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Im Auf und Ab der Geschichte - Wild und Hund

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TITELTHEMAOSTPREUSSEN-ELCHE<strong>Im</strong> <strong>Auf</strong> <strong>und</strong> <strong>Ab</strong><strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>Die größte Schalenwildart Europas fesselt wohl jeden Jäger. Dochnoch faszinieren<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Gedanke, dass das Elchwild einst auch aufdeutschem Boden seine Fährten zog <strong>und</strong> von kompetenten Jägerngehegt wurde. Hier ein Überblick<strong>der</strong> wechselvollen <strong>Geschichte</strong><strong>der</strong> Ostpreußen-Elche.WILD UND HUND-KUNSTDRUCK NACH EINEM GEMÄLDE VON PROF. GERH. LÖBENBERG20WILD UND HUND 16/2005


Jürgen LeisteWer vor dem Krieg in DeutschlandElche beobachten o<strong>der</strong> auch jagenwollte, <strong>der</strong> musste sich nachOstpreußen <strong>und</strong> dort in den äußersten Teil,in das Memeldelta o<strong>der</strong> auf die KurischeNehrung begeben. Hier zog dieses urige<strong>Wild</strong> in den stillen Erlenwaldbrüchen amHaff <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Nehrung seine unverwechselbareFährte.Mit einer Wi<strong>der</strong>risthöhevon bis zu 200 Zentimeternbeim Hirsch <strong>und</strong> einer Körperlängevon bis zu 260 Zentimeternwar <strong>der</strong> ostpreußische Elchin diesem Landstrich eine sehrbeeindruckende Erscheinung<strong>und</strong> stand den skandinavischenVertretern seiner Art inNorwegen, Finnland <strong>und</strong>Schweden kaum nach. AuchTrophäen <strong>und</strong> <strong>Wild</strong>bretgewichtevon 500 Kilogramm<strong>und</strong> mehr hatten den Vergleichmit den skandinavischen Verwandtennicht zu scheuen. <strong>Im</strong>Durchschnitt wog nach OberforstmeisterHans Kramer ein älterer Elchhirschin Ostpreußen aufgebrochen <strong>und</strong>ohne Haupt 300 Kilogramm. Ein Alttier dagegenbrachte es nur auf 250 bis 300 Kilogramm.<strong>Auf</strong> <strong>der</strong> Kurischen Nehrung waren Maße<strong>und</strong> Gewichte sehr viel geringer. Auchwenn <strong>der</strong> Elch in Ostpreußen mit seinerGeweihstärke nicht mit den Kanada-, Alaska-o<strong>der</strong> Kamtschatka-Schauflern konkurrierenkonnte, so wurden doch Geweihgewichtebei kapitalen Schauflern von 15 Kilogramm<strong>und</strong> mehr erreicht.Bis 1800 war <strong>der</strong> Elch noch häufig invielen Waldungen Ostpreußens anzutreffen.Danach verschwand er ziemlich kurzfristigaus den westlichen <strong>und</strong> südlichenTeilen des Landes <strong>und</strong> ist nach <strong>der</strong> Revolutionvon 1848 nur noch im Samland <strong>und</strong>im Nordosten <strong>der</strong> Provinz Ostpreußen vorhanden.Die Geschehnisse <strong>der</strong> Revolutionswirrenbewirkten einen radikalen A<strong>der</strong>lass,so dass <strong>der</strong> Bestand 1849 mit 11 bis 16Elchen beziffert wird.Die Elchpopulationen waren über dieJahrh<strong>und</strong>erte starken Schwankungen unterworfen.Kriege <strong>und</strong> Revolutionen mitihren unübersehbaren Folgen trieben dasElchwild nicht nur einmal in Ostpreußenan den Rand <strong>der</strong> Ausrottung. Der Elchbestan<strong>der</strong>holte sich jedoch immer wie<strong>der</strong>,<strong>und</strong> so überlebte das Wappentier <strong>der</strong> nordöstlichstenProvinz Deutschlands überdie Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg.Die alten Preußen haben den Elch sehrverehrt. In den Wappen des LandkreisesElchnie<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> im Städtewappen vonHeydekrug war <strong>der</strong> Elch zu finden. Die siebenendigeElchschaufel war seit 1787 dasBrandzeichen <strong>der</strong> im Hauptgestüt Trakehnengezogenen Pferde. Der LandesverbandOstpreußen des Allgemeinen DeutschenJagdschutzvereins (ADJV) führte als Vereinsabzeichendas Haupt des Elchschauflers.Dass sich <strong>der</strong> Elchbestand in <strong>der</strong> ProvinzOstpreußen immer wie<strong>der</strong> regenerierenkonnte, dafür waren unterschiedliche Faktorenverantwortlich. Zum einen botensich dem Wie<strong>der</strong>käuer als Baumäser geradein den Regierungsbezirken Gumbinnen<strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>ung durch die noch zahlreichenBruchwäl<strong>der</strong>, Seen <strong>und</strong> Flussnie<strong>der</strong>ungen<strong>und</strong> das Vorkommen von Weichhölzern,wie Weide, Erle <strong>und</strong> Aspe, ideale Lebensbedingungen.Zum an<strong>der</strong>en sind es die Unwegsamkeiten<strong>der</strong> urwaldähnlichen Gebiete,die eine Ausrottung des Elchwildesverhin<strong>der</strong>t haben.Diese Faktoren hätten jedoch nicht alleindie drohende Vernichtung des urigen<strong>Wild</strong>es aufhalten können, wenn es nichtverdienstvolle Heger, Jäger <strong>und</strong> Forstbe-Das kaiserlicheJagdhaus Pait 1935(oben) <strong>und</strong> restauriertim Juli 2005. Hier hieltensich viele berühmteElchjagdgäste vonTawellningken aufamte, wie OberförsterErnst Meyer Tawellningken,OberförsterOlberg Ibenhorst o<strong>der</strong>Landforstmeister Wrobel,verstanden hätten,den Gedanken <strong>der</strong> <strong>Wild</strong>hege in den staatlichenElchrevieren des Memeldeltas <strong>und</strong>in wenigen großen privaten Revieren zuetablieren.Natürlich setzen auch immer wie<strong>der</strong>kehrendeNaturkatastrophen, wie Hochwasser,Seuchen <strong>und</strong> Schädigung <strong>der</strong> Weidenäsung,dem ostpreußischen Elchwildzu. Auch hatte man die Wichtigkeit desWahlabschusses für das Heranhegen starkerSchaufler noch nicht erkannt. Doch dieGr<strong>und</strong>lagen für eine ausgewogene Erhaltung<strong>und</strong> Pflege des Elchbestandes in Ostpreußenwaren geschaffen worden.Bereits 1885 äußerte Oberförster Reischaus Ibenhorst zu dem bekannten Jagdschriftsteller<strong>und</strong> Kenner des Elchwildes,Fritz Bley, dass eine Besserung <strong>der</strong> Geweihbildungso lange nicht möglich sei, bisnicht <strong>der</strong> <strong>Ab</strong>schuss ewig gering bleiben<strong>der</strong>Hirsche gestattet werde.Oberförster Schall regte den Bau vonDämmen sowie über das ganze Revier Tawellningken<strong>und</strong> Ibenhorst verteilte Hügel<strong>und</strong> Pol<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Bepflanzung mitWeiden zum Schutz <strong>der</strong> Elche <strong>und</strong> zurÄsungsverbesserung an. Diese Maßnahmenwaren sehr weitsichtig <strong>und</strong> stabilisiertendie Elchbestände.Nach <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> fast 8 000 Hektargroßen Oberförsterei Tawellningken ver-FOTOS: ARCHIV JÜRGEN LEISTEWILD UND HUND 16/2005 21


TITELTHEMAlegte sich <strong>der</strong> Schwerpunkt <strong>der</strong> Elchhege<strong>und</strong> -jagd dorthin. Der Ausbau des ForsthausesPait zum kaiserlichen Jagdhaus magdiese Schwerpunktverlagerung noch geför<strong>der</strong>thaben.Oberförster Ernst Meyer, <strong>der</strong> am 1. Januar1904 die Oberförsterei Tawellningkenübernahm, ist wohl <strong>der</strong>jenige Forstbeamte<strong>der</strong> Kaiserzeit, <strong>der</strong> sich die größten Verdiensteum die Elchhege erworben hat. Erwar <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Hege mit <strong>der</strong> Büchse“.Den vereinten Bemühungen Meyers,Wrobels <strong>und</strong> von Koylinski ist es zu verdanken,dass sich vernünftige Gr<strong>und</strong>sätzefür die Elchhege durchsetzten <strong>und</strong> in gesetzlichenRegelungen ihren Ausdruck fanden.Elchwald: Typischer Biotop mitWeidenpflanzungen, zugänglich gemachtdurch Kanäle <strong>und</strong> Dämme aus <strong>der</strong>en AushubUm 1900 wurden in ganz Ostpreußen390 Elche gezählt. 1905 wahren es bereits700. In den Staatswaldungen traten dadurchverstärkt <strong>Wild</strong>schäden auf, demdurch radikalen <strong>Ab</strong>schuss begegnet wurde.Durch die Jägerkreise Ostpreußens ging ein<strong>Auf</strong>schrei des Entsetzens <strong>und</strong> <strong>der</strong>Empörung. Daraufhin wurden 1906 Elchhege-Gesetzedurch Kaiser Wilhelm II. erlassen.Man versuchte, die Probleme zwischen<strong>Wild</strong>schaden <strong>und</strong> Jagd zu entspannen<strong>und</strong> die Elch-Bestände auf ein erträglichesMaß einzupegeln.Wilhelm II. waidwerkte nur wenige Maleauf den Elchhirsch. Am 16. September1904 <strong>und</strong> am 20. September 1904 erlegte<strong>der</strong> Kaiser zwei Schaufler, die aber nur alsHirsche „zweiter Klasse“ eingestuft wurden.Danach hielt sich <strong>der</strong> Kaiser nur noch1907 <strong>und</strong> 1910 zur Elchjagd im JagdhausPait auf. Den stärksten Elch, einen 22-En<strong>der</strong>,erlegte am 15. September1912 <strong>der</strong> preußischeLandwirtschaftsministerClemens Freiherr vonSchorlemer-Lieser in Tawellningken.Dieser kapitaleSchaufler war als Kopie jahrelangam Giebel des JagdhausesPait zu bew<strong>und</strong>ern.Das Original befindet sichheute im Besitz des OstpreußischenLandesmuseumsin Lüneburg. Als letzterVertreter des kaiserlichenDeutschlands erlegte 1915unter <strong>der</strong> Führung von OberförsterBorggreve Generalfeldmarschallvon Hindenburgeinen starken Schauflermit 282 Punkten in Nemonien.Meyer <strong>und</strong> Wrobel fielenim Ersten Weltkrieg, an<strong>der</strong>eHeger <strong>und</strong> Jäger setzten dasWerk im Sinne dieser hervorragendenForstbeamtenfort. 1919 übernahm ForstmeisterBruno Orlowski Tawellningken.Durch das nach dem 1. Weltkriegverstärkt auftretende Wil<strong>der</strong>ei-Unwesenwar <strong>der</strong> Bestand an Elchen in ganz Ostpreußenauf unter 200 gesunken.Nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einführung geordneterVerhältnisse in den ostpreußischen Forstenwar es Orlowski, <strong>der</strong> in enger Zusammenarbeitmit dem Vorsitzenden des ADJVin Ostpreußen, von Kobylinski, Korbsdorf,<strong>und</strong> unter Schirmherrschaft des preußischenMinisterpräsidenten, Dr. h.c. OttoManfred von Kobylinski (links) mit seinem stärksten Elch,<strong>der</strong> in Tawellningken zur Strecke kamBraun, die Hege des Elchwildes so forcierte,dass auf den jährlich in Königsberg stattfindendenGeweihausstellungen die Erfolge<strong>der</strong> Elchhege immer augenscheinlicherwurden. Hervorragen<strong>der</strong> Jagdschutz, konsequenterHegeabschuss <strong>und</strong> die Mitarbeitvon engagierten Beamten, wie Quednau<strong>und</strong> Weber, die zurecht die „Elchväter“ genanntwurden, ermöglichten diesen <strong>Auf</strong>schwung.Auch aus dem Ausland, zum Beispielaus Schweden <strong>und</strong> Russland, reisten Fachleutezum Erfahrungsaustausch in die deutschenElchreviere. Als nach fünfjährigervölligen Schonung des Elchwildes ab 1926ein beschränkter <strong>Ab</strong>schuss zugelassen wurde,kamen bereits starke Schaufler zurStrecke. Hans Kramer nennt in seinem hervorragendenBuch „Elchwald“ die altenreifen Hirsche des Herrn v. Kobylinski sowiedie Schaufler des Grafen Kayserling-Rautenburg, des Ministerpräsidenten OttoBraun <strong>und</strong> des Oberlandforstmeisters Frhr.v. d. Bussche. <strong>Im</strong> Jahre 1932 war <strong>der</strong> Bestandbereits auf 1 000 Elche angewachsen.Nach dem Ende <strong>der</strong> Weimarer Republikerschien 1933 Hermann Göring in Tawellningken<strong>und</strong> erlegte dort auf Anhieb dreistarke Schaufler. Orlowski, <strong>der</strong> Göring geführthatte, wurde zum ersten Elchjägermeisterernannt <strong>und</strong> zum Oberforstmeister22WILD UND HUND 16/2005


eför<strong>der</strong>t. <strong>Im</strong> Herbst des Jahres 1934 streckteGöring dann noch einmal drei starkeSchaufler, darunter den 24-En<strong>der</strong> „DerGroßmächtige von Gilge“.Diese Anfang <strong>der</strong> dreißiger Jahre erlegtenkapitalen Elchhirsche waren den konsequentenHegemaßnahmen von Orlowskizu verdanken. Trotzdem musste dieserhervorragende Elchkenner <strong>und</strong> -heger imOktober 1936 sein geliebtes Elchrevier verlassen.Orlowski wurde mitgeteilt, „dass eres nicht verstanden habe, das Vertrauen<strong>der</strong> berufenen Vertreter von Partei <strong>und</strong>Staat zu erringen“.<strong>Im</strong> Jahre 1937 wurde dann Hans Kramerzum Elchjägermeister ernannt <strong>und</strong> damitfür die Hege des ostpreußischen Elchwildesverantwortlich. Unter <strong>der</strong> Leitung diesesausgezeichneten Forstmannes, <strong>der</strong> bereitsseit 1925 die Oberförsterei Pfeil, das spätereForstamt, leitete, entwickelte sich dieElchhege <strong>und</strong> die Elchjagd zu einer weiterenBlütezeit.Kramer hatte in Pfeil bewiesen, wie in einemBruchwaldkomplex, <strong>der</strong> in jagdlicher<strong>und</strong> forstlicher Hinsicht durch immer wie<strong>der</strong>kehrendeStaunässe unattraktiv war, einHochwildrevier <strong>der</strong> Spitzenklasse entstehenkann. Durch eine ausgeklügelte Vorflutregelung,die zur <strong>Ab</strong>führung des stagnierendenOberflächenwassers <strong>und</strong> zurSenkung des Gr<strong>und</strong>wassers führte, erreichteer diese Zielstellung. OberforstmeisterKramer war in erster Linie Forstmann, aberauch ein sehr erfahren<strong>der</strong> Jäger <strong>und</strong> Naturkenner.Ihm war es immer ein Anliegen, dieBalance zwischen Waldbau <strong>und</strong> Jagd zu erreichen.Überhöhte <strong>Wild</strong>bestände mit allihren Problemen waren ihm ein Greuel.Den Wahlabschuss, wie ihn schon vorihm Oberförster Meyer <strong>und</strong> ForstmeisterOrlowski praktiziert hatten, behielt er auchim Reichsnaturschutzgebiet „DeutscherElchwald“, das 1937/38 gegründet <strong>und</strong>1941 mit dem Zusammenschluss von elfForstämtern zum Staatsjagdgebiet <strong>und</strong>zum einheitlich geleiteten Oberforstamtwurde, bei.Mit fast 100 000 Hektarn war <strong>der</strong> Elchwalddas größte Naturschutz- <strong>und</strong> JagdgebietDeutschlands. Der Hege <strong>und</strong> Jagd desElches wurde im Elchwald eine sehr großeBedeutung beigemessen. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong>Verbesserung <strong>der</strong> Äsungsverhältnisse fürden Elch wurde Rechnung getragen.Hauptsächlich in den hochwasserfreienGebieten, auf den Böschungen <strong>der</strong> Dämme,aber auch an Wiesenrän<strong>der</strong>n wurdenWeiden gepflanzt. Jedes Jahr kamen unzähligeWeidenstecklinge zur Äsung für dasElchwild in den Elchwald. Künstliche Fütterungenmit Rüben <strong>und</strong> Sesamkuchenwurden schnell wie<strong>der</strong> eingestellt, als mangerade bei den stärksten Stücken Eiweißvergiftungenfeststellte <strong>und</strong> es zu Verlustenkam.<strong>Auf</strong> 1 000 Hektar kamen in den Hauptelcheinstandsgebietensechs StückElchwild. In Bezug auf Stärke <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heithatte die Elche einen enormen <strong>Auf</strong>schwunggenommen. Eine zu große <strong>Wild</strong>dichtehätte die Bemühungen gefährdet.Der <strong>Ab</strong>schuss (Wahlabschuss) sorgtedafür, dass <strong>der</strong> Bestand auf einem tragbarenNiveau blieb. Wie OberforstmeisterHans Kramer berichtete, schwankte <strong>der</strong> Gesamtabschussin den letzten vier Jahren vordem Krieg zwischen 200 <strong>und</strong> 250 Stück(einschließlich Fallwild). Dies waren 17Prozent des Bestandes.Da <strong>der</strong> <strong>Ab</strong>schuss von starken Schauflernin den Jahren 1933 bis 1936 zu stark war,wurden danach nur noch wenige starkeHirsche freigegeben. Beim Kahlwild entsprachendie <strong>Ab</strong>schussrichtlinien denendes Rotwildes. Die Kurische Nehrung verfügte1939 indes über einen viel zu hohenElchbestand. Stangengeweihe dominierten.Durch einen beson<strong>der</strong>s starken <strong>Ab</strong>schusswurde <strong>der</strong> Stangenelch zurückgedrängt.Einbürgerungsversuche, wie 1877in Ibenhorst mit schwedischen Elchkälbern,wurden in Ostpreußen nicht wie<strong>der</strong>holt.Ostreußen-Elche: eine seltene <strong>Auf</strong>nahme aus freier <strong>Wild</strong>bahn von Martin KakiesElchwild nach den Vorstellungen desReichsjägermeisters außerhalb Ostpreußenseinzubürgern (zum BeispielSchorfheide <strong>und</strong> Darß), brachten nicht denerhofften Erfolg. <strong>Im</strong> Elchwald behielt sichGöring natürlich den <strong>Ab</strong>schuss <strong>der</strong> stärkstenSchaufler selbst vor. Unter den zwölfHirschen, die er im Verlauf von zehn Jahrenschoss, waren Kapitalschaufler wie„Der Großmächtige von Gilge“ mit 316Punkten sowie <strong>der</strong> „Prächtige“ <strong>und</strong> „Enge“mit jeweils 298 beziehungsweise 285 Punkten.Von den Gästen, die meistens im JagdhausPait abstiegen, wurden nur Selektions-Hirschemit ungenügen<strong>der</strong> Schaufelbildung<strong>und</strong> Stangenelche erlegt. Die Liste<strong>der</strong> Gäste von Staatspräsidenten, Generälen,Offizieren <strong>und</strong> Persönlichkeiten ausSport, Kultur <strong>und</strong> Wirtschaft, die im Elchwaldwaidwerkten, ist lang.Als Jagdmethoden hatten sich die Pirschzu Fuß o<strong>der</strong> im Wagen, <strong>der</strong> Ansitz amWechsel <strong>und</strong> am Brunftplatz sowie das Zudrückenbestätigter Elche bewährt. Bei <strong>der</strong>Auswahl <strong>der</strong> Waffe beziehungsweise <strong>der</strong>Munition musste die große Masse desFOTOS: WILD UND HUND ARCHIVWILD UND HUND 16/2005 23


TITELTHEMAFOTOS: ARCHIV JÜRGEN LEISTEStarker Elch despreußischen LandwirtschaftsministersClemens Freiherrvon Schorlemer-Lieserim OstpreußischenLandesmuseum zu Lüneburg(rechts) <strong>und</strong> als Kopie amGiebel des Jagdhauses PaitElchstrecke des Reichsjägermeisters 1934 in Pait<strong>Wild</strong>körpers beachtet werden <strong>und</strong> ein ausreichendgroßes Kaliber, eine starke Pulverladung<strong>und</strong> ein genügend schweres Geschossgewählt werden. Göring führte lautKramer meist eine Doppelbüchse des Kalibers8x57R. Die Patrone war mit 4,6Gramm R 1-Pulver <strong>und</strong> einem 14,7 Grammschweren Teilmantelgeschoss geladen. DieWirkung soll hervorragend gewesen sein.Viele aufrechte Männer gab es unter denForstbeamten <strong>der</strong> Elchreviere. Durch ihrereiche Erfahrung <strong>und</strong> großes jagdlichesKönnen erwarben sie unvergängliche Verdiensteum die Hege des Elchwildes. Derunselige Krieg beendete vieles, was Generationenvon Forstbeamten <strong>und</strong> Jägern fürdie Erhaltung des Elchwildes in Ostpreußengetan hatten. Bereits 1945 war dasElchwild nach <strong>der</strong> Besetzung durch die RoteArmee in Ostpreußen bis auf wenigeStücke ausgerottet. Die Nachkriegszeit mitihren leidvollen Verwerfungen, dem Hunger<strong>und</strong> <strong>der</strong> Wil<strong>der</strong>ei führte zur zeitweiligenAuslöschung <strong>der</strong> Elchbestände in denKerngebieten Ostpreußens.Erst in den fünfziger Jahren zeigte sichwie<strong>der</strong> zugewan<strong>der</strong>tes Elchwild aus Litauenin den Erlenbruchwäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong> am KurischenHaff. Mitte <strong>der</strong> sechziger Jahre wurdenerste Berichte über eineWie<strong>der</strong>ansiedlung desElchwildes im jetzt russischenGebiet Kaliningradbekannt. Elche aus Weißrussland<strong>und</strong> aus Gebietenum Moskau wurden eingebürgert.Zuwan<strong>der</strong>ungenaus Litauen <strong>und</strong> Polen tatenihr Übriges, um den Elch imnördlichen Ostpreußen wie<strong>der</strong>zum Standwild zu machen.Elchschutzgesetze legtenSchonzeiten fest, <strong>und</strong><strong>Wild</strong>dieberei wurde mit hohenStrafen belegt <strong>und</strong> polizeilichverfolgt. SowjetischeJagdgesellschaften erlegtenentsprechend <strong>der</strong> <strong>Ab</strong>schussplanungauch Elchwild. DerBestand hatte sichAnfang <strong>der</strong> achtzigerJahre bis auf zirka1 800 Stück stabilisiert.Mit dem Beginn<strong>der</strong> „Perestroika“ in<strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunionwurdeein erneuter Nie<strong>der</strong>gangdesElchwildes eingeläutet.<strong>Auf</strong> kollektivenTreibjagdenwurden nach Aussagenvon ehemaligenJägern in manchenGebieten an einem Tag gleich mehrereElche unabhängig von Alter <strong>und</strong> Geschlechterlegt. Mit den ersten negativenAuswirkungen <strong>der</strong> „Perestroika“ auf dieBevölkerung verschärfte sich <strong>der</strong> Jagddruckauf das Elchwild. Wil<strong>der</strong>ei von bisher niegekanntem Ausmaß dezimierte die Beständebeängstigend. Es wurde meistens mitFlinten gejagt, aus den Patronen mit gehacktemBlei verfeuert wurden gejagt, sodass auch viel zu Holze geschossen wurde.In den neunziger Jahren wurden illegale<strong>Ab</strong>schüsse für Dollars an westlicheJagdtouristen o<strong>der</strong> neureiche Russen verkauft.Trotz Schutz <strong>und</strong> ganzjährigerSchonzeit für den Elch, hörte man immerwie<strong>der</strong> von illegalen <strong>Ab</strong>schüssen. <strong>Ab</strong> demJahr 2001 scheint dieser Trend etwas gestopptzu sein. Der jetzige Elchbestand imganzen Gebiet Kaliningrad wird <strong>der</strong>zeitigvon russischen Stellen auf 350 Stücke geschätzt.Erfreuliches hat sich um das kaiserlicheJagdhaus Pait getan. Regelmäßig kann manhier in den Monaten März/April <strong>und</strong> Juli/Augustwie<strong>der</strong> das Elchwild beobachten.Dabei stellen sich auch immer wie<strong>der</strong> Hirschemit guter Schaufelbildung ein, wasjüngste Fotos aus dem Elchwald beweisen.Die russische Stiftung Jagdhaus Pait(http://www.Jagdhaus-Pait.com) beleuchtetin ihrem Museum im ehemaligen Forsthausdes Jagdhauses nicht nur Traditionendeutscher Forst- <strong>und</strong> Jagdkultur, son<strong>der</strong>nhat sich auch beson<strong>der</strong>s den Hegern <strong>und</strong>Jägern des Elchwildes verschrieben. Hoffenwir, dass das ostpreußische Elchwild im <strong>Auf</strong><strong>und</strong> <strong>Ab</strong> <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> sich wie<strong>der</strong> behauptet<strong>und</strong> seine Fährten in den Erlenbruchrevierendes Memeldeltas, am KurischenHaff <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Nehrung nieverlöschen.24WILD UND HUND 16/2005

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