Band 5 - WordPress – www.wordpress.com

Band 5 - WordPress – www.wordpress.com Band 5 - WordPress – www.wordpress.com

germanenherz.files.wordpress.com
von germanenherz.files.wordpress.com Mehr von diesem Publisher
13.07.2015 Aufrufe

die Regel. ist, dass die aus der Fremde entnommenen Formenzum schönen Scheine umgebildet werden : man hasst das Ernsteund Gründliche als eine Art Verzerrung. Der Typus für das,was die Griechen eigentlich können und mögen, ist die Erzeugungder olympischen Götter aus einem wahren Chaos vonfremden, zum Theil ungethümlichen und schrecklichen, zumTheil falsch verstandenen Gottheiten. Plato hat ganz Recht,wenn er das [xi[i.£tadai bezeichnet als das Werk von Solchen,die weder das rechte Wissen um die Dinge haben, noch vonsolchen Wissenden sich leiten lassen, sondern die es so machen,wie esder grossen Menge der Nichtwissenden gut erscheint:der Maler malt z. B. nicht Zügel und Zaum als ein Kundigerebensowenig wie ein Riemer sie macht (nachder Reiterkunst,Anleitung des kundigen Reiters), sondern so wie sie demunerfahrenen Nicht-Reiter schön erscheinen. Diesen hellenischenSinn für das Schön-scheinen, den Sinn der Ordnung imScheinbaren, das Nachahmen nicht zum Gebrauch, sondern zurkünstlichen Tauschung, wird man nun auch in der GeschichtejederGattung finden.Am besten kann man das an der Rhetorik zeigen. Nachdem Höhepunkt in Aeschines und Demosthenes zeigt sichdas Sinken so: da haben wir in Dinarchus den Vielseitigen,den Nachahmer verschiedener Stile, der bald Hyperides, baldbald Demosthenes vor Augen hat — ein gewöhnlicherLysias,Hergang bei der Blüthe einer Kunst, dass begabte Talentehin und her gezogen werden und eine grosse Fertigkeit inverschiedenen Stilarten erlangen: immer ein Nachtheil fürdie Kunst, weil sie äusserlich zu den verschiedenen Stilenstehen. Beim grossen Künstler ist der Stil aus ihm, mitNoth, gewachsen^ hier ist es, als ob man einen Stil wie einKleid anziehen und ablegen könne. Solche Künstler verderbendas Urtheil, das Gefühl: überdies nutzen sie dieFormen ab und wirken so der Nachempfindung der ganz248

grossen Werke entgegen.Dann haben wir Demades, den Improvisator:bei jeder hohen Kunstblüthe giebt es reproduktiveTalente, die auf Grund einer allverbreiteten hochentwickeltenTechnik durch ein momentanes Qmsi-Schafjen in Erstaunensetzen. Sie verderben den Sinn für Originalität und nehmendem mühselig ringenden Genius den Preis seiner Mühe unterseinen Augen weg, auch den Beifall und Ruhm. Wir habendrittens den Phalereer Demetrius, den „Verfeinerer", das Talentfür vornehme und verführerische Kuyist, mit etv\'as Reaktionim Grunde. Ihm ist Demosthenes zu stark, zu derb, zu schauspielerhaftj sein Auftreten und Benehmen ist ruhiger, „würdiger",lässiger und anmuthiger zugleich, er benutzt die philosophischeFeinheit als Reizmittel für die öffentliche Rede.Für Cicero schien ganz Athen aus seiner Rede zu „duften"— ein verführerischer Duft! Wir haben viertens die eigent-Hchen Reaktionäre, die „Rückläufigen", welche die Vergangenheitwiederkäuen: bewusster Ueberdruss am Gegenwärtigen,Lust am Einfachen und Primitiven als mächtigem Reizmittel,es gab Lysianer. Dies alles noch vor der eigenthchen Wendung,die mitHegesias, dem Asianer, beginnt: dem Vergröberer,der auf die stärksten Wirkungen in jeder Beziehung direktausgeht: Herrschaft des Effektes.Das ist das Gefolge hinter jeder grossen Entwicklung her:die Vielseitigen, die Improvisatoren, die Verfeinerer, die Absichtlich-Rückläufigen,die Vergröberer. Das würde sich ungefährüberall nachweisen lassen, z. B. bei der Entwicklungder Tragödie, nur fehlt es uns meistens am Materiale. Selbstdie grössten Talente sind zumeist eine Zeitlang in einerdieser Bahnen, bis sie endUch ihre Klassicität, sich selberfinden. So war Sophokles nach seinem eigenen Zeugniss inseinen Jugendwerken auf Nachbildung des aeschyleischcn oyxo?aus: da er keine aeschyleische Seele hatte, war dies jedenfallsäusserhch und eine Vergröherung, — Das üeberhandnehmen249

die Regel. ist, dass die aus der Fremde entnommenen Formenzum schönen Scheine umgebildet werden : man hasst das Ernsteund Gründliche als eine Art Verzerrung. Der Typus für das,was die Griechen eigentlich können und mögen, ist die Erzeugungder olympischen Götter aus einem wahren Chaos vonfremden, zum Theil ungethümlichen und schrecklichen, zumTheil falsch verstandenen Gottheiten. Plato hat ganz Recht,wenn er das [xi[i.£tadai bezeichnet als das Werk von Solchen,die weder das rechte Wissen um die Dinge haben, noch vonsolchen Wissenden sich leiten lassen, sondern die es so machen,wie esder grossen Menge der Nichtwissenden gut erscheint:der Maler malt z. B. nicht Zügel und Zaum als ein Kundigerebensowenig wie ein Riemer sie macht (nachder Reiterkunst,Anleitung des kundigen Reiters), sondern so wie sie demunerfahrenen Nicht-Reiter schön erscheinen. Diesen hellenischenSinn für das Schön-scheinen, den Sinn der Ordnung imScheinbaren, das Nachahmen nicht zum Gebrauch, sondern zurkünstlichen Tauschung, wird man nun auch in der GeschichtejederGattung finden.Am besten kann man das an der Rhetorik zeigen. Nachdem Höhepunkt in Aeschines und Demosthenes zeigt sichdas Sinken so: da haben wir in Dinarchus den Vielseitigen,den Nachahmer verschiedener Stile, der bald Hyperides, baldbald Demosthenes vor Augen hat — ein gewöhnlicherLysias,Hergang bei der Blüthe einer Kunst, dass begabte Talentehin und her gezogen werden und eine grosse Fertigkeit inverschiedenen Stilarten erlangen: immer ein Nachtheil fürdie Kunst, weil sie äusserlich zu den verschiedenen Stilenstehen. Beim grossen Künstler ist der Stil aus ihm, mitNoth, gewachsen^ hier ist es, als ob man einen Stil wie einKleid anziehen und ablegen könne. Solche Künstler verderbendas Urtheil, das Gefühl: überdies nutzen sie dieFormen ab und wirken so der Nachempfindung der ganz248

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!