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abschneiden sollten. Vor allem italienische Condottieri der alten Schule wie Prospero Colonnataten sich in dieser Kunst hervor. Massive Zusammenstöße mit dem Gegner wurdentraditionell in voller Absicht vermieden, die bedeutenden Schlachten des untersuchten Zeitraumslassen sich an einer Hand abzählen. Auch größere Belagerungen waren selten underregten entsprechendes Aufsehen. Wenn zahlreiche vor allem kleinere Städte und Festungeninnerhalb weniger Jahre so oft den Besitzer wechselten, so lag das vor allem daran,dass es in der Regel genügte, die Artillerie vor den Mauern in Stellung zu bringen, um dieVerteidiger zu Übergabeverhandlungen zu zwingen. Dabei ging es dann weniger um dieFrage, ob die Stadt kapitulieren sollte oder nicht, sondern um den Preis, um den sie sichvon der Plünderung freikaufen musste. Anschließend wurde eine Besatzung in der Stadtgelassen, die ihrerseits vor dem nächsten anrückenden Feind kapitulierte, und das Heer zogweiter. Wenn eine Besatzung zu stark war, umging man die Stadt, ohne allzu spürbare Beeinträchtigungendafür in Kauf nehmen zu müssen, da sich die Heere ohnehin direkt ausdem sie umgebenden Land ernährten. Die beiden hier untersuchten Kriegsperioden von1509 bis 1516 in der Terraferma und von 1521 bis 1529 in der Lombardei waren jeweils zuBeginn von größerer Dynamik geprägt als gegen Ende, offensichtlich wurde der Krieg mitfortschreitender Dauer träger. Das ist vor allem auf die schwieriger werdende Versorgungslageund die daraus resultierende weitere Verteilung der Soldaten im Land zurückzuführen,die den Heeren einen erheblichen Teil ihrer Schlagkraft nahm. Genauer gesagt: dieDynamik, die einst in gezielten Manövern des ganzen Heeres bestanden hatte, verselbständigtesich in Richtung auf eine geografisch immer weiter gestreute Bewegung einzelnerBruchstücke dieses Heeres, beschleunigt durch den Verfall der Disziplin wegen der ausbleibendenSoldzahlungen. Die italienischen Condottieri, die sich den Heeren der großenMächte anschlossen, betrachteten den Krieg ohnehin in erster Linie als Mittel zur persönlichenBereicherung und zogen mit ihren Kompanien auf der Suche nach einträglichen Plünderungenund der Einbringung von Gefangenen durchs Land. Der Krieg wurde so militärischgesehen zwischenzeitlich zu einer regelrechten Farce, die darin bestand, dass man beider Führung nicht etwa auf einen Sieg, sondern auf den Zerfall des jeweils gegnerischenHeeres hoffte. Schon im April 1524 schrieb Nájera aus Novara in einem Brief an den Kaiserden bezeichnenden Satz: "Toda la esperança que los enemigos tienen es que por falta dedineros este exercito se ha de deshazer, plaçera Dios que ellos se desharan primero." 353Auf dem Marsch zogen die Heere einen immensen Schwanz von Trossknechten, Prostituierten,Händlern und Glücksrittern hinter sich her. Militärische Quellen indes schweigensich über den Tross in der Regel aus, da seine Anwesenheit für den Fortgang des Kriegeserst dann von Bedeutung war, wenn er wirklich aus allen Nähten platzte und die militärischenOperationen hemmte. Die Kolonne der Trosswagen wuchs vor allem nach Plünde-353BNM, MS 20213 21 , Nr. 45. Nájera an den Kaiser, Novara, 9. 4. 1524.102
ungen zu einer Länge an, die von den Offizieren nicht gern gesehen wurde, weil sie dieBewegung des Heeres verlangsamte und den Feinden zusätzliche Angriffsfläche bot. ZumTransport von Ausrüstung und Lebensmitteln genügte ein Trosswagen für etwa 10 Soldaten,354 vor allem nach Plünderungen aber gab es weit mehr zu transportieren. Giovio berichtet,dass man nach der Plünderung von Genua im Juni 1522 wegen der vielen Packpferdeden Eindruck hatte, das ganze kaiserliche Heer sei beritten gewesen. 355 Auf dem Rückwegvon dem Zug in die Provence im Oktober 1524 wurde dasselbe Heer von nicht wenigerals 14.000 Trosswagen begleitet, die insgesamt eine Woche brauchten, um den Po zuüberqueren. 356 Neben Waffen, Vorräten, Beute und Besitz der Soldaten sowie der Ware derMarketender wurden auch die Kranken, Frauen und Kinder meistens auf Wagen transportiert.Bei den Frauen handelte es sich um Prostituierte und Soldatenliebchen, oft war ihrStatus auch in einer Grauzone zwischen beidem angesiedelt und manchmal waren sie sogarmit den Soldaten verheiratet - von den Zeugen werden sie nichtsdestoweniger in der Regelals Prostituierte angesprochen. Über ihre Herkunft ist leider kaum etwas zu erfahren. Diemeisten von ihnen hatten sich dem Heer erst im Land angeschlossen, es scheint, dass sichbei den Landsknechten ein größerer Anteil von Frauen befand, die diesen aus der Heimatgefolgt waren, als bei den Spaniern. In unregelmäßigen Abständen versuchten die Offiziere,die Zahl zumindest der einheimischen Prostituierten mit drastischen Methoden zu reduzieren,um die Versorgungslage zu verbessern und die Konzentration der Soldaten wieder denmilitärischen Aufgaben zuzuwenden. Bei der Belagerung von Padua im August 1513 befandensich nach den Informationen der Belagerten etwa 3.000 Frauen beim spanischenHeer. 357 Einen Monat später wurden alle italienischen Prostituierten unter Androhung derTodesstrafe aus dem Lager verwiesen, 358 was dazu führte, dass nur etwa 15 Frauen proKompanie beim Heer verblieben. 359 Als das kaiserliche Heer im März 1527 in der Nähevon Bologna lagerte, ließ man zur schnelleren Durchsetzung solcher Maßnahmen kurzerhandein unmenschliches Exempel statuieren. Scipione Attelaro, Informant des Herzogsvon Mailand beim Heer, berichtet ungerührt, dass zur Einschüchterung der Prostituierten -"per intemorire queste puttane" - drei von ihnen ohne weiteren ersichtlichen Grund aufgehängtworden seien, was die italienischen Soldaten mit erheblicher Verstimmung quittierthätten, da alle drei Italienerinnen und eine von ihnen überdies schwanger gewesen sei. Umden Tross abspecken zu lassen, wurde ferner bestimmt, dass vier Soldaten sich einenTrosswagen und einen Bediensteten zu teilen hatten und kein schwerer Reiter mehr als vier354355356357358359FIEDLER, SIEGFRIED: Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Landsknechte. Abt. 1, Bd. 2 von:Heerwesen der Neuzeit. Hrsg. v. Georg Ortenburg. Koblenz 1985. S. 83.GIOVIO, Le vite del Gran Capitano e del Marchese di Pescara, S. 313.BNM, MS 20213 21 , Nr. 55. Nájera an den Kaiser, Lodi, 26. 10. 1524.SANUTO, Diarii, Bd. 16, Sp. 603.SANUTO, Diarii, Bd. 17, Sp. 63.SANUTO, Diarii, Bd. 17, Sp. 126.103
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