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hätte er gleich das ganze Heer köpfen lassen können. 655 Bei der Belagerung von Florenzverfolgte man dann eine andere Strategie: offenbar um Aufsehen zu vermeiden, ließ Orangesim Mai 1530 einen der Rädelsführer eines Aufstands zum Schein zu Guasto zitierenund auf dem Weg hinterrücks erschlagen. 656Wenn die Situation besonders gefährlich war, setzte man auch einzelne Truppenteile gegenandere ein. Im Mai 1522 nannte Nájera als letztes Mittel gegen renitente Landsknechte dieMobilisierung von spanischen und italienischen Kompanien gegen diese, falls es ihnen inden Kopf kommen sollte, wegen der fehlenden Bezahlung zur Plünderung Mailands zuschreiten. 657 Und als im November 1527 durch die meuternden Landsknechte in Rom dieGefahr, dass diese die Stadt abbrennen würden, akut geworden war, berieten die Offizieredarüber, die Spanier zu mobilisieren, um solche Auswüchse notfalls mit Waffengewalt zuverhindern. 658Schließlich bewirkten bisweilen auch militärische Herausforderungen eine Einkehr bei denSoldaten, die der Disziplinierung sehr zuträglich war. Aus Mailand schrieb Nájera im Februar1522, die Soldaten seien so begierig, sich mit dem Gegner zu messen, dass ihnen eineStunde wie ein Jahr vorkomme. 659 In Rom scheint nicht zuletzt durch den Vorstoß derFranzosen ins Königreich Neapel die Einsicht schließlich Überhand gewonnen zu haben,dass man nicht länger bleiben konnte. Natürlich versuchten die Offiziere bei solchen Gelegenheiten,ihre Soldaten bei der Ehre zu packen und eventuell die eine Nation durch denHinweis auf die Tapferkeit der anderen zusätzlich anzuspornen. So berichtet es Cerezedavon Frundsberg vor der Schlacht von Pavia: " ... Jorge de Freundsperg pasa por medio delescuadron, diciéndoles que los españoles eran deliberados de morir dos mil muertes ántesque perder ningun punto de la honra ganada, é que ansimismo confiaba que ellos harian..." 660Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass jedes einzelne der hier beschriebenen Mittelzur Wiederherstellung der Disziplin nur in bestimmten Situationen, über eingeschränkteZeiträume und durch fähige Personen zur Wirkung gebracht werden konnte. Langfristig liefes immer darauf hinaus, dass nur ein einziges Mittel den Gehorsam und die Loyalität derSoldaten gesichert hätte: pünktliche und vollständige Bezahlung des bei der anwerbungabgemachten Soldes.655656657658659660GAYANGOS, Calendar, Bd. 3, Teilbd. 1, S. 699f.FALLETTI, Assedio, S. 198.PACHECO Y DE LEYVA, La politica española, S. 278.RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 318.PACHECO Y DE LEYVA, La politica española, S. 224.CEREZEDA, Tratado, S. 122.154
6. NationalitätenkonflikteEine der wichtigsten Charakteristiken der Söldnerheere des untersuchten Zeitraums warderen internationale Zusammensetzung. Die Nationen bildeten innerhalb der Heere festeKörper, die nach Möglichkeit getrennt wurden. Das Lager war zumeist in Sektoren fürSpanier, Deutsche und Italiener unterteilt, und in besetzten Städten fanden sich selten Angehörigeverschiedener Nationen im selben Stadtviertel. Die angebliche nationale Geschlossenheitvor allem der spanischen Kompanien hält allerdings einem kritischen Blicknicht Stand, mit anderen Worten: nicht alles, was von den Zeugen vereinfachend als Spanierbezeichnet wurde, war auch tatsächlich Spanier. Das Rekrutierungssystem brachte es mitsich, dass spanische Kompanien keineswegs nur aus Spaniern zusammengesetzt waren. Imeinzelnen funktionierte das folgendermaßen: die Soldaten wurden in der Regel im KönigreichNeapel angeworben, das seit der Jahrhundertwende der spanischen Krone angegliedertwar. Das Söldnerreservoir Neapel wurde seinerseits aus Spanien gespeist, und strenggenommen wurden viele der neuen Soldaten erst in Italien zu Söldnern, da sie in Spanienzunächst zwangsrekrutiert worden waren. 661 Etliche kehrten dennoch nach der Entlassungaus dem Dienst nicht nach Spanien zurück, sondern warteten in Neapel auf ihre erneuteRekrutierung. In den dortigen Tavernen mischten sich zahlreiche italienische Abenteurerunter die Soldaten und gingen bei der Anwerbung in den spanischen Kompanien auf. Diemilitärische Dominanz der Spanier führte offenbar dazu, dass die Italiener in den Heereneher die Gebräuche der Spanier adaptierten als umgekehrt. Der Chronist Gregorio Amaseobezeichnet sie dementsprechend als "Italianos hispagnolados", 662 und Ramón de Cardonagab im Februar 1521 die Schuld für die chaotischen Zuständen im spanischen Heer, dassich in Neapel für den Zug nach Norditalien vorbereitete, den "Italianos españolados" undriet dem Kaiser, in Zukunft nur noch Spanier anzuwerben. 663 Er selbst war schon 1512 gezwungengewesen, einige seiner Kompanien nach Massendesertionen der Spanier so massivmit Italienern aufzufüllen, dass praktisch nur noch die Offiziere Spanier waren. 664 Alsgenau dieses Heer kurz darauf Prato plünderte, schlug sich dieses Phänomen auch in dendortigen Quellen nieder, in denen, wie im Abschnitt über die Lösegelder gesehen, viele alsSpanier bezeichnete Personen mit italienischen Namen auftauchen. Die Tatsache, dass einvenezianischer Beamter im Dezember 1526 in einem Bericht über die Truppenstärke derKaiserlichen in Mailand präzisiert, bei den Spaniern handele es sich mehrheitlich um Neapolitaner,Korsen und Sarden, zeigt deutlich, wie weit diese Gruppen innerhalb der Heerescheinbar mit den Spaniern verschmolzen waren. Für die Deutschen lässt sich eine solcheHeterogenität - mit wenigen Ausnahmen - nicht nachweisen. Sie wurden in der Regel in661662663664RÜSTOW, Geschichte der Infanteri, Bd. 1, S. 21; DELBRÜCK, Geschichte der Kriegskunst, Bd. 4, S. 21.CERUTI, Diarii Udinesi, Bd. 2, S. 299.BN Madrid, MS 18690, Nr. 72. Brief von Cardona an den Kaiser, Neapel, 16. 2. 1521.ANONYM: Relación de los sucesos, S. 266.155
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6. NationalitätenkonflikteEine der wichtigsten Charakteristiken der Söldnerheere des untersuchten Zeitraums warderen internationale Zusammensetzung. Die Nationen bildeten innerhalb der Heere festeKörper, die nach Möglichkeit getrennt wurden. Das Lager war zumeist in Sektoren fürSpanier, Deutsche und Italiener unterteilt, und in besetzten Städten fanden sich selten Angehörigeverschiedener Nationen im selben Stadtviertel. Die angebliche nationale Geschlossenheitvor allem der spanischen Kompanien hält allerdings einem kritischen Blicknicht Stand, mit anderen Worten: nicht alles, was von den Zeugen vereinfachend als Spanierbezeichnet wurde, war auch tatsächlich Spanier. Das Rekrutierungssystem brachte es mitsich, dass spanische Kompanien keineswegs nur aus Spaniern zusammengesetzt waren. Imeinzelnen funktionierte das folgendermaßen: die Soldaten wurden in der Regel im KönigreichNeapel angeworben, das seit der Jahrhundertwende der spanischen Krone angegliedertwar. Das Söldnerreservoir Neapel wurde seinerseits aus Spanien gespeist, und strenggenommen wurden viele der neuen Soldaten erst in Italien zu Söldnern, da sie in Spanienzunächst zwangsrekrutiert worden waren. 661 Etliche kehrten dennoch nach der Entlassungaus dem Dienst nicht nach Spanien zurück, sondern warteten in Neapel auf ihre erneuteRekrutierung. In den dortigen Tavernen mischten sich zahlreiche italienische Abenteurerunter die Soldaten und gingen bei der Anwerbung in den spanischen Kompanien auf. Diemilitärische Dominanz der Spanier führte offenbar dazu, dass die Italiener in den Heereneher die Gebräuche der Spanier adaptierten als umgekehrt. Der Chronist Gregorio Amaseobezeichnet sie dementsprechend als "Italianos hispagnolados", 662 und Ramón de Cardonagab im Februar 1521 die Schuld für die chaotischen Zuständen im spanischen Heer, dassich in Neapel für den Zug nach Norditalien vorbereitete, den "Italianos españolados" undriet dem Kaiser, in Zukunft nur noch Spanier anzuwerben. 663 Er selbst war schon 1512 gezwungengewesen, einige seiner Kompanien nach Massendesertionen der Spanier so massivmit Italienern aufzufüllen, dass praktisch nur noch die Offiziere Spanier waren. 664 Alsgenau dieses Heer kurz darauf Prato plünderte, schlug sich dieses Phänomen auch in dendortigen Quellen nieder, in denen, wie im Abschnitt über die Lösegelder gesehen, viele alsSpanier bezeichnete Personen mit italienischen Namen auftauchen. Die Tatsache, dass einvenezianischer Beamter im Dezember 1526 in einem Bericht über die Truppenstärke derKaiserlichen in Mailand präzisiert, bei den Spaniern handele es sich mehrheitlich um Neapolitaner,Korsen und Sarden, zeigt deutlich, wie weit diese Gruppen innerhalb der Heerescheinbar mit den Spaniern verschmolzen waren. Für die Deutschen lässt sich eine solcheHeterogenität - mit wenigen Ausnahmen - nicht nachweisen. Sie wurden in der Regel in661662663664RÜSTOW, Geschichte der Infanteri, Bd. 1, S. 21; DELBRÜCK, Geschichte der Kriegskunst, Bd. 4, S. 21.CERUTI, Diarii Udinesi, Bd. 2, S. 299.BN Madrid, MS 18690, Nr. 72. Brief von Cardona an den Kaiser, Neapel, 16. 2. 1521.ANONYM: Relación de los sucesos, S. 266.155