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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650Die Fundierung der sozialen Republik mißlingt 207dem geradezu bedingt97. Doch auch hier wurden die Professoren streng: Ein Aufrufist niemals ein Gesetz im materiellen Sinne9 8 • Wenn der Aufruf mit den Wortenschließt: "Es lebe die sozialistische Republik", so ist gerade daran der programmatischeCharakter des Aufrufes deutlich zu erkennen, denn eine wirklich sozialistischeRepublik ist niemals zustande gekommen 99 • Selbständige, rechtssatzmäjJige, gesetzgeberischeWirkungen, d. h. solche, welche nicht schon aus der vollzogenen Tatsacheder unmittelbar voraufgegangenen Revolution folgten, herbeizuführen, lag ... nichtin der Absicht. Dies ergibt sich aus dem Inhalt, wie aus der Fassung dieses Aufrufs 1 °O.Sogar fachjuristisch waren diese Maßstäbe handgreiflich überzogen. Hatte man nichtseit Jahren aus einem wirklich von Fachleuten vorbereiteten und durchberatenenText wie der Weimarer Reichsverfassung heterogene Bestandteile herauspräpariertund unterschiedliche Geltungsansprüche erarbeitet? Aber dieser früheren und eiligergefertigten <strong>Braunschweig</strong>er Proklamation wurde nun jede Abschichtung verweigertund rigide Homogenität abverlangt - um den gesamten Text als bloßen Aufruf abtunzu können!Dcr Arbcitcr- und Soldatcnrat hatte <strong>Braunschweig</strong> zur Republik und alle herzoglichenDomänen und Güter für Eigentum dieser Republik erklärt vorbehaltlich derZustimmung der [aus} späteren Wahlen hervorgegangenen Landesvertretung. Schükkingund Anschütz bezogen diesen Vorbehalt allen Ernstes auf das parlamentarischeNachprüfungs- und Bereinigungsverfahren des Jahrcs 1919 101 , wo solche Zustimmungtatsächlich fehlte, als ob die Räte jene legislatorische Finesse im Auge gehabthätten. Fleischmann räumte immerhin ein, daß mit dem Vorbehalt die Frage derStaatsform angesprochen wurde und die Landesvertretung bewußtfreie Handbehaltensollte, etwa eine parlamentarische Monarchie einzuführen 102 ; die Konsequenzwg erst Hatschek, daß dann die Verfassung eben jene Ratifikation erteilt habe 103 •97 Zu Unrecht sieht Hans WENZEL, Das Revolutionsjahr 1918/19 in Bs. [Examensarbeit der Kant-Hochschulein] Bs. 1949, S. 60f., dieses "Durcheinander" als Fehler, den er damit entschuldigen will, daß"kein Fachjurist bei der Abfassung Pate stand". Wenn man davon ausgeht, daß eine Revolution geradekein rechtlich einwandfrei durchzuführender Vorgang ist, sondern in erster Linie ein existentiellesWagnis, bei dem alles auf Gelingen ankommt, dann hatte Oerter durchaus fachgerecht gehandelt -aber als "Revolutionsfachmann" und nicht als Staatsrechtsspezialist!•• Schücking (wie Anm. 77), S. 36 ... Schücking (wie Anm. 82), S. 56.100 Anschütz (wie Anm. 86), S. 135. Dagegen hatte sogar der Welfen-Vorkampfer Abg. Hampe 1919noch korrekt von einer Verordnung der Revolutionsregierung gesprochen, die dem parlamentarischenBereinigungsverfahren unterfalle, LV 17.6.1919, Sp. 11l22. Für eine moderne Deutung vgl. Ernst-AugustROLOFF, Bs. und der Staat von Weimar. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft 1918-1933 (e BsgerWerkstücke Bd. 31). Bs. 1964, S. 36, der jene Domänen-Erklarung ganz selbstverständlich unter "dieersten revolutionären Gesetze" rechnet, ebenso BERGER (wie Anm. 12) S. 55 ("die ersten Gesetzgebungsmaßnahmen").BOLL (wie Anm. 9) unterschätzt diese angeblich nur als "Regierungserklärung"anzusehende Proklamation (S.278); schwammig (erste konkrete "Maßnahmen") ROTHER (wieAnm. 18) S. 30.101 Schücking (wie Anm. 77), S. 36 f.; Anschütz (wie Anm. 86), S. 135.102 Fleischmann (wie Anm. 87), S. 24.10l Hatschek (wie Anm. 89), S. 67.

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