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Schrecken in astronomischen Zahlen Ausdruck zu verleihen, zu Angaben führt, die die tatsächlichenZahlen um ein Vielfaches übersteigen. So berichtet Gumpenberg von 15.000 bis20.000 Toten allein in der ersten Nacht. 212 Daneben beziehen viele der im Nachhinein entstandenenBerichte offenbar die Opfer der Epidemie, die kurz nach der Eroberung in derStadt ausbrach, in die Zahlenangaben der Opfer der Plünderung ein. Vettori, einer der wenigenbesonnenen Chronisten, weist ohne eine eigene Zahl zu nennen darauf hin, dass dieZahl der Opfer von den Zeitgenossen fast immer übertrieben wurde und dass die Soldatenam Ende doch selten solche Einwohner töteten, die sich nicht wehrten. 213Da die Bankiers und Kardinäle - mit einigen von den Zeugen um so ausgiebiger geschildertenAusnahmen - sich in der Regel mit den Offizieren in beiderseitigem Interesse aufLösegelder einigen konnten, wurden vor allem einfache Leute zu Opfern der Brutalität.Eindringlicher und unmittelbarer als die barocken Schilderungen der Chronisten ist etwader Brief von Giovanni Barotio an seinen Bruder Antonio in Venedig: er sollte 140 DukatenLösegeld bezahlen, konnte die Summe aber nicht auftreiben und bat Antonio vollerVerzweiflung, ihm auszuhelfen. In dem Schreiben vom 12. Mai berichtet er, dass man ihnbereits auf der Streckbank gefoltert und ihm die Füße verbrannt habe. Seit 6 Tagen hatte ernur Wasser und Brot bekommen, aus seinen Worten spricht die nackte Todesangst: "Io hoperso il tutto, ma di questo non me curo. Io non voria morir si presto ... el mio caro fradeloAntonio, a tu mi ricomando, non mi lassar morir sì miseramente ... se non pago i me faranoin pezi, sì che el mio fradelo, aiutame per l'amor de Dio, aiutame per l'amor de la NostraDonna più tosto è possibile, perchè vedendo loro una parte del danaro, forsi se placerano.Tutti romani et done et puti sono presoni, et chi non paga amazano ... Aiutame el mioAntonio, aiutame per l'amor de Dio et presto." 214 Neben solchen und anderen Misshandlungenkam es häufig zu Vergewaltigungen, an denen sich auch einige Offiziere beteiligten,die sich angeblich die schönsten Frauen vorbehielten. 215 Nicht selten mussten die Ehemännerder Opfer dabei zusehen. 216 Gumpenberg umschreibt die furchtbaren Vorgänge mitausgewählt vorsichtigen Worten: "Aber der Spagnol ... namb her des Romaner weib, kinderund töchter, und wolt ain weil seines gefallens auf den weissen untergelegten Leilachen mitInen scherzen und kurzwillen." 217 Das Phänomen war so verbreitet, dass zahlreiche Frauen,die man aus Klöstern entführt hatte, von Soldaten an andere Soldaten verkauft wurden. 218Wieder andere wurden aus der Stadt verschleppt. 219212213214215216217218219GREGOROVIUS, Ein deutscher Bericht, S. 379.VETTORI, FRANCESCO: Sommario della storia d'Italia dal 1511 al 1527. Hrsg. v. Alfred v. Reumont. In:Archivio Storico Italiano, App. 22 (1849). S. 380.SANUTO, Diarii, Bd. 45, Sp. 237f.BAV, MS Urb. Lat. 1677, fol. 198 v .GROLLIER, Historia, S. 72; CAVE, Bellum Romanum, S. 400.GREGOROVIUS, Ein deutscher Bericht, S. 373.ASV Pio 53, Nr. 6, fol. 122 v . Sanga an die Kurie, 27. 6. 1527; RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 137.SANUTO, Diarii, Bd. 45, Sp. 133.72

Ein weiteres Phänomen ist im Verlauf der Plünderung die immer weitere Zerstreuung derSoldaten, denen es nicht gelungen war, sich ein Vermögen zu sichern, für das es sich lohnte,auf weitere Beutezüge innerhalb der Stadt zu verzichten. Wenn die Häuser nicht vonSoldaten besetzt wurden, die anderen Gruppen von Plünderern den Zutritt verwehrten,wurden die meisten von ihnen innerhalb von kurzer Zeit mehrmals durchstöbert, dabeiwurden die Gruppen der Soldaten immer kleiner. Cave spricht von Gruppen von 10 bis 20Soldaten, die in den Straßen ihre zerstörerischen Runden machten, 220 die Größe dieserGruppen richtete sich wohl in erster Linie nach der erwarteten Beute: je vielversprechenderdie Häuser waren, desto zahlreicher waren auch die Soldaten, die sich Zutritt zu verschaffenversuchten. Da die größeren Haushalte ein verheißungsvolleres Ziel waren als die kleinen,wurden sie - mit einigen Ausnahmen - wohl auch zuerst von den Plünderern heimgesucht,während die zu spät Gekommenen auf weniger aussichtsreiche Objekte ausweichen mussten.Im selben Maß schrumpfte auch die Beute: während spanische Offiziere in den Palästender Kardinäle Verträge über fünfstellige Lösegeldsummen abschlossen und einigeLandsknechte mit den Perlenketten der Kurtisanen behängt durch die Straßen ritten, bliebden Soldaten, die mit Kardinal Pompeo Colonna drei Tage nach der Eroberung in die Stadtgekommen waren, nichts anderes übrig als die von anderen weggeworfenen Beutestückevon der Straße aufzusammeln und in den leergeräumten Häusern die Nägel aus den Wändenzu ziehen. 221 Das gleiche Bild bot sich dann einige Tage später in den von den Kardinälenverlassenen Palästen. Ein anonymer Zeuge, der bei Kardinal Cesarini untergekommenwar, berichtet, wie die Landsknechte in der Morgendämmerung des 12. Mai in denPalast kamen und alles auf den Kopf stellten. Da der Kardinal aber bereits Lösegeld an diespanischen Offiziere gezahlt und sich mit seinem Besitz in den Kanzleipalast abgesetzthatte, fanden sie nicht mehr viel vor und mussten sich damit begnügen, den verbliebenenFlüchtlingen ihre letzten Habseligkeiten abzunehmen; dem Berichterstatter selbst bliebennach eigener Angabe noch eine Jacke und ein Paar Strümpfe. 222 Bei vielen Soldaten hatman in der Tat den Eindruck, dass sie die Plünderung mit einer gewissen Orientierungslosigkeitbetrieben. Sie irrten mitunter Tage lang durch die Stadt, ohne ein rechtes Ziel vorAugen zu haben. Das Kloster San Sisto wurde in wenigen Tagen mehrmals von betrunkenenGruppen von Soldaten heimgesucht, die die Herausgabe des Klosterschatzes verlangten,vergeblich versuchten, sich Zutritt zu verschaffen und es nach einiger Zeit offenbarwieder aufgaben. 223Die Kirchen gehörten überall zu den ersten Zielen, die die Plünderer ansteuerten. MitSchaudern beschreiben die Chronisten Sakrilegien wie die Schändung von Reliquien, die220221222223CAVE, Bellum Romanum, S. 402.TRIVULZIO, Copia, S. 487; GROLLIER, Historia, S. 80.BNM, MS 18730, Nr. 16, fol. 430 r .BERTHIER, Chroniques du monastère, S. 282.73

Ein weiteres Phänomen ist im Verlauf der Plünderung die immer weitere Zerstreuung derSoldaten, denen es nicht gelungen war, sich ein Vermögen zu sichern, für das es sich lohnte,auf weitere Beutezüge innerhalb der Stadt zu verzichten. Wenn die Häuser nicht vonSoldaten besetzt wurden, die anderen Gruppen von Plünderern den Zutritt verwehrten,wurden die meisten von ihnen innerhalb von kurzer Zeit mehrmals durchstöbert, dabeiwurden die Gruppen der Soldaten immer kleiner. Cave spricht von Gruppen von 10 bis 20Soldaten, die in den Straßen ihre zerstörerischen Runden machten, 220 die Größe dieserGruppen richtete sich wohl in erster Linie nach der erwarteten Beute: je vielversprechenderdie Häuser waren, desto zahlreicher waren auch die Soldaten, die sich Zutritt zu verschaffenversuchten. Da die größeren Haushalte ein verheißungsvolleres Ziel waren als die kleinen,wurden sie - mit einigen Ausnahmen - wohl auch zuerst von den Plünderern heimgesucht,während die zu spät Gekommenen auf weniger aussichtsreiche Objekte ausweichen mussten.Im selben Maß schrumpfte auch die Beute: während spanische Offiziere in den Palästender Kardinäle Verträge über fünfstellige Lösegeldsummen abschlossen und einigeLandsknechte mit den Perlenketten der Kurtisanen behängt durch die Straßen ritten, bliebden Soldaten, die mit Kardinal Pompeo Colonna drei Tage nach der Eroberung in die Stadtgekommen waren, nichts anderes übrig als die von anderen weggeworfenen Beutestückevon der Straße aufzusammeln und in den leergeräumten Häusern die Nägel aus den Wändenzu ziehen. 221 Das gleiche Bild bot sich dann einige Tage später in den von den Kardinälenverlassenen Palästen. Ein anonymer Zeuge, der bei Kardinal Cesarini untergekommenwar, berichtet, wie die Landsknechte in der Morgendämmerung des 12. Mai in denPalast kamen und alles auf den Kopf stellten. Da der Kardinal aber bereits Lösegeld an diespanischen Offiziere gezahlt und sich mit seinem Besitz in den Kanzleipalast abgesetzthatte, fanden sie nicht mehr viel vor und mussten sich damit begnügen, den verbliebenenFlüchtlingen ihre letzten Habseligkeiten abzunehmen; dem Berichterstatter selbst bliebennach eigener Angabe noch eine Jacke und ein Paar Strümpfe. 222 Bei vielen Soldaten hatman in der Tat den Eindruck, dass sie die Plünderung mit einer gewissen Orientierungslosigkeitbetrieben. Sie irrten mitunter Tage lang durch die Stadt, ohne ein rechtes Ziel vorAugen zu haben. Das Kloster San Sisto wurde in wenigen Tagen mehrmals von betrunkenenGruppen von Soldaten heimgesucht, die die Herausgabe des Klosterschatzes verlangten,vergeblich versuchten, sich Zutritt zu verschaffen und es nach einiger Zeit offenbarwieder aufgaben. 223Die Kirchen gehörten überall zu den ersten Zielen, die die Plünderer ansteuerten. MitSchaudern beschreiben die Chronisten Sakrilegien wie die Schändung von Reliquien, die220221222223CAVE, Bellum Romanum, S. 402.TRIVULZIO, Copia, S. 487; GROLLIER, Historia, S. 80.BNM, MS 18730, Nr. 16, fol. 430 r .BERTHIER, Chroniques du monastère, S. 282.73

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