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Geldnot all derer, die ihre Lösegelder nicht bezahlen konnten. Vor allem in den Nachbarstädtenfanden sich viele, die den Opfern gegen Zinsen Kredite zur Verfügung stellten oderihnen Immobilien abkauften. In besetzten Städten gab es andere Arten von Kriegsgewinnlern,sie machten ihren Schnitt vor allem durch die Beteiligung an Beutezügen, die die Soldatenregelmäßig im Umland abhielten und durch die Spekulation mit den Lebensmittelpreisenin Zeiten der Teuerung. Beides wurde weder von den Soldaten, noch von der Besatzungsmachtgern gesehen.Auf dem Land gab es kaum Möglichkeiten, vom Krieg zu profitieren, allerdings führte dessenFortdauer zu einer Verwilderung der Bauern, die sich in zunehmendem Maß als Wegelagererbetätigten. In den Städten hielt die Besatzungsmacht immerhin noch eine öffentlicheOrdnung aufrecht, auch wenn diese höchst einseitig war, da sie die Soldaten kaum von denÜbergriffen abhielt. Auf dem Land hingegen brach diese Ordnung durch den Krieg zumeistzusammen, so dass Überfälle auf Reisende und Soldaten - die ihrerseits wiederum auchAusdruck des Widerstandes sein konnten - nur selten geahndet werden konnten. Der Grundfür diese Verwilderung war aber nicht nur die Aussicht auf ungestrafte Betätigung: vielenblieb kaum noch eine Alternative, da die schweren Verwüstungen durch den Krieg und dieSchutzlosigkeit gegenüber den Soldaten es unmöglich machten, einer landwirtschaftlichenTätigkeit weiterhin nachzugehen.Diese Form des Profiteurswesens war darüber hinaus Ausdruck eines weiteren, noch abstrakterenund grundlegenderen Phänomens, das den Krieg kennzeichnete und zeigt, wietief dieser in die Gesellschaft hineinwirkte. Es manifestierte sich auf dem Land wie in denStädten und kann mit dem Begriff der Fluktuation umrissen werden. Wie gesehen, nahmdie Bevölkerung unter Umständen Verhaltensweisen an, die ihr ohne den Krieg fremd gewesenwären. Die spanischen und kaiserlichen Heere wurden ohnehin fast immer von italienischenEinheiten begleitet und vor allem in den spanischen Kompanien dienten vieleItaliener, die mit den Spaniern aus Neapel gekommen waren. Das war so selbstverständlich,dass dieser Umstand aus den meisten Quellen nur dann hervorgeht, wenn es zu Verwechslungenkam. Es kam so weit, dass innerhalb der spanischen Kompanien zu manchen Zeitendie Zahl der Italiener die der Spanier überstieg. Nun sind italienische Soldaten im Gefolgespanischer Heere allein noch kein Indiz für die Auswirkungen des Krieges auf die Gesellschaftvor Ort, denn italienische Söldner hatte es immer gegeben. Das hier als Fluktuationbezeichnete Phänomen äußerte sich aber auf viel breiterer Front. Das begann mit der Parteinahmeeinzelner Gruppen in den Städten für oder gegen die Besatzer und führte bis zubewaffneten Aktionen in deren Diensten oder gegen sie. Bauern wurden von den Regierungengegen verfeindete Heere eingesetzt, die in das Land eingedrungen waren. So verwischtedie von den Theoretikern so gern bemühte Unterscheidung zwischen Kombattantenund Nichtkombattanten, was Übergriffe gegen die Bevölkerung vor allem im Zug von Vergeltungsmaßnahmennoch erleichterte. Die alltägliche Konfrontation mit bewaffneter Ge-223

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