24Die BrunnenvisionEin Mens<strong>ch</strong> unterbra<strong>ch</strong> den S<strong>ch</strong>laf um Gottes willen und um seines Leideswillen. Und er dankte Gott für sein Leiden und seine Marter. Und ihmgab Gott Gnade, dass er darin seine Unterhaltung und Freude fand.Hierauf legte er si<strong>ch</strong> zur Ruhe, und es s<strong>ch</strong>ien ihm in seinem S<strong>ch</strong>laf o<strong>der</strong>in seinem Geist, er käme an einen Platz, <strong>der</strong> einer Gemeinde gehörte.Da sah er daselbst eine Menge Leute, die taten s<strong>ch</strong>were Arbeit; dazuwaren sie sehr arm. Und er stand und s<strong>ch</strong>aute ihnen zu und verwun<strong>der</strong>tesi<strong>ch</strong> sehr, dass sie so viel Arbeit hatten und do<strong>ch</strong> so arm waren.Da sah er zur re<strong>ch</strong>ten Hand ein Tabernakel ers<strong>ch</strong>einen, wohlgebaut.Darein sah er eine offene Tür (hinein-)gehen, und er da<strong>ch</strong>te bei si<strong>ch</strong>selbst: Du musst in den Tabernakel gehen und musst sehen, was darinsei, und musst bald zu <strong>der</strong> Tür hereinkommen. Da kam er in eine Kü<strong>ch</strong>e,die einer ganzen Gemeinde gehörte. Da sah er zur re<strong>ch</strong>ten Hand eineStiege hinaufgehen, viellei<strong>ch</strong>t vier Stufen messend. Da sah er einigeLeute hinaufgehen, aber wenige. Ihm s<strong>ch</strong>ien, ihre Klei<strong>der</strong> wären etwasgesprenkelt mit Weiss, und er sah einen Brunnen aus den Stufen in einengrossen Trog zu <strong>der</strong> Kü<strong>ch</strong>e fliessen, <strong>der</strong> war <strong>von</strong> dreierlei: Wein, Öl undHonig. Dieser Brunnen floss so s<strong>ch</strong>nell wie <strong>der</strong> Strahlenblitz und ma<strong>ch</strong>teein so lautes Getöse, dass <strong>der</strong> Palast laut ers<strong>ch</strong>oll wie ein Horn.Und er da<strong>ch</strong>te: Du musst die Stiege hinaufgehen und musst sehen, woher<strong>der</strong> Brunnen kommt. Und er verwun<strong>der</strong>te si<strong>ch</strong> sehr, da sie so arm warenund do<strong>ch</strong> niemand hineinging, aus dem Brunnen zu s<strong>ch</strong>öpfen, was siewie<strong>der</strong>um so wohl hätten tun können, da er gemeinsam war.Und er ging die Stiege hinauf und kam in einen weiten Saal. Da sah erinmitten des Saales einen grossen viereckigen Kasten stehen, aus dem<strong>der</strong> Brunnen quoll. Und er ma<strong>ch</strong>te si<strong>ch</strong> an den Kasten und besah ihn.Und als er zu dem Kasten ging, da wäre er fast versunken, wie einer,<strong>der</strong> über ein Moor geht, und er zog seine Füsse ras<strong>ch</strong> an si<strong>ch</strong> und kamzu dem Kasten. Und er erkannte in seinem Geist, wer seine Füsse (ni<strong>ch</strong>t)ras<strong>ch</strong> an si<strong>ch</strong> zöge, <strong>der</strong> mö<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>t zum Kasten kommen. Der Kastenwar an den vier Ecken bes<strong>ch</strong>lagen mit vier mä<strong>ch</strong>tigen eisernen Ble<strong>ch</strong>en.Und dieser Brunnen floss dur<strong>ch</strong> einen Kännel weg und sang so s<strong>ch</strong>ön indem Kasten und in dem Kännel, dass er si<strong>ch</strong> darüber hö<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> wun<strong>der</strong>te.
Dieser Quell war so lauter, dass man eines jeden Mens<strong>ch</strong>en Haar amBoden wohl hätte sehen können. Und wie mä<strong>ch</strong>tig er au<strong>ch</strong> daraus floss,so blieb do<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Kasten wimpervoll, dass es überfloss. Und er erkanntein seinem Geist, wieviel daraus floss, dass immer no<strong>ch</strong> gern mehr daringewesen wäre, und er sah es aus allen Spalten herauszwitzern. Und erda<strong>ch</strong>te: Du willst wie<strong>der</strong> hinabgehen. Da sah er (es) allerseits mä<strong>ch</strong>tig inden Trog strömen, und er da<strong>ch</strong>te bei si<strong>ch</strong> selbst: Du willst hinausgehenund sehen, was die Leute tun, dass sie ni<strong>ch</strong>t hineingehen, des Brunnenszu s<strong>ch</strong>öpfen, dessen do<strong>ch</strong> ein grosser Überfluss ist. Und er ging zur Türhinaus. Da sah er die Leute s<strong>ch</strong>were Arbeit tun und dazu fast arm sein.Da beoba<strong>ch</strong>tete er sie, was sie täten. Da sah er, dass einer dastand,<strong>der</strong> hatte einen Zaun ges<strong>ch</strong>lagen mitten dur<strong>ch</strong> den Platz. In <strong>der</strong> Mittedes Zaunes hatte er einen Gatter, den hielt er vor ihnen zu mit <strong>der</strong> Hand(und) spra<strong>ch</strong> zu ihnen: „I<strong>ch</strong> lasse eu<strong>ch</strong> we<strong>der</strong> hin no<strong>ch</strong> her, ihr gebt mirdenn den Pfennig.“ Er sah einen, <strong>der</strong> drehte den Knebel auf <strong>der</strong> Handund spra<strong>ch</strong>: „Es ist darum erda<strong>ch</strong>t, dass ihr mir den Pfennig gäbet.“ Ersah Pfeifer, die ihnen aufspielten und ihnen den Pfennig heis<strong>ch</strong>ten. Er sahS<strong>ch</strong>nei<strong>der</strong> und S<strong>ch</strong>uhma<strong>ch</strong>er und allerlei Handwerksleute, die da denPfennig <strong>von</strong> ihm haben wollten. Und ehe sie das alles ausri<strong>ch</strong>teten, dawaren sie so arm, dass sie kaum das bekamen. Und er sah niemandenhineingehen, um aus dem Brunnen zu s<strong>ch</strong>öpfen. Wie er so stand undihnen zusah, da verwandelte si<strong>ch</strong> die Gegend und wurde zu einer wüstenSteinhalden daselbst und gli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Gegend, die um <strong>Bru<strong>der</strong></strong> <strong>Klaus</strong>ensKir<strong>ch</strong>e liegt, wo er seine Wohnung hat und er erkannte in seinem Geist,dieser Tabernakel wäre <strong>Bru<strong>der</strong></strong> <strong>Klaus</strong>.25