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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong>http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042650190 o. Jung- wie man damals sagte - aufzubauen; zweitens, um der Konterrevolution vorzubeugenund nicht den geborenen Feinden der neuen freistaatlichen Ordnung die Mittelfür einen Kampf um die Macht in die Hände zu geben. Jencr Grund entsprach denspezifischen Zielen der Sozialdemokratie, die in der ersten Zeit nach der Novemberrevolutiondie Verantwortung in Deutschland trug und auch weitgehend die Politikbestimmte. Dieser resultierte aus dem Interesse aller neuen Herren an der reinenSelbsterhaltung; die französische Verfassungsgeschichte des letzten Jahrhundertszeigte, wie der Kampf zwischen Republik und Monarchie hin- und hergehen konnte.Um die Domänen für das jeweilige Land zu sichern, gab es wiederum zwei Wege,die sich jedenfalls theoretisch klar unterscheiden lassen. Man konnte erstens, wennman diese für günstig hielt, auf die gegebene Rechtslage abstellen. Gehörten die Domänennämlich bereits dem Staat, war gar keine Rechtsänderung erforderlich; eineeventuelle (verfassungs-) gesetzliche Regelung hätte nur deklaratorische Bedeutung.Möglichen Rechtsstreitigkeiten - zu entscheiden nach altem Recht - konnte man gelassenentgegensehen. Dieser Weg war also bequem, aber riskant: Wenn die Prämissenicht stimmte, gerieten die beiden Ziele, die der Staat mit der Übernahme der Domänenverfolgte, in höchste Gefahr. Dieses Risiko bestand nicht bei der anderen Strategie,die bewußt eine Änderung der Rechtslage herbeiführen wollte. Die Domänenverhältnissesollten also neu geregelt werden; die entsprechenden Rechtsakte hättenkonstitutive Wirkung. Freilich mußten solche Gesetze erst einmal politisch erkämpftwerden; insofern war dies ein mühsamer Weg. Aber danach brauchte man sich vorProzessen ebenfalls nicht zu sorgen: Alle ordnungsgemäß bekanntgemachten Gesetzemußten - wie die bisherigen Verfassungen, in <strong>Braunschweig</strong> die sogenannte NeueLandschafts-Ordnung (NLO) von 1832, eingeschärft hatten - von den Gerichten befolgtwerden (§ 100 Abs. 2 NLO); von einem materiellen richterlichen Prüfungsrechtwar damals noch keine Rede 2 •Das Augenmerk auf die Gestaltung der sozialen Demokratie richtete idealtypischdie MSPD. Ihrer attentistischen Grundeinstellung entsprach auch die Strategie, aufdie gegebene Rechtslage, die sie für günstig hielt, zu setzen. Die USPD dagegen verfochtjeweils die schärfere Variante. Sie sah auch die Notwendigkeit, die junge Republikgegen die Konterrevolution zu sichern, und sie scheute sich nicht die errungeneMacht einzusetzen bzw. - demnächst demokratisch legitimiert - die sprichwörtliche"Klinke der Gesetzgebung" zu drücken. In der praktischen Politik wurden freilichvon den meisten sozialdemokratischen Politikern beide Ziele mit beiden Strategienzugleich bzw. nacheinander verfolgt, was zu einer gewissen Widersprüchlichkeit führte.Vollends unübersichtlich wurde die Situation, wenn wegen der Notwendigkeit derKoalitionsbildung bürgerliche Parteien mit ins politische Spiel kamen. Sie hatten ander sozialen Demokratie kein besonderes und an der Sicherung der Republik wenigoder kein Interesse. Strategisch setzten sie ebenfalls auf die gegebene Rechtslage -2 Vgl. Ulrich SCHEUNER, Die Cberlieferung der deutschen Staat,gerichtsbarkeit im 19. und 20. Jahrhundert,in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz. Festgahe aus Anlaß des 25jährigen Bestehensdes Bundesverfassungsgerichts, hg. v. Christian STARCK, Tübingen 1976, Erster Bd., S. 1-62(39ff.,51).

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