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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650340 Rezensionen und AnzeigenWährend bei Kriegsanfang nur wenig Rüstungsindustrie im nur bis 1941 noch braunschweigischenWeserkreis existierte, gab es dort in den letzten Kriegsjahren neben demGroßprojekt "Hecht" noch mindestens 15 weitere wichtige Rüstungsbetriebe. Produziertwurden u. a.: in Bodenwerder U-Bootteile, in Grünenplan Spezial gl äser (Scheinwerfer,Fliegerbrillen), in Delligsen Atemgeräte und Munition, in Forst/Warbsen Pionierbrücken,in Holzminden Spezialgläser, Teile für Flugzeuge und V 1 sowie Fährprähme, in BoffzenGlasminen. Gegen Kriegsende arbeiteten im Weserkreis in den Rüstungswerken und sonstigenBetrieben schätzungsweise bis 14000 Zwangsarbeiter (mehrheitlich Ausländer), diein mehr als 100 Lagern untergebracht waren.Neben den Hauptautoren und Herausgebern der drei Bände, Creydt und A. Meyer,finden sich Aufsätze von einer Vielzahl von anderen Verfassern, darunter auch Erlebnisberichtevon deutschen und ausländischen Zeitzeugen. Eine vergleichbar flächendeckendeDarstellung des Themas Zwangsarbeit gibt es in der Landesregion <strong>Braunschweig</strong> bislangnur für das Salzgittergebiet (G. Pischke, "Europa arbeitet bei den Rüstungswerken",s. <strong>Braunschweig</strong>isches Jb. 76, 1995, S. 221 ff.).Die Topographie der Lager sowie die verschiedenen Kategorien der Zwangsarbeiterund Lagertypen ist im Kreis Holzminden wie überall sehr kompliziert. Ebenso unterschiedlichwaren die in der Regel elenden Arbeits- und Lebensverhältnisse.A. Meyer und Mehnert bieten einführende allgemeine Überblicke über die ThemenkomplexeRüstung, Zwangsarbeit, Lager und speziell die Vorschriften über die Behandlungder Polen und Ostarbeiter. Die Lagerwirklichkeit ließ sich wegen der Quellenlückenund der veränderlichen Lagertopographie sowie der Fluktionen bei den Zwangsarbeiternnicht vollständig beschreiben. Totzdem ist eine Überfülle von Informationen - auch für diejeweilige Lokalgeschichte - dabei herausgekommen.Der inhaltliche Detailreichtum der drei Bände ist hier nicht referierbar. Mehr als 70deutsche Behörden und Dienststellen regelten im Landkreisgebiet den Fremdarbeitereinsatz,und allein in der Stadt Holzminden existierten 20 Lager für Kriegsgefangene, FremdundZwangsarbeiter. Der größte Lagerkomplex im Weserkreis lag nördlich von Lenne imWald des Bergzuges Hils und umfaßte fast 5000 Insassen (u. a. Russen, Juden und Halbjuden).Er war Teil des geheimen Rüstungsprojekts "Hecht" im Hils, das der Verlagerungvon wichtigen Rüstungsbetrieben hauptsächlich unter Tage sowie zweitens der Produktionder sogenannten" Wunderwaffen" und Flugzeuge diente ("Jägerprogramm"). Ab Frühjahr1944 wurden dort unter Leitung des Generalkommissars Geilenberg (zugleich Direktor imReichswerke - Konzern Salzgitter) von der Organisation Todt auf dem Gebiet der DeutschenAsphalt - AG unter- und oberirdische Rüstungsanlagen gebaut. Kriegsgefangene,Häftlinge (KZ, Zuchthaus), Zwangsarbeiter usw. aus 21 Staaten arbeiteten dort unter elendenVerhältnissen hauptsächlich am Ausbau der Betriebsstätten (u. a. Stollen), untergebrachtin über 30 Lagern. Produziert wurden im Hils bereits in nennenswertem Umfang inTeilfertigung für Flugzeuge, U-Boote, Panzer, Raketen (V 1 und V 2) unter Leitung desVolkswagenwerkes sowie unter Beteiligung von Dut7.enden von Firmen (u. a. Siemens).Gegen Kriegsende arbeiteten schätzungsweise 15.000 Arbeitskräfte, davon 10.000 Fremdarbeiterbei "Hecht" im Hils. Im Außen lager Holzen des KZ Buchenwald waren unter einemsadistischen Abwehrbeauftragten mindestens 1.500 Häftlinge am Hils untergebracht,unter anderen ein dort mittels" Vernichtung durch Arbeit" zu Tode gekommener Neffe vonGeneral de Gaulle. Bei Kriegsende wurde dieses Außenlager evakuiert, wobei noch sehrviele Häftlinge umkamen. Diese zahlreichen eingehend geschilderten "Todesmärsche" vonGefangenen jeder Art durch das Kreisgebiet in der Zusammenbruchsphase 1945 sind einbesonders erschütternder Aspekt dieser drei Bände.Dieter Lent

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