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wieder Soldaten in kleinen Gruppen aus der Stadt. Kaum jemand ging wegen der gefährlichenStraßen allein. Gegen Ende des untersuchten Zeitraums war die Desertion dann soweit verbreitet, dass ganze Kompanien sich auflösten: im Februar 1530 schrieb Lope deSoria an den Kaiser, wenn nicht bald Geld zur Bezahlung der Kompanien der HauptleuteMendoza und Vacca käme, würden diese auseinanderfallen. 547Natürlich fiel die Desertion denen am leichtesten, die keinen weiten Weg nach Hause hatten.Für einen Spanier war es einfacher, 1527 aus Rom ins Königreich Neapel zu desertieren,als 1515 aus Brescia. Kriegsherren taten gut daran, nicht durch verfrühte Zahlungsunfähigkeitden ganzen Kriegszug zu gefährden. Die Belagerung von Bergamo im Frühjahr1528 durch das Heer des Herzogs von Braunschweig - das anschließend eigentlich noch bisnach Neapel marschieren sollte - musste abgebrochen werden, weil die Stadt nicht weitgenug von den Heimatorten der Landsknechte entfernt lag und die Gefahr bestand, dass siealle nach Hause liefen. 548 Doch auch der Einzug in die Lombardei brachte keine Besserung:es kam kein Geld, und der Strom der Deserteure riss nicht ab. Schließlich musste die Belagerungvon Lodi aufgegeben werden und das Heer fiel auseinander, nicht ohne zuvor nocheinmal Zulauf aus den Reihen von de Leyvas Besatzungstruppen bekommen zu haben: einigeder Landsknechte aus Mailand desertierten sozusagen intern, weil sie hofften, im Gefolgevon Braunschweig und seiner marodierenden Soldateska einen besseren Schnitt zumachen als im ausgelaugten Herzogtum. 549 Am leichtesten hatten es natürlich die Italiener.Schon während der ersten Aktion im Krieg um die Lombardei, der Belagerung von Parmaim Spätsommer 1521, desertierten 3.000 von insgesamt 5.000 der italienischen Verteidiger,550 und de Leyva schrieb im Juli 1527 von Mailand aus an den Kaiser, die frisch vor Ortausgehobenen Italiener müsse er auf jeden Fall bezahlen, da sie andernfalls sofort nachHause gingen. 551Nach Plünderungen schnellte die Zahl der Deserteure ebenfalls in die Höhe. Als den Soldatenin Rom das Geld ausging und sie die Stadt wegen der ausbleibenden Bezahlung verließen,hatte die erste Welle von Deserteuren, schwer beladen mit Beute, der Stadt schonden Rücken gekehrt. 552 Um die Beute sicher nach Hause zu bringen, schloss man sich erstrecht zu Gruppen zusammen und nahm offenbar auch weitere Wege in Kauf: im Zusammenhangmit Plünderungen sah man Spanier auch aus Norditalien aufbrechen, so im Frühjahr1513 nach Raubzügen in der Gegend von Piacenza 553 oder im Mai 1522 nach derPlünderung von Genua, von wo aus die Deserteure sich bequem nach Neapel einschiffen547548549550551552553RAH, Archivo Lope de Soria, Nr. 176.GAYANGOS, Calendar, Bd. 3, Teilbd. 2, 724.MOLINI, Documenti, Bd. 2, S. 105.OMAN, CHARLES: A History of the Art of War in the Sixteenth Century. London 1937. S. 37.GAYANGOS, Calendar, Bd. 3, Teilbd. 2, S. 304.ASM Sforzesco, Cart. 137.SANUTO, Diarii, Bd. 16, Sp. 119f.140
konnten. 554 Nach der Schlacht von Pavia desertierten jeden Tag zahlreiche Soldaten, werkeine Beute gemacht hatte, blieb und wartete auf die Soldzahlungen. 555 Selten wurden dieSoldaten zur Rechenschaft gezogen, lediglich im Dezember 1526 wurden in Genua gleich40 Spanier aufgehängt, die man mit der Beute aus verschiedenen Mailänder Klöstern dortaufgespürt hatte. 556 Dass Soldaten, die durch eine Plünderung reich geworden waren, nachHause gingen, galt als selbstverständlich. Nach dem zweiten Aufstand in Mailand im Juni1526 verhinderten die Offiziere eine Plünderung, weil sie fürchteten, das Heer werde anschließendauseinanderfallen, obwohl sich alle darüber einig waren, dass es in Mailandkaum noch etwas zu holen gab. 557 In Rom dagegen gab es etwas zu holen, und so war hierdas Problem der Desertion in der ersten Zeit nach der Plünderung besonders bedrohlich, sosehr, dass ein anonymer Berichterstatter die Reichtümer Roms und die Pest als gleichschädlich für den Erhalt des Heeres nebeneinander stellte. 558Schlimmer als das Desertieren wurde das Überlaufen zum Feind angesehen. Für italienischeCondottieri und ihre Soldaten war es von alters her ein normaler und wenig Anstoßerregender Vorgang, den Kriegsherrn zu wechseln, wenn der Dienst bei dessen Gegner lukrativererschien. So waren es auch im hier untersuchten Zeitraum vor allem Italiener, dienicht nur häufiger, sondern auch in größerer Zahl, nämlich meistens in geschlossenen Einheitenüberliefen. Pierino Belli drückte es blumiger aus: die Italiener wechselten häufigerzwischen den Kriegsparteien hin und her als die Bienen zwischen Blüte und Bienenstock.559Zu den Spaniern kamen immer dann Überläufer, wenn Aussicht auf Beute bestand. Schonauf dem Weg nach Rom schlossen sich Bourbon viele Glücksritter an. Ihre Zahl ist unmöglichzu bestimmen, denn sie bekamen keinen Sold, viele von ihnen unterstanden noch nichteinmal einem Hauptmann. Nach dem Einfall in Rom schoss die Zahl der Überläufer dannin die Höhe, weil sich das Heer der Liga unter dem Herzog von Urbino in den ersten Wochennoch in der Nähe befand. Die Gerüchte von der sagenhaften Beute in Rom sprachensich herum und bald präsentierten sich bei den Stellvertretern Bourbons ganze Kompanien,die über Nacht bei Urbino desertiert waren und glichen so die Verluste, die den Kaiserlichenihrerseits durch die Desertion entstanden waren, teilweise wieder aus. Die Offizierewollten aber nicht alle Anwärter aufnehmen, weil sie der Ansicht waren, dass sich viel Gelichterdarunter befand. 560 In Urbinos Heer wurde derweil offenbar das Gerücht ausgestreut,die Kaiserlichen ermordeten die Überläufer, um ein weiteres Ausbluten zu verhindern. 561554555556557558559560561SANUTO, Diarii, Bd. 33, Sp. 288.SANUTO, Diarii, Bd. 38, Sp. 60.SANUTO, Diarii, Bd. 43, Sp. 557.GUICCIARDINI, Storia d'Italia, Buch 17, Kap. 4 (Bd. 4, S. 24f.).RAH Salazar y Castro, A/40, fol. 455 v .BELLI, De Re militari, fol. 101 r .RODRIGUEZ VILLA, Memorias, S. 153.ASM Sforzesco, Cart. 137.141
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