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Oktober 1528, die Gefahr von Übergriffen für beendet erklärten, weil die Soldaten - imübrigen wie immer sehr unvollständig - bezahlt worden seien. 945 Dass eine solche Erklärungreine Schönfärberei war, zeigt am besten ein Brief, den der Gouverneur zur selbenZeit an den Kaiser schrieb und aus dem die tiefste Verzweiflung spricht: "Podeis considerarcomo me hallo, la tierra esta destruyda, los hombres consumidos, no ay vituallas ny unagota de vino. No ay soldado que mas me crea, e menos tengo de donde poder sacar un quatrino."946 Alle Zeugen sind sich darüber einig, dass Mailand wie ausgestorben dalag, ausden Ritzen im Pflaster wuchsen Brennnesseln. 947Inmitten dieser Szenerie vertrieben sich die Soldaten die Zeit mit Tätigkeiten, die den obenbegonnenen Katalog der anstößigen Verhaltensweisen vervollständigten. Vor allem dieLandsknechte waren als Trunkenbolde verschrien. Perez schrieb aus Rom, dass die Deutschenmehr als alles andere hinter dem Wein her seien, 948 und selbst den Spaniern fiel dieTrunksucht und Völlerei der Deutschen auf. 949 Die Landsknechte betranken sich bei jederGelegenheit, nach der Plünderung des Palastes ihres Landsmanns, des Kardinals Wilhelmvon Enckenvoirt im Mai 1527, wo aus der ganzen Nachbarschaft Tische für ein wildes Gelagezusammengetragen wurden, 950 ebenso wie im Anschluss an ein Reiterturnier auf demCampo de' Fiori im Januar 1528, bei dem niemand nach Hause ging, bevor er nicht vollständigbetrunken war. Das berichtet das Tagebuch eines anonymen Franzosen, bei dem einitalienischer Soldat namens Gaspar Pisognius einquartiert war, der in einer Kompanie vonLandsknechten diente. Auch unter dem folgenden Tag hatte der Zeuge von seinem italienischenHausgenossen in deutschen Diensten nicht mehr zu berichten, als er in einem nüchternenSatz zusammenfasste: "Ebrius fuit Gaspar Pisognius hoc die." 951 Es ging so weit,dass die Besatzung der Engelsburg zweimal ausgewechselt werden musste, weil die Soldatenkeine Lust hatten, dort zu bleiben, wo sie nicht zechen konnten: "... Bembelberg verordnetden Haubtmann Corradin mit aim Vendle Landtsknecht, welche bestia sorg truegen,sie kundten nit frey und unflettig sein, das Irs gefallens stetigs zum wein gehn kundten, undwolten nit darin bleiben, da verordnete man den haubtman <strong>Georg</strong> Prantten mit sein fendlenKnecht, der war auch etwan ain vier oder fünf tag darin, da hat er des Castels auch genueg,und wolt auch nit mehr darinnen sein, sondern bei dem lieben vino greco an der stat ..." 952Dem weit verbreiteten Phänomen des übermäßigen Alkoholkonsums trug die Besatzungsmachtnicht etwa durch Einschränkungen Rechnung, sondern durch Maßnahmen, die ganz945946947948949950951952ASM Sforzesco, Cart. 1506, Dekret vom 22. 10. 1528.AGS Estado 1172, fol. 13. Antonio de Leyva an den Kaiser, 13. 10. 1528.GUICCIARDINI, Storia d'Italia, Buch 18, Kap. 18 (Bd. 4, S. 173).RODRIGUEZ VILLA: Memorias, S. 213.BAV, MS Urb. Lat. 850, fol. 72 v .DROYSEN, Zeitgenössische Berichte, S. 49.OMONT, Les suites du sac de Rome, S. 27. Der Nachname des Soldaten ist merkwürdig. In seiner italienischenForm müsste er Bisogno lauten, das aber war der Spitzname der zumeist in Neapel rekrutiertenSpanier.GREGOROVIUS, Ein deutscher Bericht, S. 363.196

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