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Nr. 4/2013, 56. Jahrgang (PDF) - Kölner Zoo

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Liebe Freunde des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s!Wieder W geht ein Jahr zu Ende und wir haben überdie Weihnachtstage Zeit zur Besinnung und umzurückzublicken. War es ein gutes Jahr? Wasbringt das kommende Jahr 2014?NNun, für den <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> war auch <strong>2013</strong> ein sehrbewegtes Jahr. Es gab unerfreuliche Ereignissewie den Scheunenbrand und die Besucherzahlenwaren – wie fast überall ob des schlechten Wettersbis in den Mai hinein – rückläufig. Aber davonlassen wir uns nicht entmutigen.WWir blicken mit großem Optimismus nach vorn,denn <strong>2013</strong> gab es auch viele sehr positive Ereignisse.Denken Sie nur an die europäische Erstnachzuchtbei den Philippinenkrokodilen, die erfolgreicheZucht des Großen Bambuslemuren undviele andere herausragende Zuchterfolge. Zudemkonnten wir einen neuen Kinderspielplatz eröffnen,der in Köln seinesgleichen sucht. Die neueFreianlage für Zwergseidenäffchen entstand,ebenso führten wir die Grundrenovierung desSchmetterlingsraumes durch und bauten eine ansprechendeTerrarienabteilung zum Thema „Vietnam“im Aquarium. Unsere Fußballmannschaftwurde Europameister unter den <strong>Zoo</strong>logischenGärten – was auch den guten Zusammenhalt inunserer Belegschaft unterstreicht.UUnd auch als Ausbildungsbetrieb leisten wir guteArbeit. Zwei unserer Auszubildenden zum <strong>Zoo</strong>tierpflegerwurden von der IHK stadt- und landesweitgeehrt. Herr Lammers nahm sogar an derBestenehrung des DIHK, des Deutschen Industrie-und Handelskammertages in Berlin teil,wohin ich ihn begleitete. Auch das zeigt, wie gutder <strong>Zoo</strong> intern funktioniert, denn an der Ausbildungsind bei uns viele beteiligt, von <strong>Zoo</strong>tierpflegernbis hin zu den Kuratoren, die zusätzlichUnterricht erteilen.UUnser <strong>Zoo</strong> unterzog sich <strong>2013</strong> dem freiwilligen,intensiven Screening durch den europäischen<strong>Zoo</strong>verband EAZA, welcher uns Vorbildlichkeitbestätigte, wodurch wir weiterhin Vollmitgliedsind.UUnser Förderverein „Freunde des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s e. V.“hat auf der letzten Versammlung Ideen vorgestellt,wie wir die Bindung zu den Mitgliedern weiterverbessern. Die Maßnahmen sollen 2014 umgesetztwerden und lassen uns hoffen, dass wir soauch weitere Mitglieder finden, die – so wie Sie –ihren/unseren <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> weiter intensiv unterstützen.Das kommende Jahr wird ein spannendes Jahr –die Politik will die Haltung von Wildtieren neuregeln, das Gutachten zur Haltung von Säugetierensoll seine Umsetzung finden. Die <strong>Zoo</strong>logischenGärten, aber vor allem auch viele MillionenWildtierhalter schauen zum Teil sorgenvoll denEntwicklungen entgegen. Es bleibt abzuwarten,ob hier mit Augenmaß und Sachverstand agiertwird. Unser „Verband Deutscher <strong>Zoo</strong>direktoren e. V.“(VDZ) steht hier stets gern mit Rat und Tat zurVerfügung. Tiere sollten grundsätzlich tierschutzgerechtund von Menschen mit entsprechenderSachkunde gehalten werden. Überregulation führtaber eher in die Illegalität bzw. verhindert denZugang zum Wildtier an sich.146


Für F den <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> steht ein Bauvorhaben an,welches einen weiteren Baustein aus dem Masterplandarstellt. Ein Bergischer Bauernhof mit integrierter<strong>Zoo</strong>schule wird im Jahr unseres 50-jährigen<strong>Zoo</strong>schuljubiläums durch die weitsichtigeEntscheidung der Stadt Köln finanziert und realisiert.Hier sei stellvertretend unserem Oberbürgermeister,Herrn Jürgen Roters, ausdrücklich gedankt.Auf dem Bauernhof sollen vor allem vomAussterben bedrohte Haustierrassen gezeigt werden,u. a. Poitouesel und Bergischer Schlotterkamm(Hühnerrase). Das prominenteste Tier allerdingswird „Hennes VIII“. Ja richtig, dasMaskottchen unseres 1. FC Köln zieht in unseren„Clemenshof“, so der Name unseres Bauernhofes,ein.IIn dieser Ausgabe unserer Zeitschrift führen unsdie Autoren Dr. Paul Vogt (ehemaliger Direktordes <strong>Zoo</strong> Krefeld) nach Südamerika und AndréKoch vom <strong>Zoo</strong>logischen ForschungsmuseumAlexander Koenig nach Sulawesi. Beides sehr unterschiedlicheReiseziele mit entsprechend unterschiedlicherFauna und Flora. Lassen Sie sichentführen.Ab 2014 wird es nur noch drei Ausgaben unserer„Zeitschrift des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s“ geben. In der erstenAusgabe werden Sie in gewohnter Weise unserenausführlichen Jahresbericht finden. Die beiden anderenHefte werden einmal von Fremdautorenund einmal ausschließlich von Autoren des <strong>Kölner</strong><strong>Zoo</strong>s gefüllt. Zusätzlich wird es aber ein weiteresMagazin geben, in dem wir Sie, liebe <strong>Zoo</strong>- undTierfreunde, über Aktuelles aus unserem <strong>Zoo</strong> unterrichten.Hinweisen möchte ich an dieser Stelleauch auf unseren Newsletter, den Sie über unsereHomepage im Internet beziehen können.<strong>Zoo</strong> arbeiten, sagen: Wir sind Arten- und Tierschützergleichermaßen. Das Wohlergehen unddie Erhaltung der Artenvielfalt liegt uns sehr amHerzen. Gleichzeitig möchte ich mich im Namenmeines gesamten Teams ganz herzlich für IhreUnterstützung im zurückliegenden Jahr bedanken!Wir hoffen alle, weiterhin auf Ihr Interessebauen zu dürfen und freuen uns sehr, wenn Sie unsweiterhin treu bleiben und vielleicht den einenoder anderen Freund für uns gewinnen würden.Ihnen I allen wünsche ich ganz herzlich ein geseg-netes, besinnliches Weihnachtsfest, alles Gute, vorallem Gesundheit und Glück für das kommendeJahr und natürlich viel Freude an und in Ihrem<strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>!Herzlichst, H IhrTheo Pagel, <strong>Zoo</strong>direktor und Präsidentdes Verbandes Deutscher <strong>Zoo</strong>direktoren (VDZ)Liebe Mitglieder des Fördervereins, liebe Freundeund Gönner des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s, liebe Natur- undTierfreunde, an dieser Stelle möchte ich wegenvieler Diskussionen, die ich im zurückliegendenJahr mit einigen Vertretern von Tierschutz- undTierrechtsorganisationen als Verbandspräsidentführen musste, ausdrücklich für alle, die im <strong>Kölner</strong>147


ZEITSCHRIFT DESKÖLNERZOOsNR. 4/<strong>2013</strong><strong>56.</strong> JAHRGANGInhaltVernachlässigte Vielfalt in einem Biodiversitätshotspot:die Amphibien und Reptilien von Sulawesi, Indonesien149André Koch und Evy AridaSan Guillermo-Nationalpark, Argentinien,eine Gebirgswüste in Höhe der Alpengipfel165Paul VogtTitelbild:Im Juni <strong>2013</strong> erhielt der <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> Nachzuchten der Spitznasennatter (Rhynchophis boulengeri).Diese Schlangenart kommt nur im Norden Vietnams und im Süden Chinas vor. Mit derHaltung dieser grazilen Baumnatter mit dem langen Schnauzenfortsatz möchten wir denVietnamschwerpunkt des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s auch im Schaubereich des Terrariums unterstreichen.In June <strong>2013</strong> Cologne <strong>Zoo</strong> received captive-bred rhinoceros ratsnakes (Rhynchophis boulengeri).The distribution of this snake species is restricted to northern Vietnam and southernChina. With the keeping of this gracile tree snake with its long rostral appendage we intend tohighlight the Vietnam focus of the Cologne <strong>Zoo</strong> also in the display area of the terrarium.Letzte Umschlagseite:Im September <strong>2013</strong> erhielt der <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> Nachzuchten von Taylors Baumfrosch (Kurixalus bisacculus) aus der Melinh Station für Biodiversitätin Nordvietnam. Der <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> hilft mit, diese Station auszubauen. Hier wird auch ein wichtiger Beitrag zu Amphibiennachzucht und -schutzin Vietnam geleistet.In September <strong>2013</strong> Cologne <strong>Zoo</strong> received offspring of Taylor‘s tree frog (Kurixalus bisacculus) from the Melinh Station for Biodiversity in northernVietnam. Cologne <strong>Zoo</strong> supports the development of this station, where an important contribution towards amphibian breeding and conservationin Vietnam is provided.(Fotos: R. Schlosser)Dienstag, 14. Januar 2014 „Freilandforschung und Naturschutz im Kongo: Bonobos“19.30 Uhr Dr. Barbara Fruth, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, LeipzigDienstag, 11. Februar 2014 „Sanfte Giganten – Seekühe“19.30 Uhr Sandra Honigs, stellv. Direktorin des Aquazoo – Löbbecke-Museum DüsseldorfDienstag, 11. März 2014 „Acht Monate im Angkor Center for Conservation of Biodiversity (ACCB)19.30 Uhr in Kambodscha“Ariel Jacken, Student der Biologie, Universität BonnDie Vorträge finden in der Mehrzweckhalle des Tropenhauses statt.Bitte benutzen Sie die Diensteinfahrt Boltensternstraße 31.Samstag, 18. Januar 2014ab 19.00 UhrVeranstaltungen im <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong><strong>Zoo</strong>partysitzungFreuen Sie sich auf einen karnevalistischen Abend in der TOP-Location Kölns:Die Altstädter Köln 1922 e.V. und der <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> präsentieren Ihnen am 18. Januarab 19 Uhr die dritte <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>partysitzung im Theater am Tanzbrunnen.Karten gibt es direkt bei den Altstädtern unter http://www.altstaedter.de odertelefonisch unter: 0221/3100628.An jedem Freitag: Abendführungen im Aquarium (bis Ende März)18.30 Uhr Im Winterhalbjahr finden wieder unsere beliebten Abendführungen durch dasAquarium statt. Jeden 1. Freitag im Monat geht es in exklusivem Abendlicht zuden Bewohnern der Korallenriffe und anderer Gewässer. Außerdem geht es aufdie Spuren der Kriech- und Krabbeltiere, Höhepunkt ist die hautnahe Begegnungmit exotischen Insekten. An den anderen Freitagen finden Taschenlampenführungenstatt. Entdecken Sie die geheimnisvollen Tannenzapfenfische, Anemonenfischeoder die blinden Höhlensalmler. Lassen Sie sich von den Riesengreiffröschenoder Philippinenkrokodilen im Taschenlampenschein faszinieren. Eine Anmeldungist erforderlich beim <strong>Zoo</strong>begleiterservice, Telefonnr.: 0221/7785-121.148


Abb. 1: Tiefe Meeresgräben und starke Strömungen haben die erfolgreiche Besiedlung von Sulawesi durch verschiedene Tiergruppen inder Vergangenheit erschwert. Togianinseln, Zentral-Sulawesi.Deep ocean trenches and strong sea currents have hampered the successful colonization of Sulawesi by various animal groups in thepast. Togian Islands, Central-Sulawesi. (Foto: André Koch)Vernachlässigte Vielfalt in einem Biodiversitätshotspot:die Amphibien und Reptilien von Sulawesi, IndonesienAndré Koch und Evy AridaWie viel wissen wir wirklich über dieglobale Artenvielfalt?Obwohl der Mensch erfolgreich denWeltraum erkundet, Millionen vonLichtjahre in die Vergangenheit desUniversums zurück blickt und mitelektromagnetischen Beschleunigernkleinste atomare Materieteilchen beobachtet,wissen wir noch nicht einmal,wie viele andere Organismen mituns gemeinsam den blauen Planetenbesiedeln. Dabei gab uns der großeschwedische Naturforscher CARLVON LINNÉ (1707–1778) Mitte des18. Jahrhunderts im Rahmen seinerenzyklopädischen Abhandlung allerdamals bekannten Tiere und Pflanzenden Namen Homo sapiens – der wissendeMensch (LINNAEUS, 1758). Dassdiese vielversprechende Namensgebungfür unsere Spezies nur bedingtgerechtfertigt ist, eröffnet sich beieinem kurzen Vergleich der wissenschaftlichbeschriebenen und der nochunbeschriebenen Artenvielfalt auf derErde. Schätzungsweise 8 Millionenverschiedene Arten gibt es auf unseremPlaneten (MORA et al., 2011), dochnur etwa 1,8 Millionen davon, alsolediglich ein Viertel dieser unglaublichenbiologischen Vielfalt, sind bisherwissenschaftlich erfasst und mit einemdoppelten lateinischen Namen charakterisiert.Dies ist jedoch die Voraussetzungfür die weitere Erforschung,Nutzung sowie den effektiven Schutzder globalen Biodiversität, von der wirnur ein kleiner Teil sind.Jährlich werden zwischen 15.000 und20.000 neue Tier- und Pflanzenartensowie Mikroorganismen entdeckt(INTERNATIONAL INSTITUTEFOR SPECIES EXPLORATION,2012). Während Vögel und Säugetiereheute gut erforscht sind, da sie – relativgesehen – artenarm sind und schon immerviele naturkundliche Anhängerhatten, ist der prozentuale Anteil dernoch unbeschriebenen Arten umsogrößer, je kleinwüchsiger die Organismengruppewird. So sind wahrscheinlichnoch gut 20 % aller Fische nichtZeitschrift des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s · Heft 4/<strong>2013</strong> · <strong>56.</strong> <strong>Jahrgang</strong>149


TiergruppeSäugetiereVögelReptilienAmphibienFischeKrebstiereInsektenGesamtAnzahlweltweitbeschriebenerArten5.4879.9908.7346.51531.15347.000~ 1.000.000~ 1.800.000erfasst, bei den Krustentieren dürftenes doch fast 70 % sein und die artenreichsteGruppe, die Insekten, istwahrscheinlich zu 80 % noch unerforscht.Bei den Reptilien und Amphibien,den Kriechtieren, sind weltweitschätzungsweise 13 % bzw. 56 % allerexistierenden Arten noch nicht beschrieben(CHAPMAN, 2009). Somitbesteht auch bei diesen beiden wichtigenWirbeltiergruppen noch deutlicherForschungsbedarf, um ihre ganze Artenvielfaltzu beschreiben und zu erforschen,denn nur was wir kennen,können wir auch effektiv schützen.Geschätzteglobale Anzahlvon Arten~ 5.500> 10.000~ 10.000~ 15.000~ 40.000~ 150.000~ 5.000.000> 8.000.000Prozentsatz nochunbeschriebenerArten0,2 %0,1 %13 %56 %22 %69 %80 %~ 77,5 %Tab. 1: Die globale Artenvielfalt in Zahlen nach CHAPMAN (2009). Dargestellt ist dasMissverhältnis von beschriebenen gegenüber noch unbeschriebenen Arten ausgewählterTiergruppen.The global species diversity in numbers according to CHAPMAN (2009). Shown is thedisproportion between described and undescribed species in selected animal groups.Wirtschaftswachstum, rücksichtsloseUmweltzerstörung und den hohen Bevölkerungsdruckin der Region akutbedroht. Daher zeichnet sich diesesweiträumige tropische Gebiet durchdie höchste Dichte international anerkannterBiodiversitätshotspots aus(MYERS et al., 2000). Hotspots sindmitunter länderübergreifende Regionen,die einerseits einen hohen Anteilendemischer Tiere und Pflanzen beherbergen,also solche Arten, die nur dortvorkommen, und andererseits besondersstark bedroht sind. Der Wallacea-Hotspot befindet sich zwischen denkontinentalen Festlandsockeln vonEurasien und Australien und umfasstSulawesi sowie die Kleinen Sunda-Inselnund die Molukken (Gewürzinseln).Mit dem Namen Wallacea wirddes britischen Naturforschers AlfredR. Wallace (1823 – 1913) gedacht, derMitte des 19. Jahrhunderts grundlegendeEntdeckungen zur Evolutionund Biogeographie während seinerjahrelangen Forschungsreisen in Südostasienmachte. Sulawesi, das frühereCelebes, ist die größte Landmasse innerhalbder Wallacea-Region, die zugleicheine biogeographische Übergangszonezwischen Asien und Australien bezeichnet.Sulawesi ist ferner die elftgrößteInsel der Welt und sogar dieDer Wallacea-BiodiversitätshotspotDass diese unglaubliche Artenvielfaltnicht gleichmäßig über die Erde verteiltist, ist spätestens seit dem Zeitalterder großen Entdecker des 18. Jahrhundertswie James Cook oder LouisAntoine de Bougainville bekannt. Sokonzentrieren sich die meisten Lebewesendes blauen Planeten auf die Tropennördlich und südlich des Äquators.Gerade die wechselwarmen Amphibienund Reptilien sind in den warmenTropen besonders artenreich vertreten.In diesen geographischen Breiten befindensich heute zugleich die finanziellärmsten Länder der Erde, so dassein enormer Druck auf der wertvollenbiologischen Vielfalt der Erde lastet.Südostasien ist eine der biologischreichsten Regionen der Erde. Zugleichist dieser natürliche Reichtum, diesesglobale Erbe, durch das enormeAbb. 2: Die indonesische Insel Sulawesi mit ihren vier langgezogenen Halbinseln liegtinmitten der Inselkette, die Asien und Australien verbindet. Es ist die fünftgrößte tropischeInsel der Welt.The Indonesian island of Sulawesi with its four peninsulas is situated between Asia andAustralia. It is the fifth largest tropical island of the world. (Quelle: Wikipedia)150


Abb. 3: Aufgrund der geographischen LageSulawesis zwischen Asien und Australiengibt es dort auch Beuteltiere wie denBärenkuskus (Ailurops ursinus).Due to its geographic position betweenAsia and Australia also marsupials such asthe bear cuscus inhabit Sulawesi.(Foto: André Koch)Abb. 4: Jährliche Neunachweise und Neubeschreibungen von Amphibien und Reptilienfür Sulawesi zwischen 1835 und 2010.The annual numbers of new records and species descriptions of amphibians and reptilesfrom Sulawesi between 1835 and 2010. (Quelle: Koch, 2012)fünftgrößte tropische Insel mit einerFläche halb so groß wie die BundesrepublikDeutschland. Auf Grund ihrerzentralen Lage im Indo-AustralischenArchipel, der mit über 17.000 einzelnenInseln und Eilanden die größteInselkette der Welt darstellt, vereintSulawesi in sich einzigartige Faunenelementeaus beiden biologisch so unterschiedlichenRegionen. Beispiele fürtypisch asiatische (d.h. orientalische)plazentale Säugetiere sind der sonderbareHirscheber oder auch Babirusa(Babyrousa babyrussa) genannt sowiedas Anoa-Zwergrind (Bubalusdepressicornis); ein charakteristischaustralisches Element sind Beuteltierewie der Bärenkuskus (Ailuropsursinus).Was wissen wir über dieHerpetofauna von Sulawesi?Verglichen mit den drei Großen Sunda-Inseln Borneo, Sumatra und Java ist dieDiversität der Fauna von Sulawesi relativartenärmer, denn viele in Südostasienweit verbreitete Gattungen habendie Insel in der Vergangenheit nichterfolgreich besiedeln können. Auch dieAmphibien und Reptilien der Inselstellen in dieser Hinsicht keine Ausnahmedar. Dieser verarmte Faunencharakterist das Ergebnis der Jahrmillionenandauernden geologischenIsolation Sulawesis von umliegendenInselregionen wie den Philippinen imNorden, den Großen Sunda-Inseln imWesten oder den Kleinen Sunda-Inselnim Süden, da die Insel von tiefen Meeresgräbenund starken Strömungenumgeben ist.Trotz der ambitionierten Anstrengungenverschiedener arbeitsamer Naturwissenschaftlerwährend der vergangenenzwei Jahrhunderte (z.B. BLEEKER,1856; MEYER, 1887; MÜLLER, 1895;BOULENGER, 1897), haben erneuteExpeditionen von Forschern ausAustralien, den USA, Indonesien undDeutschland auf Sulawesi und denkleinen vorgelagerten Inseln ergeben,dass die Diversität der Amphibien- undReptilienarten unterschätzt worden ist.Der Grund hierfür ist wahrscheinlicheine fast 60-jährige Erkundungspauseseit dem Zweiten Weltkrieg, in derkaum Untersuchungen auf Sulawesistattfanden. Erst zu Beginn der 1990erJahre wurde die Erforschung der Amphibienund Reptilien von Sulawesiwiederbelebt. So sind seit der letztenherpetologischen Übersichtsarbeit vonISKANDAR & TJAN (1996) über 36Amphibien- und Reptilienarten plusfünf Unterarten neu beschrieben odererstmals für Sulawesi und die Satelliteninselnnachgewiesen worden. Zusätzlichsind weitere etwa 40 Arten,meist Skinke (Familie Scincidae), alsneu identifiziert worden und wartenauf ihre wissenschaftliche Beschreibung.Dies bedeutet einen Zuwachs derArtenvielfalt von 35 % in weniger als20 Jahren!Sulawesis Amphibien: relativartenarm und doch wenig bekanntDie Amphibien (vertreten durch dieGruppe der Frösche oder Anuren)machen nur etwa ein Viertel der gesamtenHerpetofauna von Sulawesiaus. Auf der Gattungsebene stehendie sulawesischen Frösche der malaiischenFauna der Großen Sunda-Inselnnahe, sind jedoch weit weniger divers.Vor allem die Kröten sind sehr artenarmmit lediglich drei bekanntenArten, von denen eine endemisch ist,die Celebes-Kröte (Bufo celebensis).Zurzeit sind etwa 50 Amphibienartenvon der Insel bekannt, von denenjedoch mindestens 20 noch nicht wissenschaftlichbeschrieben wurden.Im Vergleich hierzu sind auf Borneo,der größeren Insel im Westen, bereitsüber 160 verschiedene Amphibienartengefunden worden. Seit dem Erscheinender letzten systematischenÜbersichtsarbeit im Jahre 1996 sind12 Froscharten neu für Sulawesi nachgewiesenworden. Zudem ist der taxonomischeStatus einiger weit verbreiteterasiatischer Arten auf Sulawesiwie des Weißbart-Ruderfrosches (Polypedatesleucomystax) noch ungeklärt.151


publiziert (AHL, 1933). Diese gut80-jährige Pause wurde erst vor kurzemunterbrochen (ISKANDAR et al.,2011) und es ist zu hoffen, dass diesden Beginn einer neuen Ära von Neubeschreibungenbei Amphibienartenauf Sulawesi darstellt.Die Reptilienfauna: artenreich, dochnur teilweise gut erforschtAbb. 5: Zusammensetzung der Herpetofauna von Sulawesi und der vorgelagerten Inseln.Während Amphibien nur etwa ein Viertel ausmachen, stellen die Reptilien die Mehrheit(>75 %) der Artenvielfalt dar.Composition of Sulawesi’s herpetofauna including its off-shore islands. While amphibiansaccount for only about a quarter of the species diversity, reptiles represent the majority(>75 %) of the herpetofauna. (Quelle: Koch, 2012)Kryptische Diversität könnte dieFroschfauna von Sulawesi zukünftigweiter erhöhen. Aufgrund ihrer geringenToleranz gegenüber Salzwasser istden Amphibien von Sulawesi ein hoherGrad an Endemismus (ca. 75 %) attestiertworden. Lediglich sieben Artenkommen auch auf dem benachbartenBorneo vor (INGER, 2005). Von diesensind allerdings fünf Arten bekannteBegleiter des Menschen, die inder Vergangenheit zufällig etwa mitSchiffsladungen eingeführt wordensein könnten. Dies sind die Schwarznarben-Kröte(Bufo melanostictus),der Indische Ochsenfrosch (Kaloulapulchra), der Reisfeldfrosch (Fejervaryalimnocharis), der Rotohrfrosch (Ranaerythraea) sowie der Weißbart-Ruderfrosch.Während die meisten Anurenauf Sulawesi wenig farbenfroh sind,stellen die Flugfrösche der GattungRhacophorus eine bunte Ausnahmedar. Sie kommen mit mehreren endemischenArten auf Sulawesi vor undbrauchen ungestörte Primärwälder,die sich vorwiegend nur noch im bergigenLandesinneren der Insel findenlassen.In Bezug auf die Amphibienfauna undim Vergleich mit Borneo, Sumatra undJava, den größeren benachbarten Inselndes Sundaschelfs, ist Sulawesi dasam schlechtesten untersuchte GebietSüdostasiens (INGER, 2005). Im Gegensatzzu den Reptilien der Insel, beidenen in den vergangenen Jahren zumindesthin und wieder neue Artenbeschrieben worden sind, wurden dieletzten neuen Froschbeschreibungenin den 1920er und 1930er JahrenUngefähr drei Viertel der Herpetofaunavon Sulawesi sind Reptilien. Gegenwärtigsind über 160 verschiedeneArten identifiziert. Die Mehrheit derReptilien stammt jedoch aus wenigenGruppen. Die Glattechsen oder Skinke(Scincidae) und colubriden Schlangen(Familie Colubridae) umfassen gemeinsamüber 50 % aller Reptilienartenvon Sulawesi. Diese Dominanzerreicht fast 70 %, wenn die Geckos(Familie Gekkonidae) mit eingeschlossenwerden. Innerhalb dieser dreiHauptgruppen sind seit der Wiederbelebungder herpetologischen Forschungauf Sulawesi vor 20 Jahren45 neue Arten (das sind über 40 %) beschrieben,identifiziert oder erstmalsfür Sulawesi nachgewiesen worden.Die Echsen von Sulawesi: sehrdivers, doch oftmals unbeschriebenBis heute sind über 90 verschiedeneEchsenarten aus fünf Familien ausder Sulawesi-Region identifiziert worden.Von diesen sind 49 Arten (d.h.über 50 % der gesamten Echsenfauna)erst seit den 1990er Jahren dokumentiertoder neu beschrieben worden.Dennoch ist ein hoher Prozentsatz(ca. 40 % entsprechend 38 Arten) derEchsenarten noch unbeschrieben oderAbb. 6: Die endemische Celebes-Kröte (Bufo celebensis) ist einevon nur drei nachgewiesenen Krötenarten auf Sulawesi.The endemic Celebes toad is one of only three known bufonidspecies on Sulawesi.(Foto: André Koch)Abb. 7: Der Indische Ochsenfrosch (Kaloula pulchra) kommt auchin menschlichen Siedlungen vor.The Malaysian bullfrog is regularly found in human settlements.(Foto: André Koch)152


Abb. 8: Der Sulawesi-Flugfrosch (Rhacophorus edentulus) ist eine der wenigen farbenfrohen Anurenarten der Insel.The colourful Celebes flying frog is an exception among Sulawesi’s amphibian species.(Fotos: Björn Lardner)Abb. 9: Ungestörte Primärwälder, wie entlang dieses kleinen Bachlaufs in der Nähe von Ampana, gibt es immer seltener auf Sulawesi.Undisturbed primary forests, such as along this little river near Ampana, are getting harder to find on Sulawesi. (Foto: André Koch)153


Abb. 10: Verhältnis zwischen beschriebenen und unbeschriebenen oder unbestimmtenArten von Sulawesis Herpetofauna. Vor allem der hohe Prozentsatz (ca. 40 %) nochunbeschriebener Frösche und Echsen ist auffällig.Relation between described and undescribed or unidentified species of Sulawesi’s herpetofauna.Note the high percentage of still undescribed frogs and lizards (about 40 %).(Quelle: Koch, 2012)Abb. 11: Der Blauschwanz-Skink (Emoia caeruleocauda) gehört zu den häufigsten undfarbenprächtigsten Echsen auf Sulawesi.The Pacific bluetail skink belongs to the most abundant and most colourful lizards onSulawesi.(Foto: André Koch)aAbb. 12: Der sulawesische Smaragdskink (Lamprolepis smaragdina) wird seinem Namendurchaus gerecht (a). Es gibt allerdings auch Inselpopulationen wie z. B. auf den Togianinseln(b), die eine braune Grundfärbung aufweisen.The Sulawesian emerald skink lives up to its name. But there are also island populationswith a brown background colouration.(Fotos: Björn Lardner /André Koch)bihr taxonomischer Status ist ungesichert.Innerhalb der Herpetofaunavon Sulawesi stellen die Glattechsenoder Skinke (Scincidae) die größteVerwandtschaftsgruppe der Reptiliendar. Der Blauschwanz-Skink (Emoiacaeruleocauda) gehört zu den häufigstenund farbenprächtigsten Echsenauf Sulawesi. Über 50 verschiedeneSkinkarten sind mittlerweile nachgewiesen.Sie repräsentieren etwa 55 %aller Echsenarten auf der Insel, gefolgtvon den Geckos, die immer noch gutein Viertel der Echsendiversität umfassen.Die enorme Anzahl von 28 neuenArten (das sind über 50 % aller sulawesischenSkinke) ist erst seit 1996 identifiziertund nachgewiesen worden.Jedoch steht dem dieselbe Anzahl nochunbeschriebener oder nicht genau bestimmterArten gegenüber. In den vergangenenJahren wurden lediglichzwei neue Skinkarten beschrieben.Dies sind die Große Asiatische Mabuye(Eutropis grandis) und BaconsWasserskink (Tropidophorus baconi)(HIKIDA et al., 2001; HOWARD etal., 2007). Jedoch alleine in der großenGattung Sphenomorphus, die bereitsmehr als ein Drittel von SulawesisSkinkdiversität ausmacht, warten neunArten auf ihre formale wissenschaftlicheBeschreibung. Auf ähnliche Weiseverbergen sich hinter dem weit verbreitetenund farblich recht variablen Smaragdskink(Lamprolepis smaragdina)auf Sulawesi und den umliegendenEilanden wahrscheinlich fünf verschiedeneArten.Die Geckos werden in ihrer Vielfaltnur von den Skinken übertroffen undstellen die zweitgrößte Echsengruppeauf Sulawesi dar. Zurzeit sind etwa20 unterschiedliche Arten in neunGattungen aus der Sulawesi-Regionbekannt. Dreizehn Geckoarten einschließlichdreier Gattungen sind seitdem Jahr 2000 zur Herpetofauna vonSulawesi hinzugefügt worden. DreiArten stellten sich dabei als neu heraus,während vier Geckos zum ersten Malfür die Region nachgewiesen werdenkonnten. Unter diesen neuen Inselnachweisenwar auch der Grünaugengecko(Gekko smithii), einer der größtenGeckos Südostasiens, der eineGesamtlänge von über 30 cm erreichenkann (KOCH et al., 2009a). Wir fandendiesen Gecko während einer Nachtexkursionauf den Togianinseln, diezwischen der nördlichen Minahassa-Halbinsel und Zentralsulawesi liegen.Während dieser nächtlichen Wanderung154


Abb. 13: Smiths Grünaugengecko (Gekko smithii) wurde erst 2009für Sulawesi nachgewiesen. Es ist eine der größten GeckoartenSüdostasiens.Smith’s green-eyed gecko was first recorded for Sulawesi in 2009.It is one of the largest gecko species of Southeast Asia.(Foto: André Koch)Abb. 14: Viele Amphibien und Reptilien lassen sich am bestenwährend der Nacht entdecken. Bei dieser Exkursion wurden wirvon zwei einheimischen Helfern unterstützt.Many amphibians and reptiles are active at the night. Two localguides supported us during this excursion.(Foto: André Koch)durch den umliegenden Wald des DorfesLangger wurden wir von zwei Einheimischenbegleitet, die die Gegendseit ihrer Kindheit kennen. Bestücktmit Taschenlampen, Leinensäcken undMückenschutzmittel suchten wir dieüppige Vegetation nach eventuellen tierischenBewohnern ab. So entdecktenwir an einer beschädigten Palme, dassmehrere große schwarze Käfer sich andem austretenden Pflanzensaft gütlichtaten. Immer wieder wurden Nachtfaltervon unserem Licht angezogen undflogen mir ins Gesicht. Während unseinige flinke Frösche entwischten undmit einem großen Sprung im Dunkelder Nacht verschwanden, regte sich dergroße, grünäugige Gecko nicht, als erplötzlich im Schein meiner Stirnleuchteerschien. Auch das grelle Blitzlichtmeiner Fotokamera verschreckte diebaumbewohnende Echse nicht, so dassich den großen Gecko anschließendmit einem schnellen Griff fangenkonnte, um den neuen Inselnachweisfür diese Art für Sulawesi mit einemSammlungsexemplar zu belegen.Insgesamt sind 60 % aller Geckos vonSulawesi seit 1996 beschrieben odernachgewiesen worden. Dieser hoheAnteil kann sicherlich nur teilweisedurch das bisherige Übersehen selteneroder morphologisch kryptischer Arten,wie bei den baumrindenbewohnendenLuperosaurus-Arten, erklärtwerden. Die Entdeckung des großwüchsigenGrünaugengeckos und andererneuer Geckoarten legt hingegennahe, dass auch diese sulawesischeAbb. 15: Ein noch unbeschriebenerSchuppenfingergecko (Lepidodactylus sp.)von der Insel Buton, Südost-Sulawesi.A new species of scaly-toed gecko from theisland of Buton, Southeast Sulawesi.(Foto: Björn Lardner)155


Abb. 16: Beccaris Flugdrache (Draco beccarii) macht seinem Namen alle Ehre. EinMännchen von der Insel Buton, Südost-Sulawesi.A male of Beccari’s flying lizard from Buton Island, Southeast Sulawesi.(Foto: Björn Lardner)Flugdrachen weisen einen hohenGrad von lokalem Endemismus auf.Während drei Arten (d.h. D. beccarii,D. spilonotus und D. walkeri) dieHauptinsel besiedeln, sind die übrigenDraco-Arten in ihrer Verbreitung aufeinzelne umliegende Eilande wie dieTogianinseln beschränkt. Im Gegensatzhierzu ist die Gattung der großwüchsigenSegelechsen (Hydrosaurus)lediglich durch eine einzige Art, dieAmbon-Segelechse (H. amboinensis),vertreten, die auch auf den Molukken(Gewürzinseln) vorkommt. Dochder taxonomische Status der Sulawesi-Population ist noch nicht endgültiggeklärt. Neue Ergebnisse aus den USAzeigen eindeutig, dass es sich bei densulawesischen Tieren ebenfalls um eineeigenständige, endemische Art handelt.Vor allem im Zentrum der Inselkönnen die bis einen Meter langen, imposantenSegelechsen entlang von wildenFlüssen leicht beobachtet werden.Namensgebend für diese vegetarischenEchsen ist ein großes Hautsegel, dassich vor allem bei Männchen auf demSchwanz erstreckt und an den verlängertenWirbelfortsätzen aufgespannt ist.Echsengruppe in der Vergangenheitvon Herpetologen stark vernachlässigtworden ist. Der Anteil an endemischenGeckoarten auf Sulawesi liegt bei rund50 %.Zurzeit ist die Existenz von 14 Agamen-Arten(Familie Agamidae) innerhalbder Sulawesi-Region bekannt. Mitacht beschriebenen Arten stellen dieFlugdrachen der Gattung Draco 60 %der sulawesischen Agamendiversitätdar. Diese bemerkenswerten kleinenEchsen sind strikte BaumbewohnerSüdostasiens und ernähren sich vorwiegendvon Ameisen. Mittels einerFlughaut, die seitlich am Körper zwischenden verlängerten Rippen der Tiereaufgespannt ist, sind sie in der Lageweite Strecken zwischen den großen Urwaldbäumenmit einem gezielten Gleitflugzu überwinden. Die sulawesischenIn ihrer Größe übertroffen werden diebeeindruckenden Segelechsen nur vonder letzten Echsenfamilie, die aufSulawesi zu finden ist, den Waranen(Familie Varanidae). Diese charismatischeReptiliengruppe umfasst mit demberühmten Komodo-Waran (Varanuskomodoensis) der Kleinen Sundainselnzugleich die größten heute noch lebendenEchsen der Welt. Innerhalb derSulawesi-Region sind zwei verschiedeneAbb. 17: Ein prächtiges Männchen der Ambon-Segelechse (Hydrosaurusamboinensis). Diese großen Agamen halten sich bevorzugtin der Nähe von Gewässern auf.A magnificent male Amboina sailfin lizard. These large agamidlizards are usually found close to a body of water.(Foto: Eddy Even)Abb. 18: Ein frisch gefangenes Exemplar des Lirung-Warans(Varanus lirungensis), den wir auf den entlegenen Talaud-Inselnzwischen Sulawesi und den Philippinen entdeckten.A freshly captured specimen of the Talaud monitor. Weencountered this new species on the remote Talaud Islands locatedbetween Sulawesi and the Philippines. (Foto: André Koch)156


Abb. 19: Zwei Formen der noch unbeschriebenen sulawesischen Bindenwarane (Varanus salvator-Gruppe) von vorgelagerten Inseln.Two still undescribed Sulawesian members of water monitors (Varanus salvator group).(Fotos: André Koch)Gruppen dieser beeindruckenden Reptilienvertreten, die im Fall der weitverbreiteten Bindenwarane (V. salvator-Gruppe) gut zwei Meter Länge erreichenkönnen. Erst 2009 konntevon den entlegenen Talaud-Inselneine neue Art von Pazifikwaranen(V. indicus-Gruppe), der Lirung-Waran(V. lirungensis), beschrieben werden(KOCH et al., 2009b). Dabei war dieEntdeckung dieses Warans, der naheder Ortschaft Lirung auf der InselSalibabu gefangen g wurde, eine großebiogeographische Überraschung füruns, denn wir waren zuvor fest davonausgegangen, dass die entlegenenTalaudinseln in der Vergangenheit vonBindenwaranen als Migrationsroutezwischen Sulawesi und den Philippinengedient haben. Dies stellte sich jedochals falsch heraus (KOCH et al., 2009d).Sulawesi selbst einschließlich der kleinenvorgelagerten Eilande beherbergteine erstaunliche Vielfalt an verschiedenenBindenwaranen, die ebenfallserst durch das Projekt zwischen demMuseum Alexander Koenig in Bonnund dem <strong>Zoo</strong>logischen Museum inBogor, Java, entdeckt wurden. Von diesensulawesischen Waranen ist jedocherst eine Art offiziell beschrieben, diewissenschaftliche Benennung der übrigenbefindet sich in Vorbereitung. Daindonesische Bindenwarane in großemMaßstab für den internationalen Reptillederhandelverfolgt werden (KOCHet al., <strong>2013</strong>), manche Arten jedoch nurein sehr begrenztes Verbreitungsgebietbesitzen und daher unter Umständenleicht ausgerottet werden könnten, istdie taxonomische Grundlagenforschungin diesem Fall Voraussetzungfür einen effektiven Artenschutz, dennnur was der Mensch kennt, kann erauch schützen.Sulawesis Schlangen:gut dokumentiert und verstandenSeit 1996 sind auf Sulawesi und den Satelliteninseln10 neue Schlangenartenidentifiziert oder entdeckt worden.Somit wurden 20 % der gesamtensulawesischen Schlangenfauna erst innerhalbder vergangenen 18 Jahre nachgewiesen.Ein bemerkenswertes Beispielist die breitgebänderte Sulawesi-Grubenotter(Tropidolaemus laticinctus), dieerst 2007 wissenschaftlich beschriebenwurde (KUCH et al., 2007). Interessanterweisebasiert die Beschreibungdieser auffällig gezeichneten Art, dievorwiegend in den Regenwäldern dernördlichen Minahassa-Halbinsel beobachtetwurde, auf fünf historischenMuseumsexemplaren, die teilweisebereits vor über 100 Jahren gesammeltwurden. Durch einen kleinen Zahlenfehlerbeim Sammlungsdatum einesder so wichtigen, da namenstragendenTypusexemplare aus dem NaturhistorischenMuseum in Wien, trat die neueGrubenotter vor kurzem in den Mittelpunkteiner internationalen Studie(FONTAINE et al., 2012). Die Autorenzeigten auf, dass im Durchschnitt21 Jahre nach dem Auffinden in derNatur verstreichen, bevor eine neueTierart offiziell beschrieben wird. DerSpitzenreiter unter knapp 600 Tierarten,die im Jahr 2007 neu beschrieben wurden,war nämlich mit scheinbaren 206Jahren die neue Sulawesi-Grubenotter.Leider hatten die Autoren der Studiedie Publikation von KOCH (2008)übersehen, in welcher der ZahlenfehlerAbb. 20: Die erst 2007 neu beschriebene Grubenotter (Tropidolaemus laticinctus) hebtsich durch ihr Muster ab.The endemic Sulawesi pitviper was described in 2007. (Foto: Dominique Wirz)157


Abb. 21: Obwohl die häufigste Schlange auf der Insel, ist der taxonomische Status der sulawesischen Populationen des weit verbreitetenBaumschnüfflers (Ahaetulla prasina) ungeklärt. Die eigenartige, schlitzförmige Pupille vergrößert das Sehfeld und hilft bei der Jagd.Although the most common snake on the island, the taxonomic status of the Sulawesian vine snake is still uncertain.(Foto: Björn Lardner)diskutiert wurde, denn das besagte Exemplarwar nicht bereits 1801, sondernerst 100 Jahre später in die WienerSammlung gelangt. Trotz alledem istein Jahrhundert eine noch viel zu langeZeitspanne.Insgesamt sind 61 verschiedene Schlangenarten(ausgenommen der Seeschlangen)aus der Sulawesi-Region bekannt,das entspricht etwa einem Drittel dergesamten Herpetofauna. Lediglich eingeringer Prozentsatz (ca. 10 %) ist heutenoch unbeschrieben oder nicht identifiziert.Eine der noch nicht beschriebenenArten wurde im Towuti-See inZentral-Sulawesi entdeckt und repräsentiertvermutlich eine neue Schlangengattung.Insgesamt 36 Arten (d. h.fast 60 %) von Sulawesis Schlangensind endemisch. Fast 60 % der Arten,die auf Sulawesi gefunden werden,gehören zur artenreichen FamilieColubridae, zu der auch unsere einheimischeSchlingnatter (Coronellaaustriaca) gehört. Die artenreichsteGruppe ist die Gattung Calamaria mit11 beschriebenen Arten der vorwiegendunterirdisch lebenden und sichvon Wirbellosen ernährenden Schlangen.Somit stellen sie beinahe 20 % dersulawesischen Schlangenfauna dar. Allerdingsist aufgrund ihrer verborgenenLebensweise nur sehr wenig überdie Biologie dieser Schlangengruppebekannt. So sind von manchen Artenbislang nur wenige Exemplare bekanntgeworden. Drei endemische Arten derGattung Calamaria wurden erst vorwenigen Jahren entdeckt (HOWARD& GILLESPIE, 2007; KOCH et al.,2009c). Bis auf eine in Südostasienweit verbreitete Vertreterin sind allesulawesischen Calamaria-Arten aufdiese Region beschränkt. Demzufolgescheint diese Schlangengattung nachder einst erfolgreichen Besiedlung derInsel mehrere Artaufspaltungen (auchRadiation genannt) erfahren zu habenund es könnten zukünftig weiterenoch unbeschriebene Arten aus dieserim Verborgenen lebenden Schlangengruppegefunden werden. Der ausschließlicham Tag aktive, meist grüngefärbte Baumschnüffler (Ahaetullaprasina) mit seiner einzigartig geformtenPupille hingegen ist die am häufigstenanzutreffende Schlange auf Sulawesi.Bedingt durch den eigenartigenZustand der Augen besitzt der Baumschnüfflerdas beste binokulare Sehfeldaller daraufhin getesteten Schlangenarten,was es ihm ermöglicht, erfolgreichflinke Echsen oder Frösche und kleineVögel auf Bäumen zu fangen. Insgesamtscheint die Vielfalt der sulawesischen158


Schlangen im Vergleich zur übrigenHerpetofauna am besten dokumentiertund verstanden zu sein (DE LANG &VOGEL, 2005; KOCH, 2012).Schildkröten und Krokodile:spannende Entdeckungen in denletzten 20 JahrenMit sechs nicht-marinen Arten sindSchildkröten und Krokodile die kleinstenGruppen der Herpetofauna vonSulawesi. Trotz der überschaubarenVielfalt sind die genaue Anzahl derKrokodilarten, die Sulawesi besiedeln,sowie ihr taxonomischer Status nochungeklärt. Die Existenz von bis zusieben verschiedenen Arten (nämlichCrocodylus porosus, C. siamensis, C. cf.mindorensis, C. raninus, C. novaeguineae,Tomistoma schlegelii und eine unbeschriebeneArt) ist auf Sulawesi vermutetworden (PLATT et al., 2007), dochlediglich zwei Arten wurden bisher inder Wildnis beobachtet. Dies ist nebendem von Asien bis Australien anzutreffendenLeistenkrokodil (C. porosus)eine noch nicht genau bestimmte Krokodilart.Weitere Feldarbeiten sind somitdringend notwendig, um sowohldie Verbreitung als auch den Bedrohungsstatusdieser Riesenreptilien zueruieren. Denn Krokodile sind sowohldurch Lebensraumzerstörung als auchdurch den Reptillederhandel stark bedroht.Obwohl Schildkröten mittlere bis großeReptilien und somit eigentlich leichtzu entdecken sind, hat sich ihre Diversitätauf Sulawesi in den letzten 12 Jahrendurch Neunachweise und Beschreibungenverdoppelt. Dieser Anstieg istteilweise durch kürzlich vom Menscheneingeführte Arten wie die nordamerikanischeRotwangenschmuckschildkröte(Trachemys scripta elegans) oder dieasiatische Weichschildkröte (Amydacartilaginea) zu erklären (KOCH et al.,2008). Andererseits trug auch die Entdeckungder Celebes-Erdschildkröte(Leucocephalon yuwonoi) im Jahr 1995dazu bei (MCCORD et al., 1995). DieseSchildkröte ist ein gutes, wenn auchtrauriges Beispiel dafür, dass neueTierarten bereits international gehandeltund somit eventuell auch ausgebeutetwerden, bevor sie überhauptwissenschaftlich erfasst und beschriebenwurden. So stammten auch dieOriginalexemplare dieser neuen Art,die lediglich im Norden der Insel zufinden ist, von einem lokalen Händlerauf Sulawesi. Nur wenige Jahre nachihrer wissenschaftlichen Beschreibunggilt diese Sumpfschildkröte als eine deram stärksten bedrohten Schildkrötenartenweltweit! Nicht zuletzt der ungeklärteStatus der WeichschildkrötengattungPelochelys, deren Existenzauf Sulawesi erst 2002 durch eine Sichtungauf einem Markt der HauptstadtMakassar (Ujung Pandang) nachgewiesenwurde, verdeutlicht die jahrzehntelangeVernachlässigung undunzureichende Kenntnis über die Diversitätder Amphibien und Reptilienvon Sulawesi.Fazit: Die Diversität der Amphibienund Reptilien von Sulawesi istvernachlässigt wordenBezogen auf neue Artbeschreibungenund Nachweise gab es nur zwei Periodenin der Geschichte der Herpetofaunavon Sulawesi, die bisher am bedeutendstenwaren. Verstärkte Untersuchungenbegannen zwischen 1856 und1860, als PIETER BLEEKER, ein niederländischerMilitärarzt, die Nordhalbinselbereiste und anschließend dieerste Checkliste der sulawesischenAmphibien und Reptilien verfasste(BLEEKER, 1856). Er dokumentierteetwa 25 Arten erstmals und beschriebzwei neue Arten. Die zweite Phase begannungefähr 40 Jahre später, als dieBaseler Naturforscher FRITZ undPAUL SARASIN zwei mehrjährige Expeditionennach Celebes unternahmen(SARASIN & SARASIN, 1898–1908).Basierend auf ihrem gesammeltenMaterial wurden zahlreiche neueArten zumeist von MÜLLER (1895)und BOULENGER (1897) beschriebenund nachgewiesen. Bislang sind diesebeiden kurzen Perioden die erfolgreichstenin der Geschichte von Sulawesi.Erst 100 Jahre später begann in den1990er Jahren eine dritte Phase verstärkterForschungsaktivitäten, die bisheute andauert.Trotz fast zwei Jahrhunderten herpetologischerErforschung bleibt nochviel zu tun, um eine vollständige Artenlisteder Amphibien und Reptilien vonSulawesi zu erhalten. Heute sind dieSchlangen wohl am besten erforscht,während die vernachlässigten Fröscheund Echsen dringend taxonomischerÜberarbeitung bedürfen. Vor allem dienoch relativ ungestörten Regenwälderim gebirgigen Inneren von Zentral-Sulawesi sowie verschiedene bisherwenig erforschte vorgelagerte Inselnwie Buton, Peleng und Sangihe beherbergenwahrscheinlich noch einige unbeschriebeneArten.Aus diesem Grund ist auch zukünftignoch mit einem weiteren Anstieg derArtenzahlen zu rechnen. Verglichenmit der letzten Liste von 1996 ist dieAnzahl der nachgewiesenen Arten um35 % gestiegen. Seit Mitte der 1990erJahre wurden 75 Amphibien- und Reptilienartenund -unterarten zum herpetologischeInventar der Insel hinzugefügt.Von diesen Arten wurden 18als für die Wissenschaft neu beschrieben,Abb. 22: Die Rüsselnase und der ledrige weiche Panzer sind die Erkennungsmerkmalealler Weichschildkröten, auch der asiatischen Weichschildkröte (Amyda cartilaginea).The Asiatic softshell-turtle was only recently recorded for Sulawesi.(Foto: André Koch)159


weitere 18 Arten stellten Neunachweisefür die Insel dar und sieben Artenwurden wieder beschrieben oderrevalidiert, das heißt ihre Gültigkeitals eigenständige Art konnte bewiesenwerden. Demgegenüber wurden 12Arten, zumeist Schlangen, von derArtenliste von Sulawesi gestrichen, dasie irrtümlicherweise für die Inselnachgewiesen worden waren. Oftmalshandelte es sich bei den irrtümlichenInselbelegen um einzelne Exemplarevon Arten, die von anderen Inselnwohl bekannt sind und wahrscheinlichaus einer Verwechslung des Fundortesresultierten, denn im 19. Jahrhundertwurden Informationen über den Ursprungvon Sammlungsmaterial nichtso akribisch vermerkt wie heutzutage.Insgesamt sind gegenwärtig etwa 215verschiedene Amphibien (ca. 50 Spezies)und Reptilien (ca. 160 Arten) ausder Sulawesi-Region bekannt (KOCH,2012). Fast 60 % der Arten sind Endemiten.Dieser Umstand macht dieseArten besonders anfällig für Bedrohungendurch Umweltzerstörung undAusbeutung durch die lokale Bevölkerungoder den internationalen Reptilienhandel.ZusammenfassungSüdostasien ist eine der biologischreichsten Regionen der Erde. Zugleichist dieser natürliche Reichtum,dieses globale Erbe, durch das enormeWirtschaftswachstum, rücksichtsloseUmweltzerstörung und den hohen Bevölkerungsdruckakut bedroht. Daherzeichnet sich diese weiträumige tropischeRegion durch die höchste Dichteinternational anerkannter Biodiversitätshotspotsaus. Der Wallacea-Hotspotbefindet sich zwischen den kontinentalenFestlandsockeln von Eurasienund Australien und umfasst Sulawesisowie die Kleinen Sunda-Inseln unddie Molukken (Gewürzinseln). Sulawesi,das frühere Celebes, ist die größteLandmasse innerhalb dieser biogeographischenÜbergangszone zwischenAsien und Australien und vereint insich einzigartige Faunenelemente ausbeiden biologisch so unterschiedlichenRegionen. Verglichen mit dendrei Großen Sunda-Inseln ist dieDiversität der Herpetofauna vonSulawesi relativ artenarm. Denn vielein Südostasien weit verbreitete Gattungenhaben Sulawesi in der Vergangenheitnicht erfolgreich besiedelnkönnen. Auch die Amphibien undReptilien der Insel stellen in dieserHinsicht keine Ausnahme dar. Dieserverarmte Faunencharakter ist das Ergebnisder Jahrmillionen andauerndengeologischen Isolation Sulawesis vonumliegenden Inselregionen wie denPhilippinen im Norden, den GroßenSunda-Inseln im Westen oder denKleinen Sunda-Inseln im Süden, dadie Insel von tiefen Meeresgräbenund starken Strömungen umgeben ist.Abb. 23: Erst 1995 wissenschaftlich beschrieben gilt die Celebes-Erdschildkröte (Leucocephalonyuwonoi) heute als eine der am stärksten bedrohten Schildkrötenarten weltweit.Only described in 1995, today the Sulawesi forest turtle belongs to the most threatenedturtle species in the world.(Foto: André Koch)Doch trotz der ambitionierten Anstrengungenverschiedener Naturwissenschaftlerwährend der vergangenenzwei Jahrhunderte, haben erneuteFeldarbeiten auf Sulawesi und denkleinen vorgelagerten Inseln in denvergangenen 20 Jahren ergeben, dassdie Diversität der Amphibien- undReptilienarten unterschätzt worden ist.So sind seit Anfang der 1990er Jahreüber 36 Amphibien- und Reptilienartenplus fünf Unterarten neu beschriebenoder erstmals für die Sulawesi-Regionnachgewiesen worden.Zusätzlich sind weitere etwa 40 Arten,meist Skinke, bereits als neu identifiziertworden und warten auf ihrewissenschaftliche Beschreibung. Diesbedeutet einen Zuwachs von 35 %! Insgesamtsind gegenwärtig etwa 215verschiedene Amphibien- (ca. 50 Spezies)und Reptilienarten (ca. 160 Arten)aus der Sulawesi-Region bekannt undes werden mit Sicherheit noch weiterein der Zukunft hinzukommen.SummarySoutheast Asia is one of the biologicallymost diverse regions on earth. Atthe same time, this natural wealth andglobal heritage is threatened by enormouseconomic growth rates and highhuman population pressure. Consequently,this vast tropical area is distinguishedby the highest density of internationallyrecognized biodiversityhotspots. The Wallacea hotspot islocated between the continental shelvesof Eurasia and Australia and comprisesSulawesi, the Lesser Sunda Islands,and the Moluccas (Spice Islands).Sulawesi, formerly known as Celebes,is the largest land mass within the biogeographictransition zone betweenAsia and Australia and unites uniquefaunal elements from both biologicallydistinct regions. Compared with theamphibians and reptiles of the threeGreater Sunda Islands, the herpetofaunaldiversity of Sulawesi is impoverished,since many wide-spread SoutheastAsian amphibian and reptilegenera did not succeed in colonizingSulawesi in the past. This depauperatefaunal character is the result of themillion-year long geological isolationof Sulawesi from surrounding islandregions due to marine barriers andstrong sea currents. However, despiteambitious investigations by several industriousscientists during the pasttwo centuries, recent fieldwork onSulawesi and its smaller off-shore160


www.sparkasse-koelnbonn.dem Natur erleben und von ihr lernen.Unsere <strong>Zoo</strong>schule bringt unseren KindernTiere und Umwelt näher. nTheo Pagel,Direktor des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>sUnser Engagement für Bildung.Gut für Köln und Bonn.S SparkasseKölnBonnBei Theo Pagel steht Lernen täglich auf dem Programm. Als Direktor des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s sorgt er dafür, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche die Vielfalt derTierwelt kennenlernen. Zum Beispiel in der <strong>Zoo</strong>schule. Auch wir von der Sparkasse KölnBonn finden es wichtig, dass alle Menschen in der Region vielfältigeChancen auf Bildung erhalten. Darum fördern wir Aus- und Weiterbildungsprojekte in Köln und Bonn: Im <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong> ebenso wie durch unseren Sparkassen-Schulservice, durch die Angebote unserer Stiftungen und nicht zuletzt durch das Odysseum, in dem Wissenschaft und Technik zu spannenden Abenteuerfür Groß und Klein werden. Bildung ist wichtig für jeden von uns – und für die Zukunft unserer Region! Sparkasse. Gut für Köln und Bonn.


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Abb. 1: Ebene im Zentrum des San Guillermo-Nationalparks.Plains in the center of San Guillermo National Park.(Foto: Paul Vogt)San Guillermo-Nationalpark, Argentinien,eine Gebirgswüste in Höhe der AlpengipfelPaul VogtEin kurzer Eintrag in einem der Reiseführer,die ich zur Vorbereitungmeines Aufenthalts im Süden Lateinamerikaslas, lautete: „ ... in eine derwildesten Gegenden Argentiniens:die menschenleere, 9.800 km² große,Reserva de Biósfera‘ San Guillermo.“Von ca. 7.000 Vikunjas (Vicugna vicugna)war die Rede – im Kontrast zu2 Millionen im gesamten ehemaligenVerbreitungsgebiet des Vikunja währendder „Inkaischen Zeit“, also wenigeJahrzehnte vor Ankunft der spanischenEroberer – von 6.500 Guanakos(Lama guanicoe) und von Pumas(Puma concolor), die weniger scheuwären als andernorts! Das wäre dochein lohnendes Ziel für meine naturkundlicheReise, es galt nur, einen Wegdorthin zu finden!Bereits bei meiner ersten Reise durchArgentinien (November 2008 – März2009) wollte ich die verschiedenenLandschaftsformen des Landes kennenlernen,das mit ca. 2,8 Millionenkm² fast die 8-fache Fläche Deutschlandshat. Über die Iberá-Sümpfe,die Millionenstadt Mendoza unddas nördliche Patagonien unternahmich als „Höhentraining“ mit demBus einen Ausflug zum Fuß desAconcagua, mit 6.962 m die höchsteErhebung der Erde außerhalb Asiens.Eine sechsstündige Fußwanderungin klarer und kühler Höhenluft führtemich durch eine Art Natur-Lehrgartenmit Beispielen zur Glazial-Morphologie wie verschiedene Moränentypen,Rundhöcker, Toteislöcheretc. langsam ansteigend von 2.800 bis3.100 m Meereshöhe, wo sich einüberwältigender Blick zur Südflankedes zwei-gipfeligen Bergriesen auftat.Beeindruckend war die an Trockenheit,intensive Sonneneinstrahlung und extremeTemperaturdifferenz zwischenSommer und Winter, Tag und Nacht,angepasste Vegetation, desgleicheneinige Vogelarten, die vor den zahlreichenBergwanderern nur wenig ScheuZeitschrift des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s · Heft 2/<strong>2013</strong> · <strong>56.</strong> <strong>Jahrgang</strong>165


Abb. 2: Aconcagua-Südwand (6.962 m), der Erde höchster Bergaußerhalb Asiens.Aconcagua South-face (6,962 m), the highest summit outside Asia.(Foto: Paul Vogt)Abb. 3: Blick von der „Terrassen“-Fläche (3.500 –4.000 m) des SanGuillermo-Nationalparks nach Osten, über das Tiefland.View from the “High-Plains” of San Guillermo National Park(3,500–4,000 m) eastward, over the lowlands. (Foto: Paul Vogt)zeigten: Andengans (Chloephaga melanoptera),Versicolor-Ente (Anasversicolor), Graubrust-Höhenläufer(Thinocorus orbignyianus) und Morgenammer(Zonotrichia capensis). Einvon der kräftigen Thermik getragenerKondor (Vultur gryphus) zeichnetemit seinem Schatten seine „Spur“ amBoden nach.Annäherung an das „Traumziel“Laut Reiseführer soll der San Guillermo-Nationalpark nur von 40 bis 50 Touristenjährlich besucht werden: nur Geländefahrzeuge,begleitet von einemPark-Mitarbeiter sind zugelassen, dader Fluß Rio Blanco durchquert werdenmuss, und seine Wasserführunginfolge plötzlicher Regenfälle bzw.Gletscherschmelze stark schwankt.Für mich als Einzelreisenden mitRucksack und Rolltasche erschien erunerreichbar. Doch dank meiner Internet-Kontaktezur Parkverwaltung,bescheidener Spanisch-Kenntnisseund der Hilfsbereitschaft von EmilianoDonadio, eines argentinischen Doktorandender University of Wyoming,USA, der seine Feldstudien im SanGuillermo NP durchführte, ergab sichschließlich doch eine Chance. Wir vereinbarteneinen Termin im Februar2009, zu dem außerdem ein argentinischerBiologe und zwei spanischeTierärzte in Roden, dem Sitz der Parkverwaltung,eintreffen sollten. VonMendoza aus fuhr ich im Bus nach SanJuan (de la Frontera), der Hauptstadtder gleichnamigen Provinz, die 1944durch das schwerste je in Argentinienregistrierte Erdbeben vollständig zerstörtwurde; es waren zehntausendTote zu beklagen. Weiterfahrt mit einerlokalen Buslinie über San José de Jachalin das in 1.600 m Höhe gelegene Rodeo(„Rodeo“ = im 18. Jahrhundert Rastplatzfür das vom nördlichen Argentinienüber 4.700 m hohe Andenpässezur Pazifikküste getriebene Schlachtvieh).Emiliano erwartete mich, wievereinbart, mit seinem von der „WildlifeConservation Society“ zur Verfügunggestellten Geländefahrzeug.Auch die anderen drei Mitreisendentrafen kurz vor Sonnenuntergang dortein.Nach einem ausgezeichneten „Asado“und einer langen Nacht – „Fiesta de laAbb. 4: Felsbildungen im Granit des San Guillermo-Nationalparks.Natural sculptures in the granite of San Guillermo National Park.(Foto: Paul Vogt)Abb. 5: Mit Verwitterungsschutt bedeckter Talhang und Klarwasser-Fluß.Slope covered with weathered rocks and clear-water river.(Foto: Paul Vogt).166


Abb. 6: „Schutt-Gletscher“ in einem Tal-Schluß, ca. 4.500 m ü. M.“Glacier” of weathered rock-debris in a valley, about 4,500 mabove sea level.(Foto: Paul Vogt)Abb. 7: Plateau-Gletscher am Cerro El Potro (5.879 m), Quellgebietdes Rio Blanco.Plateau-glacier near Cerro El Potro (5,879 m), origin of Rio Blancoriver.(Foto: Paul Vogt)manzana y de las semillas“ (Fest zuEhren des Apfels und der Saat) mit vielMusik und Gesang mussten wir unsim Krankenhaus Rodeo der unumgänglichenUntersuchung der HerzundLungenfunktion unterziehen.Der Arzt war mit uns zufrieden, undunser zehntägiger Aufenthalt in Höhenzwischen 3.500 – 4.600 m wurdegenehmigt. Nach dem Einkauf vonLebensmitteln brachen wir am nächstenMorgen auf ins Tal des „RioBlanco“. Seinen Namen verdankt erder „Gletschermilch“ seines Hauptquellflusses,der vom Plateau-Gletscheram Cerro „El Potro“ stammt.Nach ca. 100 km in dünn besiedeltemWeideland begann das abenteuerlicheTeilstück der Anfahrt: zehnmalmußte der ca. 1 m tiefe Fluß durchquertwerden, wobei das Wasser durchdie Türen eindrang und auch wiederabfloss.Durch eine seitlich vom Flusstal desRio Blanco abzweigende Schlucht,deren trockenes Bachbett als Fahrbahndient, stiegen wir mit dem Geländefahrzeuginnerhalb weniger Kilometervon ca. 2.100 m auf 3.200 m und erreichtennach 150 km und gut 5 StundenFahrt „un otro mundo“, eine ganzandere Welt, überwölbt von einemzartblauen, offenen Himmel. DieSchutzhütte „Refugio Agua del Godo“liegt in 3.500 m im flachen Tal desvon Westen kommenden „Rio SanGuillermo“ und bietet Platz für einDutzend Gäste. Frisches Quellwasser,Abb. 8: Zusammenfluß (confluencia) des Rio Blanco mit dem Rio Macho Muerto inca. 4.000 m Höhe.Confluence of Rio Blanco and Rio del Macho Muerto, 4,100 m above sea-level.(Foto: Paul Vogt).Abb. 9: Aufnahme der spärlichen Vegetation;im Hintergrund von Westen (rechts)kommende Wolken, die sich über derGebirgswüste auflösen.Survey of the scarce vegetation; in thebackground clouds dissolving over themountain-desert, originating from thewest (right-hand-side). (Foto: Paul Vogt)167


Abb. 10: „Coirón“ (Stipa chrysophylla), von Vikunjas stark abgeweidet.“Coirón” intensely grazed by vicuňas.(Foto: Paul Vogt)Abb. 11: Polsterförmiger Wuchs (Adesmia sp., Fabaceae) schütztvor Kälte und Austrocknung.The cushion-like growth form protects against cold and desiccation.(Foto: Paul Vogt)durch die Sonneneinstrahlung „geheizte“Schlafräume, Warmwasserdurch Solar-Paneele, ein Gasherd sowieein Strom-Generator ermöglicheneinen angenehmen Aufenthalt in diesermenschenleeren, fast „außerirdischen“Umgebung... es ist kein künstlichesLicht zu sehen außer dem in der eigenenHütte, dafür aber ein Meer vonSternen am Himmel.Im Biosphären-Reservat„San Guillermo“Im heutigen Biosphären-Reservatfinden sich archäologische Spurenaus vor-inkaischer (~ 6.500 Jahre vorChristus) und inkaischer Zeit. Dazugehören z.B. Steinwerkzeuge, Hinweiseauf die Domestikation des Guanakoszum heutigen Nutztier Lama alsWoll- und Fleischlieferant und alsLasttier, sowie inkaische Mumien(Menschenopfer) am Cerro „El Toro“.Das Gesamtgebiet San Guillermo,schon 1972 als Provinzialpark unterSchutz gestellt, wurde 1981 zumUNESCO-Biosphären-Reservat erklärt.Erst seit 1998 ist das KerngebietNationalpark – zum Schutz des größtenVorkommens der südamerikanischenKameliden, der Vikunjas undGuanakos, in Argentinien. Das Zentrumdes Nationalparks hat die Koordinaten:29° 10‘ südl. Breite (entsprichtauf der Nordhalbkugel der geografischenBreite der Kanarischen Inseln)und 69° 20‘ West. Seine Fläche ist mit1.478 km² relativ klein. Der ProvinzialparkSan Guillermo, 8.336 km², umschließtden Nationalpark, und beidezusammen bilden das UNESCO- Biosphären-ReservatSan Guillermo mit9.815 km² (4-fache Fläche des Saarlandes).Zusammen mit dem Schutzgebiet„Laguna Brava“ in der NachbarprovinzLa Rioja (4.050 km²) ergibt sich eineFläche von ~ 14.000 km², entsprechendder Fläche des Serengeti-Nationalparksin Tanzania.Geomorphologie/GeologieAbb. 12: „Schwiegermutter-Sitz“ (Maihuenia sp.) nennt man diese kälteresistenteKakteenart; in 4.200 m übersteht sie Wintertemperaturen bis -20°C.This cactus, called “asiento de suegra” (Maihuenia sp.) – seat of mother-in-law –resists winter-temperatures of – 20°C.(Foto: Paul Vogt)Der durchschnittlich 3.500 m hochgelegene Nationalpark ist der südlichsteAusläufer der „Puna“-Hochfläche,allerdings mit einigen klimatisch bedingtenBesonderheiten. Die eigentlichePuna, ein meist abflusslosesGebiet mit Salzpfannen („Salaren“) erreichtim Nordwesten Argentiniens168


Abb. 13: Kleine Vikunja-Gruppe an der Quelle Aguita del Indio.Small vicuňa-group at the spring Aguita del Indio.(Foto: Paul Vogt)Abb.14: Dieselbe Quelle mit Vikunjas, imVordergrund drei von uns und Reste einesvom Puma erjagten jungen Vikunjas.The same spring with vicuňas, in the foregroundthree of us and remains of a vicuňakilled by a puma. (Foto: Paul Vogt)(Puna de Atacama mit dem „Salar deArizaro“,1.600 km²), in Westbolivien,Nordchile und Südost-Peru mit über500 km die größte West-Ost-Ausdehnung.Starke UV-Strahlung, niedrigerSauerstoff-Partialdruck, extreme Temperaturschwankungenund der Vulkanismusschaffen Bedingungen wie zuZeiten der Entstehung des Lebens aufunserem Planeten: In manchen Lagunenin 4.000 bis 6.000 m Höhe findetman bei pH 5 bis 11, Salzgehalt 24 %(darunter 230 mg/l Arsen) „Stromatolithen“(Mischbildungen aus autotrophenCyanobakterien, anderen Mikroorganismenund anorganischenSubstanzen), die sonst als 3,5 MilliardenJahre alte Fossilien bekannt sind!Der Park ist im Westen (zu Chile) begrenztdurch schneebedeckte Gipfel:El Toro 6.380 m, Las Tórtolas 6.373 m,La Ortiga 5.990 m, El Potro 5.879 m.Im Norden wird die teilweise vegetationsloseHochfläche begrenzt durchden Rio Blanco, im Süden durch denRio Palca. Die Ostgrenze bildet dastief eingeschnittene, von Nord nachSüd verlaufende Tal des Rio Blanco.San Guillermo ist also nicht „abflusslos“,was damit zusammenhängt, dassin diesem Bereich etwas mehr Feuchtigkeitüber die Andenkämme gelangtAbb. 15: „Cueva del Indio“, heute Versteck des Puma mit Blick aufdie Quelle.“Cueva del Indio”, cave used as look-out by the puma.(Foto: Paul Vogt)Abb. 16: Farbvarianten des Verwitterungsschutts.Colour variation of the weathered gravels. (Foto: Paul Vogt)169


Abb. 17: Ruhende Vikunjas in einer „Vega“.Resting vicuňas in a “vega”.(Foto: Marco Escudero)Abb. 18: Vikunja-Kalb mit Sender am Ohr.Vicuňa-calf with ear-transmitter. (Foto: Marco Escudero)als weiter nördlich in den ProvinzenCatamarca, Salta und Jujuy. Das Quellgebietdes Rio Blanco (am 5.879 mhohen El Potro) ist einer der größtenäquatornahen Plateau-Gletscher derAnden. Eine gut sichtbare Piste, miteinigen seitlich sich anschließenden„Schleifen“ erschließt den ca. 60 x 30 kmmessenden Nationalpark mit seinenalten Schotterterrassen. Dominiertwird er durch den zentral gelegenen,erloschenen Vulkan „Iman“ (5.467 m)und dessen Basaltdecken. Die Flächensind durch Granit-Massive und -„Rippen“in Weißgrau bis zu kräftigemRosa durchzogen. Entsprechend sinddie Oberflächenformen sehr unterschiedlich,von schroffen Felsbildungenim Bereich des Granits biszu sanften Formen, die durch starkethermische Verwitterung bei nurschwacher Erosion (unter 200 mmJahres-Niederschlag) erklärbar sind.Nur in windgeschützten Mulden kannsich etwas Humus ansammeln, derdurch die Vegetationsdecke festgehaltenwird. Diese „Vega“ genanntengrünen Auen (etwa 5 % der Fläche)bieten den Vikunjas bessere Nahrung,stellen jedoch, bedingt durch guteDeckung zum Anschleichen für denPuma, auch ein größeres Gefahrenpotenzialdar.Klimatische Bedingungen– 20°C. Die geringen Niederschläge(200 – 300 mm jährlich) fallen vor allemim Sommer; die vorherrschendenWestwinde nehmen wegen des kaltenHumboldtstroms entlang der chilenischenKüste kaum Feuchtigkeit auf,Steigungsregen g g fällt nur an den höchstenGebirgsketten der Anden. Überder östlich davon tiefer liegendenHochfläche lösen sich die Wolken zunehmendauf. Bei gleichzeitig hoherSonneneinstrahlung führt dies zueinem extrem trockenen Klima. Nurnächtlicher Tau und ganzjährig auftretendeSchnee- und Hagelschauer führenzu einem gewissen Ausgleich.VegetationDie steinigen, fast humusfreien Bödenführen, zusammen mit den geringenNiederschlägen dazu, dass in denargentinischen Anden, von der bolivianischenGrenze bis ins mittlere Patagonien(23 – 38° südl. Breite) Bäumevollständig fehlen. Und dies nicht wegenzu niedriger Temperaturen (waserst oberhalb von ca. 3.500 – 4.000 mder Fall wäre), sondern wegen zugeringer Niederschläge. Eine Ausnahmebilden nur die „Yungas“ (sommergrüneNebelwälder) am östlichenGebirgsrand, die von den sommerlichenEntsprechend der Höhenlage ist dasKlima kalt und weist wegen des ganzjährighohen Sonnenstandes einenstark ausgeprägten Tag-Nachtwechselder Temperatur auf – im Sommer zwischen0° (oft Bodenfrost) und + 25°C,im Winter bleibt die Durchschnittstemperaturunter 0°, bei Minima bisAbb. 19: Guanakos (Lama guanicoë) bevorzugen Hänge mit üppigerer Vegetation in Wassernähe;ihre Populationsdichte beträgt nur ca. 1 Individuum/km².Guanacos prefer slopes with more abundant vegetation near water; population-density isabout 1 individual/km².(Foto: Marco Escudero)170


Abb. 20: Berg-Viscacha (Lagidium viscacia) bei abendlichen Kletterspielenin roten Granitfelsen.Southern Viscacha playing at dusk in red granite rocks.(Foto: Marco Escudero)Abb. 21: Ein Tucotuco (Ctenomys sp.) oder Kammratte, einer derhäufigsten Säuger, bei Sonnenaufgang.A Tuco Tuco, one of the most abundant mammals at sunrise.(Foto: Marco Escudero)tropisch-feuchten Luftmassen des Tieflandesprofitieren. Obstplantagen undStraßenbäume können nur durch Bewässerungam Leben erhalten werden.Die spärliche Vegetation zeigt Anpassungenan die Höhenlage (starkeUV-Strahlung, extreme Temperaturschwankungenund Winde): kleine bisvöllig reduzierte Blätter, einen hohenGehalt an ätherischen Ölen, Wuchs inForm flacher Polster. Auf San Guillermobezogen heißt dies, dass im tieferenRandbereich (2.000 – 3.000 m) niedrigesStrauchwerk („Larreal“) mit kleinen,harzigen Blättern (Larrea nitida,Bulnesia retama, Artemisia mendozana)vorherrscht. Oberhalb von 3.200 mbeginnt die typische „Puna-Vegetation“:im humusfreien Verwitterungsschuttkommen nur wenige Gräser insehr lockerem Bestand vor, in denfeuchten „vegas“ Binsen, Sauergräser(Cyperaceae), Gräser und Seggen.Oberhalb von 3.600 m beginnt diehochandine Trockensteppe mit niedrigenGräsern wie „coirón amarillo“(Stipa chrysophylla, Futterpflanze derVikunjas) und kissenförmig wachsendenSträuchern wie Adesmia sp., Azorellasp., mit unter der Erdoberflächeverborgenen verholzten Zweigen undWurzeln sowie wenigen Kakteen wieMaihueniopsis sp. („Schwiegermutter-Stuhl“) und Lobivia sp..Räuber-Beute-Beziehungen desSan Guillermo Biosphären-ReservatsIn dem abgelegenen Gebiet der westargentinischenHochanden sammelnsich große Herden grasfressenderSäugetiere – Vikunjas und Guanakos.Kondore schweben darüber und Pumasschleichen lautlos ihre Beute an,auf offenen Flächen, von hohem Grasbedeckten Wiesen und in felsigenSchluchten. Doch im Gegensatz zuden allseits bekannten Wölfen undElchen im Yellowstone-Park oder denLöwen und Gnus der Serengeti istWissenschaftlern und Öffentlichkeitnoch immer wenig über das vomPuma dominierte Ökosystem derHohen Anden bekannt. Das 1 Mio haumfassende San Guillermo Biosphären-Reservat (SGBR), bestehendaus einem Nationalpark und einemProvinz- Reservat, ist einer der letztenunbewaldeten Lebensräume Südamerikas,wo Interaktionen der dortheimischen Wildtiere nicht von„eingebürgerten“ Arten oder durchAbb. 22: Blick-Austausch mit einem Puma (Puma concolor).Exchanging glances with a Puma.(Foto: Marco Escudero)Abb. 23: Kamerafallen-Portrait eines Pumas (Puma concolor).Cameratrap portrait of a puma.(Foto: E. Donadio, WCS)171


zwischen heimischen Beutegreifernund ihrer (ebenfalls) heimischen Nahrungim SGBR intakt ist. Dies unterstreichtdie These, dass der generelleEinfluss der Beutegreifer, insbesondereder großen karnivoren Säuger, aufdie Strukturierung und das Zusammenspielder Lebensgemeinschaft indiesem geschützten Gebiet noch immerwirksam ist.Abb. 24: Ein weiblicher Andenkondor (Vultur gryphus) ohne Auftrieb.A female Andean condor without buoyancy.(Foto: Marco Escudero)menschliche Aktivitäten gestört sind.Seit 2004 wird das Zusammenspielvon Beutegreifer und Beute – Pumaund Vikunja – wissenschaftlich untersucht;dabei wurde besonders daraufgeachtet, wie diese Interaktiondie Feingliederung der Vegetationund ihre Produktivität beeinflusst.Der Vergleich der Befunde aus demSGBR mit den Ergebnissen aus ähnlichenGebieten, wo die ursprünglicheBeute durch „eingeführte“ (nonnative)Beute verdrängt worden ist,dient als wichtige Vergleichsbasis –von der aus die Erfolgsaussichten vonWiederherstellungs-Maßnahmen inanderen Trockengebieten Südamerikasbeurteilt werden kann.Mortalität juveniler (50 % bei Neugeborenen)und adulter Vikunjas (Anzeichenseiner Einwirkung bei 91 %)verantwortlich sind. Diese Befundestehen in scharfem Gegensatz zu denFakten aus ähnlichen Lebensräumenund zu vergleichbaren Arten im südlichenArgentinien, wo die Ernährungder oben erwähnten Beutegreiferdurch nicht-heimische Beuteartenbestimmt war. Diese Beobachtungenlegen nahe, dass der ZusammenhangTrotz der allgemeinen Ansicht, dassBeutegreifer für die Erhaltung derStruktur und Funktion eines Ökosys-tems wichtig sind, ist unser Verständnisder Mechanismen unvollständig,durch die sie diese wichtige Aufgabeerfüllen. Beutegreifer wirken auf Öko-systeme, indem sie die Primärproduzentenentweder direkt beeinflussen –durch deren Tötung – , oder indem sieVerhaltensänderungen bei den Beutetierenverursachen. Letzteres geschieht,wenn die Beutetiere stark auf dieRisiken ihrer Bejagung reagieren, z.B.bestimmte Weideplätze meiden unddamit ihre negative Wirkung auf ihreeigene Nahrungsgrundlage verringern.Solche „Kaskaden-Effekte“ – ausgelöstdurch Beutegreifer und weitergegebendurch das Verhalten der Beute selbst –erweisen sich oft als stärker als diedirekten Effekte wie durch Tötungund Verzehr. Indessen fehlt noch einDie Untersuchungen wurden im SGBRhauptsächlich im Nationalpark durchgeführt.Das Interesse der Wissenschaftlergalt verschiedenen Aspektender Ökologie von Säugern und Raub-vögeln sowie deren Auswirkung aufdie Vegetation und die Kleintier-Faunawie Echsen und Käfer. Die Untersuchungihrer Nahrung ergab z. B.,dass Säuger wie Puma, Pampaskatze(Lynchailurus colocolo), Andenfuchs(Lycalopex culpaeus) und ArgentinischerKampfuchs (Lycalopex griseus)und Eulen wie Schleiereule (Tyto alba),Magellan-Uhu (Bubo magellanicus)und fakultative Aasfresser wie Bergkarakara(Polyborus megalopterus) sichim Wesentlichen von heimischen Nahrungsquellenernährten. Desweiterenergab eine 3 1/2-jährige Untersuchung(Emiliano Donadio, Dissertation,Universität von Wyomimg, USA),dass Pumas für den Hauptanteil derAbb. 25: Ein „Flug“ Puna-Tinamus oder Punasteißhühner (Tinamotis pentlandii) in ca.4.100 m Höhe. Sie sind in Sekundenschnelle verschwunden.A flock of Puna tinamous at 4,100 m. They disappeared within seconds.(Foto: Marco Escudero)172


nationale (Argentinien) und internationaleAufmerksamkeit und Unterstützungfür die Erhaltung des SGBR zuerzielen. Die Zukunft wird zeigen, obsie Erfolg hatten.Zehn Tage „Begegnung“ mit Tierenund Teilnahme an FeldarbeitAbb. 26: In 4.200 m Höhe braucht eine leguanartige Echse (Liolaemus sp., endemischeArt) viel Sonne.At an elevation of 4,200 m an iguanid lizard (Liolaemus sp.) needs a lot of sun.(Foto: Paul Vogt)zwingender Beweis für eine solcheWirkung bei großen Landraubtieren,angesichts der vielfältigen Wechselwirkungenkeine Überraschung. Im SGBRfand man heraus, dass ein der Beuteauflauernder Räuber wie der Pumaeine Art Mosaik von Risikostufenschafft, welches von seiner primärenBeute, dem Vikunja, wahrgenommenwird und die bereits erwähnten Kaskaden-Effekteauf die Vegetation undderen Struktur verursacht. In Habitaten,die von Vikunjas als gefährlichwahrgenommen wurden, nahm ihrfeindvermeidendes Verhalten zu, z. B.durch Ausweichen, erhöhte Aufmerksamkeitund verringerte Futteraufnahme.Hieraus entsteht ein Schutzeffektfür die Pflanzen, der sich auf die Biomasse,Saatproduktion, Höhe und Bedeckungsgradder Vegetation positivauswirkt. In Bereichen, die von denVikunjas als sicher wahrgenommenwurden, fehlte diese Wirkung. AnStellen jedoch, wo Wasser und Nährstoffefür die Pflanzen ständig zur Verfügungstanden, war dieser Kaskadeneffektabgepuffert. Ergebnis dieserStudie war es demnach, dass großeLandraubtiere tatsächlich indirektauf die Pflanzengesellschaft wirkenkönnen – durch Einfluss auf die Beute,unabhängig vom Töten und Verzehren.Hierdurch wird die Bedeutung der„Top“-Beutegreifer für die Erhaltungder Ökologie ganzer Landschaften un-terstrichen.Diese und weitere Untersuchungenzeigen, dass das SGBR eines der Bollwerkedarstellt, in denen die aridenLandschaften Südamerikas nahezuunberührt erhalten sind. Diese einmaligeStellung wurde von Biologenrechtzeitig erkannt, die sich für langfristigeForschungsprogramme einsetzen:für besseres Verständnis diesesÖkosystems, die Entwicklung sinnvollerÜberwachungstechniken undden Schutz des gesamten Gebietes.Bedauerlicherweise ist das SGBRbedroht durch unkontrollierten, großflächigenTagebau. Umstrittene Minengesellschaftenwie Barrick Gold-Corporation suchen im Bereich desProvinzialparks nach Gold und bauenGold und andere Mineralien bereits ab.Eine Gruppe junger Freilandbiologen(conservation biologists) ist dabei, einlangfristiges Forschungs- und Schutzprogrammzu entwickeln, um die verheerendeWirkung des Bergbaus aufdie unberührte Biodiversität des Gebieteszu verhindern. Hierzu gehörtauch die Erstellung hochwertigenFoto- und Filmmaterials, um damitWie berichtet, verdanke ich die Chance,einige Tage in dieser unberührtenLandschaft zu verbringen, dem argentinischenBiologen Emiliano Donadio.Seit 2004 führte er dort Freilanduntersuchungendurch (DONADIO,2005; DONADIO & BUSKIRK, 2006;DONADIO et al. 2007; 2009; 2010;2012). Sein Interesse galt vor allem demZusammenwirken von Vikunja undPuma, wobei die Rolle des Pumas alsBeutegreifer der Vikunjajungtiere einenwichtigen Aspekt darstellt. Nachfolgendmöchte ich noch auf einzelneTierarten, die typisch für den Lebensraumsind, im Besonderen eingehen.Vikunja (Vicuňa)Im Nationalpark San Guillermo lebtdie südlichste, möglicherweise auchdie größte Vikunja-Population Argentiniens;allenfalls in der Provinz Jujuynahe der bolivianischen Grenze lebteine noch etwas größere Anzahl. DieArt ist viel stärker an ein Leben inHöhen bis 4.500 m und mehr angepasstals das Guanako. Vikunjas haben nurknapp die Hälfte von deren Körpergewicht,ein angepasstes Kreislaufsystem,großes Herz, eine erhöhte Kapillarendichtein der Muskulatur, kleineelliptische rote Blutkörper (Erythrozyten)sowie eine erhöhte Sauerstoffaffinität(JÜRGENS, 1989).Die Populationsdichte der Vikunjas imKernbereich des Nationalparks beträgt8 – 14 Individuen/km². Diese hohePopulationsdichte führt dort dazu,dass die Pflanzendecke bereits Anzeichender Überweidung zeigt. Es wareine unserer Aufgaben, an nach demZufallsprinzip festgelegten Stellendie Vegetation zu analysieren und mitSatelliten-Aufnahmen zu vergleichen.Hierzu wie auch zur Entnahme ersterBoden- und Wasserproben hatte sichE. Donadio mit einem Kollegen ausNeuquén verabredet, und wir dreiEuropäer hatten das Glück teilzunehmen.Gleich am ersten Tag erhieltenwir einen Eindruck von der hohen„Besatzdichte“, aber auch von deroffensichtlichen „Gelassenheit“ der173


Abb. 27: Abendlicher Hagelschauer über der Hochfläche des San Guillermo-Nationalparks.Evening hail-storm above the high-plains of San Guillermo National Park.(Foto: Paul Vogt)Tiere hier. In weniger kontrolliertenBereichen ihres Vorkommens in Argentinien(Provinzen Salta und Jujuyim Drei-Ländereck mit Bolivien undChile) haben die Vikunjas eine vielgrößere Fluchtdistanz (DONADIO,2006; eigene Beobachtung). Währendunserer ersten Erkundungstour amNachmittag (~ 5 Stunden) im sehrübersichtlichen Zentrum des Nationalparkskonnten wir vom Fahrzeugaus und zu Fuß, auf der Suche nachPflanzen, rund 1.000 Individuenim Umkreis von einigen Kilometern„schätzen“. Erfreulich war es, dasspraktisch alle Weibchen ein ca. 1– 6Wochen altes Junges bei sich hatten.Zur genauen Beobachtung der Jungtieremüssen sie in der ersten Stundenach der Geburt zum Anbringen derkleinen Sender am Ohr kurz eingefangenwerden. Später sind sie kaum nochzu greifen, zumindest nicht ohne„Hetzjagd“, die ein weiteres ungestörtesBeobachten erschweren würde. Dietägliche Routinearbeit von E. Donadiobeginnt mit der Suche nach den individuellenSendersignalen der einzelnenVikunja-Jungtiere; sie werden imDezember/Januar geboren und dieSender arbeiten ca. ein Jahr lang. Aneinem Nachmittag waren wir ca. dreiStunden zu Fuß unterwegs, in prallerSonne bei ca. 25°C – obwohl morgensbei + 4°C an manchen Stellen Bodenfrostherrschte – auf der Suche nacheinem Jungtier. Wir fanden es schließlichin einer Bodensenke, die mit demFahrzeug nicht erreichbar war. Die sogesammelten Daten dienen zur Aufklärungdes Schicksals der Jungtiereinnerhalb des ersten Lebensjahres.Ein erheblicher Anteil der Mortalitätbei Jungtieren (und bei erwachsenenVikunjas) geht auf den Puma zurück.Eingezäunte, 1 ha (100 x 100 m) großeVergleichsflächen dienten dazu, Aufschlussüber die Überweidung desKerngebiets des Nationalparks zu bekommen,wo eine Populationsdichtevon 9–12 Individuen je km² festgestelltwurde. An den für Vikunjas typischengemeinsamen Kotplätzen konnten wirregelmäßig zahlreiche Zecken beobachten,die diese wohl zum „Umsteigen“auf ein anderes Wirtstier nutzen.Die seltenen Stellen, an denen etwasfeiner Sand anzutreffen war, wurdengerne zum Sandbaden genutzt.PumaSpuren des größten Beutegreifers dieserRegion (Beutereste, Kot) findetman vor allem in der Nähe von Wasserstellen,kombiniert mit Verstecken wieFelshöhlen und Büschen. Gleich amersten Abend hatten wir ein unvergesslichesErlebnis, als wir zu einem Aussichtspunkteiner Kuppe aus rötlichemGranit in 4.000 m Höhe hinauffuhren,und beim Aussteigen in ca. 6 m Entfernungeinen in den letzten Strahlen174


der Abendsonne liegenden Puma voruns sahen. Er reagierte weder scheunoch „aggressiv“, sondern beobachteteuns, trollte sich in aller Ruhe und verschwandschließlich zwischen Felsenund Sträuchern. Schon im Halbdunkelbegegneten wir möglicher Beute desPumas, einer Gruppe Berg-Viscachas(Lagidium viscacia), die in den rötlichenGranitfelsen ihre Kletterspieleausführten, und einem EuropäischenFeldhasen (Lepus europaeus), dem erfolgreichstendurch menschliche Jägereingeführten europäischen Säuger derandinen Trockengebiete.Andenkondor(Condor, Vultur gryphus)Einem Kondor sind wir in San Guillermonur einmal an einem klaren und sehrkühlen Morgen bei leichtem Bodenfrostbegegnet. Das Kondor-Weibchensaß etwa 10 m oberhalb unserer Pisteauf einer Felsnase und versuchte unsauszuweichen. Da frühmorgens nochkeine Thermik existierte, landete esnach ein paar Flügelschlägen auf demgegenüber liegenden Talhang – umdanach „zu Fuß“ wieder Höhe zugewinnen. Bei einsetzender BodenundLufterwärmung, eine oder zweiStunden später, dürfte ein erneuterFlugversuch des perfekten Gleitfliegerswohl erfolgreicher verlaufen sein.Darwin-Nandus (Suri, Pterocnemiatarapacensis und Choique, Pterocnemiapennata)Wenn schon der „Große“ Nandu (Rheaamericana), der eigentlich das gesamteFlachland der Pampa und der offenenGrasflächen Nordargentiniens besiedelthatte, bis auf kleine Bestände inSchutzgebieten und zum Teil noch inEstancias geduldet, ausgerottet wurde,wundert es nicht, dass dies für denDarwin-Nandu noch viel mehr gilt.Einem Küken führenden Nanduhahnzu begegnen ist zu einer großen Seltenheitgeworden.Man unterscheidet zwei Arten dieseskleineren „Berg-Nandu“: den „Suri“(P. tarapacensis) im nordwestlichenTrockengebiet Argentiniens (diese grazileArt des Darwin-Nandus ist sehrselten, einerseits bedingt durch dieharten Lebensbedingungen, andererseitsdurch starke Bejagung verschärft)und den „Choique“ (P. pennata). Diesekräftiger gebaute Art des Darwin-Nandus lebt in den Steppen weitersüdlich, von der Vulkanlandschaft„Payunia“ (in Süd-Mendoza) bis SantaCruz (Süd-Patagonien). Bei einer Reise,von Santa Cruz nordwärts, konnte ichauf zweitägiger Busfahrt insgesamt nuretwa ein Dutzend dieser Laufvögel beobachten,darunter einen Hahn mitfünf halbwüchsigen Jungen an einerWasserpfütze am Rand der Schnellstraße(Ruta 40). Auch der Choique iststark von der Ausrottung bedroht.ZusammenfassungDas Hauptaugenmerk des Berichtes istauf den kaum zugänglichen Nationalpark„San Guillermo“ (1.478 km²)gerichtet. Er liegt in der Provinz SanJuan und bildet den südlichsten Teilder „Puna“-Hochfläche in 3.000 bis4.500 m Meereshöhe im „Inneren“ derArgentinischen Anden. Zusammen miteinem Provinzpark bildet er seit 1981das UNESCO-Biosphären-Reservatgleichen Namens mit 9.814 km². Dortlebt die, neben der Provinz Jujuy, zurZeit größte Vikunjapopulation Argentiniens,am Südende des Verbreitungsgebietesdieser an das Anden-Hochlandangepassten Kameliden-Art. DerVikunjabestand wird auf über 10.000Tiere geschätzt (ca. 9,5 bis 12,7 Individuenje km² im Nationalpark). Ihrenempfindlichen Lebensraum „Hochgebirgs-Wüste“zu schützen, zusammenmit einer Vielzahl anderer Tiere,scheint sinnvoller als die durch Goldminenverursachten Schäden im Nachhineinzu beheben. Deshalb gilt es,das Engagement der dort arbeitendenBiologen zu unterstützen, durchwissenschaftliche UntersuchungenLösungsansätze zu bieten.SummaryThe main interest of the article wasfocused on the „San Guillermo“National Park (1.478 km²) in the SanJuan Province. It is part of the „Puna“high plains, about 3.000 to 4.500 mabove sea-level. This park, togetherwith the surrounding provincial-parkforms the UNESCO-Biosphere-Reserve(9.814 km²) with the same name,established in 1981. It harbours thesouthernmost population of the Vicuňa –the new-world camelid best adaptedto live in the highland deserts of theAndes region. The number of Vicuňasliving in the National Park is estimatedat roughly 10.000 animals (populationdensity: ~ 9,5 – 12,7 individuals perkm²). Protection of this highly vulnerablebiotope, with its plethora of otheranimals, needs urgent attention due tothe risks by mining activities withinthe „Biosphere-Reserve“. Therefore,the dedication of biologists in this areato better understand this ecosystem,needs international support.Danksagung/AgradecimientoZunächst gilt mein Dank dem BiologenProf. Josué A. Nuňez (UniversitätBuenos Aires), der mein durch dasGeografie-Studium bei Prof. W.Weischet (Universität Freiburg i. Br.)und die Bücher von Hans Krieg gewecktesInteresse an Lateinamerikaseit rund 50 Jahren bestärkt hat. Fürihre Unterstützung danke ich den argentinischenKollegen Javier Fernandez,Sebastián di Martino, Guillermo PérezJimeno und Mariella Superina aus derSchweiz. Besonders fühle ich michEmiliano Donadio zu Dank verpflichtet,der mir den Aufenthalt im NationalparkSan Guillermo ermöglicht hat,sowie Marco Escudero Diego fürgroßzügig überlassene Fotos. Auchden vielen liebenswürdigen Argentinosy Argentinas sei Dank, die ihrHerz auf dem rechten Fleck haben!Abb. 28: Emiliano Donadio sucht nachdem individuellen Radiosignal einesVikunjakalbs.Emilano Donadio searching for the telemetrysignal of an individual vicuňa-calf.(Foto: Marco Escudero)175


Abb. 29: James-Flamingos (Phoenicoparrus jamesi) auf einer Salzlagune in der Puna de Atacama (4.200 m Höhe), Provinz Salta, imHintergrund einer der vielen Vulkane an der Grenze zu Chile.James flamingos on a salt-water lagoon in the Puna de Atacama, 4,200 m above sea-level – in the background a volcano on the borderwith Chile.(Foto: Paul Vogt)Literatur:CANEVARI, M. & O. VACCARO(2007): Guía de mamíferos del sur deAmerica del Sur, Buenos Aires:L.O.L.A.CHEBEZ, J. C. (2005): Guía de lasReservas Naturales de la Argentina 5,Zona Centro.DEMAIO, P., U. O. KARLIN & M.MEDINA (2002): Árboles nativos delCentro de Argentina. Buenos Aires,L.O.L.A.DONADIO, E. (2005): Diet, morphology,and interspecific killing inCarnivora. M.Sc. thesis, University ofWyoming, WY, USA. Supervisor Dr.Steven W. Buskirk.DONADIO, E. & S. W. BUSKIRK(2006): Flight behavior in guanacosand vicuňas in areas with and withoutpoaching in Western Argentina. BiologicalConservation 127: 139–145.DONADIO, E., M. J. BOLGERI &A. WURSTTEN (2007): First quantitativedata on the diet of the MountainCaracara (Phalcoboenus megalopterus).Journal Raptor Research 41(4):328–330.DONADIO, E., A. J. NOVARO, S. W.BUSKIRK, A. WURSTTEN, M. S.VITALI & M. J. MONTEVERDE(2010): Evaluating a potentially strongtrophic interaction: pumas and wildcamelids in protected areas of Argentina.Journal of <strong>Zoo</strong>logy 280: 33 –40.DONADIO, E., M. L. MERIONO &M. J. BOLGERI (2009): Diets of twocoexisting owls in the High Andes ofNorthwestern Argentina. OrnitologiaNeotropical 20: 136-141.DONADIO, E., S. W. BUSKIRK &A. J. NOVARO (2012): Juvenile andadult mortality patterns in a vicuňa(Vicugna vicugna) population. Journalof Mammalogy 93(6): 1536 –1544.JÜRGENS, K. D. (1989): Strategien derAnpassung des Sauerstoff-Transportsystemsvon Säugetieren an das Lebenin großen Höhen. Naturwissenschaften76: 410–415.KRIEG, H. (1948): Zwischen Andenund Atlantik; Reisen eines Biologen inSüdamerika, C. Hanser, München.176


Abb. 30: Cono de Arita, ein symmetrischer Vulkankegel – 200 m hoch – im Salar de Arizaro, 3.800 m ü. M., Provinz Salta.Cono de Arita, a symmetrical volcano – 200 m high – amidst the salt-lake Salar de Arizaro, 3,800 m above sea-level, province Salta.(Foto: Paul Vogt)KRIEG, H. (1951): Als <strong>Zoo</strong>loge inSteppen und Wäldern Patagoniens.Bayerischer Landwirtschaftsverlag,München.KÜHN, F. (1927): Argentinien, Handbuchzur Physischen Landeskunde,2 Bände, Verlag Ferdinand Hirt,Breslau.NAROSKY, T. & D. YZURIETA(1987): Guía para la Identificación delas Aves de Argentina y Uruguay.Asociación Ornitológica del Plata,Buenos Aires.PETRAGLIA de BOLZÓN, M. L. &N. D. BOLZÓN (2003): Iberá.SEELER, R. & J. GARFF (2008):Argentinien und Falklandinseln,DuMont Richtig Reisen.WALKER, R. S., A. J. NOVARO,P. PEROVIC, R. PALACIOS, E.DONADIO, M. LUCHERINI, M.PIA & M. S. LÓPEZ (2007): Diets ofthree species of Andean Carnivores inhigh-altitude deserts of Argentina.Journal of Mammalogy 88(2): 519–525.Anschrift des Verfassers:Dr. Paul VogtFranz-Josef-Sulzer Weg 879725 Laufenburg (Baden)177


WarumAZ-MitgliedwerdenG mbHB AUMASCHINEN UND BAUGERÄTEDüsseldorfer Straße 183-193 · 51063 KölnTelefon (02 21) 9 64 57-0Fax (02 21) 9 64 57 24Ein Begriff im RheinlandfürBaumaschinenBaugeräte - BaueisenwarenWerkzeuge - Unterkünfte➲ W eilIhnenndie MitgliedschaftinDeutschlanndsgrößtößtem Ver ein Informationenzu Vogelscelschutz, Haltung,ZuchtundAusstellungswesenaller Vogelartenliefert➲ Weilgemeinschaftliche hGesprä ächedas Wissen über Ihr Hobby erh höhenh➲ Weilunsere monatliche ZeitschhriftAZ-Nachrichten bereitseits im Mitgli lieds-beitragenthalten itist➲ WeilAZ-Ringeamtlich anerkanntnt sindDarumVereinigungeinigung gfür Artenschutz,Vogelhaltunggund Vogelzucht(AZ)e.V.Geschäftsstelle: hfGeneralsekretäretär Helmut UebelePostfach11 6871501 BacknangGegründet 1920Telefon(071 91) 8 24 39Organ:AZ-NachrichtenTelefax (0 71 91) 8 59 57Ihre Zielgruppeerwartet Sie.Wir bringen Sie hin!Zielgruppen sicher erreichen.Mit allen Instrumenten desintelligenten Dialogmarketings.Mit Trebbau erreichen Sie IhreZielgruppe garantiert!Intelligent identifiziert.Sauber selektiert.Ansprechend adressiert:MailingsWarensendungenMediabeilagenHaus-/PostwurfsendungenPrintmagazineAußenwerbungRadiospotsOnlineMediaPlanung & EinkaufAlle MedienOnline. GeomarketingListbrokingZielgruppenAdressenBeilagen. HaushaltswerbungDatenverarbeitungOptimierungScoringAnalysen. ResponseauswertungLettershopDigitalprint & Ink-JetIntelligente KuvertierungRead & Print-Fertigung. EndlosverarbeitungPrint ManagementTechnische BeratungProduktentwicklungWerbemittelproduktion. QualitätssicherungKarl Trebbau GmbH, Schönhauser Str. 21, 50968 Köln, Telefon 0221/376460trebbau.comdirect | media178


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Nachzuchten des <strong>Kölner</strong> <strong>Zoo</strong>s 1. 9. <strong>2013</strong>Bred at Cologne <strong>Zoo</strong> bis 30. 11. <strong>2013</strong>Reptilien/Amphibien/Fische102 Nordamerikanische Elritzen36 Tanganjika-Killifische60 Prachtbarsche5 Kio-Flugfrösche1 Vietnamesischer Moosfrosch2 Fidschileguane4 StachelschwanzwaraneVögel4 Straußwachteln1,0 Zweifarben-Fruchttaube1,0 Brandtaube2 Wongatauben1,0 Goldstirn-Fruchttaube1 Jambu-Fruchttaube1,0 Rothals-Fruchttaube0,1 Rotkappen-Fruchttaube1,0 Königs-Fruchttaube0,1 Gurrtaube11 Blaunacken-Mausvögel2 Elsterwürger0,1 Dreifarben-Glanzstar4 Sumbawadrosseln4 StarweberSäugetiere1,0 Rotbrauner Rüsselspringer2 Gelbbrust-Kapuziner0,1 Chinesischer Muntjak0,1 NetzgiraffeIn der Sprache der <strong>Zoo</strong>logen gibt die Ziffer vor dem Kommadie Anzahl der männlichen Tiere und die Ziffer hinter dem Kommadie Anzahl der weiblichen Tiere an.Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft<strong>Zoo</strong>logischer Garten KölnJÜRGEN ROTERSOberbürgermeister der Stadt KölnVorsitzenderWALTERGRAU1. stellv. VorsitzenderPETER ZWANZGER2. stellv. VorsitzenderYVONNE GEBAUERMitglied des Rates der Stadt KölnRALF HEINENMitglied des Rates der Stadt KölnMONIKA MÖLLERMitglied des Rates der Stadt KölnKLAUS-FRANZ PYSZORABETTINA TULLMitglied des Rates der Stadt KölnMURAT ZENGINHEINZ J. LÜTTGENEhrenmitgliedLUDWIG THEODOR VON RAUTENSTRAUCHEhrenmitgliedImpressumZEITSCHRIFT DES KÖLNER ZOOsfrüher FREUNDE DES KÖLNER ZOO<strong>Zoo</strong>logischer GartenRiehler Straße 173, 50735 KölnTelefon (0221) 7785-100 · Telefax (0221) 7785-111E-Mail-Adresse: info@koelnerzoo.deInternet: www.koelnerzoo.dePostbankkonto Köln <strong>Nr</strong>. 28800-506, BLZ 37010050Herausgeber:Aktiengesellschaft <strong>Zoo</strong>logischer Garten Köln,Theo Pagel, VorstandsvorsitzenderRedaktion:Heidi Oefler-Becker, Theo Pagel, Dr. Alex SliwaTelefon (0221) 7785-195E-Mail-Adresse: oefler-becker@koelnerzoo.deDie Zeitschrift erscheint seit 1958 vierteljährlich.Nachdruck von Text und Bildern nur mitGenehmigung des Herausgebers.Lithos, Satz, Druck:Druckhaus Duisburg OMD GmbH,47053 DuisburgAnzeigenannahme:Heidi Oefler-Beckerc/o <strong>Zoo</strong>logischer GartenRiehler Straße 173, 50735 KölnTelefon (0221) 7785-101 · Telefax (0221) 7785-176oefler-becker@koelnerzoo.deGedruckt auf holzfrei weiß, chlorfreiem PapierPrinted in GermanyImprimé en AllemagneISSN 0375-5290180

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