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chen hatte: in den meisten Fällen ging es um Geld, und die Initiative zum Überlaufenscheint zumindest bei den Deutschen eher von den Soldaten selbst ausgegangen zu sein.Das passt zur Organisationsstruktur der Landsknechtsheere, die den einzelnen Soldatenmehr Mündigkeit zugestand als das bei den Spaniern der Fall war, und auch zu der Tatsache,dass die Deutschen bei den Soldzahlungen insgesamt ungeduldiger waren. Danebenkonnten auch persönliche Differenzen zwischen einzelnen Offizieren und ihren Vorgesetztenausschlaggebend für den Übertritt zum Gegner sein. Es scheint, dass bei den Spanierndie Initiative eher von den Offizieren ausging. Dafür spricht, dass die Zeugen in der Regelbei übertretenden Deutschen einfach deren Zahl angeben, während sie bei den Spanierneher dazu tendieren, den Namen eines Hauptmanns zu nennen, dem seine Männer dannfolgten. Wie die Desertion, so wurde auch das Überlaufen von den Soldaten als Druckmittelgegen die Offiziere eingesetzt: Ende <strong>August</strong> 1527 schickten die aus Rom ausgelagertenKompanien 100 Abgesandte in die Stadt zu Guasto und ließen ihm ausrichten, dass sie innerhalbvon sechs Tagen zum Heer der Liga überlaufen würden, wenn sie kein Geld bekämen.581Das Überlaufen zum Gegner scheint in der Praxis nicht als das schwere Verbrechen angesehenworden zu sein, zu dem es die Theorie gern machen wollte. Wie das Beispiel der 200von Pescara den Franzosen abgeworbenen Spanier zeigt, wurden Überläufer nicht etwabestraft, wenn sie zurückkamen, sondern wieder in die Reihen des Heeres eingegliedert.Das lag natürlich auch an der weiten Verbreitung des Phänomens im Zusammenhang mitder Tatsache, dass es ohnehin schwer genug war, angesichts einer katastrophalen Finanzlageein Heer überhaupt zusammen zu halten. Das wussten selbstverständlich auch die Gegner:bei den Venezianern und Franzosen war die finanzielle Situation weit weniger angespanntals bei den Kaiserlichen, und so gingen sie bisweilen selbst zur Initiative über. Sieschickten Werber ins Lager der Kaiserlichen oder in von diesen besetzte Städte, um dieSoldaten zum Übertritt zu bewegen. Das war allerdings eine gefährliche Tätigkeit. Kurz vorder Schlacht von Pavia wurde ein französischer Werber im Lager der Kaiserlichen entlarvt,gevierteilt und in Sichtweite der französischen Bastionen ausgestellt. 582 Auch nach Romstreckten die Gegner der Kaiserlichen ihre Fühler aus: im Januar 1527 trat ein Römer aneinige der deutschen Offiziere heran und schlug ihnen bei einer harmlosen Plauderei vor, indie Dienste der Liga zu treten. Man vermutete ein groß angelegtes Komplott, verhaftete undfolterte ihn, weil man hoffte, er werde Verräter in den Reihen der Deutschen denunzieren,aber es kam nichts dabei heraus. 583Ein schlimmeres Verbrechen als der offene Übertritt war natürlich der Verrat. Die am häufigstenanzutreffende Form von Verrat war die Übergabe von Städten oder Kastellen an die581582583RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 272.CEREZEDA, Tratado, S. 120.RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 353.144

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