Planspiel: Besuch auf der Insel Albatros

Unterrichtsmaterial zu dem Thema Interkulturelle VerständigungPlanspiel: Besuch auf der Insel AlbatrosZielgruppe:SchülerInnen ab der 10. KlasseGruppengröße:Plenum: ab 15 PersonenZeit:ca. 60 MinutenMaterialien:- Erdnüsse- evtl. VerkleidungDie SchülerInnen sollen sich vorstellen, zu Besuch in einer „fremden Kultur“ zu sein- auf der Albatros-Insel. Sie verstehen die Sprache des Albatros-Volkes nicht, werden vondiesem jedoch freundlich empfangen und können dort „fremde Riten“ und Gewohnheiten beoachten.Durchführung: - Ein Stuhlkreis wird so eingerichtet, dass ein Stuhl leer bleibt, neben dem etwas Platz ist. Unter den Stuhl wird eine Schale mit Erdnüssen gestellt.- Das Leitungsteam (im Idealfall ein Mann und eine Frau, oder entsprechend gekleidet) verlässt den Raum und kommt kurze Zeit später wieder herein.Das Rollenspiel beginnt.- Das Leitungsteam spielt zwei Albatros- Bewohner.- Phase1: Begrüßung Phase2: Essen Phase3: Energieaufnahme- Reflexion, Teil1: Die SchülerInnen erzählen, was sie gesehen und erlebt haben.- Reflexion, Teil2: Das Leitungsteam erläutert die „Sitten und Gebräuche der Albatros. Die Gruppe überlegt, wie Fehleinschätzungen zustande gekommen sind.

Ablauf im Detail:Die SchülerInnen stellen sich vor, dass sie zu Besuch auf der Insel Albatros sind.Sie können nun anhand einer kurzen Szene beobachten, wie das Albatros-Volk lebt.Phase1: BegrüßungZwei Mitglieder des Leitungsteams, ein Mann und eine Frau (oder als solche verkleidet) verlassen das Klassenzimmer und kommen kurze Zeit später wieder als die Bewohner derInsel Albatros zurück. Beim Betreten des Raumes summen sie leise und monoton vor sich hin. Die Frau folgt dem Mann mit einigen Schritten Abstand. Sie gehen im Kreis derSchülerInnen umher und stellen bei allen, die die Beine übereinander geschlagen haben, beide Füße auf den Boden. Sie tun dies sehr sanft und weiterhin leise vor sich hinsummend, bei denjenigen, die die Beine wieder übereinanderschlagen, auch mehrmals. Der Mann berührt dabei nur die männlichen Schüler, die Frau Personen beiderleiGeschlechts.Phase2: EssenDer Mann sitzt auf einem Stuhl. Die Frau nimmt neben ihm auf dem Boden kniend Platz. Unter dem Stuhl steht eine Schale mit Erdnüssen, die die Frau dem Mann zum Verzehranbietet. Er isst mit den Fingerspitzen einige Erdnüsse und schmatzt dabei genüsslich. Dann reicht er die Schale an die Frau weiter. Sie isst ebenfalls schmatzend von den Nüssen.Phase3: EnergieaufnahmeIst die Nahrungsaufnahme beendet, legt der Mann der Frau sanft die Hand auf den Nacken. Sie beugt sich dabei nach vorne und berührt mit der Stirn den Boden. Dies wiederholtsich dreimal. Danach stehen die beiden wieder auf und gehen den Kreis der SchülerInnen noch einmal zur Verabschiedung ab. Sie nicken jeder und jedem lächelnd zu, gehen dannaus dem Raum hinaus und beenden damit das Rollenspiel.

Reflexion, Teil1:Das Leitungsteam nimmt im Stuhlkreis der Klasse Platz. Die SchülerInnen werden dann in einem kurzen Blitzlicht gebeten, zunächst zu beschreiben, was sie erlebt haben. Außerdemsollen sie kurz erklären und begründen, ob sie sich vorstellen oder nicht vorstellen können, auf der Albatros-Insel zu leben.Die Interpretationen werden in der Regel darauf hinauslaufen, dass bei den Menschen auf Albatros die Frauen unterdrückt werden und nicht die gleichen Rechte haben wie dieMänner. Dies zeige sich zum Beispiel dran, dass die Frauen nicht auf Stühlen sitzen dürfen, sondern in unbequemer Haltung am Boden, dass die Männer zuerst essen dürfen unddass schließlich die Frau durch den Mann gezwungen wurde, sich ganz tief zu verneigen. Wenn diese Vermutungen geäußert werden, kann das Leitungsteam fragen, ob dies auchvon den anderen so wahrgenommen wird oder ob man die Situation anders betrachten kann. Dadurch wird eine Diskussion über die eigene Wahrnehmung angeregt.Im Anschluss daran erläutert das Leitungsteam die Kultur der Albatros und die Bedeutung ihrer „Riten“ und Gebräuche. Zur Verdeutlichung kann der Text „Die Kultur der Albatros“verteilt werden.Diskussionsleitfaden:Frage Intention SchlüsselbegriffeWas hast du erlebt?Mann/Frau, EssenWelche "Riten" und Gebräuche hat das Albatros-Volk deiner Meinung nach?Deutung vor dem kulturellen HintergrundBegrüßungszeremonie, UnterwerfungWürdest du gerne eine längere Zeit auf derAlbatros-Insel leben?eigene Verortung im gezeigten KontextHierarchie, Diskriminierung der Frau

Reflexion, Teil2:Die Klasse bespricht, welche (Vor-)Annahmen und Fehleinschätzungen möglicherweise zu falschen Interpretationen geführt haben und woher diese kommen.Diskussionsleitfaden:Frage Intention SchlüsselbegriffeWoran liegt es, dass Missverständnisse aufgetretensind?Hast du selbst schon einmal Erfahrungen dieser Artim Alltag gemacht?Mechanismus des „kulturellen Stereotyps“,„kulturelle Brille“, selektive WahrnehmungUnterschied zwischen politischer/kulturellerBeschreibung und Interpretation erkennenVorurteilSozialisation, Sitte, GebräucheTipps zum Anleiten des Spiels:Albatros ist ein Planspiel zum Thema Interkulturelles Lernen, das, im Vergleich zu vielen anderen Planspielen, nicht sehr zeitaufwendig ist und sich deshalb auch gut für Schulklasseninnerhalb des normalen Unterrichts durchführen lässt. Es ist aus dem Grund nicht sehr zeitaufwendig, da die Klasse selbst nur eine passive und beobachtende Rolle einnimmt.Lediglich das Team sollte im Voraus das Spielen üben, da es hohe Konzentration erfordert, die Rollen ernst zu spielen. Und darauf kommt es an, das Leitungsteam muss die Rollenvoll und ganz verinnerlichen, um die Gruppe auch tatsächlich fühlen zu lassen, auf der Insel Albatros zu sein. Wichtig ist hierbei, wie bei den meisten Spielen, eine Atmosphäreherzustellen, die dieses Gefühl unterstützt. Zudem wäre es von Vorteil, wenn sich das Leitungsteam verkleiden würde, auch wenn das erstmal zu Belustigung der Klasse führt.Albatros ist ein Planspiel, das nur schwer misslingen kann, da das Gelingen nicht von der aktiven Teilnahme der Gruppe abhängt. Erfahrungsgemäß kann man mit diesem Spiel sogut wie jede Gruppe mitreißen und deren Neugier gewinnen, was für die anschließende Diskussion ausschlaggebend ist.

Die Kultur der Menschen auf Albatros- Die Menschen auf Albatros bilden ein sehr friedliches Volk. Sind sie zufrieden, summen sie ruhig und leise vor sich hin. Sind sie zornig oder verärgert, wasselten vorkommt, stoßen sie Zischlaute aus.- Die Göttin der Erde ist die höchste Gottheit auf Albatros. Sie wird sehr verehrt und geachtet. Die Albatros suchen deshalb den Kontakt zur Erde. GroßeFüße zu haben, ist eine privilegierte Veranlagung, weil es so möglich ist, besonders viel Verbindung zur Erdgottheit herzustellen. Alles, was mit der Erde zutun hat, besitzt einen hohen Stellenwert bei den Albatros. Lieblingsspeise und Ritualnahrungsmittel in dieser Kultur sind deshalb Erdnüsse.- BesucherInnen erweisen die Einheimischen eine besondere Ehrbietung, indem sie darauf achten, dass diese möglichst viel Kontakt zur Erde herstellen, umviel von der Erdenergie aufnehmen zu können. So ist es zum Beispiel wichtig, beim Sitzen beide Füße auf dem Boden zu haben und die Beine nichtübereinander zu schlagen.Frauen genießen auf Albatros hohes Ansehen, weil sie wie die Mutter Erde Leben gebären. Sie haben deshalb besondere Privilegien:- Um sie vor etwaigen Angriffen und Gefahren zu schützen, müssen die Männer immer einige Schritte vor ihnen hergehen.- Die Männer haben die Pflicht, alle Speisen vorzukosten, bevor die Frauen davon essen.- Die Frauen stehen der Erdgöttin näher als die Männer- sie haben deshalb das Recht, auf dem Boden zu sitzen, während die Männer weiter entfernt vonErde, auf Stühlen Platz nehmen müssen.- Nur über ein Ritual ist Männern erlaubt, näheren Kontakt mit der Gottheit der Erde aufzunehmen. Sie dürfen der Frau, die neben ihnen am Boden sitzt, dieHand auf den Nacken legen, während sie durch das Berühren der Erde mit der Stirn die von dort ausgehende kosmische Energie aufnimmt. Ein Teil derEnergie fließt dann über die Hand des Mannes auf ihn selbst über. Dieses Ritual wird als besondere Ehre betrachtet.- Abgesehen von diesem Ritual ist es den Albatros-Männern nicht gestattet, andere Frauen ohne deren vorherige Erlaubnis zu berühren.Zentrale Bildungs- und Beratungsstellefür Migrantinnen und Migranten e.V.Sophienblatt 64 a24114 Kiel