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13.07.2015 Aufrufe

Augen, sich selbst als harmonische überwältigende Menschenvorführend. Freilich lag ihr Accent in allem auf der Form,sie erzogen sich das formen süchtigste Publikum, das je dagewesen,und es diente gewiss mit dazu, das Alterthum auszuhöhlen.Gemeinsam ist ihnen eine sehr frühe Entwicklung,ein wechselvolles aufreibendes Leben, Dienstbarkeit beiFürsten, Uebermaass von Bewunderung, Vergötterung, vontödtlichen Feindschaften; grossentheils im Besitz von Reichthümernjsie waren nicht Gelehrte, sondern ausübende Virtuosender Rede und unterschieden sich dadurch von denHumanisten des 15. Jahrhunderts in Italien, die als dürftigeGelehrte noch schwerer lebten, aber ihnen sonst sehr ähnlichsehen. Es ist ein Excess des antiken Individualismus inihnen. Es ist eine Beredsamkeit, die nicht auf dem Bodendes politischen, des praktischen Lebens steht j das tiefereEingehen auf die Dinge, das Wissenschaftliche ist ihr fremd,ja feindlich. Dagegen wurde Alles, was erregt, hinreisst, entzückt,auf das sorgfältigste (für uns unbegreiflich!) studirtund eingeübtj zum Theil rechnet man wieder auf das feinhörigsteund rhetorisch bestgeschulte Publikum, das auch dieLösung der technischen Schwierigkeiten bis auf die Wahlder Worte goutirt und hier es zum Entzücken bringt. Daransteigert sich wieder die Selbstgefälligkeit des Rhetors, undso entsteht ein Zustand von genialer Begeisterung, an demgar nicht mehr recht zu scheiden ist, was unecht, affektirt,schauspielerisch,was Natur ist — jedenfalls verlor man dabeiseinen Verstand. Aristides z. B. schildert seinen Zustand:„ein seltsames Leben erfasst die Lippen und jedes Glied desKörpers, eine wundersame Mischung erfüllt sie von Trauerund Stolz, von Leidenschaft und Ueberlegung. FeurigeStrahlen giesst die Göttin vom Haupt des Redners aus, dieeinzige Quelle der Rede ist die wahrhaft heilige Flamme vonZeus, die den Geweihten dann nicht mehr ruhen lässt.*' „Da38

schwindelt es einem jeden Zuhörer vor den Augen, er weissnicht, wie ihm geschieht, sondern wie auf dem Schlachtfeldumhergetrieben gerathen sie ausser sich" u. s. w. In derWuth, alles Begeisternde und Aufregende an sich zu ziehen,nahmen sie auch auf die abergläubisch mystischen Triebeihrer Zuhörer Bezug, Visionen, Träume, Weissagungen,Mythen aller Art. Aristides kam durch eine lange Krankheitin Verkehr mit dem Asklepioskult und hat daraus sicheine Spezialität gemacht. Von Asklepios kommt ihm Alles jer erfindet eine Art des Selbstlobes: der Gott ist es, deraus ihm gesprochen 5 immer wieder erscheint der Gott, umihm zu versichern, dass er den grossen Alten gleich sei, ja,sie übertroffen habe.Diesegriechischen Sophisten überwältigen noch einmal diedamals modernen lateinischen Lieblingsneigungen und tretenan ihre Stelle. In Italien und den Ländern des Westensfeiern sie ebenso glänzende Triumphe wie in den altengriechischen Ländern 5weit hinaus über den Erfolg des altenehrenfesten Plutarch in Rom. Geborene Italiäner wie ClaudiusAelianus machten sich so die griechische Sprache zueigen, dass man geborene Attiker zu hören glaubte.') DasZiel ihresEhrgeizes war die Leitung der griechischen Kanzleiam kaiserlichen Hofe, dann Professuren in Athen oder diegriechisch-sophistische Professur in Rom an dem durch Hadriangestifteten Athenaeumj dann persönliche Beziehungenzu den Fürsten 5 so ist der ältere Philostrat mit den afrikanischenKaisern wie mit dem Haus Gordian befreundet;so schrieb er die Biographie des Apollonius von Tyana aufVeranlassung der Kaiserin Julia Domna; sein i^p(iyiy.6c, feierteeinen Lieblingshelden des Caracalla, Achill u. s. w. Besonderswichtig ist das Wiederaufblühen Athens von Hadrian an;') [Nach dem Urtheil des Philostratos vit. soph. II 34, das N. ernst zunehmen scheint.]39

Augen, sich selbst als harmonische überwältigende Menschenvorführend. Freilich lag ihr Accent in allem auf der Form,sie erzogen sich das formen süchtigste Publikum, das je dagewesen,und es diente gewiss mit dazu, das Alterthum auszuhöhlen.Gemeinsam ist ihnen eine sehr frühe Entwicklung,ein wechselvolles aufreibendes Leben, Dienstbarkeit beiFürsten, Uebermaass von Bewunderung, Vergötterung, vontödtlichen Feindschaften; grossentheils im Besitz von Reichthümernjsie waren nicht Gelehrte, sondern ausübende Virtuosender Rede und unterschieden sich dadurch von denHumanisten des 15. Jahrhunderts in Italien, die als dürftigeGelehrte noch schwerer lebten, aber ihnen sonst sehr ähnlichsehen. Es ist ein Excess des antiken Individualismus inihnen. Es ist eine Beredsamkeit, die nicht auf dem Bodendes politischen, des praktischen Lebens steht j das tiefereEingehen auf die Dinge, das Wissenschaftliche ist ihr fremd,ja feindlich. Dagegen wurde Alles, was erregt, hinreisst, entzückt,auf das sorgfältigste (für uns unbegreiflich!) studirtund eingeübtj zum Theil rechnet man wieder auf das feinhörigsteund rhetorisch bestgeschulte Publikum, das auch dieLösung der technischen Schwierigkeiten bis auf die Wahlder Worte goutirt und hier es zum Entzücken bringt. Daransteigert sich wieder die Selbstgefälligkeit des Rhetors, undso entsteht ein Zustand von genialer Begeisterung, an demgar nicht mehr recht zu scheiden ist, was unecht, affektirt,schauspielerisch,was Natur ist — jedenfalls verlor man dabeiseinen Verstand. Aristides z. B. schildert seinen Zustand:„ein seltsames Leben erfasst die Lippen und jedes Glied desKörpers, eine wundersame Mischung erfüllt sie von Trauerund Stolz, von Leidenschaft und Ueberlegung. FeurigeStrahlen giesst die Göttin vom Haupt des Redners aus, dieeinzige Quelle der Rede ist die wahrhaft heilige Flamme vonZeus, die den Geweihten dann nicht mehr ruhen lässt.*' „Da38

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