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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650228 N. Löschhatte 2 • Denn Fischer war jener hochkarätige Spezialist, dem das NS-Regime zutraute,ein anthropologisches Gutachten über jenes Skelett in der Gruft anzufertigen, vondem zu vermuten stand, daß es Heinrich dem Löwen gehörte, der im Dritten Reich(auch) zum "Helden" und "Vorkämpfer" des Ringens um neuen "Lebensraum imOsten" stilisiert worden war3. Im Zuge der Bemühungen, die Rolle Eugen Fischersbei der Grabung 1935 und der späteren Interpretation der Befunde zu klären, tauchtenimmer mehr Unklarheiten und Ungereimtheiten auf, so daß es mir lohnenswerterschien, den mehrstufigen Interpretationsprozeß um die Grabung zwischen 1935und 1970 noch einmal historisch-kritisch zu untersuchen und vor allem die jeweiligePerspektive zu berücksichtigen, aus der heraus die Befunde bewertet wurden. Dennan das, was 1935 wichtig erschien, wollte 1950 keiner mehr gerne zurückdenken -anderes rückte in den Vordergrund der Aufmerksamkeit, und 1970 wurden neueSchwerpunkte gesetzt und heftige Kritik an den vorhergehenden Interpretationen derErgebnisse geübt.Auf allen drei Stufen dieses Erkenntnisprozesses spielte Fischer direkt oder indirekteine wichtige Rolle. So muß zunächst die Person Eugen Fischers kurz eingeführtund in ihren historischen Rahmen plaziert werden, bevor dann die Ergebnisse der Interpretationender Grabungsbefunde in den fünfziger und siebziger Jahren kurz rekapituliertwerden und schließlich der Versuch unternommen werden soll, sich über dieHintergründe und Vorgänge von 1935 ein Bild zu machen.1. Eugen Fischer: ... Schatten auf dem Grab des Herzogs?Man kann Eugen Fischer viele Etiketten anheften: Rassenforscher, Anthropologe,Eugeniker, Anatom, Vererbungswissenschaftler oder Erbgesundheitsrichter, aberkeines füllt er so vollkommen aus wie jenes eines hingebungsvoll seiner badischenHeimat, ihrer Mundart und Tradition verbundenen Menschen. Für einen Mann seinerGeneration - er wurde 1874 in Karlsruhe als Sohn eines Kaufmannes geboren -ist dies nicht ungewöhnlich: Die rasch voranschreitende Industrialisierung mit ihrenimmensen negativen Effekten für breite Schichten der Bevölkerung (Verstädterung,schlechte Wohn-, Emährungs- und Hygiene-Verhältnisse) führen zu "antimodernen"Reflexen. Ländlich-idyllisches Leben, arbeiten im Einklang mit der Natur undeine in klar überschaubaren Ständen organisierte Gesellschaft werden propagiert.Aus dieser Haltung entstehen, sehr verkürzt gesagt, gesellschaftliche Strömungen und"Aufbruchsbewegungen" wie die Wandervögel, Naturismus (Freikörperkultur), Ve-2 Vgl. Tilmann SCHMIDT, Die Grablege Heinrich des Löwen im Dom zu <strong>Braunschweig</strong>. In: BsJb. 55,1974, S. 24 f.3 Vgl. dazu Johannes FRIED. Der Löwe als Objekt. In: HZ 262, 1996, S. 673-693.

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