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Politische Transformation und Gewalt in Tunesien, Ägypten und ...

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Hanspeter Mattes: <strong>Politische</strong> <strong>Transformation</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>Tunesien</strong>, <strong>Ägypten</strong> <strong>und</strong> Libyen seit 2011 11Bipolarisierung der politischen Landschaft (Säkularisten versus Islamisten) <strong>und</strong> zur Eskalationder <strong>Gewalt</strong> zwischen beiden Lagern.Der Wahlsieg islamistischer Parteien wiederholte sich jedoch nicht <strong>in</strong> Libyen, wo bei denWahlen zum Nationalkongress im Juli 2012 die islamistischen Parteien überraschenderweise(auch für sie selbst) kaum Sitze erzielen konnten. 8 Die Polarisierung der Gesellschaft <strong>in</strong> zweiLager verh<strong>in</strong>derte dies <strong>in</strong>des nicht: In Libyen stehen sich vielmehr zwei Lager, die sich deutlichim Umgang mit Vertretern des alten Regimes (harte Haltung versus moderat‐versöhnlicheHaltung) unterscheiden, gegenüber. Allerd<strong>in</strong>gs geht es dabei <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um dieDurchsetzung von macht‐ <strong>und</strong> wirtschaftspolitischen Interessen <strong>und</strong> die Gestaltung der neuenOrdnung (Lacher 2013: 13 f.).Begünstigt durch die Proliferation von Waffen <strong>in</strong> Libyen <strong>und</strong> von libyschen Waffen <strong>in</strong>den Nachbarstaaten (Ammour 2012) kam es zu e<strong>in</strong>er Verschärfung des Konfliktes zwischenbeiden Lagern. In Libyen wollen vor allem islamistische Brigaden <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Tunesien</strong> die vonEnnahda dom<strong>in</strong>ierten „Ligen zum Schutz der Revolution“ sowie militante salafistischeGruppen ihre Gesellschaftskonzeption <strong>und</strong> den islamistischen Machtanspruch durchsetzen.In <strong>Ägypten</strong> sche<strong>in</strong>en h<strong>in</strong>gegen eher Vertreter des säkularen Pols wie der 2013 <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>unggetretene radikale „Schwarze Block“ 9 mit se<strong>in</strong>en Angriffen auf Anhänger des seit Juni2012 amtierenden islamistischen Präsidenten Mursi die <strong>Gewalt</strong>eskalation anzufachen. Zuden unterschiedlichen Akteuren <strong>und</strong> ihren Handlungsmotiven liegen bislang allerd<strong>in</strong>gs erstrudimentäre Informationen vor. 10Machtverschiebungen gab es auch im Bereich der zivilmilitärischen Beziehungen, wobeies nach gegenwärtigem Forschungsstand weniger <strong>in</strong> <strong>Tunesien</strong> als vielmehr <strong>in</strong> <strong>Ägypten</strong> <strong>und</strong><strong>in</strong> Libyen zu e<strong>in</strong>er zivilmilitärischen Machtverschiebung kam. Diese unterschiedlichen Entwicklungsverläufewerden <strong>in</strong> Kapitel 2.2.1. skizziert (s.u.).2.2 Produzenten von Sicherheit <strong>und</strong> UnsicherheitBei den Akteuren, die <strong>in</strong> der seit 2011 laufenden <strong>Transformation</strong>sphase <strong>in</strong> <strong>Tunesien</strong>, <strong>Ägypten</strong><strong>und</strong> Libyen mit Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit aktiv wurden, s<strong>in</strong>d die „Produzentenvon öffentlicher Sicherheit“, sowie ihr Spiegelbild, die „Produzenten von Unsicherheit“,die das staatliche <strong>Gewalt</strong>monopol unterm<strong>in</strong>ieren bzw. es gar nicht erst anerkennen,vone<strong>in</strong>ander zu unterscheiden (vgl. Graphik 1):Die „Produzenten von Sicherheit“ s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel die staatlichen Sicherheitsorgane, alsodas Militär, die Nationalgarde, Polizei, die Inlandsgeheimdienste; <strong>in</strong> Libyen kommt e<strong>in</strong>Teil der revolutionären Brigaden, die sich unter das Kommando des Verteidigungsm<strong>in</strong>isteri‐8 Von den 80 Parteisitzen entfielen 39 auf die eher säkular ausgerichtete Allianz der nationalen Kräfte <strong>und</strong> 17 Sitzeauf die Partei der Muslimbrüder, die Partei für Gerechtigkeit <strong>und</strong> Wiederaufbau; die restlichen 24 Sitze fielen an19 Parteien, die meistens je nur e<strong>in</strong>en Sitz errangen; darunter waren ke<strong>in</strong>e islamistischen Parteien.9 Vgl. Reuters, 25. Januar 2013, A “black bloc” emerges <strong>in</strong> Egypt.10 Zu Libyen vgl. ansatzweise Lacher (2013), Chivvis (2012) sowie El‐Katiri (2012).WP 219/2013GIGA Work<strong>in</strong>g Papers

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