13.07.2015 Aufrufe

Der Velbert-Codex Band 3 - Deutsches Schloss- und ...

Der Velbert-Codex Band 3 - Deutsches Schloss- und ...

Der Velbert-Codex Band 3 - Deutsches Schloss- und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Band</strong> 3OriginalDERVELBERTCODEX IIIVELBERTER FINALE<strong>Band</strong> 3 • Deutschland 1,50 €Österreich 1,80 € • Schweiz 3,00 CHF • Dänemark 13,50 DKR


VELBERTERFINALEDERVELBERTCODEX IIIDas Abenteuer, das mit der Wiederentdeckung des verschollenen daVinci <strong>Codex</strong> begann <strong>und</strong> in dessen Verlauf sich die Staragenten des FVSBSteven Friday <strong>und</strong> Theodora Cromer einer der gefährlichsten Geheimorganisationenstellen mussten, nähert sich seinem Höhepunkt.Diesmal steht noch weit mehr auf dem Spiel als in den beiden erstenAkten dieses Dramas: ein Gefecht zwischen Gut <strong>und</strong> Böse, das den weiterenVerlauf der Weltgeschichte bestimmen könnte.Verfolgen Sie mit uns die endgültige Entscheidung in unserer<strong>Velbert</strong> „Thrillergie“, das VELBERTER FINALE.


<strong>Der</strong> schmucklose, weiß getünchteRaum, der im obersten Geschoss desgrauen Turmes lag, wurde nur vomLicht einer einzelnen Kerze erhellt.In seiner Mitte saß auf einem thronartigenLehnstuhl die Gestalt einesalten Mannes. Sein greiser Körperwar so ausgezehrt, dass man meinenkonnte, es säße da gar kein Mensch,sondern man nur eine leere, dunkelgrauewollene Kutte.Sein faltiges Gesicht lag imSchatten der Kapuze. Plötzlichblitzten die blutroten Augen desAlten auf <strong>und</strong> fokussierten einenkleinen bronzenen Schlüssel, dervor ihm auf einem niedrigen Sockellag. Er konzentrierte sich <strong>und</strong> seineKonzentration schien sich wie eineansteigende elektrische Spannungerst in der Kammer <strong>und</strong> dann übersie hinaus auszubreiten.Alles würde ganz harmlos anfangen:weit, weit fort von hier würdees mit dem Schlag der Schwingeeines Vogels, oder dem Flügel einesInsekts beginnen. Aber anders alssonst, würde der Luftstrom diesmalnicht versiegen. Nein, durch seineMacht würde sich der Hauch ineine Welle, die Welle in eine Wogeverwandeln. Die Woge würde einenSturm entfesseln. <strong>Der</strong> Sturm würdedas Meer aufpeitschen, Flutwellenaufwerfen, Häuser niederreißen<strong>und</strong> Bäume entwurzeln.Die Energie würde dann wiederzu ihm zurückfließen, seine Machtnoch weiter vergrößern <strong>und</strong> seinLeben verlängern. Aber erst wenner das <strong>Schloss</strong> in seine Händebrachte, das zu dem Schlüsselgehörte, würde er echte Unsterblichkeiterlangen.<strong>Der</strong> Alte schnaubte verächtlich.Wie blind die Menschheit dochwar. Es hatte Jahre gedauert, bis dieHäufung von Katastrophen, Hurrikans,Tsunamies <strong>und</strong> Überschwemmungen,überhaupt jemanden zumNachdenken gebracht hatte. Klimaerwärmung,Ozonloch, pah, aberwas sollte man von einer Menschheiterwarten, die nicht mehr an dasBÖSE glaubte. Denn das war es,was passieren würde. Die dunkleMacht würde wieder das Heft ansich reißen <strong>und</strong> er, der Großmeistervon Il Lucchetto, er würde ihre Vorbotenentfesseln.Dies war der rechte Ort dafür.Sie waren nur durch Zufall auf ihngestoßen. Abgelegen in der Provinz<strong>und</strong> von der Welt unbeachtet,wimmelte es hier nur so von elektromagnetischenStrömungen <strong>und</strong>Wellen – ein perfekter Schutzschildder Macht, die von dieser Kammerausging…….2„Verdammt noch mal,“ entfuhr esihm entnervt. Seit fast dreißig Jah-2


en fuhr er schon in <strong>Velbert</strong> Taxi,aber so etwas…Er setzte zurück, um zu versuchenauf anderem Weg zur Sportarenazu kommen. <strong>Der</strong> Fahrgast imFond wurde immer nervöser, dennbis zum Anpfiff des Spiels war esnur noch eine viertel St<strong>und</strong>e.Baustellen hatte es hier ja schonimmer mehr gegeben als woanders,aber was hier in den letzten Wochenlos war, das schlug dem Fass dieKrone ins Gesicht. Überall wurdendie Straßen aufgerissen, ohne dassman feststellen konnte, was da nunwirklich gemacht wurde.„So ein Mist,“ er stieg in dieBremsen <strong>und</strong> schaffte es geradenoch, den Wagen vor dem Schildzum stehen zu bringen. Er trauteseinen Augen kaum. Jetzt war diePellemontanussstraße auch nochgesperrt. Erst änderte man dieFahrtrichtung der Einbahnstraßenüber Nacht, sperrte sie erst von dereinen, dann von der anderen Seite<strong>und</strong> dann machte man sie ganzdicht. Wer sollte sich da noch auskennen.Was der gute Mann nicht wissenkonnte: die ganzen Baustellengehörten zu einem riesigen unterirdischenBauvorhaben. Denn tief,tief unter seinen Füßen traf manVorbereitungen. Vorbereitungenauf das Ereignis, das wahrscheinlichdas Wohl oder Wehe der ganzenEpoche entscheiden konnte.2Steven Friday, Topagent <strong>und</strong> derMann, der es vor wenigen Monatengeschafft hatte, ein unsagbar kostbaresHeiligtum vor den Schergendes jahrh<strong>und</strong>ertealten Geheimb<strong>und</strong>es„Il Lucchetto“ zu retten, <strong>und</strong> derMenschheit so einen unschätzbarenDienst zu leisten, wurde langsamnervös.Die Maschine aus New York, aufdie er hier am Düsseldorfer Flughafenwartete, hatte mehrere St<strong>und</strong>enVerspätung gehabt. Als auf demBildschirm das Symbol erschienenwar, das anzeigte, dass das Gepäckbandangelaufen war, hatte er sichzu der Absperrung vor der Milchglastürbegeben, aus der nun dieersten Passagiere kamen. Zunächstkam eine Gruppe Kaugummi kauenderTeenager, dann ein älteresEhepaar, das einen voll beladenenTrolley vor sich her schob.Nach etwa zehn Minuten tauchtedie Gestalt der Person auf, auf dieer gewartet hatte. Sein Herz machteeinen Satz.„Thea!“„Steve!“ Ihre angenehm dunkle3


Stimme vibrierte vor Freude, als Sieihn sah. In den letzen Wochen warihr weizenblondes Haar ein weniglänger geworden <strong>und</strong> ihre veilchenblauenAugen leuchteten.Steven eilte auf sie zu, um ihr diebeiden Koffer aus der Hand zu nehmen.Steven Friday <strong>und</strong> Theodora Cromerwaren die Spitzenagenten desFVSB, des Federal Vicecomittee ofthe Security Bureau, des geheimstenaller Amerikanischen Geheimdienste.Während man bei Stevendie stahlharten Muskeln unter demgut geschnittenen Armanianzugerahnen konnte, war Theodoras gertenschlankerFigur kaum anzusehen,dass sie gemeinsam mit Stevenschon zwei brandgefährliche TopSecret Einsätze überstanden hatte.Als sie Steven auf sich losstürmensah, ließ sie die Koffer fallen<strong>und</strong> fiel ihm um den Hals. Theodorahatte die letzten Wochen mitNachforschungen im Hauptquartierdes FVSB in Stamford, Connecticutverbracht, während Steven die Vorbereitungder Operation „<strong>Velbert</strong>erFinale“ in Deutschland überwachthatte.Als sich nun ihr warmer Körperan seinen schmiegte, hielt Steven dieLuft an. Ihm würde es nichts ausmachen,wenn nun die Zeit stillstehenwürde. Bei ihrem letzten Abenteuerwaren sie sich näher gekommen,die letzten Monate waren aber sohektisch gewesen, dass sie kaumZeit füreinander gehabt hatten.2Janushek Parczievcski war jenseitsder achtzig <strong>und</strong> saß in einemvon Elektromotoren angetriebenenRollstuhl. Seine schlohweiße Mähneließ ihn fast wie den berühmtenKomponisten Franz Liszt aussehen<strong>und</strong> die buschigen Augenbrauenüberschatteten wache, stahlblaueAugen.Trotz seines hohen Alters besaßer einen äußerst wachen Verstand<strong>und</strong> war von allerhöchster Stellepersönlich zum Leiter ihres neuenSpitzengeheimdienstes bestimmtworden.Normalerweise hatte er dieGewohnheit, das Hauptquartiernie zu verlassen, für die Operation„<strong>Velbert</strong>er Finale“ hatte er sich abermit einem Spezialhubschrauber anden Ort des Geschehens fliegen lassen.Dieser Einsatz war einfach zuwichtig! Das Leben von Millionenvon Menschen, wenn nicht sogarder Fortbestand der Zivilisation lagjetzt in Ihren Händen.Vor einigen Monaten war es seinemSpitzenduo Steve <strong>und</strong> Theagelungen, ein Objekt von unaussprechlichermystischer Bedeutungsicherzustellen. Dabei handelte4


es sich um ein uraltes Vorhängeschloss.<strong>Der</strong> Legende nach solltees das <strong>Schloss</strong> sein, mit dem dieKetten Jesu bei der Geißelung verschlossenwaren.Doch sein wahrer Ursprung warälter, denn von diesem <strong>Schloss</strong>sprach die Offenbarung des Johannes:Und ich sah einen Engel vom Himmelfahren, der hatte den Schlüsselzum Abgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> eine große Kettein seiner Hand. Und er griff denDrachen, die alte Schlange, das istder Teufel <strong>und</strong> Satan, <strong>und</strong> band ihntausend Jahre <strong>und</strong> warf ihn in denAbgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> verschloss ihn.Wer es schaffte, das <strong>Schloss</strong> aufzuschließen,entfesselte die Bestie<strong>und</strong> machte sie sich Untertan.Es war von einem Kreuzfahrer inPalästina wiederentdeckt worden.Als dieser Jerusalem im Jahre 1187verlassen musste, weil die Maurenes zurückerobert hatten, nahm er esmit in seine Heimat nach Okkzitanien.Dort schloss er sich, desillusioniertvon der Brutalität der Kreuzzüge,den Katharern an <strong>und</strong> gab das<strong>Schloss</strong> in deren Obhut. Die Inquisitorenhatten keine Ahnung, als sieden letzten Hohepriester der Katharerverbrennen ließen, dass sie ihnmit einer wertvollen Reliquie fesselten.“Wie ein W<strong>und</strong>er blieb es abervon den Flammen unversehrt <strong>und</strong>wurde von einem ItalienischenKaufmann in der Asche des Scheiterhaufensgef<strong>und</strong>en, um dann überzwei Jahrh<strong>und</strong>erte das Heiligtum<strong>und</strong> Wahrzeichen von Il Lucchettozu werden.Il Lucchetto war wahrscheinlichder älteste <strong>und</strong> am weitesten verzweigtealler Geheimbünde <strong>und</strong> derEinfluss der Bruderschaft reichtenoch heute bis in die höchsten Stellenin den Zentren der Macht.Pellemontanus, ein Gelehrter derRenaissance hatte es den Il Lucchettoentwendet, als er von derendunklen Zielen erfahren hatte. Pellemontanushatte es dann in einemunterirdischen Gewölbe in seinerHeimatstadt <strong>Velbert</strong> verborgen.Dort hatte es über Jahrh<strong>und</strong>erte imVerborgenen geschlummert.Genau in diesem Gewölbe befander sich jetzt. Ursprünglich war esein niedriges Gelass gewesen. Diegeheimen Bautrupps hatten es jetztso erweitert, dass es wie die Kuppeleiner unterirdischen Kathedralewirkte, die in den hellen Sandsteingehauen war.Er schob den Steuerknüppel nachvorn <strong>und</strong> steuerte seinen Rollstuhlmit einem leichten Surren in Richtungseines provisorischen Büros.5


Es war seine Idee gewesen,<strong>Velbert</strong> zur unterirdischen Festungauszubauen. Um den Baulärm <strong>und</strong>die Erschütterungen der Sprengarbeitenzu kaschieren, hatte manüberall an der Oberfläche jedeMenge Scheinbaustellen aufgebaut,die die Bevölkerung ablenken sollten.Nun hieß es abwarten! Wie hattedie Präsidentin es formuliert? Achja, das <strong>Schloss</strong> sollte der Käse inder Falle sein, mit der sie Il Lucchettoein für alle Mal zur Streckebringen wollten.Es war nur eine Frage der Zeit,bis die Schergen des dunklen Paktesversuchen würden, das <strong>Schloss</strong>in ihre Klauen zu bekommen, umes bei ihrem Vorhaben einzusetzen,die Weltherrschaft an sich zu reißen<strong>und</strong> ihre dunkle Macht über denGlobus auszudehnen.2<strong>Der</strong> Journalist schaute sich um,aber auf dem Platz war niemand zusehen. Seit dem er damals über dieMumie berichtet hatte, die man inder alten Gießerei gef<strong>und</strong>en hatte,war nichts mehr so wie es war. Miteinem Mal war er in die Welt derinternationalen Intrigen <strong>und</strong> Spionagegeraten.Es war eine Schande, dass er zumStillschweigen gezwungen war.Wenn er darüber schreiben könnte,was sich hier gerade ereignete,würde dies seinen Namen weltberühmtmachen <strong>und</strong> hätte ihn in dieReihe der Großen Sensationsreporterdes Jahrh<strong>und</strong>erts eingereiht.<strong>Der</strong> Platz war nur schwach vonden Straßenlaternen beleuchtet,so dass der illuminierte Schlüssel,der auf der glatten Edelstahloberflächeder Stele prangte vor der erstand, in intensivem Blau erstrahlte.<strong>Der</strong> Reporter holte einen kleinenGegenstand aus seiner Jackentasche,der aussah wie ein Chip füreinen Einkaufswagen. Er hielt ihnan eine unauffällig markierte Stelleauf der Stele.Das Licht des blau beleuchtetenSchlüssels begann zu pulsieren <strong>und</strong>mit einem hellen Sirren begann sichdie hohe Edelstahlplatte langsam soweit nach oben zu schieben, dass erins Innere der Säule treten konnte.Langsam senkte sich die Plattformauf der er stand <strong>und</strong> es dauerteeine ganze Weile, bis er dreißigMeter tiefer am Gr<strong>und</strong>e des Schachtesangekommen war. Hier beganndas Tunnelsystem. Er setzte sich inden Sitz des elektrischen Wagens,der hier für ihn bereit stand, drückteden Knopf <strong>und</strong> dieser setzte sichfast lautlos in Bewegung.26


„Meister!“ Die junge Frau warin ein langes Gewand aus fließendweichem, schwarzen Stoff gekleidet,das die sanften Kurven ihrerFigur nur leicht betonte. Ihr Haarwar lang <strong>und</strong> hatte die gleiche Farbe,wie das Gefieder eines Raben. DieAugen leuchteten im hellen, intensivenGrün von Smaragden.In ihren schmalen weißen Händenhielt sie eine Schale, in der sicheine grünliche Flüssigkeit befand.„Meister?!“ <strong>Der</strong> alte Mann, dernun in der Mitte des weißen Raumesin einem thronartigen Sesselsaß, war so in Gedanken versunken,dass er ihr Kommen erst jetztbemerkte.„Abbadonia, mein Kind….“„Ich bringe Euren Trunk, Meister!“Grazilen Schrittes ging sie aufden Großmeister zu <strong>und</strong> mit leichtgesenktem Kopf hielt sie ihm dieSchale ehrfürchtig entgegen. <strong>Der</strong>Greis nahm sie <strong>und</strong> führte sie andie Lippen, ohne dabei seine Augenvon der düster anmutigen Erscheinungzu wenden.In den Augen der jungen Frau lagein fast fieberhafter Glanz. Als derAlte ihn bemerkte, blitzten seineAugen auf <strong>und</strong> er setzte die Schaleab.„Ich sehe, mein Kind, du kannstes kaum erwarten. Sei beruhigt,der Tag der Entscheidung ist nahe.Und du wirst diejenige sein, die denStein ins Rollen bringen wird.“2In dem Keller der Villa, die einwenig abseits des aus pittoreskenFachwerkhäusern bestehenden Zentrumsdes Ortes lag, standen zweiMänner in einem schmalen Gangzwischen zwei riesigen Tanks, diedas Gewölbe fast vollständig bisunter die Decke ausfüllten.„Ciao, Luigi, come stai?“„Ciao, Enzo, bene, grazie!“Beide waren in teure maßgeschneiderteAnzüge gekleidet,schlecht rasiert, sodass der schwarzeStoppelbart ihren Minen einen finsterenAusdruck verlieh, <strong>und</strong> trugentrotz der Dunkelheit im Kellerdunkle Designersonnenbrillen.„Enzo, lange nix gesehen, wasshaben wirr denn hier?“„Ecco, Luigi, ein Gruß aus meineEimat Sizilia, Grappa!“ Er kicherte.„Mit Unterstützung von EU Landwirtschaftministeriumganz billiggebrannt.“„Und, wass willst Du damitemaachen? In deine Restaurant verkaufen?“„Nein, Luigi viele besser, hast Dugesehen die Preis von die Benzin an7


die Tankestelle nebenan? No, amicomio, wir verkaufen als Biosprit <strong>und</strong>machen riesige Profit!“2„Er nennt sich Megatherion.“ Eswar schon so eine Art Tradition beider FVSB geworden, einen neuenEinsatz mit einem Vortrag vonTheodora zu den Hintergründenzu beginnen. Einziger Unterschiedwar, dass die Lagebesprechungnicht in dem geschmackvoll mitAntiquitäten eingerichteten Bürovon Janushek Parczievcski imStamforder Hauptquartier stattfand,sondern in einem kahlen, bunkerartigenBetonraum tief unter denHäusern von <strong>Velbert</strong>.„Das ist sein eigentlicher Name,obwohl er im Laufe der Jahreunzählige Pseudonyme verwendethat. Als Chef der A.S.S.A. nannteer sich z.B. Olaf Storadjur. Ansonstenwissen wir so gut wie nichtsüber ihn, außer, dass er seit fastfünf Jahrzehnten an der Spitze vonIl Lucchetto steht.Parczievcski hörte TheodorasAusführungen nur mit einem halbenOhr zu. Es schmerzte ihn, dasser in dieser Sache selbst seine engstenVertrauten im Dunkeln lassenmusste, denn er war sich sicher, diewahre Identität von Megatherionzu kennen. <strong>Der</strong> Ursprung diesesGeheimnisses lag tief in seiner Vergangenheitverborgen <strong>und</strong> berührtedie schmerzhaftesten Punkte seinerLebensgeschichte.Doch nur in seinem Schweigenlag die Chance, demjenigen, dersich heute Megatherion nannte <strong>und</strong>der dafür verantwortlich war, dasser die letzten fünfzig Jahre aufdiesen Rollstuhl angewiesen war,endgültig den Garaus zu machen.Nein, nicht einmal Thea <strong>und</strong> Stevendurfte er einweihen, zu vielhing davon ab, nicht nur das seinerpersönlichen Nemesis, sondern dasSchicksal eines gesamten Zeitalterssollte bald entschieden werden.Nachdem Theodora mit ihrenAusführungen geendet hatte, ergriffSteven das Wort.„Gentlemen, Theodora, wir stehenvor einer ungeheuren Herausforderung!Die letzte Schlacht gegenunseren gefährlichsten Widersachersteht unmittelbar bevor. Für diesenKampf haben wir uns vorbereitet.Sie haben die Sicherungsmaßnahmen,die wir für das mystische<strong>Schloss</strong> getroffen haben, ja bei derFührung selbst in Augenscheingenommen. Ja……?“<strong>Der</strong> Redakteur, der in der zweitenReihe saß, hatte sich mit einemetwas hektischen Handzeichenzu Wort gemeldet <strong>und</strong> auch seineStimme machte, als Steven ihmdas Wort erteilte, einen aufgeregten8


Eindruck.„Ja, warum dieser ganze Aufwand,hätte man es nicht einfachirgendwo hinbringen können, woman so schon sicher aufbewahrenkonnte. Ein Atomraketendepot oderso etwas?“Parczievcski nickte Steven zu<strong>und</strong> bedeutete ihm so, dass er aufdiese Frage persönlich antwortenwollte.„Mein lieber Herr Redakteur. Esgeht hier nicht darum, was wir wollen.Wir haben es hier mit Mächtenzu tun, die unsere Vorstellungskraftsprengen. Das mystische <strong>Schloss</strong> –Il Lucchetto – hat <strong>Velbert</strong> gewählt,nicht wir. Es war klug von Ihnen,Steven <strong>und</strong> Theodora, dass sie esdamals, als sie es wiederentdeckten,nicht mit bloßen Händen berührthaben. Niemand kann sagen, wasmit demjenigen passiert, der dasversucht!“Er fixierte den Mann mit seinentrotz seines Alters immer nochscharfen Augen, die von schweren,buschigen weißen Augenbrauenüberschattet waren.„Unsere Feinde werden trotzaller Geheimhaltung erfahrenhaben, dass sich das <strong>Schloss</strong> hier in<strong>Velbert</strong> befindet. Megatherion wirdes bereits spüren, dass es hier ist<strong>und</strong> wird mit dem Schlüssel kommen,um es aufzuschließen <strong>und</strong> dasInferno zu entfesseln. Ich wette,dass er schon ganz in der Näheist.“2<strong>Der</strong> Redakteur saß einige St<strong>und</strong>enspäter an seinem Computer <strong>und</strong>blickte auf die Website der großenNachrichtenagentur. Überall ausder Welt trafen die Katastrophenmeldungenein <strong>und</strong> schienen sichzu überschlagen. Sandstürme inAlgerien, Überschwemmungen inThailand <strong>und</strong> Erdrutsche im Himalaya.Früher hatte es vielleicht einoderzweimal im Jahr eine solcheNachricht gegeben – aber heute,heute gab es alle zwei St<strong>und</strong>en eineMeldung über eine neue Katastrophe.Und jetzt hatte er von Parczievcskierfahren, dass der Ursprungall dieser Bedrohungen ganz in derNähe lag. Für den Moment, so hatteer ihnen erklärt, war <strong>Velbert</strong> wahrscheinlichder sicherste Ort aufdem Planeten, denn im Augenblickwaren sie quasi im Auge des Orkans.Dies würde sich aber bald ändern;bald würde es zum Schlachtfeldwerden, auf dem das große Gefechtzwischen Gut <strong>und</strong> Böse beginnen9


sollte.2Im Schatten des Turmes, denMegatherion zu seinem Hauptquartiererkoren hatte <strong>und</strong> in dessenoberstem Geschoss er seine weißeKammer eingerichtet hatte, machtesich ein Trupp fertig. Die Schiebetürdes dunklen Lieferwagens standoffen <strong>und</strong> in seinem Inneren wareneine Reihe von Aluminiumkistenmit Ausrüstung zu sehen.Neben den drei hoch gewachsenen,muskelbepackten Männernwirkte Abbadonia in ihrem enganliegenden Stretchanzug nochzierlicher. Ihre Stimme aber hattejeglichen Anflug der sanften Unterwürfigkeit,mit der sie ihrem Großmeistergegenüber getreten war,verloren <strong>und</strong> ließ in ihrer Schärfedie Muskelmänner beim erstenWort stramm stehen.Alle drei waren ehemaligeSchweizergardisten, die von denVertretern Il Lucchettos im Vatikanspeziell für diesen Einsatz angeworbenworden waren. Das war seitder Zeit der Borgias die Praxis vonIl Lucchetto <strong>und</strong> hatte sich auch im21. Jahrh<strong>und</strong>ert schon bewährt.„Männer!“ Ihre grünen Augenblitzten <strong>und</strong> die massigen Kerlemachten den Eindruck von Schuljungen,die gerade von ihrer Lehrerinheruntergeputzt wurden.„Ab in den Wagen, die Sachegeht endlich los.“ Zwei der Männersprangen hinten in den Wagen <strong>und</strong>ließen die Schiebetür mit einemScheppern zukrachen. <strong>Der</strong> Dritteschwang sich auf den Fahrersitz<strong>und</strong> Abbadonia gab ihm Instruktionen.Nach <strong>Velbert</strong> würden sie nuretwa eine Viertelst<strong>und</strong>e brauchen.2Steven saß allein in dem dunklenSaal, in dessen Mitte der achteckigeBetonsockel stand. Auf ihmruhte auf einem Kissen das kleine,unscheinbare römische <strong>Schloss</strong>,das man seinerzeit bei der mumifiziertenLeiche in der alten Gießereihallegef<strong>und</strong>en hatte. Er fandimmer noch, dass es eher wie einealte verbeulte <strong>und</strong> verrostete Tomatenmarkdoseaussah, als nach einem<strong>Schloss</strong>.Steven war ein praktischer Typ.Wenn es darum ging, einen Einsatzzu planen, <strong>und</strong> z.B. eine Gruppegekidnappter Touristen aus denKlauen einer Gruppe KolumbianischerGuerillas zu befreien, machteihm niemand etwas vor.Aber all der Mystizismus, derdiesen Fall umgab war ihm gründlichfremd <strong>und</strong> auch wenn er Parczievcskials seinen Mentor schätzte,hatte er doch erhebliche Probleme,10


ihm all das zu glauben, was er überdie diabolische Wirkung dieserzerdepperten Metalldose zu sagenhatte.Steven zuckte zusammen, beinahewäre er eingenickt. <strong>Der</strong> Raumlag im Dämmerlicht <strong>und</strong> nur das<strong>Schloss</strong> selbst wurde unter demPanzerglassturz von einer Glasfaserlampebeleuchtet.Er hatte eine verdammt harteZeit gehabt <strong>und</strong> war h<strong>und</strong>emüde.Parczievcski hatte aber daraufbestanden, dass er persönlich dieseSchicht in der Überwachung übernehmensollte. Theodora hatte sichfreiwillig gemeldet, aber der Altehatte darauf bestanden, dass er dieÜberwachung übernahm.Aber was sollte hier schon großpassieren? Das ganze Tunnelsystemwar mit der modernsten Sicherheitselektronikausgestattet, dieman bekommen konnte. Allein derRaum hier wurde von unsichtbarenLaserstrahlen durchzogen wie voneinem Spinnennetz. Wenn nur einervon ihnen unterbrochen wurde,würde das sofort den Alarm auslösen.Steven merkte, wie ihm langsamdie Augen zufielen Er versuchtedagegen anzukämpfen, aber daserschien ihm plötzlich zwecklos.<strong>Der</strong> Drang war zu stark, als dass erihm nicht hätte nachgeben können.Als er über die Grenze glitt, stiegenTräume vor seinem Auge auf,schöne Träume, er sah Thea, wie siein der Mitte eines Feldes stand. DasBlau ihrer Augen spiegelte sich inden Kornblumen wieder, die hier<strong>und</strong> da zwischen dem goldgelbenWeizen standen. Ihre Augen! Als ertief in ihre Augen sah <strong>und</strong> sie küssenwollte, geschah etwas seltsames:langsam, ganz langsam verändertensie ihre Farbe <strong>und</strong> verkehrtensich allmählich, ganz allmählich inein tiefes Grün.Mit sanfter Stimme sprach sie zuihm <strong>und</strong> bevor sie ihre Arme umihn schlang <strong>und</strong> ihm einen Kuss aufden M<strong>und</strong> hauchte, kam es ihm sovor, als waren auch ihre Haare nichtmehr blond <strong>und</strong> golden, sonderntief schwarz.Jetzt war er wieder in dem Raum,in dem das <strong>Schloss</strong> aufbewahrtwurde. Sie sprach sanft zu ihm <strong>und</strong>ihm wurde klar, dass er ihr gehorchenmusste. Er musste das Sicherheitssystemabstellen, sofort. Erging wie ein Schlafwandler zu derkleinen Kamera <strong>und</strong> richtete sie aufsein rechtes Auge. <strong>Der</strong> Computererkannte das Muster von Äderchenauf seiner Netzhaut <strong>und</strong> akzeptierteden Befehl, die Sicherheitseinrichtungenim gesamten Tunnelsystem11


abzuschalten.Da plötzlich spürte er einen stechendenSchmerz am Hinterkopf<strong>und</strong> sackte in sich zusammen.2Den Wachmann, der am nächstenMorgen die erste R<strong>und</strong>e übernahm,traf beinahe der Schlag! Das ersteGefühl, dass etwas nicht stimmte,hatte er bereits bekommen, als erden innersten Bereich betreten hatte<strong>und</strong> merkte, dass das Alarmsystemausgeschaltet war. Mit gezogenerWaffe hatte er sich langsam vorangetastet.Im Kuppelsaal, dem am stärkstengesicherten Bereich, war es dannzur Gewissheit geworden, dassjemand eingebrochen war.Aber wie? An keiner der Türenwar irgendeine Spur zu finden.Er stürzte auf den großen rotenKnopf zu, der neben dem leerenSockel angebracht war, von demman mit Gewalt den Panzerglassturzheruntergestoßen hatte.Sofort ging lautes Alarmgeheullos <strong>und</strong> innerhalb von wenigenMinuten kamen Gruppen von Leutenangestürmt, die verdutzt imRaum stehenblieben <strong>und</strong> ratlos umsich schauten. Damit hatte niemandgerechnet. Sechzehn MillionenDollar allerneueste, hochmoderneAlarmtechnik, alles umsonst.Theodora betrat den Raum <strong>und</strong>blickte sich um.„Steven?“<strong>Der</strong> Wachmann blickte sie an <strong>und</strong>schüttelte den Kopf.„Steven“ schluchzte sie……….2„Wie ein Mondkalb! DieseSchlange, diese Schlampe!“„Thea, versuchen Sie ruhig zubleiben!“„Ruhig bleiben, wie soll dasdenn gehen. Wie ein Mondkalbist er ihr hinterher getrottet, dieserSchlampe!“Theodora tobte, ihr Gesicht wargerötet <strong>und</strong> sie stampfte durch dasprovisorische Büro des Professors,wie eine Löwin in ihrem Käfig.Gerade hatten sie sich die Videosangesehen, die die Sicherheitskamerasaufgenommen hatten. Sie hattengesehen, wie Abbadonia Steven aufden M<strong>und</strong> geküsst hatte <strong>und</strong> dieseranschließend anscheinend willenlosihre Befehle befolgt hatte. Dannwar der Film abgebrochen.„Theodora, ich glaube, ich mussIhnen einiges erklären! Abbadoniaist Megatherions Geschöpf.“„Wie, was soll das nun wiederheißen…?“ Er schien Theas Interessegeweckt zu haben <strong>und</strong> sie hörtezumindest erst einmal damit auf,durch den Raum zu stampfen.12


„Er hat sie als vierjähriges Kindim Waisenhaus eines Nonnenklostersin Belfast in Nordirland aufgelesen.Er hat sie großgezogen <strong>und</strong>dazu ausgebildet, seine dunklenPläne auszuführen….“„Und…?“ Thea hatte sich gesetzt<strong>und</strong> es war ihm augenscheinlichgelungen, sie mit der Geschichte,die er zu erzählen begann, in seinenBann zu ziehen.„Megatherions <strong>und</strong> mein Weghaben sich schon mehrfach gekreuzt<strong>und</strong> damals war er noch nicht derdunkle Großmeister, aber böse warer schon – durch <strong>und</strong> durch. Erwurde am 06.06.1906 in Georgiengeboren <strong>und</strong> lebt nur deshalb noch,weil der magische Schlüssel seineExistenz, jedes Mal, wenn er dasRitual vollzieht, auf unnatürlicheWeise verlängert. Aber in Wirklichkeitist er nur noch eine Art Schatten,ein kraftloses Gespenst. Deshalbhat er Abbadonia zu seinemWerkzeug gemacht……..“Theodora hörte ihm zu <strong>und</strong> setztenun ein trotziges Gesicht auf.„Das erklärt mir aber immer nochnicht, warum Steve plötzlich dieSeite wechselt, sich von ihr abknutschenlässt.“„So hören Sie doch Thea, siesollten sich um Steven eher Sorgenmachen. Er hatte keine Wahl, derMacht von Abbadonia war er nichtgewachsen, <strong>und</strong> genau deshalb habeich ihn doch für diese Aufgabe eingesetzt.“„Wie?“ Sie machte ein spitzesGesicht. „Das müssen Sie mir jetztaber wirklich einmal näher erklären.“2Abbadonia lächelte, etwas, wassie nur sehr selten tat. Sie warzufrieden mit sich <strong>und</strong> der Welt.Den Amerikaner hatten sie geknebelt<strong>und</strong> gefesselt, obwohl dies,selbst nachdem er sich von demSchlag mit dem Gummiknüppelerholt hatte, eigentlich nicht nötigwar. Ein Mann, der einmal unterihrem Bann stand, konnte sich auseigener Kraft nicht mehr darausbefreien. Das hatte der Meister siegelehrt <strong>und</strong> das war ihre mächtigsteWaffe.<strong>Der</strong> Meister saß in seiner Turmkammer<strong>und</strong> verbrachte seine Zeitmit Meditation. Nach Einbruch derDunkelheit, wenn der Vollmond amHimmel aufgegangen war <strong>und</strong> denTurm in ein silbriges Licht getauchthatte, würde sie ihm das <strong>Schloss</strong>bringen <strong>und</strong> er würde das Ritualvollziehen.Dann würde sich ihrer beider13


Bestimmung erfüllen. <strong>Der</strong> Meisterwürde wieder jung sein <strong>und</strong> stark.Er würde der dunkle Herrscher sein<strong>und</strong> sie die Herrscherin an seinerSeite. Schön würden sie sein, schön<strong>und</strong> schrecklich <strong>und</strong> nichts <strong>und</strong>niemand würde sie mehr aufhaltenkönnen.2„Ich musste das Risiko einfacheingehen, wir hatten keine andereWahl“, sagte der Professor, demes nun gelang, Theodora den Ernstseiner Lage klar zu machen.„Steven war der einzige, derfür den Job in Frage kam. SeineGefühle für Sie waren es, die michdazu bewogen haben. Sie wirkenwie ein Schutzschild, so dass Abbadoniaseinen Willen nie ganz brechenkann. Jeder andere Mann wäreihr für den Rest seines Lebens verfallengewesen.“„Wie konnten Sie nur……….?“Aus Angst um Steven war Thea nunkreidebleich geworden.„Thea, wir sind alle Profis <strong>und</strong> Siewissen genau, dass es früher oderspäter gefährlich werden würde!Aber auch mir ist jetzt klar, dass ichMegatherion persönlich gegenübertreten muss!“„Aber, wie soll das gehen Professor?Mit dem Rollstuhl haben Siedoch keine Chance.“„Ich werde das tun müssen,womit sich Megatherion seit Jahrzehntenam Leben erhält: das Ritualvollziehen!“„Das Ritual?!“ Thea reagierteverdutzt. „Aber womit denn, die<strong>Band</strong>e hat doch das <strong>Schloss</strong> mitgehenlassen?!“„Mitnichten meine Liebe, mitnichten!Die haben ein <strong>Schloss</strong> mitgenommen,aber nicht das <strong>Schloss</strong>.Ich habe das <strong>Schloss</strong>, das Sie damalsim <strong>Schloss</strong>- <strong>und</strong> Beschlägemuseumauf die Lösung des Il Lucchetto-Falles gebracht hat ausgeliehen,um die Marder aus ihrem Bau zulocken.“<strong>Der</strong> alte Mann holte einen Beutelaus schwarzem Samt aus der Tascheseines abgewetzten Tweedjackets.„Bitte Theodora, ich brauche ihreHilfe!“2<strong>Der</strong> Himmel über Langenberghatte sich verdunkelt. In der dichtenWolkendecke gab es eine einzigeLücke, die das Licht des fahlenMondes auf den Bismarckturm aufder Höhe des Hügels fallen ließ.Plötzlich geschah etwas, was nochüber Monate für Gesprächsstoffsorgen sollte. Wie ein umgekehrterBlitz, der sich nicht vom Himmelzum Boden, sondern in entgegengesetzterRichtung bewegt, schlug14


ein Lichtstrahl aus der Spitze desTurmes. Aus der Spitze der beidenSender zuckten ähnliche Erscheinungen,die sich im Zenith mit demStrahl aus dem Turm vereinigten<strong>und</strong> zu einem Feuerball verschmolzen.Dieser begann sich zunächstlangsam in die Höhe zu bewegen,stockte <strong>und</strong> änderte dann raschseine Richtung.Anstatt, wie sein Erzeuger esihm befohlen hatte, zunächst in dieIonosphäre aufzusteigen, dann mitvierfacher Schallgeschwindigkeitnach Washington zu fliegen <strong>und</strong>dort ins Pentagon einzuschlagen<strong>und</strong> es zu verwüsten, schnellte derFeuerball auf die Villa am Randeder Altstadt zu.Hinter den Glasscheiben beganndas Innere des Gebäudes aufzulodern,als die Flamme Enzos <strong>und</strong>Luigis Biospritdepot in Brand setzten<strong>und</strong> das Haus in Flammen aufgehenließ.Markerschütternd gellte überdie Wipfel der dunklen Bäume derSchrei aus Wut <strong>und</strong> Frustration hinweg:„Verraaaaat, Verraaaaat!!“2Thea hatte die Anweisungen desProfessors genau befolgt. Sie hatteihm geholfen das Gewand aus weißemLeinen anzulegen, ihm aus demRollstuhl geholfen <strong>und</strong> ihn im Zentrumdes Kuppelsaales im Schneidersitzauf den Boden gesetzt.„Ich kann ihnen nicht sagen, wasdas Ergebnis dieses Experimentssein wird, Thea. Ich weiß nur, dasses unsere einzige Chance ist. Bitteziehen sie sich hinter die Schutzwandzurück!“Schweigend folgte sie seinerBitte, spähte aber über die Oberkanteder niedrigen Betonwand, umzu verfolgen, was nun geschah.Parczievcski begann zu murmeln<strong>und</strong> mit monotoner Stimme eineArt Gesang zu deklamieren:„Ich rufe Dich, Nemesis!Höchste!Göttlich waltende Königin!Allsehende, Du überschaust<strong>Der</strong> vielstämmigen SterblichenLeben.Ewige, Heilige, Deine FreudeSind allein die Gerechten.“<strong>Der</strong> Professor hatte vorsichtig daskleine, über 2000 Jahre alte <strong>Schloss</strong>aus seinem Beutel genommen <strong>und</strong>auf den Stoff seines Gewandes inden Schoß gelegt.“„Aber Du hassest der RedeGlast,Den bunt schillernden, immerwankenden,15


Den die Menschen scheuen,die dem drückenden JochIhren Nacken gebeugt haben.“Von dem ursprünglich unscheinbarenGegenstand aus oxidierterBronze begann nun ein schwacherGlanz auszugehen, der unaufhaltsaman Intensität zunahm, bis er zueinem strahlenden Leuchten gewordenwar. Mit ihm war der Raum nunvon einem anschwellenden dunklenTon erfüllt. Mit dem Klang wurdeauch die Stimme Parczievcskis stetiglauter <strong>und</strong> fester.„Aller Menschen Meinung kennstDu,Und nimmer entzieht sich Dir dieSeeleHochmütig <strong>und</strong> stolzAuf den verschwommenenSchwall der Worte.“Theodora traute ihren Augennicht, als der alte Mann mit diesenWorten nun den gesamten Kuppelraumausfüllte. Er war aufgestanden!<strong>Der</strong> Professor, dem über dreißigJahre lang die Beine den Dienstversagt hatten, stand inmitten einesgleißenden Lichtkegels. Aufrecht<strong>und</strong> gerade wirkte seine Gestalt, diesie ob der Helligkeit nur noch alsUmriss wahrnehmen konnte, fastüberlebensgroß.„In alles schaust Du hinein,Allem lauschend, alles entscheidend.Dein ist der Menschen Gericht.“Wie die kreisförmigen Wellen,die sich im Wasser bilden, wenn einTropfen hineinfällt, nur viel langsamer,breiteten sich Wellen des Lichtesum die Gestalt des Mannes aus,der nun kein Greis mehr war. Sieschienen durch sie hindurch zu fließen,ja, durch die Wände des unterirdischenSaales hinaus ins Weltallzu strömen!Mit jeder Welle Energie, von derihr Körper durchdrungen wurdewie von einer warmen Vibration,fühlte Theodora ihre Kraft steigen.Sie war bereit, bereit für den Kampf<strong>und</strong> bereit für die Gegnerin, die dasSchicksal für sie auserwählt hatte.Abbadonia!2Abbadonia rekelte sich. Sie trugwieder den schwarzen hautengenCatsuit, den sie getragen hatte, alssie sich wie eine Natter durch dasBelüftungssystem in die geheimeKammer geschlängelt hatte, in derdie Allianz das heilige <strong>Schloss</strong> verborgenhatte.Auf ihren schlanken Fingernsteckten Metallaufsätze, derenSpitzen leicht gebogen <strong>und</strong> rasiermesserscharfwaren. Wie ein Raubtierzog sie ihre künstlichen Krallenzusammen. Nichts war von derGenugtuung geblieben, die sie nochwenige St<strong>und</strong>en zuvor verspürt16


hatte.Megatherion schätzte es gar nicht,wenn seine Befehle nicht ausgeführtwurden. Sein Zorn war schrecklich<strong>und</strong> seine Strafe gerecht gewesen.Für die Schmerzen würde nun derAmerikaner büßen müssen. Sie ließdie Krallen klicken.Irgendetwas hatte mit dem Bann,mit dem sie ihn belegt hatte, nichtrichtig funktioniert. Zwar starrte ersie ständig an wie ein mondsüchtigesSchaf, aber brauchbare Informationenhatte sie noch nicht ausihm herausbekommen. Also würdesie nun wohl doch auf die gute alteFolter zurückgreifen müssen. <strong>Der</strong>Gedanke daran hellte ihre Stimmungdann doch wieder ein wenigauf!Außerdem war Megatheriondavon überzeugt, dass sie baldkommen würden, ihn zu holen.Sentimentalität war schon immereine der größten Schwächen dersogenannten „Guten“ gewesen.2Zog man zwischen den beidenSendemasten <strong>und</strong> dem TurmMegatherions den Umriss einesDreiecks, so lag die Weide genauin dessen Mittelpunkt. In den letztenWochen hatte der Ort von sichreden gemacht, weil im hohen Grasmehrmals flach getretene Musteraufgetaucht waren, die stark andie Muster erinnerten, die man inGroßbritannien in den Kornfelderngef<strong>und</strong>en hatte. Waren auch hierAußerirdische am Werk?<strong>Der</strong> Hobbyufologe <strong>und</strong> Chefarztder <strong>Velbert</strong>er Gerichtsmedizin zogden Reißverschluss seines Anoraksbis oben zu. Er hatte sich in einemBusch verschanzt <strong>und</strong> nahm aus seinerThermoskanne ab <strong>und</strong> zu einenSchluck Tee mit Rum, um die Kältezu vertreiben.Auch wenn sein Fre<strong>und</strong> derReporter ihm keinen Glaubenschenkte, er war sich sicher: heuteNacht würde endlich etwas passieren.Die Stellung von Uranus, Pluto<strong>und</strong> Saturn war ideal! Ja, heutewürde es passieren, heute würdeer als erster Vertreter der menschlichenRasse mit den Bewohnern vonAdams 42, eines Planeten, den erselbst vor r<strong>und</strong> einem Jahr entdeckthatte, Kontakt aufnehmen. Dannwürde auch sein Fre<strong>und</strong> der Redakteurihm Recht geben müssen.Seit dem dieser von seinen Experimentenmit Paradoxurus hermaphroditusub<strong>und</strong> dem Kaffee gehörthatte, schien er ihn nicht mehr ganzfür voll zu nehmen <strong>und</strong> ließ ständigspitze Bemerkungen fallen.17


Als endlich etwas passierte, risses ihn aus dem Schlaf. Er verfluchtesich selbst dafür, dass er eingenicktwar! Die Szene, die sich ihm bot,war aber eine völlig andere als die,die er erwartet hatte.Anstelle der drei Meter großenAdams 42 Bewohner, die mit ihrenspinnenartigen blauen Gliedmaßenin glänzenden Raumanzügen steckten<strong>und</strong> ihm ein blechernes „wirgrüßen Dich Erdling“ entgegen riefen,sah die Szene auf der Lichtungaus wie ein prähistorisches Ritual.2Das Erste was Steven merkte, alser aus der Trance erwachte, die ihnso lange gefangen gehalten hatte,war, dass er seine Arme <strong>und</strong> Beinenicht bewegen konnte. Er zerrte anden Stricken, mit denen man seineFuß- <strong>und</strong> Handgelenke gefesselt<strong>und</strong> an Pflöcke geb<strong>und</strong>en hatte, dietief im kalten Boden des Feldes verankertwaren. Vergeblich!Als er endlich in der Lage war,seine schweren Lider zu heben,dauerte es einen Moment, bis sichder graue Schleier der über seinenAugen lag, löste. Was er nun sah,ließ ihm einen Schauer durch seinRückenmark jagen: ein grünes PaarAugen, dass ihn aus wenigen ZentimeternEntfernung in sein Gesichtstarrte. Das Frauengesicht, das zuden Augen gehörte, hätte schönsein können, aber der Hass, derihm entgegenschlug, ließ sein Blutgefrieren.Er versuchte erneut sich loszumachen,wieder vergeblich. Langsamkehrte auch seine Erinnerungzurück. Das letzte, an das er sicherinnern konnte, war, dass er imPanzerraum der unterirdischenFestung das Bewusstsein verlorenhatte. Irgendetwas musste ganzunglaublich schief gegangen sein.Die Luft um ihn herum war voneiner Art summendem Gesangerfüllt. Er warf seinen Kopf vollPanik zunächst nach rechts, dannnach links. Um ihn herum standenin einem großen geschlossenenKreis Gestalten in grauen Kutten,die Kapuzen so tief in die Gesichtergezogen hatten, dass man ihreZüge nicht erkennen konnte. In denHänden hielten sie Fackeln, die dieSzene zusätzlich in ein gespenstischesLicht tauchten.Hoch erhoben über ihm standdie Gestalt Abbadonias, das langerabenschwarze Haar wehte im Wind.Das fahle, ebenmäßige Gesichtwie im Blutrausch verzerrt, hobsie ruckartig ihre Arme, an ihrenFingern blitzten die rasiermesserscharfenKlingen ihrer künstlichenKrallen.Für den Bruchteil eines Augenblickswar es totenstill! Dann18


erscholl ihre hohe Stimme, diedurch die Erregung beinahe zueinem Kreischen verzerrt war.„Brüder, wir haben uns hier versammelt,weil unser Meister einBlutopfer verlangt. Diese geweihteErde soll das Blut des Amerikanerstrinken, damit unser Meister seingroßes Werk vollenden kann.“Sie holte mit ihrem linken Armaus. Dann spürte Steve plötzlicheinen grausam stechenden Schmerz,als sich ihre Krallen tief in dasFleisch seines Brustkorbs gruben.2Diese neuen Helikopter warenerstaunlich. Gegenschallgeneratoren!Die allerneueste Technologie,ausgesprochen geheim <strong>und</strong> nurfür Spezialeinsätze der CIA, desFBI <strong>und</strong> des FVSB vorgesehen.Sie waren wirklich fast geräuschlos.Auch wenn sie bis zum Berstenangespannt war, konnte Theaihre Begeisterung nicht verhehlen.Die Schiebetür des Luftfahrzeugesstand offen <strong>und</strong> der Rotoren- <strong>und</strong>Fahrtwind zerzausten ihr blondesHaar.Zehn Mann waren in ihrem Helikopter<strong>und</strong> jeweils zehn in den dreiweiteren. Knapp fünfzig weitereMarines rückten am Boden an. Allespeziell im Einzelkampf mit <strong>und</strong>ohne Waffen ausgebildet.Die Zeit aber, der wichtigsteFaktor, war gegen sie! Wenn sie esnicht rechtzeitig schaffen sollten,war Steve verloren. <strong>Der</strong> Professorwar nicht bei ihnen. Nach dem ersich dem Ritual unterzogen hatte,war er alleine aufgebrochen, umsich seinem größten Widersacherzu stellen.2Er hatte es ja gewusst. <strong>Der</strong>Gerichtsmediziner jubelte innerlich.Wahrscheinlich waren die eigenartigenDruiden auf dem Feld auchein Begrüßungskomitee. Die lautlosen,glänzenden Flugkörper, diejetzt am Himmel auftauchten <strong>und</strong>mit ihren Scheinwerfern die Umgebungin gleißendes Licht tauchten,konnten nur bedeuten, dass er dochRecht behalten würde.So würde er nicht der erstesein, der den Adam 42 Bewohnerngegenüber treten würde, aber dasänderte nicht viel. Sie würden ihnmit sich nehmen, würden, wenn eralt war <strong>und</strong> zu sterben drohte, einenKlon von ihm herstellen, dem mansein ungeheuer großes <strong>und</strong> wichtigesWissen implantieren konnte.So würde er ewig leben, denn auf19


ihn mit seinen außerordentlichenFähigkeiten, würde man auch aufAdams 42 nicht verzichten können.Er warf Fernglas, Kamera <strong>und</strong>Thermoskanne von sich <strong>und</strong> stürmteauf die Lichtung.2Die hochgewachsene Gestalt desMannes näherte sich dem Portal desTurmes, durchschritt es <strong>und</strong> gingbehände die spiralförmige Treppehinauf. Sein langes schlohweißesHaar stand in eigenartigem Kontrastzu der dynamischen Geschmeidigkeitseiner kraftvollen Bewegungen.An der Tür der Kammer, die IlLucchetto eingebaut hatte, nachdemes den Turm übernommenhatte, hielt er kurz inne.„Janushek! Du bist also gekommen.“Die Stimme Megatherionsschlug ihm aus dem Inneren entgegen.Als der Professor den Raumbetrat, standen sich die Widersacherunmittelbar gegenüber.„Janushek, ich hoffe nicht, dassDu glaubst, dass Dir die Verjüngungdurch das Ritual irgendwie imKampf gegen mich helfen würde. Indem Kampf, den wir auszufechtenhaben, geht es um etwas anderes alskörperliche Fitness.“<strong>Der</strong> Professor schnaubte. DasRitual hatte ihn wirklich soweitverjüngt, dass er nun wie ein Fünf<strong>und</strong>dreißigjährigerwirkte. Auch dieNerven seines Rückenmarks hattees so regeneriert, dass er die Gewaltüber seine Beine wieder gewonnenhatte.„Megatherion nennst Du Dichalso jetzt….. Lächerlich, hältst DuDich wirklich für einen dunklenPropheten? Es ist jetzt das drittemal, dass wir aufeinander treffen<strong>und</strong> auch, wenn Du dir heutzutageversuchst, die Aura eines Fürstender Finsternis zuzulegen, bleibstDu doch nur der banale Verbrecher,der Du gewesen bist, als wir unsdas letzte mal 1944 begegneten.Dschughaschwili! Vetter eines derschlimmsten Monster, die die Weltgeschichteje hervorgebracht hat<strong>und</strong> sein geheimer Handlanger imMassaker von Katyn. Du hast meinenVater auf dem Gewissen.“Megatherion zeigte sich vonParczievcskis Rede wenig beeindruckt.„Immer noch der rachsüchtigekleine Junge! Vergiss nicht, in meinenAdern fließt das Blut Rasputins.Wie beim letzten mal auch, hastDu keine Ahnung auf was Du dichhier einlässt. Die Kräfte die mir zuGebote stehen……..“„Pa,“ fiel ihm der Professor insWort, „Du glaubst doch nicht ernsthaft,dass Du diese Energie aufDauer kontrollieren kannst <strong>und</strong>,20


dass Du derjenige bist, der derdunklen Macht Befehle gibt. Genauanders herum ist es, es wird immerdie Dunkle Macht sein, die Dirihre Befehle aufzwingt. Langenbergwird nie zu Armageddon werden.Keine Apokalyptischen Reiterwerden kommen, um Dir beizustehen.“Aus der Tasche seines Gewandshatte Parczievcski einen kleinenBeutel gezogen. Als er ihn öffnete,ging von dem kleinen Schlösschenwieder das gleiche überirdischeLicht aus, das gestrahlt hatte, alsvom Professor die Last der Jahre<strong>und</strong> die Folgen des schrecklichenVerbrechens, das ihm der Großmeisterals junger Mann zugefügthatte, abgefallen war.2Wie ein strahlender Engel derVergeltung hatte sich Thea aufAbbadonia gestürzt. Eine halbeMinute später <strong>und</strong> es wäre umSteve geschehen gewesen. Wäre danicht der Verrückte gewesen. <strong>Der</strong>war in Anorak <strong>und</strong> Pudelmütze aufdas Schlachtfeld gestürzt <strong>und</strong> hatte„Nano, Nano, Fremde von Adams42“ geschrien.Dies hatte Abbadonia für denMoment inne halten lassen, so dassThea sich auf sie stürzen konnte.Abbadonia hatte versucht, ihr mitihren Messerkrallen das Gesichtzu zerfetzten. Thea schnaubte nurkurz auf, sprang aus dem Standhoch, wirbelte in der Luft um ihreeigene Achse <strong>und</strong> brachte Abbadoniamit einem gezielten Trittgegen den Kehlkopf zu Fall. DreiWochen FVSB Spezialtraining inHongkong! Männer mochte dieseSchlampe vielleicht mit ihrer Hypnosenummereinseifen können.Thea aber nicht!Thea durchschnitt die Stricke, mitdenen Steven an den Boden gefesseltwar. Er war schrecklich zugerichtet,aber als sie zwei Finger anseine Halsschlagader legte, jubeltesie innerlich. Sein Herz schlug fest<strong>und</strong> regelmäßig.Auch wenn Steven zunächst ausunmittelbarer Gefahr war, tobteum sie herum die Schlacht. Dendunklen Kapuzengestalten warendie angeheuerten Schweizergardistenzu Hilfe geeilt, die mindestensgenau so gut ausgebildet <strong>und</strong>bewaffnet waren wie Theas eigeneLeute.Sie stieß einen lauten Ruf aus<strong>und</strong> fünf ihrer Männer gruppiertensich um den immer noch bewusstlosenSteve, die Sturmgewehre imAnschlag.21


Noch war ihre Verstärkung amBoden nicht eingetroffen <strong>und</strong> eskonnte auch noch einige Zeit dauern.Bis dahin konnte aber schonalles zu spät sein.Doch dann begann das Blatt sichzu wenden. Ganz unscheinbar <strong>und</strong>leise hatte es begonnen. Wie einleises Summen, das sich in steigendemTremolo in einen sphärischenChoral zu entwickeln begann.Zuckende Blitze schnellten aus denSpitzen der beiden Sendemasten<strong>und</strong> vereinigten sich mit dem Lichtstrahl,der erst fahl <strong>und</strong> gleißend,dann immer deutlicher <strong>und</strong> stärkeraus dem obersten Geschoss desBruchsteinturmes kam. Wie durchdie Flammen aus den Sendemastengenährt, verwandelte sich derStrahl zu einem Ring aus reinstemLicht, der sich um den Turm herumschlang <strong>und</strong> begann sich pulsierendaufwärts <strong>und</strong> abwärts zu bewegen.Dreimal stieg er herab <strong>und</strong> dannwieder herauf, um dann an derSpitze des Gemäuers zu verweilen,sich langsam auszuweiten, um sichplötzlich, schnell <strong>und</strong> unerwartet,zusammen zu ziehen <strong>und</strong> quasidurch die schießschartenartigenLuken im Innern zu verschwinden.<strong>Der</strong> Schlag, der nun folgte, warohrenbetäubend! Niemand vondenen, die dieses Schauspiel verfolgten,hatte jemals etwas derartigesgehört <strong>und</strong> niemand wünschtesich, jemals wieder ein solchesGeräusch zu hören. Es war, alswürde der Schall in die Tiefen desKörpers eindringen, um dort jedeneinzelnen Knochen wie Glas berstenzu lassen.Von dem Turm aber, der seit überh<strong>und</strong>ert Jahren das Bild der Landschaftgeprägt hatte, war nach demSchlag <strong>und</strong> der Druckwelle, diesich erst ausbreitete <strong>und</strong> dann wiederzusammenzog, kaum ein sichtbarerRest geblieben. Es war, alshabe sich das massive Gemäuer inseine Atome aufgespalten <strong>und</strong> seiverdampft.Steven schlug endlich die Augenauf <strong>und</strong> Thea wurde nun von ihrenGefühlen überwältigt. All die aufgestauteAnspannung der letztenTage fiel von ihr ab <strong>und</strong> ihre Tränennahmen freien Lauf.Auch die Lage um Sie herumhatte sich vollständig gewandelt.Als die Schergen Megatherionsgesehen hatten, dass ihr Bollwerkgefallen war, ließen sie ihre Waffenfallen <strong>und</strong> ergaben sich den FVSBTruppen mit erhobenen Händen.2EpilogSteven zuckte zusammen. Seitder Entscheidungsschlacht warüber ein Jahr vergangen, aber er warimmer noch nicht wieder ganz der22


alte. Er stellte den Rasenmäher ab<strong>und</strong> ging hinüber zu Thea, die ihmeine Karaffe mit kühler Limonadein den Garten brachte.Es war ein sonniger Tag <strong>und</strong> dasGras im Garten ihres Reihenhauses,im Viertel hinter dem KlinikumNiederberg, wuchs so schnell, dasser es kaum zu bändigen vermochte.Nach seiner Zeit im Krankenhaushatte er sich entschlossen, seinenBeruf als Spion an den Nagelzu hängen. In <strong>Velbert</strong> hatten Thea<strong>und</strong> er so viel erlebt, dass sie sichentschlossen hatten, hier ganz neuanzufangen. Thea hatte einen Lehrauftragan der Uni in Düsseldorfangenommen <strong>und</strong> Steven hatte sichmit seiner Abfindung vom FVSBmit einer Security Firma selbstständiggemacht.Vieles am letzten Akt ihres Abenteuerswar aber auch frustrierendgewesen. Nach ihrer Verhaftungwaren fast alle Kämpfer der Il Lucchettowieder freigelassen worden,weil sie behaupteten, durch Gehirnwäsche,Hypnose oder ähnliches,zur Mitarbeit gezwungen wordenzu sein. Nur Abbadonia würde denRest ihrer Tage hinter Gitter verbringen.Auch das plötzliche Verschwindendes Bismarckturmes waranscheinend niemandem so richtigaufgefallen. Es hielt sich dasGerücht, dass das Gelände um denTurm von einem ehemaligen Skispringergekauft worden sei <strong>und</strong>dieser ihn mit Genehmigung derDenkmalbehörde gesprengt hatte,um dort eine Indoor-Skihalle zubauen.Gerade als sie sich hinsetzenwollten, um etwas von Theas Limonadezu trinken, klingelte es an derTür.„Bestimmt der Postbote,“ sagteThea <strong>und</strong> ging durch das Hauszur Vordertür. Als sie zurückkam,wirkte ihr Blick verstört. Wortlosreichte sie Steven eine Postkarte.Auf der Vorderseite war die Fotografieeines buddhistischen Tempelszu sehen. Als er die Karte herumdrehte,traf ihn beinahe der Schlag.In ihm nur allzu vertrauter Handschriftstand da zu lesen:„Die Schlacht war gewonnen, derKampf aber geht weiter,ergebenst, Euer Janushek Parczievcski“ENDE?23


OpossumEOS FROWN Romane erscheinen immer dann,wenn der letzte Roman brav von allen Leserngekauft wurde.Verlag <strong>und</strong> RedaktionPublicaciònes Escalera de ChileNiederlassung <strong>Velbert</strong>fürPulp Publication Ltd.34 Saeside DriveAS456 AustraliaTel. 0023-725-6(78)437-92749 456Umschlaggestaltung: Rudi Van BreulerModel: Giovanni AntemonteoVertriebsleiter für Österreich: Sepp DimpfelmoserVertriebsleiter Schweiz: Jean RübliVertriebsleiter Dänemark: Bjørn RødgrødAlle Rechte sind vorbehalten. EOS FROWNRomane dürfen nur dann verliehen werden, wennSie ganz sicher sind, dass Sie sie auch sauber <strong>und</strong>ohne Eselsohren zurückbekommen. <strong>Der</strong> Verlagempfiehlt den Schnorrern aber lieber, sich selbereinen zu kaufen.24


W I L K A - V O R S P R U N G D U R C H Q U A L I T Ä TSCHLIESSTECHNIKKompetenz inSchließtechnikwww.wilka.deanzeige_velberter_codex.1indd.in1 1 26.10.2007 07:58:54WerbungDruckVerlagKonzeptTextGrafikFoto & BildZeichnungInternetPersonalisierte WerbungMailings Fordern Sie uns!Scheidsteger Medien42551 <strong>Velbert</strong> · Werdener Str. 45 · Telefon 0 20 51 / 98 51- 0 · info@scheidsteger.net · www.scheidsteger.net

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!