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Arbeit - die Hervorhebung dessen, was Chronisten und Historikern vergangener Generationenzu banal erschien, die Ausblendung dessen, was den Sonderfall Rom ausmacht, unddementsprechend die Fokussierung auf das Exemplarische: das Verhalten von Soldaten undihren Opfern in einer eroberten und zur Plünderung freigegebenen Stadt, die in diesem Fallnur deshalb Rom heißt, weil die große Zahl von Zeugnissen es ermöglicht, die Filter auszumachenund zu eliminieren, die die beobachteten Ereignisse in den Köpfen der Augenzeugenpassierten, bevor sie ihren Ausdruck auf dem Papier fanden. Daher sind zunächsteinige quellenkritische Anmerkungen unerlässlich.Um eine wirklichkeitsgetreue Vorstellung vom Geschehen in den ersten Tagen und Wochennach der Eroberung Roms zu gewinnen, muss man sich einige Faktoren vergegenwärtigen,die bei der Interpretation der Quellen von Bedeutung sind. Zunächst ist zu beachten,dass die meisten der berichtenden Quellen ihre Entstehung dem tiefen Eindruck verdanken,den die Greueltaten der Soldateska hinterließen. Dieser Eindruck ist bestimmt durch eineReihe von starken Gegensätzen: die in kultureller Blüte stehende Renaissancemetropolewar einem Haufen von Soldaten in die Hände gefallen, wie er verwilderter kaum vorstellbarwar. Diese Soldaten waren seit Monaten nicht bezahlt worden, nun fielen einigen von ihnenvon einem Tag auf den anderen Reichtümer in die Hände, deren Wert sie oft noch nichteinmal schätzen konnten. Die physische Wehrlosigkeit der gebildeten Berichterstatter stehtin scharfem Kontrast zur Rücksichtslosigkeit der Soldaten. Erschwerend kommt hinzu, dasssich in den Ausschreitungen der zum größten Teil lutherisch gesinnten Landsknechte gegendie vielen hohen und niedrigen Geistlichen in den Augen der meisten Chronisten ein geradezuapokalyptisches Aufeinanderprallen von Ketzerei und Rechtgläubigkeit manifestierte.Diese Faktoren mussten der Plünderung Roms in den ersten Tagen nach der Eroberung inden Augen der Berichterstatter ihre einmalige Wucht verleihen. Außerdem traf das Chaos,das der Erstürmung folgte, die Bevölkerung in unterschiedlichem Grad, je nachdem in welchemTeil der Stadt die Opfer wohnten, ob es ihnen gelang, Offiziere bei sich einzuquartieren,welche soziale Stellung sie innehatten, ob sie über Beziehungen verfügten und ob siegeforderte Lösegeldsummen sofort aufbringen konnten oder nicht. Dennoch neigen dieZeugen dazu, das ihnen persönlich und ihrer engsten Umgebung widerfahrene Unrecht zumMaßstab zu erklären, der auf das gesamte Geschehen übertragen wird. So liegt der Akzentder Berichte zumeist auf den Phänomenen des Sacco di Roma, die das persönliche Schicksaldes Berichterstatters bestimmten.Ein weiterer zu beachtender Faktor für die Beurteilung der Quellen ist die Tatsache, dass esoffenbar unterschiedliche Vorstellungen von dem gab, was man sich unter einer Plünderungvorzustellen hatte. In den Quellen werden mit den Begriffen "sacco" und "saccheggio"nämlich sowohl die religiös motivierten und nicht unmittelbar der Bereicherung dienendenUntaten der Landsknechte, als auch die systematischen Geiselnahmen der Spanier erfasst,die Vergewaltigungen ebenso wie der Ausverkauf der Beute. Das Unrecht schmilzt zu ei-64

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