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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>332 Rezensionen und AnzeigenAndreas D ü w e I , Sozialrevolutionärer Protest und konservative Gesinnung. Die Landbevölkerungdes Königreichs Hannover und des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> in der Revolutionvon 1848/49. Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 1996,287 S., 84 DMDie vorliegende Arbeit, die von der Technischen Universität <strong>Braunschweig</strong> als Dissertationangenommen wurde, geht von der These aus, daß die Revolution von 1848/49 an derkonservativen Haltung der Landbevölkerung, die die Mehrheit des Volkes (70 %) repräsentierte,gescheitert sei.Der Autor, der mit dieser These dem Ansatz seines Doktorvaters Gerhard Schildt folgt,hat dafür Ämter und Gemeinden im Königreich Hannover und im Herwgtum <strong>Braunschweig</strong>untersucht, wo im Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung 75 % der Unterschichtangehörten, 17 % der Mittelschicht und 8 % der Oberschicht.Als Quellengrundlage diente ihm dabei vor allem staatliches Schriftgut, welches dieSchilderung der revolutionären Unruhen durch die Regierungs-, Mittel- und Ortsbehördenenthält. Gesuche und Eingaben an die Obrigkeit, die zum Teil ebenfalls schriftlich vorliegen,vermitteln Motive und Ziele der Aufständischen.Der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, daß die bäuerliche Unterschicht - vor allem ausTagelöhnern und Häuslingen bestehend - im Vormärz eine zunehmende Verschlechterungder LebensverhäItnisse hatte hinnehmen müssen (Mißernten, Überbevölkerung, Arbeitslosigkeit,fehlendes Pachtland). Einen Kulminationspunkt fand die Entwicklung, die durchdie Argrarreform der 1830er Jahre nicht entscheidend hatte verbessert werden können, inder Hunger- und Teuerungskrise von 1846/47.So wurde die Pachtlandfrage während der Revolution zu dem zentralen Anliegen der besitzlosenLandbevölkerung, die den revolutionären Anstoß von außen für die Aktivierungdes eigenen Protestpotentials nutzte. Mit der Forderung nach Land seien jedoch die Sicherungdes Lebensunterhalts und keine weitergehenden politischen oder sozialen Zielsetzungenverbunden gewesen, so daß mit der zumindest teilweisen Erfüllung dieser Forderungdurch die Regierungen der revolutionäre Elan auf dem Lande rapide nachließ. Dies habe dasScheitern der 1848er Revolution bedeutet, denn die überwiegende Mehrheit der landbevölkerungsei aufgrund einer konservativen "bodenständigen" Einstellung und der Verhaftungin einer ständisch struktuierten Gesellschaft nur an der Korrektur sozialer Fehlentwicklungeninteressiert gewesen, nicht jedoch an einer revolutionären Systemveränderung.Düwel resümiert, daß die Stellung der alten Eliten unangetastet blieb, weil sich dieLandbevölkerung nach Erfüllung von Minimalforderungen auf deren Seite schlug. "DieHinwendung der unterbäuerlichen Schichten zu der historisch verwurzelten staatlichen undgesellschaftlichen Verfassung entwg dem revolutionären Prozeß den für die Durchsetzungstruktureller Veränderungen unentbehrlichen Nährboden. Die von der Bevölkerungsmehrheitbegleitete Konsolidierung des Systems erlaubte schließlich die von keinerlei entwicklungs-hemmendenEinflüssen behinderte Liquidierung der Revolution." (S. 250).Die detailreichen Untersuchungen des Autors vermitteln ein differenziertes Bild der sozialenVerhältnisse des Vormärz auf dem Lande, zum anderen werden die einzelnen Phasender Revolution von 1848 und ihre Auswirkungen auf dem Lande beleuchtet. Dabei werdendie Positionen aller beteiligten Parteien (Obrigkeit, bäuerliche Grundbesitzer, Häuslingeund Tagelöhner) vorgestellt und eingeordnet. In einer Abschlußbetrachtung wird dasSchicksal der Revolution mit einer Analyse der ländlichen Unterschichten und ihrer Anliegenverknüpft und erklärt.Andreas Düwel hat mit seiner Arbeit einen weiteren wertvollen Baustein zu den regionalgeschichtlichenUntersuchungen der 1848er Revolution geliefert.Erika Eschebachhttp://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650

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