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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650236 N. Löschin den lediglich achtzehn Monaten, die der Herzog nach dem Sturz noch lebte, eingetretensein. Spätestens mit diesem Argument hatte Hackenbroch den wunden Punktin der Argumentationskette Fischers getroffen.Den Rest erledigte Holtzmann mit historisch-philologischen Argumenten: Da dasmedizinische Gutachten für angeborene Hüftgelenksverrenkung (Hüftdysplasie,HO) spreche, sei es unwahrscheinlich, daß den Chronisten ein "hinkender Heinrich"entgangen wäre, falls das Skelett wirklich von Heinrich stamme. Das Gegenteil sei derFall, Heinrich sei in den Quellen als "bene compositus", als wohlgebaut geschildertworden und habe sportliche Leistungen mit über fünfzig Jahren vollbracht, die einerPerson mit HO schwer möglich gewesen seien. Zweitens überprüfte Holtzmann dieÜberlieferung von jenem Reitunfall, der in der Steterburger Chronik Propst' Gerhards11. von Steterburg überliefert wurde. Dort sei die Verletzung aber als "contritiotibiae" bezeichnet, und HoItzmann führte aus: " Wenn im Zusammenhang mit einemSturz vom Pferd von contritio tibiae die Rede ist, so kann man wohl an eine Quetschung,allenfalls an einen Bruch des Schienbeins denken, niemals aber an einenBruch oder eine Verrenkung des Oberschenkels oder des Beckens. Der Oberschenkelhieß im Altertum und Mittelalter wie heute femur . ... Nimmt man die historischeOberlieferung und den richtig gedeuteten anatomischen Befund zusammen, so bleibtnur der Verdacht, daß genau das Gegenteil von dem, was Fischer beweisen wollte,richtig ist, daß nämlich die gefundenen Gebeine nicht die Heinrich des Löwen seinkönnen"19. Holtzmanns Ausführungen endeten mit einem Appell an die" ... wohl erprobtenGeschichtsforscher in Braunsch weig", den Sachverhalt zu klären und zu prüfen,welche anderen im Chorraum des <strong>Braunschweig</strong>er Doms beigesetzten Fürstenfür diesen Fund in Betracht gezogen werden müssen.In der Folge entwickelte sich eine äußerst lebhafte Debatte zwischen den Befürworternund Gegnern der Fischerschen Deutung der Befunde, auf die wir hier nichtnäher einzugehen brauchen, da sie keine neuen stichhaltigen Argumente lieferte 2o •Fischer selbst fühlte sich in seiner Expertenehre schwer getroffen, gerade in einemsolchen Fall von nationaler Tragweite womöglich versagt zu haben. Denn die im Gutachtenvon Hackenbroch beschriebene, dreiecksförmige Umformung der (an sichrunden) Hüftgelenkspfanne als ein typisches Beispiel für die angeborene Form derHüftverrenkung stimmte so offensichtlich mit den Photographien von dem Skelettbefunddes vermeintlichen Heinrichs überein, daß jeder Laie die Argumente des Orthopädenleicht nachvollziehen konnte und die Blamage für Fischer um so schmerzlicher,weil offensichtlich war.Die Argumente seiner Gegner ließen sich auf drei Punkte reduzieren: 1. DieFrage, ob die Hüftveränderungen traumatisch bedingt oder angeborener Naturwaren, 2. Die historische Überlieferung der Verletzung als "contritio tibiae" und3. Die Frage nach der Ursache der auffälligen Verkürzung des linken Oberschenkelknochensim Vergleich zum rechten. Fischer erkannte sehr wohl, daß dies aus medi-19 Ebd., S. 496 f.20 Die wesentlichen Beiträge zu dieser Debatte sind in der Arbeit von Tilmann SCHMIDT (wie Anm. 2),S. 11, Anm. 8, aufgeführt.

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