Queriniana, C. I. 15, S. 42.74