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Nachbarn, Freunden und Verwandten unter und riskierten zusätzlich zu allen Unbequemlichkeitenden Verlust ihres gesamten Besitzes.Die Erfahrungen mit den Soldaten brachten es mit sich, dass die Bevölkerung bestimmteHaltungen annahm. Die Bandbreite dieser möglichen Haltungen reichte von einer Favorisierungder Plünderer und Besatzer aus der Hoffnung auf Gewinn heraus bis zu erbittertemWiderstand gegen diese. Die Mehrheit der Bevölkerung verbrachte die Zeit in weitgehenderPassivität, die sich in den Quellen fast gar nicht manifestierte. Die Grenzen zwischen dieserPassivität und den beiden Polen waren fließend, da auf der einen Seite auch die behutsamstenÜberlebensstrategien zumeist irgend eine Art von Arrangement mit einer Soldateskavoraussetzten, die dem Gemeinwesen großen Schaden zufügte, und auf der anderen Seitedas Vorenthalten von Geldzahlungen und Materiallieferungen von den Militärs auch dannschon als Ausdruck einer Widerstandshaltung angesehen wurde, wenn die Betroffenen dieseLeistungen gar nicht erbringen konnten.Widerstand indes fand seinen lebhaftesten Ausdruck in gewaltsamer Gegenwehr. Diesefand fast nur auf dem Land statt, in den Städten konnte sie sich kaum entfalten, weil dieSoldaten durch ihre höhere Konzentration und die Besetzung von befestigten Gebäuden imVorteil waren. Die Aufstände in Mailand zeigten die Aussichtslosigkeit von organisiertemWiderstand, während auf dem Land immer wieder Gruppen von Bauern über versprengteSoldaten herfielen und diese ausraubten und umbrachten, was wiederum zu harten Vergeltungsmaßnahmenund einem Aufschaukeln der Gewalt führte.Das andere Ende der Skala von möglichen Haltungen, das Profiteurswesen, fand vielfältigereAusprägungen. Es kam so weit, dass einzelne Bewohner geplünderter Städte sich unterdie Soldaten mischten und an der Plünderung teilnahmen. Während es sich dabei um Einzelfällehandelte, war die Beteiligung am Handel mit der Plünderungsbeute geradezu einMassenphänomen. Angehörige aller gesellschaftlichen Schichten waren in das Verteilernetzeingebunden, das im Umland geplünderter Städte entstand; aus der Beuteliste aus Pistoialässt sich schließen, dass vielleicht die Hälfte aller Einwohner von Pistoia und denkleineren Orten zwischen Pistoia und dem geplünderten Prato in die Transaktionen mit derBeute aus Prato verwickelt waren. Zwischen den professionellen Händlern und den Endabnehmerngab es eine breite Grauzone von Personen, die den Aufkauf von Beute über denpersönlichen Gebrauch hinaus als Investition handhabten: entweder sie beteiligten sich amZwischenhandel, obwohl das mit ihren eigentlichen Berufen gar nichts zu tun hatte, odersie verarbeiteten die Ware in eigenen Kleinbetrieben weiter. Auf Grund der weiten Verbreitungdes Phänomens kann man davon ausgehen, dass die Beteiligung am Handel mitder Beute von einer Mehrheit nicht als anstößig angesehen wurde, ein Umstand, der durchdie schnelle Verteilung der Ware im Land und die daraus resultierende Verblassung desZusammenhangs mit der Plünderung begünstigt wurde. Im Zuge von Plünderungen fanddas Profiteurswesen eine weitere Erscheinungsform in der Ausnutzung der drängenden222

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