266 - Fandom Observer
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mk/Fo<strong>266</strong>/ANNo/buCh<br />
dirk vAN deN boom<br />
kAiSerkrieGer i –<br />
Die AnkunFt<br />
In der auf mittlerweile sechs Romanen ausgebauten<br />
Alternativweltgeschichte wird der<br />
kleine kaiserliche Kreuzer Saarbrücken vom<br />
Vorabend des Ersten Weltkriegs in das Jahr<br />
378 versetzt. In dieser Zeit wurde das oströmische<br />
Reich durch den Ansturm der Goten<br />
bedrängt, während sich der weströmische<br />
Teil mit einer Vielzahl von germanischen<br />
Stämmen herumschlagen musste. Beide<br />
Reiche haben ihren Zenit überschritten und<br />
die Geschichte lehrt, dass ihre Zeit langsam<br />
aber sicher ablaufen wird.<br />
Der Autor hat sich also eine<br />
Zeit ausgesucht, in der große<br />
Veränderungen unmittelbar<br />
bevorstehen. Es ist die Zeit der<br />
beginnenden Völkerwanderung,<br />
in der große Volksstämme aus<br />
dem Osten durch die rasante<br />
Ausbreitung der Hunnen und<br />
weiterer Reiterscharen Richtung<br />
Westen ziehen.<br />
In den ersten Kapitel des<br />
Auftaktbandes werden aber erst<br />
einmal die wichtigsten Besatzungsmitglieder<br />
der Saarbrücken<br />
eingeführt. An ihrer Spitze<br />
der erste Offizier Jan Rheinberg,<br />
ein junger Offizier mit einem<br />
Blick für das machbare, der sich<br />
dank Leistung diese Position<br />
erarbeitet hat. Ganz anders<br />
hingegen der zweite Offizier, der<br />
dem Adel entstamm und allein<br />
schon aufgrund seiner Geburt<br />
als befähigt erachtet wird ein<br />
Kommando zu übernehmen.<br />
Während Rheinberg einen guten<br />
Draht zur Mannschaft besitzt<br />
und keineswegs vergessen hat,<br />
aus welchem Stand er entstammt,<br />
überspielt …. seine<br />
Unfähigkeit durch Hochnäsigkeit<br />
und Überheblichkeit. Konflikte<br />
bleiben da nicht aus und nur<br />
aufgrund der strengen militärischen<br />
Rangordnung treten diese<br />
nicht offen zu Tage.<br />
Zu Beginn wird die Saarbrücken<br />
in Wilhelmshaven für ihre<br />
Reise zu den afrikanischen<br />
Kolonien ausgerüstet. Neben<br />
Versorgungsgütern nimmt sie auch eine<br />
Abteilung von 160 Infanteristen mit an Bord.<br />
Es herrscht drangvolle Enge auf dem Schiff<br />
und den Offizieren ist bewusst, dass sie ein<br />
Auge auf ihre Mannschaft haben müssen.<br />
Die Fahrt der Saarbrücken zu den<br />
afrikanischen Kolonien verläuft angespannt<br />
aber ohne besondere Vorkommnisse. Auf<br />
der Höhe Portugals fahren sie in eine<br />
Nebelbank ein, verlieren dabei allesamt das<br />
Bewusstsein und finden sich nach ihrem<br />
Erwachen im Mittelmeer wieder und zwar im<br />
Jahre 378.<br />
Das Wieso oder Warum spielt keine<br />
entscheidende Rolle für die Offiziere bzw.<br />
wird von ihnen verdrängt. In den Vorder<br />
grund rückt sogleich die Überlegung wie ein<br />
Kreuzer der kaiserlichen Flotte ohne<br />
jedwede Hilfe in solch einer Zeit einsatzbereit<br />
bleiben kann. Jan Rheinberg, nach dem<br />
Tod des Kapitäns, zum Kapitän geworden,<br />
nimmt sich ganz pragmatischen Fragestellungen<br />
an. Während viele andere sich noch<br />
den Kopf darüber zerbrechen wie sie in<br />
diese Zeit gelangt sind und wie ihnen vor<br />
allem die Rückreise gelingen soll, stellt sich<br />
Rheinberg die Frage ihres Überlebens. Zwar<br />
sind sie den Römern technisch gesehen<br />
haushoch überlegen, aber ohne Kohlen,<br />
Ersatzteile und Munition verliert die<br />
Saarbrücken sehr schnell an Schlagkraft<br />
und wird in absehbarer Zeit als Wrack übers<br />
Mittelmeer dümpeln. Die mittelfristigen<br />
Überlebensaussichten sind also katastrophal.<br />
Rheinberg erkennt sehr schnell, dass<br />
er und seine Mannschaft nur dann eine<br />
Überlebenschance haben, wenn sie auf die<br />
Ressourcen des römischen Reiches<br />
zurückgreifen können. Hierfür benötigen sie<br />
das Wohlwollen des römischen Kaisers.<br />
Dies wiederum können sie nach Ansicht<br />
Rheinbergs nur gewinnen, wenn sie sich als<br />
nützlich für das römische Reich erweisen.<br />
Die aktuelle Bedrohung der römischen<br />
Grenzen durch eine Vielzahl von Völkern<br />
stellt einen Ansatzpunkt dar, denn militärisch<br />
gesehen sind die kaiserlichen Soldaten<br />
den Römern noch haushoch überlegen.<br />
Dirk van den Boom lässt seine Handlungsträger<br />
gar nicht länger darüber<br />
diskutieren, wieso es zu der Versetzung<br />
kommen konnte, welche Phänomene<br />
dahinter stecken könnten und wie eine<br />
sofortige Rückkehr gelingen könnte. All<br />
diese Fragen, die in anderen Alternativweltromanen<br />
breiten Raum einnehmen,<br />
werden zurückgedrängt. Ganz pragmatische<br />
Überlebensfragen stehen im Vordergrund<br />
und hierfür benötigt der Autor eine Figur wie<br />
Rheinberg, die sich neuen Situationen<br />
anpassen kann und zudem über einen<br />
fundierten geschichtlichen und sprachlichen<br />
Hintergrund verfügt. Gerade durch letztere<br />
umschifft er die sprachlichen<br />
Hürden, die sonst unweigerlich<br />
aufgetreten wären. Missverständnisse<br />
aufgrund sprachlicher<br />
Barrieren entstehen nicht,<br />
so dass der Handlungsfaden<br />
direkt weitergesponnen werden<br />
kann.<br />
Vermisst habe ich die<br />
Sichtweise einer Person aus den<br />
Mannschaftsdienstgraden. Diese<br />
stellen zwar den Großteil der<br />
Besatzung dar, treten aber als<br />
handelnde Personen gar nicht in<br />
Erscheinung.<br />
Stattdessen werden unterschiedlicheHandlungsschauplätze<br />
beleuchtet und Figuren<br />
eingeführt, die in den kommenden<br />
Romanen eine entscheidende<br />
Rolle spielen werden. Der<br />
Autor bereitet den Boden für die<br />
zukünftigen Ereignisse, indem er<br />
verschiedene Handlungsfäden in<br />
die Gesamthandlung einbaut.<br />
Als Leser kann man dadurch<br />
erahnen, welche Herausforderungen<br />
auf Rheinberg und seine<br />
Besatzung zukommen werden.<br />
Leider wirkt der Roman im<br />
zweiten Teil deswegen ein wenig<br />
spannungsarm.<br />
Die eingestreute Liebesszene<br />
zwischen der Tochter eines für<br />
die Mannschaft der Saarbrücken<br />
wichtigen Senators und einem<br />
Kadetten der Saarbrücken ist ein<br />
wenig hölzern in Szene gesetzt.<br />
Birgt aber weiteres Konfliktpotential,<br />
da die beiden am Ende<br />
des Romans durchbrennen.<br />
Dirk van den Boom hat insgesamt einen<br />
lesenswerten Auftaktroman verfasst, der für<br />
mich in einer geschichtlich überaus<br />
interessanten Zeitepoche angesiedelt ist.<br />
ANdreAs Nordiek<br />
Dirk van den Boom<br />
kaiserkrieger i – Die Ankunft<br />
AtlantisVerlag; Originalausgabe; 214<br />
Seiten<br />
20 FANdom observer <strong>266</strong> · 08/2011