Vergeblich: Anfang Juni hatten bereits 3.000 Soldaten und 300 Reiter die Seite gewechselt.562 Schließlich zog Urbino unverrichteter Dinge ab. In Rom selbst liefen nach der Erstürmungauch Söldner des Papstes, die die Stadt noch verteidigt hatten, zu den Spaniernund Deutschen über, 563 und nach dem Abschluss des ersten Vertrages mit dem Papst tratensogar 12 Angehörige der Schweizer Garde in die Dienste des Kaisers. 564Die Italiener kamen und gingen. Doch auch Spanier und Deutsche waren unter Umständenallzu bereit, zum Gegner überzulaufen. Deutsche Landsknechte kämpften üblicherweise infast allen Heeren, die im hier untersuchten Zeitraum durch Italien zogen, auch wenn derKaiser immer wieder versuchte, sie an das Reich zu binden und den Dienst bei seinen Feindenunter Strafe stellte. Spanier dagegen wurden in Spanien und im Königreich Neapel rekrutiert,ausgerüstet und dann nach Norditalien gebracht. 565 Sie tauchen viel seltener in anderenals spanischen Heeren auf. Dennoch gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass Spaniergenau wie Landsknechte in beträchtlicher Zahl zum Gegner überliefen, wenn auch ihreGründe mitunter etwas anders gelagert waren. Einige Beispiele werden die Unterschiedeverdeutlichen.Im Juli 1513 präsentierte sich ein spanischer Hauptmann namens Peralta im Heer der Venezianerund bot an, mit 400 Soldaten in ihre Reihen überzutreten. Als Grund gab er an, erhabe sich mit dem Vizekönig Ramón de Cardona überworfen, weil dieser ihm das Kommandohatte entziehen wollen. 566 Im Frühjahr 1516 begannen einige der Deutschen und derSpanier der Besatzung in Brescia aus Ärger über den ausbleibenden Sold Verhandlungenmit den Venezianern anzuknüpfen. 567 Man kam zu keinem Abschluss, aber nachdem dieStadt am 26. Mai übergeben war, traten offenbar mindestens 600 spanische Soldaten in dieDienste der Venezianer und wurden dort ordnungsgemäß besoldet. 568 Insgesamt liefen zudieser Zeit laut Francesco Guicciardini immerhin 3.000 Deutsche und Spanier zu den Venezianernund Franzosen über, allerdings war der Krieg kurz darauf zu Ende und sie kamenwohl nicht mehr zum Einsatz. 569 Im Krieg um das Herzogtum Urbino, an dem keine außeritalienischenMächte beteiligt waren, holte der Herzog Francesco Maria della Rovere imfolgenden Jahr angeblich 5.000 beschäftigungslose Spanier in sein Heer. 570 Ab 1521 kam es562563564565566567568569570RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 214.SANUTO, Diarii, Bd. 45, Sp. 187.DURRER, ROBERT: Die Schweizergarde in Rom und die Schweizer in päpstlichen Diensten. Luzern 1927.S. 405.RÜSTOW, W.: Geschichte der Infanterie. Bd. 1. Bis auf den Anfang des Siebenzehnten Jahrhunderts.Gotha 1857. S. 112; DELBRÜCK, HANS: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte.7 Bde. Berlin 1920-1936. Bd. 4: Neuzeit (1920). S. 21.SANUTO, Diarii, Bd. 16, Sp. 545.TRECCANI DEGLI ALFIERI, GIOVANNI, U. A. (HRSGG.): Storia di Brescia. Bd. 2: La dominazione veneta(1426-1575). Brescia 1963. S. 294.SANUTO, Diarii, Bd. 22, Sp. 301; ZAGATA, Cronica della città di Verona, Bd. 2, S. 180f.GUICCIARDINI, Storia d'Italia, Buch 12, Kap. 20 (Bd. 3, S. 149).HERRERA, ANTONIO DE: Commentarios de los hechos de los Españoles, Franceses, y Venecianos en Italia,y de otras Republicas, Potentados, Principes, y Capitanes famosos Italianos, desde el año de 1281. hastael de 1559. Madrid 1624. S. 298.142
dann auch in der Lombardei immer wieder zu Übertritten kaiserlicher Soldaten in die Diensteder Venezianer und Franzosen, im April 1522 waren es einmal 1.500 Spanier auf einenSchlag, die wegen des ausbleibenden Soldes im eigenen Heer zu den Franzosen gingen. 571Im April 1523 sickerten sie in Gruppen zu 30 bis 50 Soldaten ins französische Heer, 572 undim Mai 1523 bot ein spanischer Hauptmann, den Pescara entlassen hatte, den Venezianernmit 800 Soldaten seine Dienste an. 573 Wenige Tage später klagte Nájera, es bestehe akuteGefahr, dass weitere Spanier überliefen. 574 Im Oktober warb Pescara den Franzosen 200Spanier wieder ab, mindestens 400 aber verblieben unter dem Hauptmann Iñigo de Mendozabei den Gegnern. 575 Gegen Ende des Jahres 1524 trat der spanische Hauptmann Guevaramit angeblich 1.000 Soldaten ebenfalls ins Heer der Franzosen ein, weil er mit Pescara imHader lag - auch ihm hatte man das Kommando entziehen wollen. 576 Im Januar 1525 liefdann - diesmal wieder wegen der Soldrückstände - die gesamte spanische Besatzung einesKastells an der Adda von 300 Soldaten zu den Franzosen über. 577Nach der Schlacht von Pavia hatte sich das Überlaufen für einige Zeit erledigt. Auch währendder Besatzungszeit in Mailand fand kein großer Austausch zwischen den Bruchstükkender Heere statt, die sich noch dort aufhielten, als habe die allgemeine Ermattung sichauch auf die Dynamik des Überlaufens gelegt, oder anders: als habe der chronisch gewordeneGeldmangel, die allgemeine Verwüstung des Landes und die Desillusionierung inBezug auf fabelhafte Beute die Hoffnung erstickt, beim Gegner bessere Zustände vorzufinden.Im Januar 1529 gab es noch einmal eine Reihe von vereinzelten Übertritten in die Reihender Venezianer, 578 doch erst mit dem Abmarsch aus der Lombardei kamen die Dingewieder in Bewegung: den Abschluss für den untersuchten Zeitraum bildet die tollkühneAktion eines spanischen Hauptmanns, der zum Belagerungsheer vor Florenz gehörte und esfertigbrachte, im Mai 1530 zu einem der Stadttore zu gehen und den Übertritt von 800 spanischenSoldaten von den Belagerern zu den Verteidigern anzubieten. 579 Später stellte sichheraus, dass das Ganze eine Finte war: die Zustimmungsbriefe der Soldaten - interessantimmerhin deren Erwähnung - waren gefälscht, der Hauptmann und einige seiner Spießgesellenhatten die Prämie für den Übertritt, die als Anzahlung auf den Sold gedacht war, kassierenund sich mit dem Geld aus dem Staub machen wollen. 580Diese Aufzählung soll zeigen, dass das Überlaufen zum Heer der Feinde ein Phänomenwar, das unter den Soldaten aller Nationen gleichermaßen verbreitet war und mehrere Ursa-571572573574575576577578579580SANUTO, Diarii, Bd. 33, Sp. 188.RAH Salazar y Castro, A/27, fol. 365 r . Luiz Fernandez de Córdoba an den Kaiser, 16. 4. 1523.SANUTO, Diarii, Bd. 34, Sp. 153.PACHECO Y DE LEYVA, La política española, S. 408.BNM, MS 18697, Nr. 46. Nájera an den Kaiser, Mailand, 2. 10. 1523.CEREZEDA, Tratado, S. 96.SANUTO, Diarii, Bd. 37, Sp. 442f.SANUTO, Diarii, Bd. 49, Sp. 345.FALLETTI, Assedio di Firenze, Bd. 2, S. 206.ALBÈRI, Relazioni degli ambasciatori veneti, Serie 2, Bd. 1, S. 292f.143
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Ein Heer ist ein großes gefräßig
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Geldnot all derer, die ihre Lösege
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Prato, Archivio di Stato:Buonamici
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MILANESI, CARLO (HRSG.): Il Sacco d
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UGHI, GIULIANO: Cronica di Firenze
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BONETTI, CARLO: Cremona durante le
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GULIK, WILHELM VAN/EUBEL, KONRAD: H
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