266 - Fandom Observer
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mk/Fo<strong>266</strong>/sChreibworkshop<br />
jeder autor<br />
braucht starthilFe<br />
Die Autorin und Lektorin Andrea Bottlinger berichtet darüber, wie wichtig für sie<br />
die Hilfe von Kollegen war, um schreiberisch einen Fuß auf den Boden zu<br />
bekommen<br />
AlS iCh mit SChreiben AnGeFAnGen<br />
hAbe, hAtte iCh keine AhnunG. Ich<br />
wusste nicht, wie man einen Plot aufbaut,<br />
was Charakterentwicklung ist und wie das<br />
Genre funktioniert, in dem ich mich bewegen<br />
wollte.<br />
Und so sahen meine ersten Versuche<br />
auch aus. Sie waren eine Mischung aus<br />
Klischees, Dingen, die ich bei meinen<br />
Vorbildern geklaut hatte, und sehr seltsamen<br />
Dialogen. Ich wünschte mir jemanden,<br />
der sich meine Texte ansah und mir sagte,<br />
was ich besser machen konnte. Jemanden<br />
mit Schreiberfahrung. Und am besten<br />
jemanden, der meine Liebe zur Fantasy<br />
teilte und auch verstand, worauf ich<br />
hinauswollte. Aber so jemanden kannte ich<br />
nicht.<br />
Erst nachdem ich schon eine Weile für<br />
mich selbst schreiberisch experimentiert<br />
hatte, erfuhr ich von der Existenz von<br />
Schreibforen. Dort fand ich einige hilfreiche<br />
Kritiker und tat Möglichkeiten auf, ein paar<br />
Kurzgeschichten zu veröffentlichen.<br />
Aber bald war ich genauso weit wie die<br />
meisten anderen in diesen Foren auch.<br />
Kurzgeschichten sind schön, um sich selbst<br />
zu beweisen, dass man etwas veröffentlichen<br />
kann. Aber letztendlich will man mit<br />
einem Roman bei einem Verlag unterkommen.<br />
Am besten natürlich bei einem großen.<br />
Man will, dass das eigene Werk von mehr<br />
als der stolzen Verwandtschaft und ein paar<br />
Freunden gelesen wird.<br />
Damit tat sich ein neuer Fragenkomplex<br />
auf, zu dem meine Forenkollegen<br />
größtenteils auch nur Gerüchte kannten.<br />
Wie schreibe ich ein Exposé? Wie wende<br />
ich mich an einen Verlag? Und noch<br />
wichtiger: An welchen Verlag wende ich<br />
mich am besten mit welcher Art von<br />
Roman?<br />
Im Internet gibt es zu diesen Themen so<br />
viele Meinung, dass einem schnell der Kopf<br />
schwirrt und man nicht mehr weiß, wem<br />
man noch glauben soll. Was ich brauchte,<br />
war ein echter Autor, mit dem ich reden<br />
konnte.<br />
Ein solcher echter Autor lief mir glücklicherweise<br />
während meines Studiums über den<br />
Weg. Christian Montillon hielt damals einen<br />
Gastvortrag über Perry Rhodan in einer<br />
Vorlesung über Bestseller. Nach dem<br />
Vortrag durfte man ihm noch im kleinen<br />
Kreis Fragen stellen. Ich hatte nicht vor, mir<br />
das entgehen zu lassen.<br />
Ich fragte ihn, ob er einen Schreibkurs in<br />
der Gegend halten wolle. Er sagte: „Gern.“<br />
Ich fragte unseren Professor, ob er Räume<br />
für einen Schreibkurs zur Verfügung stellen<br />
würde. Er sagte: „Warum machen wir das<br />
nicht gleich ganz über die Uni als Ergänzung<br />
zur Vorlesung?“<br />
Damit hatte ich nach 10 Jahren endlich<br />
jemanden, der mir nicht nur alle meine<br />
Fragen beantworten konnte, sondern dem<br />
ich auch zutraute, sie richtig zu<br />
beantworten.<br />
In dem Schreibkurs mit Christian<br />
Montillon habe ich viel gelernt, unter<br />
anderem auch darüber, wie der Buchmarkt<br />
funktioniert. Danach blieben wir in Kontakt,<br />
und inzwischen arbeiten wir zusammen an<br />
mehreren Heftromanreihen.<br />
Nach und nach fand ich auch Zugang<br />
zum Rest der PhantastikautorenSzene.<br />
Einer der Leute, die ich kennenlernte, war<br />
Christian Humberg. Als ich ihm zum ersten<br />
Mal begegnete, lag „Drachengasse 13“, die<br />
Jugendserie, die er zusammen mit Bernd<br />
Perplies ins Leben gerufen hat, noch weit in<br />
der Zukunft, aber er war trotzdem einer der<br />
wenigen Leute, die vom Schreiben leben<br />
konnten. Und das nicht einfach nur, weil er<br />
Glück gehabt hatte. Er hat hart dafür<br />
gearbeitet.<br />
Da ich meine eigenen Zukunftspläne auch<br />
nicht unbedingt vom Glück abhängig<br />
machen wollte, konnte er mir einige sehr<br />
hilfreiche Tipps geben.<br />
All diese Unterstützung hat mich weit<br />
gebracht. Ohne Christian Montillon,<br />
Christian Humberg und viele andere<br />
hilfreiche Kollegen wäre ich heute nicht in<br />
der Lage, vom Schreiben und Lektorieren zu<br />
leben, und es würde nächstes Jahr kein<br />
Roman von mir bei Knaur erscheinen.<br />
Stattdessen wäre ich wahrscheinlich immer<br />
noch damit beschäftigt, mittelmäßige<br />
Leserproben mit schlechten Exposés und<br />
grauenhaften Anschreiben auf gut Glück an<br />
Verlage zu schicken.<br />
Aus diesem Grund halte ich es für sehr<br />
wichtig, dass erfahrene Autoren ihr Wissen<br />
an Anfänger weitergeben. Deshalb haben<br />
Christian Humberg und ich gemeinsam<br />
einen kreativen Schreibkurs speziell für<br />
phantastische Texte ausgeheckt, in dem wir<br />
nicht nur das schreiberische Handwerk<br />
vermitteln, sondern auch erklären, was nach<br />
dem Beenden eines Werks die nächsten<br />
Schritte zur Veröffentlichung sind.<br />
ANdreA bottliNger<br />
im märz 2011 erSChien<br />
AnDreAS erSter beitrAG in<br />
Der reihe „lArrY brent“. über<br />
ihre erFAhrunGen SChreibt<br />
Sie in ihrem bloG:<br />
„Gargoyle“ ist der erste Heftroman,<br />
den ich geschrieben habe – na ja, er<br />
erscheint als Hardcover, aber<br />
irgendwie ist es trotzdem ein<br />
Heftroman.<br />
Meine eigenen Romane sind<br />
charaktergetrieben. Die Dinge, die<br />
passieren, haben irgendeine wichtige<br />
Bedeutung für die Charaktere und<br />
direkte Auswirkungen auf ihr Leben,<br />
ihre Weltsicht und den ganzen Rest.<br />
Am Ende der Geschichte sind die<br />
Hauptcharaktere neue Menschen /<br />
haben irgendetwas Wichtiges gelernt /<br />
haben einen persönlichen Triumph<br />
errungen / sind an der Welt verzweifelt<br />
/ habe ihr Leben verbessert oder total<br />
ruiniert / Wasauchimmer …<br />
Heftromane sind plotgetrieben. Es<br />
passieren Dinge, die der Autor für cool<br />
hält (und die natürlich irgendeiner<br />
logischen Abfolge gehorchen), und der<br />
Hauptcharakter ist halt mittendrin.<br />
Aber sobald das Abenteuer überstanden<br />
ist, geht er nach Hause, schläft<br />
einmal ordentlich durch und ist wieder<br />
ganz der Alte. Geht auch gar nicht<br />
anders.<br />
http://bit.ly/eklklh<br />
10 FANdom observer <strong>266</strong> · 08/2011