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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650Die ~Erbgesundheit" Heinrichs des Löwen 231an einer sogenannten "Mischlingsbevölkerung" (den "Rehobother Bastards") in derdamaligen Kolonie "Deutsch-Südwestafrika" 1908 sammelte, halten einer kritischenÜberprüfung heute nicht mehr stand! Damals sorgten sie für Furore. Mit seiner Behauptung,die Mendelschen Regeln hätten auch für menschliche Merkmale wieHaar-, Haut- und Augenfarbe etc. Gültigkeit, schuf er die Voraussetzung für eine naturwissenschaftlichbegründete Rassenlehre. Denn Fischer glaubte nun, "Rassenmerkmale"beim Menschen erstmals klar definieren zu können, als Merkmale, diesich gemäß den Mendelschen Regeln vererben würden. Wohlgemerkt, seine Beweiskette,sein statistisches Zahlenmaterial etc. stimmte nicht; was für einige PflanzenundTiermerkmale bei einem "einfach-dominanten" Erbgang zutraf, galt gerade fürdie von Fischer ausgewählten Merkmale beim Menschen nicht - dort liegen die Verhältnissekomplizierter vor. s Aber dies wurde damals mangels Fachkenntnissen nichtbemerkt, vielmehr trafen Fischers Ergebnisse auf ein Klima und ein Publikum, welchesseine Thesen nur allzu begierig aufnahm.Was hat dies alles mit Heinrich dem Löwen zu tun. Wenig, möchte man meinen.Doch mit der Interpretation der Funde in seiner Gruft hat es sehr viel zu tun. Dennmit seiner (vermeintlichen) wissenschaftlichen Großtat stieg Eugen Fischer in derWeimarer Republik zu dem führenden Anthropologen in Deutschland auf, der sichmit bio-genetischen Fragestellungen befaßte; er begründete und leitete diese Disziplin,die man als Bio-Anthropologie bezeichnen könnte und die sich immer stärkermit den Fragen der Vererbung, speziell jener von Krankheiten beim Menschen befaßte.Und während Fischer in Freiburg formal weiterhin Professor tür Anatomie blieb,widmete er sich in Forschung und Publikation ausschließlich Fragen der Anthropologieund Erbbiologie. 1927 wurde er dann Direktor des eigens für ihn gegründeten"Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie" in Berlin-Dahlem, der zentralen Forschungsstellefür Fragen der Vererbung von Krankheiten, der Erforschung von Zwillingenund damit zum Leiter des kompetentesten" Think-tank" für die rassenhygienischenGesetze im Dritten Reich.Paradoxerweise stand Fischer dem plumpen Rassenfanatismus der Nationalsozialistenablehnend gegenüber. Gerade seine Untersuchung über die "Mischlinge" in"Deutsch-Südwest" hatten ihm zu seiner eigenen Überraschung die Leistungsfähigkeitdieser Menschen vor Augen geführt. Und da sich Fischer bei seinen Überlegungenund Theorien sehr stark an den Verhältnissen in der Botanik und Pflanzenzuchtorientierte, hatte er von dort auch die Vorstellung einer besonderen Leistungsfähigkeitder Mischlinge übernommen, den sogenannten Heterosiseffekt! Die von den Nationalsozialistenpropagierte "Minderwertigkeit" der "jüdischen Mischlinge" konnteFischer nicht vertreten, weswegen er kurz nach dem Machtantritt unter heftigen Beschußdurch die NSDAP geriet - was nicht bedeutete, daß Fischer frei von antisemi-~ Zur Kritik an den Ergebnissen Fischers S.: Ebd. S. 65 ff. Freilich bedeutet dies nicht, daß für den Menscheneine Art n50ndergenetik" existiert, Fischer hatte nur im Ggs. zu Mendel das Pech, Merkmaleauszuwählen, für die die von Mendel beobachteten Gesetzmäßigkeiten so nicht zutrafen.

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