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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650Die Fundierung der sozialen Republik mißlingt 203rend 7o , gewann ihr aber den Kompctenzkonflikt nicht. Dafür sorgte indes auch ohneSeitenblick auf das Reich ein Richtergremium, das zwar mit Liebe ins Jahre 1235blickte und sorgsam eine Verleihungsurkunde Kaiser Friedrichs 11. von Hohenstaufeninterpretierte, dem aber für die Vorgänge der letzten vier Jahre der Blick getrübt warund das die ganze neun Tage junge Verfassung des Freistaates <strong>Braunschweig</strong> schongar nicht zu deuten vermochte: Art. 7 dieser Verfassung (Kammergut war und istStaatsgut) drücke den Gedanken, daß hier Privat gut für Staatsgut erklärt werdensolle, nicht zweifelsfrei aus; daß das Kammergut Staatsgut war, spreche nur eineRechtsansicht aus. Die Verbindung" war und ist" Staatsgut gibt aber dem GedankenRaum, daß die ganze Vorschrift kein Rechtssatz, sondern lediglich eine Rechtsansichtsein soll, indem gefolgert wird, daß das Kammergut, weil es früher schon Staatsgutgewesen sei, diese Eigenschaft auch jetzt haben müsse. Bei anderer Interpretationhabe der Kläger jedenfalls einen Entschädigungsanspruch wegen Enteignung 71 •Die zitierte Argumentation verdient hinterhältig genannt zu werden. Für jeden Beobachterder <strong>Braunschweig</strong>er Politik lag die Räson der Formel war und ist auf derHand, daß nämlich die linke Verfassungskoalition die beiden eingangs skizziertenWege: den von der MSPD bevorzugten der bloß deklaratorischen Umgestaltung(war) und den von der USPD präferierten der konstitutiven Neuregelung (ist), kombinierenwollte. Beabsichtigt war eine Verstärkung der verfassungsrechtlichen Verteidigunggegen die Ansprüche des ehemaligen Herzogs. Statt dessen spielte der Gerichtshof,ohne nach der Teleologie der Norm zu fragen oder ihre Entstehungsgeschichtezu prüfen, einfach beide Elemente gegeneinander aus 72 •Nun legten die Prozeßparteien zu. Das Staatsministerium ging an die Öffentlichkeitund ließ seine Klagebeantwortung als Broschüre drucken 73 , brachte aber außerder Rechtsantiquität eines Gutachtens, das der Obergerichtspräsident Dr. JohannHeinrich August Hettling (Wolfenbüttel) vor 73 Jahren erstattet hatte 7 4, und eigenenDarlegungen vornehmlich Zitate von Ausführungen über die rechtliche Natur derRevolution, die Profcssor Walther Schücking (Marburg) für das vormalige preußitenhatte (vgl. oben zu Anm. 55). Am 6.3.1922 schickte Berlin das Gewünschte (a. a. 0., BI. 5). Bemerkenswerterscheint die Tatsache, daß ein Kontakt von Bs. nach Arolsen nur über Berlin oderGmunden/Österreich lief.70 Dies gilt bei diesem und bei einer Reihe anderer Beispiele, obwohl da~ Staatsministerium in beiden Instanzenden versierten Berliner Justizrat Juhannes Werthauer als Korrespondenzanwalt zugezogenhatte.n KompGH - 1 E.R.K. 3/21/107 - Urt. vom 30.1.1922, vollständig abgedruckt in LT Ds 680 vom12.5.1924, S. 17-20; auch veröffentlicht in BsgZs. 70, 1924, S. 74-77.72 Vgl. SCHMIDT (wie Anm. 1) S. 93 ("Boomerang"). Im Grunde tat der Gerichtshof so, als hätte Art. 7der Verfassung - in Anlehnung an den Aufruf des Arbeiter- und Soldatenrates von 1918 - gelautet:"war und ist daher". Bei dieser - hypothetischen - Fassung hätte sich zu Recht das Risiko der mehrheitssozialdemokratischenPosition verwirklicht.7J Die Ansprüche des ehemaligen Herzogshauses auf bsg. Staatsgut. Bs. o. J. [1922),48 S.74 Gutachten über die Rechtwerhältnisse des Kammerguts im Herzogtume Bs., und im besonderen überdie Ansprüche des Herzoglichen Hauses und des Landes auf die Einkünfte aus demselben,25.11.1848; in: Ansprüche (wie Anm. 73), S. 30-44; später abgedruckt in LT Ds 680 vom 12.5.1924,S.21-26.

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