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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650Die Fundierung der sozialen Republik mißlingt 195sönlichen Titel und Vorrechte aufgehoben. Es folgten unter anderem die Einrichtungdcr Volkskommissariate, Appelle zur Ordnung und zur Mitarbeit (Das Vorstehendeist unser Programm. Helft uns in seiner Durchführung.) und als Schluß ein Es lebedie sozialistische Republik!Der Gedankengang Ocrtcrs war deutlich genug: Die Verstaatlichung der Domänenwurde ebenso als Konsequcnz (Damit) der Republikanisierung aufgefaßt 17 wie,worin später die Weimarer Reichsverfassung (WRV) (Art. 109 Abs. 3 und 4) mitging,die Aufhebung persönlicher Privilegien. Gleichwohl verstand ein verängstigtesBürgertum ihn nicht 18 , und das Volkskommissariat des Innern und der Finanzen sahsich alsbald veranlaßt, in einer weiteren Proklamation wider alle Gerüchte daraufaufmerksam zu machen, daß kein Privateigentum konfisziert wird 19 • Von Dezemberan jedenfalls mußte der hisherige Herzog die Einkünfte aus dem Kammergut entbehren.Weiteres geschah in dieser Angelegenheit zunächst nicht, erschien den neuenMachthabern offenkundig auch nicht nötig 20 ; dies und die Gesamtentwicklung derRevolution in <strong>Braunschweig</strong>, in der Schritt für Schritt Rätesystem und USPD-Herrschaftzurückgedrängt wurden, dürften dazu beigetragen haben, daß die Diskussionsich rasch auf jenen Aufruf als Hürde oder Strohhalm konzentrierte, ins Nurjuristischeabglitt und als Proklamationsexegese professorale Blüten trieb.17 In einem Brief an den Chef der Vermögensverwaltung des ehemaligen Herzogs, Prof. Dr. Paul Knoke,vom 10.12.1918 dozierte Oerter: Die Erkliirung des Privateigentums des bisherigen Staatsoberhaupteszu Staatseigentum ist ein bei Volksrevolutionen fast regelmäßig eintretender Vorgang. Wenn die Revolutionerfolgreich ist, so sanktioniert die spätere Gesetzgebung den Eigentumsübergang regelmäßig ...Die Vorgänge von 1789 und 1848 sind zu bekannt, als daß sie hier angeführt zu werden brauchten.StAWf, 12 A Neu 13 n, 45101. - Während Oerter hier den Akten der revolutionären Gewalt konstitutiveBedeutung beimaß, verfolgte er bereits zwei Jahre später auch jene andere Strategie, derzufolgedas Kammergut schon zu monarchischen Zeiten "seiner Natur nach Staatsgut" gewesen sei, vgl.SCHMIDT (wie Anm. 1) S. 55. Rückblickend schwächte er seine Tat endgültig ins Deklaratorische ab:Das Kammergut sei im Laufe der historischen Entwicklung des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> Eigentumdes Staates geworden; er - Oerter - konnte daher in der von ihm verfaßten Proklamation vom10.11.1918 gar keine andere Erkliirung abgeben als die: das Kammergut ist Eigentum der Republik,Oerter an Friedrich Boden vom 4.10.1924, StAWf, 19 B Neu, 984, S. 200-205 (201).10 So behauptete später der Redakteur der "Bsg. Landeszeitung" Hermann Schroff unter dem PseudonymTEl:TONICUS - Bs. unter der Herrschaft der roten Fahne. Meinungen, Stimmungen und Tatsachen.o. O. o. J. IBs. 1919] -, die Revolutionsregierung hätte die Domänen "ohne jegliche rechtlicheBegründung zum Staatseigentum erklärt(e)" (S. 39). Auch Bernd ROTHER, Die Sozialdemokratie imLand Bs. 1918 bis 1933 (= Veröff. d. Instituts für Sozialgesch. Bs. - Bonn). Bonn 1990, S. 30, gibt dieinnere Verknüpfung auf und addiert bloß noch einzelne Maßnahmen. Ebenso jetzt SCHMIDT (wieAnm. 1) S. 11: Statt des originalen Damit, das eine konsekutive Beziehung ausdrückt, heißt es in seinerParaphrase nur temporal "zugleich".19 Volksfreund Nr. 4 vom 12.11.1918; vgl. BERGER (wie Anm. 12) S. 63f.20 Historisch geht daher SCHMIDTS (wie Anm. 1) S. 3D, Kritik fehl, der Staat habe es "verabsäumt", sichetwa in der Vorläufigen Verfassung für den Freistaat Bs. vom 27.2.1919 "in irgendeiner Weise zu demstrittigen Vermögen zu äußern". Erstens war da aus Sicht der Akteure nichts mehr strittig; vielmehrhatten sie am 10.11.1918 eine eindeutige Regelung getroffen. Zweitens stand verfahrensmäßig lediglichdie vorbehaltene Zustimmung des Landesparlaments aus - die Verantwortlichen hatten also gar keineVeranlassung, in dem knappen Organisationsstatut der Vorläufigen Verfassung noch einmal auf dieAngelegenheit einzugehen.

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