13.07.2015 Aufrufe

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650Rezensionen und Anzeigen 305Klaus Naß, Die Reichschronik des Annalista Saxo und die sächsische Geschichtsschreibungim 12.Jahrhundert (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 41). Hannover:Hahnsche Buchhandlung 1996, LVIII, 472 S., 16 Abb., 120 DMAls Annalista Saxo wird seit Leibniz der anonyme Verfasser einer umfangreichen lateinischenChronik aus dem 12. Jahrhundert bezeichnet, die von den Karolingern (741) bis in diefrühstaufische Zeit (1139/1142) reicht. Seit der kritischen Edition des Textes in den MonumentaGermaniae Historica durch Georg Waitz (1844) ist bekannt, daß es sich bei diesemGeschichtswerk um eine Kompilation handelt, die aus ganz verschiedenen Quellen schöpft.Die Arbeitsweise des Kompilators ist bislang jedoch nicht untersucht worden. Dies hat sichNaß in seinem grundlegenden Buch vorgenommen (Habilitationsschrift am Fachbereich fürPhilosophie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der TU <strong>Braunschweig</strong> 1995).Zunächst analysiert Naß die einzige erhaltene Handschrift der Chronik aus dem Mittelalter,einen Codex in der Bibliotheque Nationale in Paris (S. 4-43). Er datiert die Handschriftin die Mitte des 12. Jahrhunderts und bestätigt die ältere Forschungsansicht, daß essich um das Original handele (unter den 6 Händen, die den Codex geschrieben haben, gehörtvermutlich die Hand F dem Autor selbst). Von der Handschrift geht Naß zu den Quellendes Geschichtswerkes über, die er eine nach der anderen, von den älteren bis zu denjüngsten, abhandelt und deren Benutzung durch den Autor er im einzelnen analysiert(S. 51-339). Im letzten Abschnitt werden die Ergebnisse zusammengefaßt und Schlußfolgerungengezogen (S. 340-380). Insgesamt können 52 erzählende Quellen (darunter zehnverlorene Werke), 30 Briefe und Akten, vier Urkunden und zwei Gedichte als Vorlagendes Kompilators festgestellt werden. Kein anderer deutscher Geschichtsschreiber des 12.Jahrhunderts hat so viele Quellen zusammengetragen wie der sächsische Chronist, der zumgroßen Teil - wie Naß nachweist - in einer aufwendigen "Mosaik technik" die Nachrichtenseiner Quellen kombiniert (S. 348 f.). Der Anteil an Quellen aus dem sächsischen Raum,d. h. aus dem sächsischen Stammesgebiet und dem Herrschaftsbereich Heinrichs des Löwen,ist besonders hoch, die Chronik kann geradezu als "Bestandsaufnahme der historiographischenÜberlieferung in Sachsen um 1150" (S. 346) angesehen werden.Gegenüber bisherigen Versuchen, den Autor zu identifizieren, bleibt Naß skeptisch; füreine Entstehung in Magdcburg spreche u. a., daß hier der Chronist einen Großteil seiner Quellenhätte auffinden können (S. 375). Als <strong>Bibliothek</strong>sorte, die der Chronist aufsuchte, sind außerdemetwa Halberstadt, Hildesheim und die Klöster Huysburg und I1senburg zu vermuten.Die Nachwirkung der Chronik im Mittelalter war gering; im späten Mittelalter befandsich die Originalhandschrift in Würzburg, wie Eintragungen beweisen. Im 17. Jahrhundertist sie im Kloster Saint-Germain-des-Pres bei Paris nachweisbar, von wo sie in Folge derFranzösischen Revolution in die französische Nationalbibliothek verbracht wurde. In derAusstellung "Heinrich der Löwe und seine Zeit" war die Handschrift 1995 für kurze Zeit in<strong>Braunschweig</strong> zu sehen (Katalog Bd. 1, C 3).Die Fachwelt wird die scharfsinnigen und mit vielen neuen Ergebnissen aufwartendenUntersuchungen von Naß, der eine Neuedition der gesamten Chronik vorbereitet, dankbaraufnehmen. Das umfangreiche Buch ist übersichtlich aufgebaut und durch ein Quellen- undLiteraturver7.eichnis, ein Verzeichnis der Handschriften und Urkunden und einen Index derNamen und Sachen ausgezeichnet erschlossen. Im Anhang werden in fünf Exkursen Nebenergebnissepräsentiert. In Exkurs IV ist im Anschluß an eigene Forschungen über Ablässe fürdas Kloster Königslutter ein kleiner Bericht aus dem 15. Jahrhundert ediert.Es ist ein Glücksfall für die Region, daß Naß immer wieder Themen ihrer mittelalterlichenGeschichte anschneidet.U1rich Schwarz

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!