Der neue „uomo universale“ - Rheingau Musik Festival
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10<br />
Ein Klavier,<br />
ein Klavier…<br />
von Anna-Kristina Laue<br />
„… Mutter, wir danken dir!“ In Loriots legendä -<br />
rem Sketch wird dem Klavier bei seiner Ankunft<br />
in der bürgerlichen Wohnstube mit Kaffee und<br />
Kuchen gehuldigt. Die Urenkel Heinz-Herbert und<br />
Klaus-Dieter im Pullunder-Partnerlook dürfen<br />
Überraschung heucheln, während Enkel Thomas<br />
den historischen Moment der Klavierlieferung für<br />
die Ewigkeit auf Video bannt. Was Loriot hier ironisch<br />
überspitzt darstellt, offenbart eine gültige<br />
Wahrheit: Das Klavier als Instrument des 19. Jahrhunderts,<br />
als Mittelpunkt der Privatsalons und<br />
der Hausmusik, hat bis heute nichts von seinem<br />
Reiz als dekorativem Möbelstück und prägendem<br />
Grundelement der musikalischen Kindererziehung<br />
eingebüßt. „Es ist sperrig, laut, hat keinen Internetanschluss – und<br />
bleibt gerade deswegen das Instrument der Herzen“, erklärte das ZEIT<br />
Magazin im vergangenen Jahr und führte Zahlen an, die die unverminderte<br />
Beliebtheit des zentnerschweren Ungetüms im 21. Jahrhunderts<br />
belegen: Die Produktions- und Verkaufszahlen in Deutschland sind laut<br />
Auskunft des Bundesverbands Klavier – mit Ausnahme des Krisenjahres<br />
2009 – seit Jahren konstant! Rund 18.000 Flügel und Klaviere wurden<br />
2008 erworben. Und der Verband deutscher <strong>Musik</strong>schulen zeigt in einem<br />
Schaubild auf seiner Website, dass das Klavier seit über 30 Jahren das mit<br />
Abstand beliebteste Instrument ist. Etwa 130.000 Klavierschüler sind an<br />
<strong>Musik</strong>schulen angemeldet, hinzu kommt der private Klavierunterricht,<br />
der in keiner Statistik zu finden ist. Zum Vergleich: Die gute alte Blockflöte<br />
ist weit zurückgefallen und kann derzeit gerade einmal knapp 60.000<br />
Schüler für seinen schlichten Klang begeistern …<br />
Zwar ist der Platz auf dem Klavierhocker oft einsam, im Schulorchester<br />
darf der Pianist nur selten mitspielen und für gepflegte Kammermusik<br />
muss schon ein gewisses Stadium des pianistischen Könnens erreicht<br />
sein. Doch die Vorteile des Instruments liegen auf der Hand: kein schiefes<br />
Kratzen und mühsames Intonieren in der Anfangsphase, keine fahlen<br />
Solomelodien, sondern sofort harmonischer Klang, ein riesiges Repertoire,<br />
denn auch den Komponisten war das Tasteninstrument oft das liebste,<br />
und keine Abhängigkeit von anderen Instrumentalisten – selbst ist der<br />
Pianist!<br />
Wen wundert es da, dass auch in der Konzertlandschaft der Klavierabend<br />
und das Klavierkonzert die Veranstaltungskalender dominieren? Denn<br />
aus Klavierschülern werden oft Klavierliebhaber und manchmal auch<br />
Klavierprofis. Die einen tummeln sich später auf der Bühne, die anderen<br />
im Publikum. Auch beim <strong>Rheingau</strong> <strong>Musik</strong> <strong>Festival</strong> spielte das Klavier<br />
schon von Anfang an eine große Rolle: Zwei Konzerte von 19 waren im<br />
ersten <strong>Festival</strong>jahr Klavierrezitale, drei von 25 im zweiten Jahr und so<br />
ging es weiter: Die Klavierabende ziehen sich mittlerweile wie ein kleines<br />
„<strong>Festival</strong> im <strong>Festival</strong>“ durch das Programm. Im Sommer 2011 sind es dreizehn<br />
mit zwölf verschiedenen Pianisten. Von Bach bis Berg, von Schumann<br />
bis Schönberg steht dabei die gesamte Bandbreite der Klavierliteratur<br />
zur Auswahl – und mit Freddy Cole und Jacky Terrasson bekommt<br />
auch das Jazzpiano seinen Platz im <strong>Festival</strong>programm!<br />
© Devin De Haven<br />
Jacky Terrasson, Mitsuko Uchida, Konstantin Lifschitz<br />
© Richard Avedon<br />
Klavierrezitale<br />
6.7. Herbert Schuch<br />
10.7. Junge Meisterpianisten der<br />
russischen Schule<br />
12.7. Oleg Maisenberg<br />
16.7. Evgeni Koroliov<br />
28.7. Christian Zacharias<br />
30.7. Mitsuko Uchida<br />
31.7. Igor Levit<br />
6.+7.8. Rudolf Buchbinder<br />
10.8. Alfredo Perl<br />
13.8. Louis Lortie<br />
17.8. Martin Stadtfeld<br />
18.8. Konstantin Lifschitz<br />
23.8. Dénes Várjon<br />
Klavierkonzerte<br />
9.7. Nikolai Lugansky / Orchestre<br />
Philharmonique du Luxembourg /<br />
Emmanuel Krivine<br />
23.7. Olli Mustonen / Münchner Philharmoniker<br />
/ Herbert Blomstedt<br />
25.8. Denis Kozhukin / Les Siècles<br />
& Maîtrise de Caen / François-<br />
Xavier Roth<br />
Piano Jazz<br />
3.7. Freddy Cole / hr-Bigband /<br />
Örjan Fahlström<br />
6.8. Jacky Terrasson Trio<br />
© Adam Shemper