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dem wichtigsten Mechanismus der Ausplünderung: die Erpressung von Lösegeldern ersetzteja nicht die Plünderung, sondern sie schloss sich an diese an und hatte das Ziel,Werte in den Besitz der Plünderer zu bringen, an die man eben nur deshalb durch Erpressunggelangen konnte, weil sie sich in der Regel noch nicht im unmittelbaren Besitz derOpfer befanden, zumindest nicht in Form des von den Soldaten bevorzugten Bargeldes.Man kann also davon ausgehen, dass auch im Fall von Prato die Opfer vor der Schätzungvöllig ausgeplündert worden waren. Das scheint von diesen auch als ganz selbstverständlichhingenommen worden zu sein, denn kaum einer erwähnt die Plünderung auch nur miteinem Wort. Eine der Ausnahmen ist Raffaello d'Antonio (79): "... fuimo presi mio fratelloed io dagli spagnoli e tolsaci la roba che noi avamo e denari contati e dipoi ci puosanoducati cento d'oro in oro ...". Dasselbe bemerkt der Kanoniker Giovanni (195), und RaffaelloCasini (152) präzisiert: "E presente tutti mi tolsano Ducati 215 che io avevo adosso eDucati 40 di taglia altra questo." Hier zeigt sich schon die Relation: das Lösegeld beläuftsich nur auf ein Fünftel des gesamten Bargeldes, das er bei seiner Gefangennahme imGlockenturm des Klosters von Grignano bei sich trug. Bezeichnend ist, dass er als Einzigerauch die unmittelbare Plünderungsbeute, nämlich die 215 Dukaten, die man ihm wegnahm,zu der Endsumme der Lösegelder für sich und seinen Sohn addiert, was diese scheinbarversechsfacht.Daraus ergibt sich folgendes: die Plünderung selbst fügte den Opfern zunächst größerenSchaden zu als die Erpressung von Lösegeldern. Die zum Teil lebensbedrohliche Bedrükkung,die diese nach allen Zeugenaussagen darstellte, ergab sich aus der Tatsache, dass manden Opfern bereits vor der Schätzung Bargeld und Wertgegenstände abgenommen hatteund sie sich unter großem Druck nach Mitteln zur Beschaffung des Lösegeldes umsehenmussten.5. Beschaffung und BezahlungNeben zahlreichen Immobilienverkäufen zur Beschaffung des Lösegeldes, die nachweislichstattfanden, 161 von denen in den Erklärungen aber nicht die Rede ist, erwähnen 65 der 143Erklärenden weitere Personen, die ihnen das Lösegeld ganz oder teilweise zur Verfügungstellten, in der Regel also liehen. Die Formulierung dafür ist äußerst schwammig: "... equali danari mi presto Antonio Dandria" (98) oder: "... e quali danari o ne olatato da Domenichodi Meo fornaro" (120) oder, am weitesten verbreitet: "... e quali pagho per me Lorenzodi Lionardo di Giovani da Prato" (157). Wie viele von diesen Geldgebern dafür Zinsennahmen, also zum eigenen Vorteil handelten, ist schwer zu bestimmen. Sicher ist aller-161MODESTI, Bericht, S. 243.58
dings, dass nicht jeder, der in seiner Erklärung keine Kreditgeber erwähnt, das Geld auchzwangsläufig aus der eigenen Tasche bezahlte. So geht aus der Erklärung von FrancescoFozzari (137) nur aus einer anklagenden Bemerkung hervor, dass dieser das Lösegeld beieinem - wohl professionellen - Geldverleiher borgte, ohne dass er diesen namentlich nennt:"... a paghato Fiorini cento d'oro in oro larghi sensa lo rischatto della casa e sensa lo interessea costo di quelli che gli achato a usura." Das Problem ist, dass all die anderen, die Kreditgebererwähnen, kein Wort über die eventuellen Zinsen verlieren und damit diese Kreditgeberwie Privatpersonen wirken. Man kann daher nicht ausschließen, dass es sich umFreunde des Erklärenden handelt. Da die meisten Erklärungen keine Rückzahlungsbedingungenoder Zinsen nennen, ist es schwer, eine zahlenmäßige Gewichtung zwischen denbeiden Phänomen Freundschaftsdienst und Kreditgeschäft vorzunehmen. Festzuhalten ist,dass mindestens an der Hälfte der Transaktionen zur Bezahlung der Lösegelder Dritte beteiligtwaren.6 der 65 ausgeschriebenen Kreditnehmer bekamen das Geld direkt von einem Verwandten.In weiteren 10 Erklärungen stellen Geistliche das Geld zur Verfügung, in diesen Fällenkann man ein Zinsgeschäft wohl ausschließen. Interessant ist auch hier wieder ein Blick aufdie Einzelsummen: von den geringsten bis zu den höchsten Beträgen ist die gesamte Paletteder Lösegelder vertreten. Die Kirche scheint also keineswegs nur den Bedürftigen geholfenhaben, oder anders gesagt: die Lösegelder stellten die höheren Gesellschaftsschichten vordas gleiche Problem wie die unteren, nämlich das der Zahlungsunfähigkeit mit allen aus ihrresultierenden Gefahren für das Leben der Geiseln. Einer der Geistlichen, Bruder Benedettoaus dem Konvent von San Domenico, lässt sich sogar in drei der überlieferten Erklärungenausfindig machen. Er zahlte sowohl die 2 Dukaten für Fano Baldinucci (174), als auch die 8Dukaten für den Winzer Bartolomeo di Stefano (86), und schließlich auch den ganzen Batzenvon 200 für Francesco di Santi. (160) Aus irgendeinem Grund muss der Konvent vonSan Domenico von der Plünderung verschont geblieben sein, denn bei Bernardo di Stefano(177) ist es dessen Prior, der als Geldgeber in Erscheinung tritt, wenn auch nur für 2 Dukaten.So verbreitet wie das Phänomen der Geldverleihung allgemein war, so schichtenübergreifendwar die Hilfe, die die Kirche zur Verfügung stellte. Die Gemeinde Colle verkauftesogar Land aus dem Besitz des Hospitals, um Gelder für die Bezahlung der Lösegelder ihrerEinwohner nach Prato zu schicken, die bei der Verteidigung in Gefangenschaft geratenwaren. 162Es bleibt eine Mehrheit von Schuldnern zurück, für die weder Verwandte noch die Kircheeinsprangen. In ihren Fällen wird niemals eine Institution genannt, so dass die Vermutunggestattet ist, dass normale Zeitgenossen sich als Gelegenheitsbankiers versuchten. Zwarwird nur von drei Geldgebern in den Erklärungen der Beruf genannt, aber in allen drei Fäl-162BRAMI DA COLLE, Bericht, S. 258.59
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dings, dass nicht jeder, der in seiner Erklärung keine Kreditgeber erwähnt, das Geld auchzwangsläufig aus der eigenen Tasche bezahlte. So geht aus der Erklärung von FrancescoFozzari (137) nur aus einer anklagenden Bemerkung hervor, dass dieser das Lösegeld beieinem - wohl professionellen - Geldverleiher borgte, ohne dass er diesen namentlich nennt:"... a paghato Fiorini cento d'oro in oro larghi sensa lo rischatto della casa e sensa lo interessea costo di quelli che gli achato a usura." Das Problem ist, dass all die anderen, die Kreditgebererwähnen, kein Wort über die eventuellen Zinsen verlieren und damit diese Kreditgeberwie Privatpersonen wirken. Man kann daher nicht ausschließen, dass es sich umFreunde des Erklärenden handelt. Da die meisten Erklärungen keine Rückzahlungsbedingungenoder Zinsen nennen, ist es schwer, eine zahlenmäßige Gewichtung zwischen denbeiden Phänomen Freundschaftsdienst und Kreditgeschäft vorzunehmen. Festzuhalten ist,dass mindestens an der Hälfte der Transaktionen zur Bezahlung der Lösegelder Dritte beteiligtwaren.6 der 65 ausgeschriebenen Kreditnehmer bekamen das Geld direkt von einem Verwandten.In weiteren 10 Erklärungen stellen Geistliche das Geld zur Verfügung, in diesen Fällenkann man ein Zinsgeschäft wohl ausschließen. Interessant ist auch hier wieder ein Blick aufdie Einzelsummen: von den geringsten bis zu den höchsten Beträgen ist die gesamte Paletteder Lösegelder vertreten. Die Kirche scheint also keineswegs nur den Bedürftigen geholfenhaben, oder anders gesagt: die Lösegelder stellten die höheren Gesellschaftsschichten vordas gleiche Problem wie die unteren, nämlich das der Zahlungsunfähigkeit mit allen aus ihrresultierenden Gefahren für das Leben der Geiseln. Einer der Geistlichen, Bruder Benedettoaus dem Konvent von San Domenico, lässt sich sogar in drei der überlieferten Erklärungenausfindig machen. Er zahlte sowohl die 2 Dukaten für Fano Baldinucci (174), als auch die 8Dukaten für den Winzer Bartolomeo di Stefano (86), und schließlich auch den ganzen Batzenvon 200 für Francesco di Santi. (160) Aus irgendeinem Grund muss der Konvent vonSan Domenico von der Plünderung verschont geblieben sein, denn bei Bernardo di Stefano(177) ist es dessen Prior, der als Geldgeber in Erscheinung tritt, wenn auch nur für 2 Dukaten.So verbreitet wie das Phänomen der Geldverleihung allgemein war, so schichtenübergreifendwar die Hilfe, die die Kirche zur Verfügung stellte. Die Gemeinde Colle verkauftesogar Land aus dem Besitz des Hospitals, um Gelder für die Bezahlung der Lösegelder ihrerEinwohner nach Prato zu schicken, die bei der Verteidigung in Gefangenschaft geratenwaren. 162Es bleibt eine Mehrheit von Schuldnern zurück, für die weder Verwandte noch die Kircheeinsprangen. In ihren Fällen wird niemals eine Institution genannt, so dass die Vermutunggestattet ist, dass normale Zeitgenossen sich als Gelegenheitsbankiers versuchten. Zwarwird nur von drei Geldgebern in den Erklärungen der Beruf genannt, aber in allen drei Fäl-162BRAMI DA COLLE, Bericht, S. 258.59