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und der Einsicht, dass man unter Umständen parallele Interessen hatte, auf der anderen.Auch relativiert diese Feststellung keineswegs die oben angestellten Beobachtungen überdie weite Verbreitung der Übergriffe. Sie deutet aber darauf hin, dass die Soldaten die Einwohnerin zwei Kategorien einteilten: solche, mit denen sie sich nach einer gemeinsam unterdemselben Dach verbrachten Zeit oder durch alltägliche Begegnungen in gewisser Weiseverbunden fühlten, und solche, denen sie gleichgültig gegenüberstanden und die daherjederzeit zur Zielscheibe der Entladung von Aggressionen werden konnten.Wer Offiziere bei sich einquartiert hatte, kam nicht nur bei Plünderungen, sondern auchwährend längerer Besatzungsperioden besser davon: zum einen waren den Offizieren dieguten Manieren weniger fremd als den Soldaten, zum anderen hatten sie keinen Grund, dieFrustration über den ausbleibenden Sold an der Bevölkerung auszulassen, weil sie nichtvon den Soldzahlungen abhängig waren. So traten sie immer wieder als Beschützer derHausbesitzer auf, bei denen sie sich einquartiert hatten. Bei der Eroberung Genuas im Mai1522 hatte der Herzog Francesco Sforza noch eigenhändig einige allzu vorwitzige Plündereraus dem Haus von Giovanni Battista Sauli geprügelt, bei dem er abgestiegen war. 1022Und Giovanni Andrea Saluzzo di Castellar erwirkte im Juli 1522 von Pescara die Einquartierungeines jungen Hauptmanns aus Neapel, der sich offenbar ruhig verhielt und ihmdurch seine Anwesenheit die anderen Soldaten vom Hals hielt. 1023 Solche Schonung warallerdings in aller Regel den Reichen vorbehalten. Luigi da Porto aus Vicenza brachte dieseeinfache Logik auf den Punkt: weil ihm die schönsten Häuser in der Stadt gehörten, habe erauch die höchsten Herren bei sich einquartiert, was immerhin seinen Besitz schütze. 1024Das erzwungene Zusammenleben zwischen Besatzern und Bevölkerung war naturgemäßkeine gute Voraussetzung für die Entwicklung von Freundschaften, die diese Bezeichnungverdienen. Dennoch etablierten sich eine Reihe von Beziehungen, die von Seiten der Bevölkerungnicht ohne Hintergedanken gepflegt wurden: man hoffte, durch die Bekanntschaftmit möglichst hochrangigen Soldaten die übelsten Begleiterscheinungen der Besatzungvon seinem eigenen Haus abzuwenden. Die Beschaffenheit solcher Verhältnisse dokumentiertfür Mailand ein kleines Bündel von privaten Briefen, die von Einwohnern derStadt im Januar und Februar 1527 an Angehörige des mit Bourbon abrückenden Besatzungsheeresgeschrieben wurden. Sie befinden sich inmitten einer großen Sammlung vonLageberichten der Kavallerieoffiziere des von den Spaniern abgesetzten Herzogs FrancescoSforza, die mit ihren Kompanien im Umland der Stadt auf und ab zogen. Ganz offensichtlichhatten die Reiter des Herzogs den Boten abgefangen, der die Briefe transportierte, unddiese, vielleicht im Zweifel über ihre militärische Verwendbarkeit, an die herzoglicheKanzlei in Cremona geschickt, wo man offensichtlich einfach vergaß, sie wegzuwerfen. Es1022 SANUTO, Diarii, Bd. 33, Sp. 284.1023 SALUZZO DI CASTELLAR, Memoriale, S. 575.1024 PORTO, Lettere storiche, S. 108.206

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