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13.07.2015 Aufrufe

darzustellen, das Gemüth, den Affekt bei Seite zu lassen.Nunist das Verstehen des Geschriebenen gerade nur deshalbschwer, weil das Gemüth, der Affekt sich schlecht in Zeichenwiedergeben lässt. Frage-, Ausrufezeichen, Stellung u. s. w.sind die ärmlichen Hilfsmittel. Wi/l man aber rein den Gedanken,wie z. B. beim mathematischen Schriftwerk, beimphysikalischen, logischen u. s. w., so genügt das Schreiben,weil es im Grunde affekdos ist. Je mehr die Lust am Logischen,am Wissenschaftlichen zunimmt, um so geachteterwird auch die Schrift, als das Organ dafür. Nun ist es eineder höchsten Uebungen der Griechen, die Sprache, die garnicht zur Mittheilung von Gedanken und Erkenntnissen geborenist, allmählich sich dazu herzurichten; alle möglichengeistreichen Arten, dieser Schwierigkeit auszuweichen, werdenerfunden, man muss sich auf irgend eine Art behelfen, umsich mittheilen zu können. Das symbohsch- metaphorischeDenken geht dem kausalen, schliessenden voran. Das ausserordentlicheWohlgefühl der Griechen, als sie ihre Sprachenüchtern, geschmeidig und logisch gemacht hatten, gingdurchs Volk, die Masse fühlte es bei Euripides ebenso alsbei den Philosophen. Damit steigt der Werth der Schrift.Euripides ist der erste grosse Leser unter den Dichtern(Besitzer einer Bibliothek). Aristoteles, der erste Logiker,hatte von Plato den Scherznamen dvay^i^oTY]?.2. Anlässe zur Entstehung von Litteratur.Die ältesten Anlässe zur Entstehung von Poesie sind diegleichen Anlässe,')bei denen man die Anwendung von Musik') [Anmerkung von späterer Hand.] Grund zur Verknüpfung von Wortund Musik. Die Lyrik ist die älteste Poesie: ihre älteste Bestimmung einereligiöse Hier ist die Musik und der Tanz mit ihr zusammengekommen:hier der Rhythmus /;; die Folge von Worten und Silben absichtlich hineingelegt.2l8

und deren Rhyth?nHs für nöthig befand. Wozu wandte mannun Musik und Rhythmus an? Zur Einwirhmg auf die Götterim Cultus oder ausser dem Cultus, nachdem man ihre Wirkungund Gewalt auf die Menschen kennen gelernt hatte.1. Man glaubt sie mit Musik zu zwingen, wie der Menschsich selbst gezwungen fühlt.2. Man glaubt sie zu reinigen und ihrer allzu heftigenAffektezu entladen.3. Man prägt ihnen das menschliche Anliegen tiefer ein,wenn man es rhythmisch fasst: das ist ein mnemonischesMittel.4. Man glaubt, deutlicher, über grössere Fernen hin mitihnen reden zu können.Die beiden letzten Wirkungen sind uns sofort verständlich,nicht so die zwei ersten.Je erregbarer ein Mensch, je ursprünglicher er ist, um somehr wirkt der Rhythmus auf ihn wie ein Zwang: er erzeugtein blindes Einstimmen in das rhythmisch Bezeichneteund weckt eine unbezwingliche Lust nachzugeben, nachzumachen.Der Mensch fühlt sich unfrei, bezwungen, überwältigt,daraus schliesst er, dass man auch die Götter aufdiese Weise zwingen könne.So kommt Rhythmus und Poesiein den Cultus, als Mittel der Einwirkung. Im Ion sagt Plato:„gerade wie die vom Korybantentaumel Ueberfallenen nichtmit klarer Besinnung ihre Tänze und Sprünge machen, sodichten auch die guten lyrischen Dichter nicht mit solcherihre schönen Lieder, sondern wenn die Gewalt der Harmonieund der Rhythmen über sie kommt." So wie der DichterWay um ?Offenbar wendet man rhythmisirte Rede und gesungene Rede zu ähnlichenZwecken an, zu denen man Rhythmus und Musik überhaupt anwendet.Der Rhythmus in die Rede gedrungen, nicht nur äusserlich, Wort nebenMusik: eine Gewalt, die die Atome des Satzes neu ordnet, die Wortewählen heisst, den Gedanken färbt. Warum!219

und deren Rhyth?nHs für nöthig befand. Wozu wandte mannun Musik und Rhythmus an? Zur Einwirhmg auf die Götterim Cultus oder ausser dem Cultus, nachdem man ihre Wirkungund Gewalt auf die Menschen kennen gelernt hatte.1. Man glaubt sie mit Musik zu zwingen, wie der Menschsich selbst gezwungen fühlt.2. Man glaubt sie zu reinigen und ihrer allzu heftigenAffektezu entladen.3. Man prägt ihnen das menschliche Anliegen tiefer ein,wenn man es rhythmisch fasst: das ist ein mnemonischesMittel.4. Man glaubt, deutlicher, über grössere Fernen hin mitihnen reden zu können.Die beiden letzten Wirkungen sind uns sofort verständlich,nicht so die zwei ersten.Je erregbarer ein Mensch, je ursprünglicher er ist, um somehr wirkt der Rhythmus auf ihn wie ein Zwang: er erzeugtein blindes Einstimmen in das rhythmisch Bezeichneteund weckt eine unbezwingliche Lust nachzugeben, nachzumachen.Der Mensch fühlt sich unfrei, bezwungen, überwältigt,daraus schliesst er, dass man auch die Götter aufdiese Weise zwingen könne.So kommt Rhythmus und Poesiein den Cultus, als Mittel der Einwirkung. Im Ion sagt Plato:„gerade wie die vom Korybantentaumel Ueberfallenen nichtmit klarer Besinnung ihre Tänze und Sprünge machen, sodichten auch die guten lyrischen Dichter nicht mit solcherihre schönen Lieder, sondern wenn die Gewalt der Harmonieund der Rhythmen über sie kommt." So wie der DichterWay um ?Offenbar wendet man rhythmisirte Rede und gesungene Rede zu ähnlichenZwecken an, zu denen man Rhythmus und Musik überhaupt anwendet.Der Rhythmus in die Rede gedrungen, nicht nur äusserlich, Wort nebenMusik: eine Gewalt, die die Atome des Satzes neu ordnet, die Wortewählen heisst, den Gedanken färbt. Warum!219

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