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13.07.2015 Aufrufe

Rhetorik: es ist die höchste geistige Beth'ätigung des gebildetenpolitischen Menschen — ein für uns sehr befremdlicherGedanke! Am deutlichsten spricht Kant, Kritik der UrtheÜskraft,p. 203; „Die redenden Künste sind Beredsamkeit undDichtkunst. Beredsamkeit ist die Kunst, ein Geschäft desVerstandes als ein freies Spiel der Einbildungskraft zu betreiben,Dichtkunst ein freies Spiel der Einbildungskraft alsein Geschäft des Verstandes auszuführen. Der Redner alsokündigt ein Geschäft an und führt es so aus, als ob es blossein Spiel mit Ideen sei, um die Zuhörer zu unterhalten. DerDichter kündigt bloss ein unterhaltendes Spiel mit Ideen an,und es kommt doch so viel für den Verstand heraus, als ober bloss dessen Geschäfte zu treiben die Absicht gehabt hätte."Damit ist das Spezifische des hellenischen Lebens charakterisirt:alle Geschäfte des Verstandes, des Lebensernstes, derNoth, selbst der Gefahr noch als Spiel aufzufassen. DieRömer sind lange Zeit in der Rhetorik NaturaUsten, vergleichsweisetrocken und derb. Aber die aristokratischeWürde des römischen Staatsmanns,seine vielseitige juridischePraxis geben die Farbe: gewöhnlich waren ihre grossen Rednermächtige Partei/?//?r^r, während die griechischen Redner imInteresse von Parteien sprachen. Das Bewusstsein der individuellenWürde ist römisch, nicht griechisch. Auf ihre Auffassungder Rhetorik passt mehr, was Schopenhauer W.a.W.u. V. II 129 sagt: „Beredsamkeit ist die Fähigkeit, unsere Ansichteiner Sache oder unsere Gesinnung hinsichtlich derselben,auch in Anderen zu erregen,zu entzünden und sieunser Gefühl darüber in ihnenso in Sympathie mit uns zu versetzen:dies alles aber dadurch, dass wir, mittels Worten, den Stromunserer Gedanken in ihren Kopf leiten, mit solcher Gewalt,dass er den ihrer eigenen von dem Gange, den sie bereitsgenommen, ablenkt und in seinen Lauf mit fortreisst. DiesMeisterstück wird um so grösser sein, je mehr der Gang288

ihrer Gedanken vorher von dem unserigen abwich." Hierwird das beherrschende Uebergewicht der einzelnen Persönlichkeitbetont, im Sinn der Römer, bei Kant das freie Spielbei Geschäften des Verstandes, im Sinne der Griechen.Im Allgemeinen aber sind alle Neueren in ihren Definitionenungenau, während durch das ganze Alterthum hindurchder Wetteifer um die richtige Definition der Rhetorikgeht, und zwar unter Philosophen und Rednern. Alle chronologischzusammengestellt von Spengel, Rh. Mus. i8 p. 481.Darnach bei Rieh. Volkmann, Rhetorik, Berlin 1872.welche der Strenge der Definition auswichen,Diejenigen,suchten wenigstensdas xeXo?, officium, des Redners zu bestimmen. Diesist das TceiOeiv, dicendo persuadere, es war schwierig, dies inden opiofxo? aufzunehmen^ denn die Wirkung ist nicht dasWesen der Sache: und zudem bleibt das Ueberreden bei denbesten Reden mitunter aus. Die Sikuler Korax und Tisiassagen pr^xopixi^ eait usiOou? hr^[iioup-{6z: bei den Dorem hatdas Wort Byjjjlioupyo? eine höhere Bedeutung als bei denloniern „Schöpferin", „Walterin": die höchsten obrigkeitlichenPersonen in den dorischen Staaten heissen so{äo?'t nur„Gewerbetreibende"). Ebenso Gorgias und Isokrates, der esmit TTSiOou? eTCiaTT^fiTj prosaischer umschreibt.Plato hat einen grossen Hass auf sie: er bezeichnet sie alseine Geschicklichkeit e|x7r£ipia ^^dpiioc tivo? xctl ^,8ov7i(; aTcepYaoia?und ordnet sie zusammen mit der Kochkunst o'^^ottolixt^, derPutzkunst xofXfjKüTix-/^ und Sophistik der xoXaxeia unter (Gorgiasp. 4(53). Dagegen giebt es auch Spuren einer anderenAuffassung der Rhetorik. Rud. Hirzel, „Ueber das Rhetorischeund seine Bedeutung bei Plato", Leipzig 1871. Im Phaedr.p. 239 E ff. wird gefordert, der Redner solle mit Hülfe derDialektik über alle Dinge klare Begriffe erwerben, damit erim Stande ist, dieselben immer zweckdienhch darzustellen.Er soll sich in den Besitz des Wahren setzen, um auch über19 Nietzsche V 2S0

ihrer Gedanken vorher von dem unserigen abwich." Hierwird das beherrschende Uebergewicht der einzelnen Persönlichkeitbetont, im Sinn der Römer, bei Kant das freie Spielbei Geschäften des Verstandes, im Sinne der Griechen.Im Allgemeinen aber sind alle Neueren in ihren Definitionenungenau, während durch das ganze Alterthum hindurchder Wetteifer um die richtige Definition der Rhetorikgeht, und zwar unter Philosophen und Rednern. Alle chronologischzusammengestellt von Spengel, Rh. Mus. i8 p. 481.Darnach bei Rieh. Volkmann, Rhetorik, Berlin 1872.welche der Strenge der Definition auswichen,Diejenigen,suchten wenigstensdas xeXo?, officium, des Redners zu bestimmen. Diesist das TceiOeiv, dicendo persuadere, es war schwierig, dies inden opiofxo? aufzunehmen^ denn die Wirkung ist nicht dasWesen der Sache: und zudem bleibt das Ueberreden bei denbesten Reden mitunter aus. Die Sikuler Korax und Tisiassagen pr^xopixi^ eait usiOou? hr^[iioup-{6z: bei den Dorem hatdas Wort Byjjjlioupyo? eine höhere Bedeutung als bei denloniern „Schöpferin", „Walterin": die höchsten obrigkeitlichenPersonen in den dorischen Staaten heissen so{äo?'t nur„Gewerbetreibende"). Ebenso Gorgias und Isokrates, der esmit TTSiOou? eTCiaTT^fiTj prosaischer umschreibt.Plato hat einen grossen Hass auf sie: er bezeichnet sie alseine Geschicklichkeit e|x7r£ipia ^^dpiioc tivo? xctl ^,8ov7i(; aTcepYaoia?und ordnet sie zusammen mit der Kochkunst o'^^ottolixt^, derPutzkunst xofXfjKüTix-/^ und Sophistik der xoXaxeia unter (Gorgiasp. 4(53). Dagegen giebt es auch Spuren einer anderenAuffassung der Rhetorik. Rud. Hirzel, „Ueber das Rhetorischeund seine Bedeutung bei Plato", Leipzig 1871. Im Phaedr.p. 239 E ff. wird gefordert, der Redner solle mit Hülfe derDialektik über alle Dinge klare Begriffe erwerben, damit erim Stande ist, dieselben immer zweckdienhch darzustellen.Er soll sich in den Besitz des Wahren setzen, um auch über19 Nietzsche V 2S0

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